4.7 Magnetfelder von Strömen Aus den vorherigen Kapiteln ist bekannt, dass auf stromdurchflossene Leiter im Magnetfeld eine Kraft wirkt. Die betrachteten magnetischen Felder waren bisher homogene Felder von Permanentmagneten. Für technische Anwendungen sind Permanentmagneten jedoch sehr unpraktisch. So würde auf einem Schrottplatz der eisenhaltige Schrott an einem Permanentmagneten „festkleben“ und könnte nur mit grober Gewalt wieder vom Magneten entfernt werden. Damit dies nicht passiert, verwendet man auf Schrottplätzen Elektromagnete, bei denen das Magnetfeld ein und wieder ausgeschaltet werden kann. Hierbei nutzt man aus, dass stromdurchflossene Leiter im Raum um sie herum ein eigenes Magnetfeld erzeugen. Im folgenden Kapitel werden die Eigenschaften von Magnetfeldern von Strömen untersucht. 4.7.1 Magnetfeld eines geraden Leiters Ein gerader elektrischer Leiter, der von einem Strom der Stärke durchflossen wird, ist von einem Magnetfeld in Form von geschlossenen konzentrischen Kreisen umgeben. Die Richtung der Feldlinien kann man mit Hilfe der Rechten-Hand-Regel ermittelt werden: „Wenn der Daumen der rechten Hand in die technische Stromrichtung (von Plus nach Minus) zeigt, so geben die restlichen Finger der Hand die Richtung des Magnetfeldes an.“ In einem Experiment soll nun das Magnetfeld eines stromdurchflossenen Leiters untersucht werden. Hierzu wird in einem gewissen Abstand zum Leiter eine Hallsonde angebracht, mit der die Stärke des magnetischen Feldes in Abhängigkeit von der Entfernung zum Leiter und in Abhängigkeit von der Stromstärke gemessen wird. © M. Brennscheidt Das Experiment zeigt, dass das Magnetfeld bei konstantem Strom mit zunehmendem Abstand zum Draht abnimmt. Die Feldstärke ist antiproportional zum Abstand vom Leiter: Erhöht man hingegen die Stromstärke bei gleichbleibendem Abstand zum Leiter, so nimmt die magnetische Feldstärke zu. Feldstärke und Stromstärke sind proportional zueinander: Fasst man beide Ergebnisse zusammen, so ergibt sich der Zusammenhang Durch Einführung einer Proportionalitätskonstante ergibt sich schließlich eine Formel für das Magnetfeld eines geraden stromdurchflossenen Leiters: bzw. Die Konstante heißt magnetische Feldkonstante: Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Magnetfeld eines geraden Leiters mit zunehmender Stromstärke stärker und mit zunehmendem Abstand schwächer wird. © M. Brennscheidt 4.7.2 Magnetfeld einer langen Spule Spulen, deren Länge deutlich länger ist als ihr Durchmesser , heißen lange Spulen. Das Magnetfeld einer langen Spule ähnelt stark dem Magnetfeld eines Stabmagneten. Im Inneren der Spule ist das Magnetfeld relativ homogen. In den Außenbereichen ergibt sich das typische Feldlinienbild, wie es von Stabmagneten bekannt ist. Auch hier sind die Magnetfeldlinien immer geschlossene Kurven (Erinnerung: Es gibt keine magnetischen Monopole). Das Magnetfeld im Inneren der Spule entsteht durch die Überlagerung der Magnetfelder der einzelnen Leiter (Windungen) der Spule. Jede einzelne Windung ist von einem konzentrischen Feld umgeben. Durch Überlagerung dieser Felder entsteht das für die lange Spule typische, dem Feld eines Stabmagneten ähnliche Magnetfeld. Im Experiment wird das magnetische Feld einer stromdurchflossenen langen Spule mit einer Hallsonde untersucht. Zunächst ist zu beobachten, dass das Feld im Innern der Spule homogen und die Feldstärke relativ hoch ist. Außerhalb der Spule ist das Feld nicht mehr homogen und wesentlich schwächer. Erhöht man nun die durch die Spule fließende Stromstärke , so nimmt auch die magnetische Feldstärke zu. Erneut gilt: Außerdem kann festgestellt werden, dass das Magnetfeld in einer Spule mit höherer Windungszahl stärker ist als das Magnetfeld in einer Spule mit kleiner Windungszahl. Bei der Spulenlänge verhält es sich genau umgekehrt. Je länger die