Schrift und Sprache der Chinesen

Schrift und Sprache
der Chinesen
Universität Duisburg - Essen
Fachbereich 3: Kommunikationswissenschaft; WS 2005/06
Teilgebiet: Sozialanthropologie und Ethnographie der Kommunikation
Veranstaltung: Problematik der Kommunikation mit Chinesen
Dozent: Prof. Dr. Zhu Xiaoxue
Referent: Sebastian Podwojewski
Inhalt:
1. Der Autor / Das Buch
2. Einführung in die chinesische
Sprache und Schrift
3. Die Frühstufe der Sprache
4. Die Wortbildung
5. Die Schrift
1. Der Autor / Das Buch
1.1. Biographisches
 Klaus Bernhard Johannes Karlgren (* 1889, †
1978)
 schwedischer Sprachwissenschaftler und
Sinologe
 versuchte das Lautsystem des Mittel- und
Altchinesischen zu rekonstruieren, bahnbrechend
für die chinesische Sprachwissenschaft
1. Der Autor / Das Buch
1.2. Über das Buch
 Bernhard Karlgrens „Schrift und Sprache der
Chinesen“
 erschien 1918 in schwedischer Sprache unter dem
Titel „Ordet och Pennan i Mittens Rike“
 englische Ausgabe „Sound and Symbol in
Chinese“ wurde von Karlgren 1962 umgearbeitet
und erweitert, 1975 ins Deutsche übersetzt
2. Einführung in die chinesische
Sprache und Schrift
2.1. Historie und Allgemeines
 Chinesisch wird heute von ca. 1,2 Milliarden
Menschen gesprochen
 Schrift über 3.000 Jahre alt
 ältesten bisher gefundenen chinesischen
Schriftzeichen stammen aus der Zeit um 1400 v. Chr.,
5000 Zeichen
2. Einführung in die chinesische
Sprache und Schrift
2.1. Historie und Allgemeines
Orakelknochen mit eingeritzten Schriftzeichen
2. Einführung in die chinesische
Sprache und Schrift
2.2 Dialekte und ihre Verbreitung
 Chinesisch ist aufgegliedert in verschiedene einzelne
„Dialekte„
 mündliche Kommunikation zwischen einem Sprecher
des Mandarin und einem des Kantonesischen sehr
schwierig
 die am weitesten verbreitete Variante ist Mandarin,
Muttersprache von ca. 850 Millionen Menschen
2. Einführung in die chinesische
Sprache und Schrift
2.2 Dialekte und ihre Verbreitung
Stark vereinfachte Sprachenkarte von China
2. Einführung in die chinesische
Sprache und Schrift
2.3 Romanisierung und
Verwandtschaft
 voll ausgebildete offizielle Romanisierung für das
Mandarin-Chinesisch, Pīnyīn
 die anderen chinesischen Sprachen haben eigene
Romanisierungs-Systeme.
 chinesischen Sprachen haben andere ostasiatische
Sprachen sehr stark beeinflusst
3. Die Frühstufe der Schrift und
Sprache
3.1. Bildliche Darstellungen
 Form der Schriftzeichen hat sich im Laufe der
Jahrhunderte verändert, dahinter stehende Vorstellung
ist die Gleiche geblieben
 in den Anfängen der chinesischen Schrift steht jedes
Zeichen für ein Wort
 Schriftzeichen waren einfache Darstellungen der
gemeinten Gegenstände
3. Die Frühstufe der Schrift und
Sprache
3.2. Bedeutung und Lautwert
 das Chinesische ist keine phonetische Schrift
 viele Homophone, Zeichen bessere Hinweise auf
die Bedeutung als rein phonetische Wiedergabe
 einen antiken Text im klassischen Schriftstil nur
aufgrund einer phonetischen Wiedergabe zu
verstehen, ist praktisch unmöglich
3. Die Frühstufe der Schrift und
Sprache
3.2. Bedeutung und Lautwert
3.2.1. Beispiel für Homophone
Das folgende Gedicht besteht nur aus der Silbe
"shi" variiert in den vier Tönen und ist selbst
Chinesen nur an Hand der Schriftzeichen
verständlich.
3. Die Frühstufe der Schrift und
Sprache
3.2. Bedeutung und Lautwert
3.2.2. Beispiel für Homophone
« Shī Shì shí shī shǐ »
Shíshì shīshì Shī Shì, shì shī, shì shí 10 shī.
Shì shíshí shì shang shì shī.
10 shí, shì 10 shī shì shì.
Shì shí, shì Shī Shì shì shì.
Shì shì shì 10 shī, shì shì shì, shǐ shì 10 shī shìshì.
Shì shí shì 10 shī shī, shì shíshì.
Shíshì shī, Shì shǐ shì shì shíshì.
Shíshì shì, Shì shǐ shì shí shì 10 shī.
Shí shí, shǐ shì shì 10 shī, shí 10 shí shī shī.
Shì shì shì shì. hh
3. Die Frühstufe der Schrift und
Sprache
3.2. Bedeutung und Lautwert
3.2.3. Beispiel für Homophone
In einer Steinhöhle saß der Dichter Shishi,
der gerne Löwen aß und sich entschloss; zehn davon zu
essen.
