Mehrlinge (Gemini) • 1. Allgemeines • 2. Diagnostik in der FS • 3. PND-monochorialemonoamniotenReduktion • 4. Spezifika – FFTS, TRAPS, Akardius • 5. Genetik • 6. Fehlbildungen • 7. Geburtszeitpunkt • 8. Geburtsmodus Mehrlinge … • Kuriosität • Rarität • bereits im Altertum besondere Fruchtbarkeit und Mystik • Siam (1811) • Herausforderung für Pränatalmediziner und Geburtshelfer: • maternale Morbidität • pränatale und neonatale Morbidität korreliert mit Zahl der Feten! • 5 – 10 fach erhöhtes Risiko • 10 – 14 % der perinatalen Mortalität Frequenz von Mehrlingsgeburten in A in 2002 78.399 Geburten – Gemini: 1038 – Drillinge: 33 Inzidenz • Zunahme! – assistierte Reproduktion – Gemini: 110/10.000 – Drillinge: 2/10.000 – monozygot: 35-50/10.000 – rassische Unterschiede mono - dizygot; Nigeria: 54/1.000! Probleme • Verlängerung der Tragzeit • daher Betreuung der Schwangerschaft • (Anfang der 80iger Jahre wurden 20% der Drillinge und Vierlinge nicht erkannt, 1990 2%) • Retardierung 10 x so oft wie bei Einlingen (insbesondere im 3. Trimenon) Drillinge • • • • jede 3. erreicht nicht die 28. SSW obligate FG (RDS, IVH ..) Gewicht < 1500g 60% aller Familien mit Drillingen haben ein behindertes Kind Zwillingsschwangerschaft • incidence • dizygotic • monozygotic – – – – dichoriotic-diamniotic diamniotic-monochorionic diamniotic monoamniotic 1:85 67 % 33 % 11 % 22 % 1% Gemini - 1. Trimenon 5. SSW: Chorionizität = Anzahl der Fruchthöhlen z. B.: 2 Fruchthöhlen dichorial Chorionizität • vierschichtige Membran (A-C-C-A), Lambda sign, Twin peak sign • dizygote sind immer dichorial-diamnial, gleich- oder verschiedengeschlechtlich, genetisch immer unterschiedlich • verschiedengeschlechtliche Feten müssen 2 verschiedene Plazenten aufweisen Gemini - Teilung • vor d3 dichorial-diamnial • ab d3 monochorial-diamnial Chorangiopagus • 7 - 13 d monochorial-monoamnial • ab d13 Acardius, Siamesische Zwillinge Conjoined twins • Inzidenz: 1:50.000 bis 1:100.000 • erhöhte Inzidenz in Afrika (Nigeria), Indien, Pakistan, Thailand • 70 – 75% weiblich • wenn Teilung nach dem 13.Tag der Fertilisation • 1:600 bei Gemini • in D und A seit 1990 26 Fälle gemeldet • Bezeichnung stammt aus Siam Die Bezeichnung "siamesische Zwillinge" stammt aus dem Jahre 1811. Damals wurden in Siam - dem heutigen Thailand - die zusammengewachsenen Brüder Eng und Chang geboren, die unter dem Namen die "siamesischen Brüder" als Zirkusattraktion zur Schau gestellt wurden. Erste operative Korrektur Elisabet und Catherina, 1689 Johannes Fatio Der Arzney doctor, helvetisch vernünftige Wehe-Mutter Conjoined twins • 8 Gruppen (aber individuelle Variationen) – ventrale • Cephalopagus, Thorakopagus (75%), Omphalopagus, Ischiopagus – laterale • Parapagus – dorsale • Craniopagus, Pygopagus, Rachipagus • Pagen • Kranio-, Pygo-, Thorakopagus, Siamesische Zwillinge, 1: 500 • Teilung der Embryonalanlage erfolgt später, unvollständige Trennung im Axialbereich der Keimanalge • Craniothorakopagus – "janiceps" (Januskopf) • 2 getrennte Plazenten, Amnionhaut schließen Pagus aus • Diagnosezeitpunkt – 1. Trimenon Mehrlingsschwangerschaften 7. SSW Chorionizität 8. SSW Chorionizität und Amniozität 14. SSW Anzahl der Plazenten • 7. SSW: Amnionizität • - in beiden Fruchthöhlen • je ein Fetus (pos. HA) • dichorial, diamnial • - in einer Fruchthöhle zwei Feten, • beide Feten in je einer Amnionhöhle • monochorial, diamnial • - eine Fruchthöhle, eine gemeinsame • Amnionhöhle • monochorial, monoamnial • (keine Trennwand zwischen den Feten) • 11 – 13 SSW • auf Zwillinge • nur bei 4-lingen und höher • 1% KCl intrakardial • aber: keine Reduktion (Embryozide, Fetozide) bei monochorialen Mehrlingen!!! Reduktion