Spule ist (bei gleichbleibender Windungszahl), desto kleiner ist das Magnetfeld. Die magnetische Feldstärke ist deshalb proportional zur sog. Windungsdichte : © M. Brennscheidt Fasst man nun wieder beide Ergebnisse zusammen, so erhält man für das Magnetfeld im Innern einer Spule den Zusammenhang: Durch Einführung der Proportionalitätskonstanten erhält man schließlich die Gleichung: Abschließend ist anzumerken, dass das Magnetfeld im Innern einer langen Spule unabhängig vom Durchmesser der Spule ist, solange die Bedingung nicht verletzt wird, also immer noch eine lange Spule vorliegt. 4.7.3 Relative Permeabilität Befindet sich zwischen den Platten eines Kondensators ein Dielektrikum, zum Beispiel aus Plastik, so erhöht sich die Kapazität des Kondensators um die Dielektrizitätszahl von Plastik: Analog hierzu kann man die magnetische Wirkung einer Spule verstärken, indem man einen Spulenkern aus Eisen oder Stahl verwendet. In diesem Material richten sich unter dem Einfluss des Magnetfeldes im Spuleninnern die Elementarmagnete aus, wodurch der Spulenkern auch magnetisch wird und sich das Magnetfeld der gesamten Anordnung verstärkt. Ein Maß für die Verstärkung (bzw. je nach Material auch für die Schwächung des Magnetfeldes) gibt die sog. magnetische Permeabilität an. Diese bestimmt die Durchlässigkeit von Materie für magnetische Felder. Für die magnetische Feldstärke einer langen Spule ergibt sich somit die Formel: Beispiele für : Material Supraleiter 0 Kupfer 0, 9999936 Vakuum 1 Luft 1,00000037 Gußeisen 800 Flußstahl 4000 Permalloy 3∙105 © M. Brennscheidt Anmerkung: Zwischen der Dielektrizitätszahl und der magnetischen Permeabilität besteht ein interessanter Zusammenhang: Dieser ergibt sich aus den Maxwellgleichungen zur Beschreibung von elektrischen und magnetischen Feldern, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. In einem Medium gilt schließlich: 4.7.4 Magnetfeld einer beliebigen Spule Im vorherigen Kapitel wurde eine Formel zur Berechnung der magnetischen Feldstärke im Innern einer langen Spule experimentell hergeleitet. Diese gibt jedoch nur das Magnetfeld genau in der Mitte der Spule an. Zur Berechnung des Magnetfelds an einem anderen Ort auf der Spulenachse, also zum Beispiel an den Enden der Spule kann eine allgemeine Formel zur Berechnung von Magnetfeldern in Spulen herangezogen werden: Diese gibt die magnetische Feldstärke einer beliebigen Spule der Länge , mit dem Spulenradius der Entfernung vom Mittelpunkt auf der Spulenachse an. in Die Abbildung zeigt den Schnitt durch eine beliebige Spule. Mit der allgemeinen Spulengleichung kann nun exemplarisch das Magnetfeld in der Mitte, also bei berechnet werden: 1. Magnetfeld in der Mitte der Spule: © M. Brennscheidt und am Ende der Spule Für eine langgestreckte Spule gilt: . Der Radius kann somit in erster Näherung vernachlässigt werden und es ergibt sich der genäherte Wert für das Magnetfeld in der Mitte einer langen Spule: Aus der allgemeinen Spulengleichung ergibt sich also die experimentell bestimmte Formel für die magnetische Feldstärke im Innern einer langen Spule. 2. Magnetfeld am Ende der Spule: © M. Brennscheidt Für die langgestreckte Spule mit kann auch hier eine Näherung erfolgen: Die magnetische Feldstärke am Ender der Spule beträgt somit gerade die Hälfte der magnetischen Feldstärke im Inneren der Spule. 4.7.5 Magnetfeld im Inneren eines Kreisstroms Mit der allgemeinen Spulenformel kann das Magnetfeld im Inneren einer Spule mit nur einer Windung berechnet werden. Für ergibt sich wie bereits die magnetische Feldstärke: © M. Brennscheidt Da die Spule bzw. der Kreisstrom nur aus einer Windung besteht, gilt für die Länge der Spule Da die Windungszahl Kreisstroms: © M. Brennscheidt : ist ergibt sich schließlich für das Magnetfeld im Inneren eines
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