Er ging oft zum Markt, um nach Löwen Ausschau zu halten.
Eines Tages, um zehn Uhr, kamen zehn Löwen auf den
Markt.
Genau zu dieser Zeit kam auch Shishi.
3. Die Frühstufe der Schrift und
Sprache
3.3. Wortton
 das phonetische Mittel des Worttons macht die
Homophonie erträglicher
 jedes chinesische Wort hat eine bestimmte Melodie
 heutigen Dialekte gebrauchen unterschiedliche Zahl
von Tönen
3. Die Frühstufe der Schrift und
Sprache
3.3. Worttöne
3.3.1 Beispiel für Worttöne
Im Schwedischen wird „gìftet“ (deutsch: Heirat) und
„gíftet“ (deutsch: Gift) durch Töne unterscheiden
4. Wortbildung
4.1. Isolation
 die chinesischen Sprache ist isolierend
 einzelne Wörter als isolierte Einheiten
 grammatische Merkmale werden durch
hinzugefügte kennzeichnende Worte ausgedrückt,
falls es nötig ist
4. Wortbildung
4.1. Isolation
4.1.1. Beispiel für isolierende
Sprache
Der Ausdruck „jên sin“ (auf deutsch - Mensch
Herz) kann bedeuten
 das Herz des Menschen
 Menschenherz
 Menschenherzen
4. Die Frühstufe der Schrift und
Sprache
4.2. Monosyllabismus
 die chinesischen Sprache ist monosyllabisch
 abgesehen von einigen unwesentlichen
Ausnahmen besteht jedes einfache Wort (Simplicia)
aus einer Silbe
 das Chinesische bildet keine neuen Wörter mit
Hilfe von Ableitungssilben
4. Wortbildung
4.2. Monosyllabismus
4.2.1. Beispiel für Monosyllabismus
 im Englischen bilden wir z.B. von dem Verbum
„shoot“ das Verbalnomen „shooting“ bilden
 im Chinesischen werden beide Begriffe durch
„shê“ wiedergegeben
5. Die Schrift
5.1. Lexika
 durchschnittliches chinesisches Wörterbuch listet
etwa 10.000 Zeichen auf
 bisher umfangreichstes Wörterbuch Zhōnghuá zìhǎi
enthält rund 87.000 verschiedene Schriftzeichen und
Varianten
 die Mehrzahl dieser Zeichen kommt nur in alter
Literatur, in geographischen Bezeichnungen oder in
Dialekten vor
5. Die Schrift
5.1. Lexika
 ältestes Lexikon für chinesische Schriftzeichen ist
das Shuowen Jiezi aus dem Jahr 121 n. Chr.
 die Schriftzeichen sind dort nach einem System von
Elementarzeichen, den sog. Radikalen, eingeteilt
 diese Klassifizierung der Schriftzeichen nach
Radikalen hat sich bis heute erhalten
5. Die Schrift
5.2. Radikale
 Anzahl der Radikale wurde immer weiter reduziert,
heute am weitesten verbreitete Liste traditioneller
Radikale verwendet 214 Klassenzeichen
 Einteilung wurde durch das Kangxi zidian unterstützt,
das bereits ca. 49.000 Schriftzeichen enthält
 Wörterbücher für vereinfachte Schriftzeichen
verwenden andere Anzahl an Radikalen, 227 Radikale
5. Die Schrift
5.2. Radikale
Der Radikale 52 und Schriftzeichen, in denen er enthalten ist
5. Die Schrift
5.3. Schriftmedien
 Chinesen verwenden Pinsel und schwarze und rote
Tusche, um ihre Schriftzeichen auf Papier und Seide
zu kalligrafieren
 Siegelabdrücke waren schon lange vor dem 14.
Jahrhundert bekannt
 Die vier Schätze des traditionellen
Gelehrtenzimmers waren Pinsel, Tusche, Reibstein
und Papier
5. Die Schrift
5.3. Schriftmedien
 im modernen Alltagsgebrauch wird mit den auch im
Westen üblichen Schreibgeräten geschrieben
 in den Grundschulen Taiwans meist Bleistift
 in Firmen werden chinesische Schriftzeichen meist
auf mit moderner Textverarbeitung geschrieben
5. Die Schrift
5.4. Kalligrafie
 die Kalligrafie ist eine in China Hochangesehene Kunst
 Schriftzüge gelten als Kunstobjekte, üblich
Schriftzeichen in das Bild zu integrieren
 buddhistische Mandalas werden im chinesischen
Kulturraum, anders als in Südasien, eher mit
Schriftzeichen als mit bildlichen Darstellungen gestaltet
5. Die Schrift
5.4. Kalligrafie
Reihenfolge der zu malenden Striche
5. Die Schrift
5.5. Schreibrichtung
 die Schreibrichtung der chinesischen Schrift war in
der vormodernen Zeit in der Regel senkrecht von
oben nach unten
 seit der Schriftreform wird in Büchern meistens in
Zeilen von links nach rechts geschrieben
5. Die Schrift
5.5. Schreibrichtung
Themen zur diskussion
Warum wird die chinesische Schrift
nicht durch eine einfache,
alphabetische Schrift ersetzt?
Welche vor, bzw. Nachteile wuerden
den Chinesen dadurch entstehen?