DER ANHANG UNTER DEM OR

Datum: 09.12.2015
DER ANHANG UNTER DEM
OR-RECHNUNGSLEGUNGSRECHT
Übersicht über Interpretationsspielraum,
Wahlrechte und Lagebericht
Mit den Bestimmungen des neuen Rechnungslegungsrechts wird die Bedeutung des
Anhangs erhöht. Welches sind die wichtigsten Neuerungen? Wodurch unterscheidet
sich der Anhang nach Schweizer Obligationenrecht (OR) vom Anhang nach den
Swiss GAAP FER oder den International Financial Reporting Standards (IFRS)? Wie
ist der neue Lagebericht einzuordnen?
1. EINLEITUNG
SEBASTIAN SUTER,
Der Anhang einer Jahresrechnung dient generell dazu, die
Grundsätze der Rechnungslegung sowie weitere, zum Verständnis des Lesers aufgrund von Gesetzesbestimmungen
oder Vorschriften von Rechnungslegungsstandards notwendige Informationen darzulegen.
Das von der Bundesversammlung am 23. Dezember 2011
verabschiedete neue Rechnungslegungsgesetz (32. Titel des
Obligationenrechts) [i], das per 1. Januar 2013 in Kraft gesetzt
wurde und im Geschäftsjahr 2015 für Einzelabschlüsse erstmals zwingend anzuwenden ist, enthält einige Neuerungen
betreffend den Anhang der Jahresrechnung.
In diesem Artikel wird auf die Neuerungen in Bezug auf
den Anhang eingegangen und einige Besonderheiten hervorgehoben. Unterschiede zu den Rechnungslegungsstandards
DIPL. WIRTSCHAFTSPRÜFER,
ASSISTANT MANAGER,
PWC, ZÜRICH
Swiss GAAP FER und IFRS werden aufgezeigt und kommentiert. Die Vorschriften für Anhangsangaben sind weder im OR
noch in den Rechnungslegungsnormen zentral an einem Ort
zusammengefasst. Aus diesem Grund verfassen Wirtschafts-
prüfungsunternehmen Offenlegungs-Checklisten, die Anwendern stets ohne Gewähr zur Verfügung gestellt werden.
Die Grundsätze der Rechnungslegung zu den Jahresrechnungen sind aus Sicht der Autoren oft zu generell ausgestaltet. Vor allem bezüglich qualitativer Erläuterungen ist
im Anhang der Jahres- oder Konzernrechnung zudem Verbesserungspotenzial auszumachen.
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weichungen von der Annahme der Fortführung), Art. 958d
2. ÜBERSICHT ÜBER DIE ANHÄNGE
Abs. 3 OR (verwendeter Umrechnungskurs), Art. 959a Abs. 4
DER JAHRESRECHNUNGEN
Es folgt eine Übersicht über die Anforderungen an den An- OR (Aufgliederung von Forderungen und Verbindlichkeihang der Jahresrechnungen nach dem neuen Rechnungs- ten gegenüber Nahestehenden), Art. 959b Abs. 4 OR (Persolegungsgesetz, Swiss GAAP FER und IFRS. Nach dem OR nalaufwand und Abschreibungen/Wertberichtigungen des
bezieht sich der Anhang ausschliesslich auf die Jahres- Anlagevermögens bei einer Absatzerfolgsrechnung) oder
rechnung, während die Swiss GAP FER und die IFRS den Art. 96ob Abs. 2 OR (Angaben zu den Schwankungsreserven)
zu finden.
Anhang auch für die Konzernrechnung regeln.
Der Zweck des Anhangs nach Swiss GAAP FER ist ähnlich
Der Anhang wird im neuen Rechnungslegungsgesetz v.a.
wie
nach dem OR und soll die Bilanz, Erfolgsrechnung, Geldin Art. 959 c OR geregelt. Er dient dazu, die anderen Be-
standteile der Jahresrechnung (Bilanz und Erfolgsrech- flussrechnung und den Eigenkapitalnachweis ergänzen
und erläutern sowie die angewendeten Rechnungslegungsgrundsätze offenlegen [4]. Zum Begriff Erläuterungen finden sich im Duden Synonyme wie Ausdeutung, Ausführung,
Auslegung, Begründung, Beschreibung, Charakterisierung,
und Erläuterungen zu Positionen der Bilanz und der Er- Darlegung, Erklärung, Kommentar, Konkretisierung oder
folgsrechnung gemacht. Weiter wird der Gesamtbetrag der Veranschaulichung. Es handelt sich also um eine qualitative
aufgelösten stillen Reserven ausgewiesen, sofern dadurch Beschreibung. Im Gegensatz zum Rechnungslegungsgesetz
das erwirtschaftete Ergebnis wesentlich günstiger darge- werden die benötigten Angaben in Swiss GAAP FER 6 detailstellt wird, und es werden weitere, vom Gesetz verlangte An- liert geregelt. Weitere Details finden sich zudem in den
gaben gemacht [2]. Weiter sollen Angaben gemacht werden, einzelnen Fachempfehlungen.
