Offener Laufstall auf der Alp

6 TIERHALTUNG I Sömmerung
Offener Laufstall
auf der Alp
«Entweder bauen wir einen Alpstall, der ganz zu ist oder einer,
der ga nz offen ist», sagte sich Rosam Egli, Pächter der Alp Schlipf.
«Und es muss ein La ufstall sein.» Schliesslich hat er sich fü r das
zwei te entschiede n, um die Kühe vor Ungeziefer zu schützen.
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ie Alp Schlipf liegt auf
1300 m ü . M. etwas unterhalb
der Schwägalp am Säntisrnassiv. Da der alte Stall den Tierschutzvorschriften nicht mehr entsprach,
erstellte die Kreisalpenkorporation
Krummenau-Nesslau im Jahr 2014
einen neuen Stall für 22 Kühe. Allerdings nicht, wie es auf Alpen üblich
ist, als Anbinde-, sondern als Laufstall.
Kühe können wählen
«Die Idee des Laufstalls kam von
mi r», sagt Rosam Egli, der Pächter
der Alp. Früher musste er die Kühe
vor dem Mittag, wenn es wann WUTde und Ungeziefer sie belästigten,
alle im Stall anbinde n . Da Egli am
Morgen nach dem Melken oft wieder
zum T albetrieb in Nesslau fährt,
weil e r dort heuen muss, müsste er
zum Ejnlassen extra wieder auf die
Alp fahren und würde dadurch viel
Zeit werheren», wie er sagt. Im Laufstall muss er seine Kühe nicht anbinden. Sie können zu r ück, wann sie
wollen, und ihre Boxen zum Liegen
aufsuchen. «Je nach Ungezieferplage
können sie selbst wählen, wann sie
zurück in den Stall kommen», erklärt
Egli. Damit am Abend zum Melken
alle Kühe im Stall sind, hat er am
Rosarn Egli hat sich beim Neubau des Alpstalls für einen laufstall entschieden.
Durch das Einwegtor können die Kühe am Tag zurück in den Stall, wann sie wollen.
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nriin<> I Nr 1812015
Die Alp Schlipf gehört zur
Alpkorporation Säntisalp und
befindet sich auf der Toggenburger Seite der Passhöhe Schwägalp.
Die Weiden liegen zwischen
1300 und 1400 m ü. M.; die
Milch wird in der Alpkäserei auf
der Schwägalp zum beliebten
Schwägalpkäse verarbeitet.
Eingang ein Einwegtor angebracht,
durch das die Kühe zwar in den Stall
können, aber nicht mehr hinaus.
Hochklappbare Stallwand
Damit sich die Kühe bei Hitze im
Stall auch wirklich wohler fühlen als
auf der Weide, müssen sie vor Sonne
und Fliegen geschützt sein. Gege n
Süden ist der Stall in den Hang hinein gebaut, was zur Folge hat, dass
sich die Luft im Stall an der kalten
Betonwand abkühlt. Auf der gege nüberl iegenden Seite ist der Stall auf
der ganzen Länge offen, denn die
gesam te Wand ist ho chgeklappt. So
kann frische Luft durch den Stall
ziehen. Die Kühe liegen viel, ein
Ze iche n, dass es ihnen wohl ist.
Der etwas eigenwillige Einfall zu
dieser flexiblen Wand kam von Christian Manser vom Landwirtschaftliche n Zentru m St.Gallen (LZSG). Die
ganze Wand ist mit Schar ni eren an
der Decke befes tigt und lässt sich
mittels Drahtseilen und Um le nkrolle n, die im Dachstock angebracht
sind, nach oben bzw. unten kurbeln
und a rretieren. Während ein Garagentor im aufgeklapp ten Zustand nach
innen fährt, bildet die Stallwand ein
Dach über dem äusseren Laufgang
des Stalls. Das Regenwasser wird
über eine e igens dafür angebrachte
Dachrinne aufgefangen, damit das
Wasser nicht auf den Laufgang tropft
und so nicht unnötig viel Gülle a n-
fäll t. Ausserhalb der Alpzeit, von
Herbst bis Frühling, lässt sich die
Stallseite inklusive der eingebauten
Kunststofffenster schliessen und
sieht aus wie eine gewöhnliche Stallwand.
Melken am Selbstfangg itter
Die ganze Familie hilft beim Bewirtschaften der Alp mit. Zuerst we rden
die Kühe in den Warteraum auf den
hinteren Laufgang getrieben und
dann mit drei Aggregaten immer
sechs Kühe gemeinsam im IC Melkstand» gemolken. Dieser ist eigentlich nichts anderes als sechs Standplätze mit Selbstfanggi tter, auf
welchen in Kannen gemolken wird;
eine Melkergrube gibt es nicht. Das
Melken ist nicht nur zweckmässig
und platzsparend, sondern es fielen
auch weniger Baukosten an. Ausserdem liess sich damit erreichen, dass
der ganze Stall ebenerdig ist, ein
Vorteil, wenn man den Stall einmal
umgestalten möchte. Den Strom
zum Melken liefert ein Dieselstrornaggregat. Gegenüber dem Melkstand
befinden sich je eine Bucht für
Kälber und Ziegen.