Mehrlinge 10. - 14. SSW (20. SSW) Monochorial • • • • • • • nur eine sonographisch sichtbare Plazenta mit dünner Trennwand kein l (Lambda) Zeichen gleiches Geschlecht Mortalität und Morbidität erhöht! Insertio velamentosa und vasa prävia – Rate erhöht Feto-fetales Transfusionssyndrom, TRAPS Mehrlinge 10. - 14. SSW (20. SSW) Dichorial • zwei getrennte Plazentaanlagen • oder eine Plazentaanlage mit l (Lambda) Zeichen Gemini, ab 2. Trimenon Sichere Differenzierung: - zwei getrennte Plazentaanlagen dichorial - unterschiedliches Geschlecht dichorial - keine Trennwand monochorial, monoamniot Unsichere Differenzierung: - dünne Trennwand - dicke Trennwand - l Zeichen eher monochorial eher dichorial eher dichorial Publikationen Zeitraum 1976 - 2002 • 12 monochoriale Fälle mit unterschiedlichem Geschlecht • teils normaler – teils abnormaler Chromosomenbefund • teils sonographisch unauffällig – teils sonographisch auffällig Unterschiedliche Karyotypen bei monozygoten Zwillingen • Entstehungsmechanismen • Fehler in der postzygotischen Zellteilung verantwortlich. • Theorie: die Mosaikbildung entsteht z.B. durch Fehler (nondisjunction) in der mitotischen Zellteilung nach Zwillingsbildung in nur einem Fetus. Zusammenfassung 1) Unterschiedliches Geschlecht: • durch unterschiedliche Karyotypen in den Feten, Zellmosaike mit unterschiedlicher Gewebsverteilung ; Mutationen bestimmter Gene, die für die Geschlechtsdetermination verantwortlich sind, entstehen. 2) Abweichende Karyotypen die Autosomen betreffend (Trisomie 21, 13, 18): • häufiger auftretend, es sollten immer beide Feten getrennt einer Chromosomenanalyse unterzogen werden. • CVS !? (Fehler in der mitotischen Zellteilung zu einem Zeitpunkt , da es bereits zur Trennung von Embryoblast und Trophoblast gekommen ist. • Ein weiteres Beispiel: Acardiac twin pregnancy: monozygote Gemini mit normalem Fetus: normaler Chromsomensatz, Acardius: Trisomie 2. 3) Auch voneinander abweichende strukturelle Aberrationen in den Feten wurden beschrieben Mehrlinge und PND Probleme • Kongenitale Fehlbildungen doppelt so häufig • bei monozygoten mehr als bei dizygote • Konkordanz nur bei genetischen Defekten (sonst nur in 10 – 20%) • kardiovaskuläre Anomalien! Inzidenz einer chromosomalen Anomalie bei Mehrlingsschwangerschaften Alter Singleton 20 1:526 1:263 (34) 1:175 (36) 25 1:476 1:238 (34) 1:150 (36) 30 1:385 1:192 (35) 1:128 (37) 35 1:192 1:96 (38) 1:64 (40) 40 1: 66 1:33 (43) 1:22 (45) Twin Triplet Amniozentese - Gemini • Indikation wie bei Einlingsschwangerschaft, aber: • • • • Altersindikation früher 2 Einstiche (ev. Indigocarmin) Risiko höher (etwa 2%) bei monoamnialen ev. nur 1 Einstich CB und Gemini • nur bei sicherer Chorionizität • nicht vor 11+0 • nur bei erhöhtem Risiko für chromosomale Anomalie • nur wenn die Option einer Embryozide im Raum steht • ansonsten ist AZ die Methode der Wahl! Mehrlinge und Fehlbildungen einige Besonderheiten … Mehrlingsschwangerschaft Fetale Anomalien 1,5 - 3 x höher – Anomalien bei Teilung (conj. twins, - pagus) • Gefäßverbindungen (überlebender Mehrling Mikrozephalie, Hydranenzephalie, Porenzephalie, intestinale Atresien, Aplasia cutis, Amputation); Transfusionssyndrom • zumindest 3 Patienten … Komplikationen der Mehrlingsschwangerschaften • • • • • Vanishing twin Fetus papyraceus Fetus compressus Akranius - Acardius TRAPS (Twin Reversed Arterial Perfusion Syndrome) Acardius • 1 : 35.000 (1% aller monozygot – monochorialen) • A-A Anastomosen mit retrograder Perfusion (TRAPS), bereits ab 18. – 21. d p.f. • reguläre kardiale Entwicklung verhindert • gesundes Kind (pump twin) häufig Herzinsuffizienz, Polyhydramnion; versorgt Acardius