sofern diese nicht bereits aus der Bilanz oder Erfolgsrech- Unter IFRS enthält der Anhang «zusätzliche Angaben
zur Bilanz, zur Gesamtergebnisrechnung (integriert oder
nung ersichtlich sind [3]. Das Gesetz macht dabei Aussagen
über die Mindestangaben, präzisiert aber weder den Inhalt, zweiteilig), zur Eigenkapitalveränderungsrechnung und zur
noch gibt es Informationen zu den verlangten Details. Wei- Kapitalflussrechnung. Anhangsangaben enthalten verbale
tere Bestimmungen sind z.B. in Art. 958a Abs. 3 OR (Ab- Beschreibungen oder Aufgliederungen der im Abschluss
enthaltenen Posten sowie Informationen über nicht ansatzpflichtige Posten»[5]. Es finden sich weitere allgemeine Anforderungen an die Anhangsangaben, wobei ähnlich wie
DANIEL SUTER, DR.OEC.
beim Rechnungslegungsgesetz und unter Swiss GAAP FER
PUBL., DIPL. WIRTSCHAFTSdie angewandte Rechnungslegung, die angewandten BilanPRÜFER, PARTNER, MITzierung- und Bewertungsmethoden sowie weitere von andeGLIED FACHKOMMISSION
ren Standards verlangte Informationen erwähnt werden [6].
UND -AUSSCHUSS
Der
Detaillierungsgrad der verlangten Informationen ist
SWISS GAAP FER, LEHRunter
IFRS höher als unter den anderen beiden Standards
BEAUFTRAGTER
und umfasst z.B. auch Angaben zu den Quellen von SchätUNIVERSITÄT ZÜRICH,
zungsunsicherheiten und zu den Zielen, Methoden und ProPWC, BASEL
zessen des Kapitalmanagements.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die verlangten Angaben vergleichbar sind, sich im Detaillierungsgrad
jedoch stark unterscheiden.
nung sowie - bei der ordentlichen Revision unterliegenden
Gesellschaften - Geldflussrechnung) zu ergänzen und zu erläutern. Generell werden im Anhang Angaben zu den angewandten Grundsätzen sowie Angaben, Aufschlüsselungen
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die Bandbreite der möglichen Interpretationen gross.
3. ANHANG NACH OR
Laut dem Schweizer Handbuch zur Wirtschaftsprüfung (HWP),
Der folgende Abschnitt gibt eine detailliertere Übersicht über
Band Buchführung und Rechnungslegung, sind darunter die
den Anhang unter dem neuen Rechnungslegungsgesetz.
Wahlmöglichkeiten in der Erfassung, Darstellung und Bewertung zu verstehen. Dabei ist zu beachten, dass aufgrund
der Zulässigkeit von stillen Reserven eine Offenlegung von
Schätzparametern oder Bewertungsansätzen irreführend
sein kann. Laut dem HWP sind, sofern anwendbar, unter
anderem zumindest Grundsätze wie die Bewertung von Vorräten und angefangenen Arbeiten, der Zeitpunkt und die Art
der Erfassung von Geschäftsvorfällen als Umsatz bei komJahresdurchschnitt nicht über io, über 5o oder über 250 liegt;
plexen Geschäftsmodellen sowie die Bewertung zu Marktdie Angaben von Eventualverbindlichkeiten; die Anzahl
preisen und die Bestimmung von Schwankungsreserven ofund den Wert von Beteiligungsrechten oder Optionen auf
fenzulegen [11].
solche Rechte für alle Leitungs- und Verwaltungsorgane
Die in der Praxis anzutreffende Offenlegung wird je nach
sowie für die Mitarbeitenden; Erläuterungen zu ausserUnternehmensgrösse und Komplexität unterschiedlich ausordentlichen, einmaligen oder periodenfremden Positionen
fallen [la]. Damit könnte in einfachsten Verhältnissen die
in der Erfolgsrechnung; wesentliche Ereignisse nach dem Angabe ausreichen, dass die Jahresrechnung den schweizeBilanzstichtag [7].
rischen Rechnungslegungsvorschriften entspricht. Für sehr
Grössere Unternehmen müssen zwei weitere Angaben grosse, komplexe Unternehmen müssten dann sämtliche
machen [8]. Gegenüber dem alten Rechnungslegungsge- angewandten Bewertungs- und Bilanzierungsgrundsätze
setz wurden einige Angaben ergänzt und zwei Angaben beschrieben werden. Allerdings könnte eine solche Offenlegung aufgrund der Zulässigkeit stiller Reserven irreführend sein.
