ERASMUS – Erfahrungsbericht Auslandsaufenthalt an der Université Paris X Ouest Nanterre la Défense Wintersemester 2014/15 Marie-Theres Ahrens Universität Bielefeld Vorbereitung: Obwohl es in Deutschland für Jurastudenten eher untypisch ist ein Auslandssemester zu machen, zog es mich doch in die Ferne, da ich auch vorher schon an der fachspezifischen Fremdsprachenausbildung in französischer Sprache teilgenommen habe. In Bielefeld liefen die Vorbereitungen problemlos ab. Außer dass man sich sehr früh im Voraus bewerben muss, hatte ich sowohl bei der Bewerbung um das Erasmus-Stipendium, als auch bei dem Antrag auf ein Urlaubssemester keine Probleme. Im Gegensatz dazu stellte die Wohnungssuche in Paris ein erhebliches Problem dar. Die Absage für meine Bewerbung um einen Platz im Studentenwohnheim bekam ich recht bald und musste somit auf eigene Faust eine Unterkunft für meine Freundin und mich suchen. Obwohl ich mit meiner Mutter 6 Wochen vor Semesterbeginn schon für 5 Tage nach Paris gefahren war und von zu Hause aus Besichtigungstermine vereinbart hatte, habe ich in dieser Zeit keine Bleibe für mich und meine Freundin gefunden. Selbst Makler haben kaum kleine Wohnungen für 2 Personen im Angebot, und wenn, dann erlauben die Besitzer keine WGs oder wollen nur 3-Jahresverträge abschließen. Am letzten Tag hat uns dann sogar ein Makler „verraten“, dass es ihnen gesetzlich nicht erlaubt sei, Wohnungen für unter einem Jahr zu vermitteln. Desillusioniert zurück in Deutschland, haben meine Freundin und ich dann weiter tagtäglich das Internet durchforstet und haben schließlich zwei Wochen bevor das Semester losging eine Wohnung bei Airbnb gefunden. Die Wohnung war zwar sehr teuer (1400€ monatlich), dafür lag sie jedoch super zentral direkt an der Bastille und vor allem waren wir abgesichert, da die finanzielle Abwicklung über Airbnb läuft. (Der Mieter überweist die Miete an Airbnb, Airbnb überweist die Miete erst an den Vermieter, wenn die Unterkunft im besprochenen Zustand ist) Studium an der Gasthochschule: Auch wenn ich schon vorgewarnt war, dass die Organisation und Verwaltung in Nanterre eine Katastrophe ist – die Realität übertraf meine Vorstellungskraft. Die Mails, die wir bereits im Vorhinein vom International Office erhielten, waren formuliert wie dritte Mahnungen. Angekommen in Paris begann die Einführungsveranstaltung 2 Stunden verspätet, da die Mitarbeiter anscheinend -warum auch immer- nicht mit so vielen Studenten gerechnet haben. Dann wurde uns die Uni vorgestellt und vor allem auch die Prozedur zur Anmeldung für unsere Kurse erklärt (in der Theorie ganz einfach und logisch). Am Ende der Veranstaltung durften dann noch fragen gestellt werden. Ein griechisches Mädchen meldete sich und stellte eine Frage, die man in den hinteren Reihen nicht mehr verstehen konnte. Jedoch für den ganzen Hörsaal verständlich antwortete Madame M.: „Achja, ich erinnere mich. Du bist das griechische Mädchen, also arbeiten deine Eltern nicht. Die Gebühr musst du aber trotzdem zahlen.“ Schockiert bekamen wir dann unsere Studentenausweise und die Termine, an denen wir uns für unsere Kurse anmelden sollten. Dass sich diese Termine noch ständig ändern würden und vor allem auch die ECTS-Punkte der jeweiligen Kurse dreimal geändert wurden, ahnten wir noch nicht. Somit stand es in den ersten zwei Monaten fast täglich auf der Tagesplanung, wegen ständig neu aufkommender Probleme zu Li Xiong (Fakultät für Rechtswissenschaft) gehen zu müssen. Belegen darf man im Grunde jede Vorlesung (nicht die AGs/TDs!) aus dem 1. bis 4. Jahr. Eine mündliche Prüfung, die ausländischen Studenten aufgrund der Sprachbarriere ans Herz gelegt wird, ist jedoch nur in den Kursen des 3. und 4. Studienjahrs möglich. Doch selbst da ist es bei einem Kurs vorgefallen, dass die Professorin sich mitten im Semester überlegt hat, dass sie doch keine Lust auf mündliche Prüfungen hat. Im Gegensatz dazu sind die FETE-Sprachkurse, an denen man als Erasmus-Student kostenlos teilnehmen darf, gut organisiert und sehr individuell auf die Bedürfnisse der ausländischen Studenten abgestimmt. Man darf 3 Kurse à 3 ECTS-Punkte wählen. Bei den Sprachkursen herrscht Anwesenheitspflicht, die Hausaufgaben werden benotet und man muss Präsentationen halten. La vie parisienne: Im Grunde kann man es in einem Satz zusammenfassen : Der Zauber der Stadt hat allen Stress, den die Uni mir gemacht hat, weggezaubert. Vom ersten Tag an habe ich mich in meinem Quartier (11. Arrondissement) sehr wohl gefühlt. Da ich Bäcker, Supermarkt, Metrostationen, Post, Bars und nicht zu vergessen den Markt, direkt vor der Tür hatte, musste ich, abgesehen von dem Weg zur Uni, keine weiten Wege auf mich nehmen. Ich hatte das Glück, dass ich die meisten Sehenswürdigkeiten schon vor meinem Auslandssemester abgeklappert hatte, sodass ich mich während meines jetzigen Aufenthalts mehr auf die „unscheinbaren“ Orte konzentriert habe. Beispielsweise gibt es sehr viele Galerien und Museen, die man umsonst besuchen kann, viele tolle kleinere Konzerte und natürlich extrem viele coole, hippe Bars in der ganzen Stadt verteilt. Vor allem kulturell, sei es die Kunst, die Mode oder das Essen, hat Paris unglaublich viel zu bieten. Dank Erasmus habe ich nun Freunde aus aller Herren Länder und somit nicht nur etwas über die französische, sondern auch über die italienische, slowenische, belgische, amerikanische etc. Kultur gelernt. Fazit: Auch wenn es anfangs nicht ganz leicht war, sich durch den Verwaltungsdschungel zukämpfen, würde ich immer wieder die gleiche Entscheidung treffen und ein Semester in Paris studieren wollen. Insgesamt fühle ich mich dadurch in jeglicher Hinsicht bereichert. Ich habe nicht nur meine Sprache verbessern können, sondern auch mit verschiedensten anderen Situationen, die sich einem als Ausländer in einem fremden Land stellen, wie zum Beispiel der Eröffnung eines Bankkontos, gelernt umgehen zu können. Diese einmaligen Erfahrungen werden mir lange erhalten bleiben und ich weiß schon jetzt, dass es mich immer wieder nach Paris ziehen wird.
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