mit hypoxischem Blut über 3. Kreislauf • bevorzugte Perfusion der unteren Körperhälfte • kranialer Pol resorbiert („Acardius anceps“) Akardius - Therapie • konservativ! • kein Indometacin oder Digoxin • (keine) Amniodrainage – keine kausale Therapie • keine selektive Geburt (Risiko!) Akardius • invasive Therapie, – wenn monochorialmonoamniot – progredient - chirurg. Gefässtrennung – Alkohol Injektion – Schlinge – Laser Akardius • intrafetaler sonographisch geleiteter Eingriff mit geringstem Risiko Akardius - Acranius • • • • nach Laserkoagulation der NS ÜLR – 80% erschwerend: dicke Nabelschnüre (EK) GA bei Geburt 37 SSW früher Eingriff – minimal invasiv 1mm Fetoskop aber: Prognose noch nicht vorhersehbar! Anomalien bei einem Mehrling • • • • z.B. Megavesica Halstumor Vitium Mehrlinge … • oft jahrelanger KW • gefährdet das betroffene Kind das gesunde Kind? • Progredienz? • Geburtszeitpunkt • verbesserte neonatolog. Betreuung Dichoriale Gemini nach IVF, Megavesica eines MX • Optionen? – Punktieren – serielle Punktionen – Drainage – Chromosomenbestimmung – Fetozide – Nichts tun FFTS Monochorial • Fetale Morbidität – in erster bei monochorialen Gemini • IUFT vor 24. SSW • perinat. Mort. • Frühgeburtlichkeit • SGA • haben ein erhöhtes Risiko für cerebral palsy • Gefäßverbindungen der Plazentakreisläufe • FFTS Monochoriale Gemini • das größte Risiko besteht aber wegen der Frühgeburtlichkeit • spontan 33% • iatrogen 10 – 15% (bei monozygoten mehr dichoriale als monochoriale) • FTTS bei 10 – 15% der monochorialen • bei 1% IUFT eines Mehrlings mit hohem Risiko für cerebral palsy des anderen Blickstein, 2003 FFTS I • 2/3 aller monozygoten sind monochorial • FTTS bei 10 – 15% der monochorialen • praktisch immer Aastomosen (AV in beide Richtungen), A-A und V-V • FFTS wegen unausgeglichenen Druckverhältnissen • ohne Therapie Mortalität bis 80% vor Erreichen der Lebensfähigkeit • Auftreten: 17. – 25. SSW FFTS - Klinik • • • • Zunahme des Bauchumfanges Vermehrte KBW vorzeitige Wehen US: – monochoriale Plazenta, Gleichgeschlechtlichkeit der Feten, Poly- Olighydramnionsequenz (stuck twin syndrom) • Wachstumsdiskrepanz in 50 – 80% Transfusionssyndrom DD diskordante Zwillinge • ein Fetus mit Wachstumsretardation • Fruchtwassermenge bei beiden annähernd normal • keine Perfusion von einem Mehrling zum anderen nachweisbar FFTS • Rezeptor - grosses Kind – vergr. Harnblase – Polyhydramnion – Kardiomegalie – Perikarderguss – Aszites – Hypervolämie, Polyhydramnion, volle Harnblase – generalisierter Hydrops FFTS • Donor – kleines Kind – verminderte Biometrie – Olighydramnion ("hat Hemd an") – keine (kleine) Blase – Hypovolämie, Oligohydramnion-Anhydramnion (stuck twin), keine oder nur mäßig gefüllte Harnblase – patholog. Doppler TRAPS • Rezipient: Hypervolumie, Polyurie, Hyperosmolarität, Größe , Blase , Fruchtwasser • Donor: Hypovolumie, Oligurie, Größe , Fruchtwasser = 0, Blase Feto-fetales Transfusionsyndrom Therapie : • • • • • serielle Amniozentesen Tokolyse Lungenreifung Digoxin, Indomethacin Trennung der Plazenta (Laser etc.) • selektive Fetozide kann rettend sein für einen Mehrling Transfusionssyndrom • Amniodrainage ist eine symptomatische Therapie, reduziert intrauterinen Druck, das Risiko für Frühgeburtlichkeit; außerdem Etablierung eines neuen Equlibriums von Blutfluß durch die plazentaren Anastomosen in einigen Fällen - die Risikosituation aber bleibt • Amniodrainage – Entlastung, aber meist keine kausale Therapie Invasive Therapie des TRAPS Durchtrennung kommunizierender Gefäße • Laser • Schlinge Mehrlinge Betreuung und geburtshilfliche Fragestellungen Probleme • Verlängerung der Tragzeit • daher intensive