«In der Schweizer Praxis wird
In der Schweizer Praxis wird die Offenlegung eher knapp
die Offenlegung eher knapp gehalten,
gehalten, und die Unternehmen werden sich soweit möglich
Der Anhang unter dem neuen Rechnungslegungsgesetz
hat einige Neuerungen erfahren. Neben den im Kapitel 2 erwähnten müssen weitere Angaben gemacht werden, sofern
sie nicht bereits aus der Bilanz und Erfolgsrechnung ersichtlich sind. Diese umfassen:
Firma oder Name sowie Rechtsform und Sitz des Unternehmens; eine Erklärung, ob die Anzahl Vollzeitstellen im
und die Unternehmen werden
sich soweit möglich auf die Grundsätze
beschränken.»
auf die Grundsätze beschränken [13]. Beispiele möglicher
Offenlegungen sind komplexe Tatbestände bei der Umsatzrealisierung, wenn ein Vertrag mehrere Komponenten umfasst, die über eine bestimmte Periode zu liefern sind, oder
sind weggefallen. Es handelt sich bei den verlangten Anga- die Anwendung der Percentage-of-Completion-Methode
ben im Rechnungslegungsgesetz um Mindestangaben, und beispielsweise bei mehrjährigen Grossprojekten. Zentral
es wurde auf einen weiteren Detaillierungsgrad verzichtet. sind die Bereiche, wo das neue Recht Wahlmöglichkeiten vorZwei Aspekte des Anhangs, die grossen Spielraum zulas- sieht. Als Beispiel dient die Bewertung zu beobachtbaren
sen, werden im Einzelnen unter folgenden Fragestellungen Marktpreisen.
beleuchtet:
Der Grad der Offenlegung muss sich an den für die Leser
Was verlangt das Gesetz? Was sind die Erwartungen? der Jahresrechnung wesentlichen Faktoren ausrichten und
Was ist genügend?
steht in Abhängigkeit von der Grösse und Branche des Unter-
3.1 Angaben über die in der Jahresrechnung ange- nehmens. Allerdings sollten die Grundsätze möglichst spewandten Grundsätze, soweit diese nicht vom Gesetz zifisch dargestellt werden. Beispielsweise sollte - sofern eine
vorgeschrieben sind [9]. Da das Rechnungslegungsgesetz,
abgesehen von Bewertungsgrundsätzen wie der Einzelbewertung, dem Vorsichtsprinzip und den Höchstbewertungskriterien [io], zu welchen zum Beispiel ein Aktivum
eingesetzt werden darf, keine weiteren Details enthält, ist
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Offenlegung für Anlagevermögen gemacht wird - auch dargestellt werden, welche Abschreibungssätze für welche Bereiche (Immobilien, Mobilien, Fahrzeuge usw.) vorgesehen
sind.
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3.2 Angaben, Aufschlüsselungen und Erläuterungen zu des Unternehmens über das Ausmass der Berichterstattung
Positionen der Bilanz und der Erfolgsrechnung [14]. entscheidet. Dabei wird wie folgt unterschieden:
Dazu bestehen im Gesetz keine weiteren Angaben oder
Kleinstunternehmen müssen eine Aufstellung über EinDetaillierungen. Weitere Positionen der Bilanz bzw. der nahmen und Ausgaben sowie die Vermögenslage erstelErfolgsrechnung müssen im Anhang einzeln ausgewiesen len [22]. Ein Anhang ist dabei nicht vorgesehen und diese
werden, sofern dies für die Beurteilung der Vermögens- und Unternehmen sind deshalb nicht weiter Bestandteil dieses
Artikels. Einzelunternehmen und Personengesellschaften
Finanzierungslage bzw. Ertragslage durch Dritte wesentlich
mit einem Umsatzerlös von mindestens CHF 5oo 000 pro
oder aufgrund der Tätigkeit der Unternehmen üblich ist [15].