Kühe brauchen Routine
Beim Einrichten des Stalls liess sich
der Landwirt vo n Chris tian Manser
beraten, da er keine Erfahrun g mit
Laufstä ll en hatte. Ein Grundsatz bei
der Planung war, dass sich auch die
Die hochgeklappte Stallwand bildet ein
Dach über dem äusseren laufgang.
schwächsten Kühe im Stall wohl fühlen müssen. Über den Auslauf mit
dem Bru nnen ve rfügen die Kühe
über einen Rundgang um di e Liegeboxen, so dass es keine Sackgassen
gibt und sie ei nander ausweichen
können. Das ist besonders wichtig,
da Eglis Küh e Hörner tragen . Sie
liegen in 2 x 11 gegenst ä nd igen
Boxen, die mit einer Mischung aus
Kalk und Stroh eingestreut sind u nd
sich in der Sta ll mitte befinden. Über
verschliessbare Öffnungen im Dachboden ist es möglich, die Kühe im
Raum zwischen den Liegeboxen mit
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Mit dieser Kurbel kann die Wand gehoben
und gesenkt werden.
Die Umlenkrollen befinden sich im
Dachstock.
Die Wand ist mit Scharnieren am
Dachboden befestigt.
Nr. 18/2015 I die grüne
Durch diesen Heuabwurf kann Futter
zwischen die liegeboxen geworfen werden.
Heu zu füttern, was selten notwendig ist. Dem Alpbauern kommt es
darauf an , dass der tägliche Ablauf
im StaH, die Routine, für die Tiere
immer dieselbe ist. Das hilft, dass
die Kühe gerne in den Stall kommen,
ihn soz usa gen in die Weide eingliedern. Nach dem Melken lässt er sie
zurück in den Stall, damit sie diesen
in Ruhe und gemächlich verlassen
können.
Die Bäuerin Ruth Egli im «Melkstand ) am Melken. Immer drei Kühe können miteinander
Mehr Mist als Gülle
Ei n automatischer Schieber zum Reinigen der Laufgänge würde sich für
am Selbstfanggitter gemolken werden.
Die «Hütte)) liegt im Obergeschoss direkt über den Tieren. Pächter Rosam Egli hat für
Das neue Alpgebäude der Alp Schli pf
den Neubau des Alpstalls und des Wohnteils viel Eigenleistung eingebracht.
von der Seite des Wohnteils her.
Sömmerung I TIERHALTU NG 9
eine n Al pstaIl, welcher nur etwa drei
Monate genutzt wird und bei welchem die Kühe mcistens T ag und
Nach t auf der Weide sind, nicht lohnen. Auch eine Entmis tung mit dem
Schild vor dem Einachser kam fü r
den Landwirt nicht in Frage, da er
mehr Mist a ls Gü l1e möchte. Dazu
streu t er Stroh aus de r Kälber- und
Zicgenbucht auf die Laufgänge hinter die Liegeboxen und bringt den
Mist mit Schaufel und Karrette auf
de n tiefer gesetzte n Miststock. Dieser
schliesst neben dcm äusseren Laufgang an den Stall an und ist dadurch
äusserst lei cht erreichbar.
Stall und Hüt t e in einem
Eine weitere Besonderheit des Alpstalls ist, dass e r zwe istöckig ist. Im
Dachstock über dem Stall sind Heuund Strohbal len für das Vieh und
Holz zum He izen des Wohnteils gelagert. Da der Transporter aufg rulld
der Topografie durch eine Hocheinfahrt direkt in den Dachstock fahren
kann , bereitet das Entl aden keine
Mühe. Auch der Wohnteil fü r die
Alpfamilie ist im oberen Stock über
dem Melkstand untergebra cht. «Die
Hütte ist oben~, bringt es der Landwirt auf de n Punkt. Es braucht nur
ei n Gebäude, um Mensch un d Tier
unterzubringen. Auf die se Art liess
sich beim Bauen Geld und Platz sparen. Den Dachstock habe es wege n
Der Stall mit Hocheinfahrt von der Bergsei te her. Das Futter kann so ohne Mühe in den
Dachstock eingeführt und eingelagert werden.
der Statik sowieso gebra ucht, erklärt
Egli. Das Satteldach mu~s d ie grosse
Schneelast im schn ee reichen Gebiet
vor dem Säntis au shalten und benöt igt deswegen starke Stützen und
Träger. Da zum Bauen einheimisches
Holz zu r Verfügung stand, wurden
ke ine Leimbinder verwendet, sondern in Wattw il gesägte Hol zhalke n
miteinander verschraubt.
Viel Eigenle istung
Beim Erstel1en der Alp hat Egli viel
Eigen leistung e ingebracht, auch
wen n die eigentliche Eigentümerin
die e nvähnte Kreisalpenkorporation
Krummenau-Nesslau ist. Als Pächter
ko nnte der Landwi rt einerseits seine
Id een ei nbringen , andererseits wurde
von ih m verlangt, den Kostenrahmen nich t zu überschreiten. So
brach te der Lanchvirt sein handwerkliches Können und seine Kreativität ein. IIDie Schindel fassade habe
ich selbst gema cht», berichtet der
Landwirt nicht ohne Stolz, und den
Wohnteil hat er zum grössten Teil
selbst eingerichtet. Die Zusammenarbeit zwischen Eigentümer und
Pächter ist ein «Geben und Nehmen".
IMichael GölZ
Der Autor ist AgrarjollnlaJiSI
und leIn
lJ1
Eggersriet SG.
Arbeitseffizienz ist auch auf
Alpbetrieben äusserst wichtig,
Täglich anfallende Arbeiten wie
Einstreuen, Entmisten, Füttern,
Melken und Weiden der Tiere
können im neuen Stall zügig
erledigt werden, Futter und Stroh
werden dank Hocheinfahrt sehr
kräfteschonend eingelagert, Durch
das Platzieren des Wohnbereichs
im Obergeschoss und durch die
flexible Stallwand wird deutlich
weniger Raumvolumen umbaut.
Zudem haben die Kühe Zugang
zu einem top liegebereich mit
viel luft und licht, was deren
Gesundheit ~nd leistungsbereitschaft fördert.
www.agrarjountaliSl.dl
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