Betreuung der Schwangerschaft • Retardierung 10 x so oft wie bei Einlingen (insbesondere im 3. Trimenon) • Anfang der 80iger Jahre wurden 20% der Drillinge und Vierlinge nicht erkannt, 1990 2% - Frühdiagnostik! Perinatale Morbidität und Mortalität • und mütterliche Morbidität steigen proportional zur Anzahl der Feten!!! • Gemini: perinatale Mortalität 10 – 14%! Komplikationsrate steigt mit Zahl der Feten • Mütterliche: – Präeklampsie 6 – 37% – bei Drillingen 5 – 46% – Ausmaß der Anämie – Blutungsrisiko 3-fach (vz. Plazentalösung 2.2%, postpartale Blutungen, Uterusatonie) Mehrlinge - Komplikationen • Retardierung (12 – 47% vs. 5 – 10%) • dadurch neonatale Mortalität 2.5 fach höher als bei eutrophen Gemini (Plazentainsuffizienz, Infektionen, chromosomale und konstitutionelle Faktoren) • monochoriale Plazenta: neben FFTS höhere Rate an Insertio velamentosa (7%) und Vasa prävia Transfusionssyndrom DD diskordante Zwillinge • ein Fetus mit Wachstumsretardation • Fruchtwassermenge bei beiden annähernd normal • keine Perfusion von einem Mehrling zum anderen nachweisbar Frühgeburtlichkeit vor 32. SSW Diskrepanz • < 30% • 30 – 40% • > 40% 9.5% 13.7% 34.1% Cooperstock et al., 2000 Empfehlungen I • • • • • häufigere Kontrollen Information und Aufklärung Freistellung Stressabbau dichoriale-diamnioten ab 18. SSW 3-wöchig, ab 31. SSW 2-wöchig; Cerclage ev. 21. SSW (je nach Zervixmessung) Empfehlungen II • prophylaktische Lungenreifung nur bei Indikation • bei V.a. Komplikation Intervalle kürzer, ev. stat. Aufnahme • ab 31. SSW regelm. CTG Kontrollen • Doppler Empfehlungen III • monochoriale – engmaschiger (ab 16. SSW!) Gestationsdauer • durchschnittliche Tragzeit 36 – 38 Wochen • bei Drillingen 32 – 34 Wochen, bei Vierlingen 29 – 31 Wochen, bei Fünflingen 28 Wochen. Morbidität und Mortalität wegen FG gesteigert!! • vz. Wehen in 20 bis 70 Prozent • vz. Blasensprung 2 mal so oft • Betreuung: Verhinderung der Frühgeburt! • Zervixlänge (ZL < 15 mm in der 23. SSW in 51% zu FG vor der 34. SSW, bei 30 mm ZL nur in 7%!) Geburtszeitpunkt • Gemini: 36 – 38. SSW (über 38. SSW TÜ), ab 3250g Mortalität dramatisch erhöht • 2. Mehrling nicht in SL: äußere Wendung nicht mehr, Geburt aus BEL, manuelle Extraktion oder Sectio • 1. ML nicht in SL – immer Sectio (Gefahr der Kollision, Verhakung, Einkeilung) • bei höhergradigen Mehrlingen – immer Sectio Ursachen der Frühgeburtlichkeit • relative Zervixinsuffizienz (Überdehnung des Uterus) • vorzeitige Wehen • vorzeitiger Blasensprung • iatrogen bei – FFTS – Retardierung – IUFT eines Feten – mütterliche Indikationen Entbindungszeitpunkt • Zwillinge • Drillinge • Vierlinge 35 + 3 32 + 3 30 + 2 gilt nur bei di-, tri … chorialen, ansonsten individuell und früher! Monoamnioten • ab 26. SSW engmaschige Kontrollen (LR, 2 x wöchentlich US, Doppler, CTG) • ab 28. SSW stationäre Überwachung • Sectio spätestens 32. SSW Heidenreich, 2003 Konzept zur Betreuung von Monoamnioten • • • • • • • • • USKO alle 2 Wochen Extensives Organscreening Zervixmessung in der 22. SSW Stationär ab 25. SSW Lungenreifung 3 x tgl. CTG 1 x wöchentlich Biometrie 3 x wöchentlich Doppler Sectio in der 32. SSW • 10 Konstellationen – beide in SL (44.3%) – 1er. in SL, 2.er nicht (34.8%) – 1er. nicht in SL (20.9%) • geplante ("elektive") Sectio zu diskutieren (insbesonders bei Primiparae) • beide in SL – vaginale Geburt möglich Geburtsmodus • Exakte Diagnostik so früh wie möglich • Genetik bei beiden Mehrlingen Mehrlinge J/N • Echokardiographie bei allen Mehrlingen! • Zervixmessung bei allen Mehrlingen! Ambulante Betreuung von Mehrlingsschwangerschaften www.univie.ac.at/leitlinien
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