Jahr und juristische Personen, die von Gesetzes wegen nicht
Das HWP zeigt für die Positionen der Bilanz und Erfolgs-
rechnung gemäss Mindestgliederung mögliche Offenle- zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind, müssen
nebst Bilanz und Erfolgsrechnung einen Anhang erstelgungen auf [16]. Beispielsweise ist für Sachanlagen ein Anla-
len [23]. Unter gewissen Umständen können Einzelunternehgespiegel la Swiss GAAP FER vorstellbar [17]. Die Anlagen
men und Personengesellschaften auf die Erstellung eines
sollten in die verschiedenen Kategorien unterteilt und Erläu-
Anhangs verzichten. Dies, wenn sie nicht zur Rechnungsterungen zu den vorgenommenen Wertberichtigungen gelegung nach den Vorschriften für grössere Unternehmen
macht werden.
verpflichtet sind. Werden dann in den Vorschriften zur MinEs stellt sich die Frage, ob solche Angaben aus Sicht des Gedestgliederung zusätzliche Angaben gefordert, sind diese
setzgebers gewollt sind. Solche umfassenden AufgliederunAngaben
direkt in Bilanz und Erfolgsrechnung auszuweigen sind zwar sinnvoll und im Einzelfall durchaus wichtig,
sen [24].
Grosse Unternehmen, die von Gesetzes wegen zu
aber aus Sicht des Gesetzes nicht verlangt [18]. Aus Sicht von
einer ordentlichen Revision verpflichtet sind, müssen als
Aktionären und anderen Stakeholdern ist eine detailliertere
weitere Anforderungen einen erweiterten Anhang, eine
Offenlegung durchaus wünschenswert, um die Informationsasymmetrie zu verkleinern. Erläuterungen stellen Kom- Geldflussrechnung und einen Lagebericht erstellen [25]. Die
weiteren Angaben beinhalten die Offenlegung von langmentare zu Abweichungen zum Vorjahr dar; hierzu gibt es
fristigen, verzinslichen Verbindlichkeiten nach Fälligkeit
für der ordentlichen Revision unterliegende Unternehmen
und das Honorar der Revisionsstelle, gesondert für Revisieinen - nicht geprüften - finanziellen Lagebericht [19].
Die Mindestgliederungsvorschriften im Rechnungsle- ons- und andere Dienstleistungen.
gungsgesetz orientieren sich an klassischen Handels- oder Der Sinn und Zweck des Lageberichts ist eine schriftliche
Produktionsunternehmen [2o]. Unternehmen anderer Bran- Darstellung der wichtigen Einflussfaktoren für die Entwickchen, wie zum Beispiel der Versicherungsbranche, wünschen lung des Geschäftsverlaufs und der wirtschaftlichen Lage
sich dagegen Mindestgliederungsvorschriften, die auf der des Unternehmens, welche in der Jahresrechnung nicht zum
Aktivseite beim Anlagevermögen beginnen. Gemäss Geset- Ausdruck kommen [26]. Es stehen primär qualitative Aussa-
zestext müssen Angaben gemacht werden, die aufgrund
der Tätigkeit des Unternehmens üblich sind [21]. Dennoch
dürfen die strikt formulierten Gliederungsvorschriften
gen im Vordergrund. Der Lagebericht muss nach der Gesetz-
gebung namentlich Aufschluss geben über die Anzahl der
Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt, die Durchführung
einer Risikobeurteilung, die Bestellungs- und Auftragslage,
nicht geändert werden.
die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit, aussergewöhnAus Sicht einer guten Corporate Governance wäre es zu
liche Ereignisse und die Zukunftsaussichten [27].
begrüssen, wenn der Anhang aussagekräftig ausgestaltet
Der - nicht geprüfte - Lagebericht könnte über die gewird. Bei der Prüfung der Jahresrechnung für das Geschäftssetzlichen Erfordernisse hinaus Aussagen zur Gewinnent-
jahr 2015 können die Wirtschaftsprüfer dieses Anliegen
wicklung sowie eine Kommentierung der wesentlichen
unterstützen.
Posten der Jahresrechnung enthalten [28]. Dabei kann
4. ANHANG FÜR UNTERNEHMEN MIT
zum Beispiel auf die Swiss GAAP FER verwiesen werden,
UNTERSCHIEDLICHER WIRTSCHAFTLICHER
BEDEUTUNG
welche für den Lagebericht Themenbereiche wie Umfeld
Die Rechnungslegungsvorschriften sind neu rechtsform- (Marktentwicklung, Branchentrends, Konkurrenz usw.),
neutral ausgerichtet, wobei die wirtschaftliche Bedeutung Geschäftsjahr (Kommentare zu der Jahresrechnung an-
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hand wesentlicher Kennzahlen und deren Entwicklung) Unternehmen zu beginnen. Danach wird ausgesagt, welchen
und Ausblick (weitere Entwicklung der Organisation, Chan- Rechnungslegungsstandard das Unternehmen anwendet.
Bei den IFRS folgt eine Aufstellung von Standards, die
cen und Risiken) nennen [29].
Das Gesetz bestimmt, dass ein Unternehmen auf die Er- zwar bereits veröffentlicht sind, vom Unternehmen aber
stellung eines erweiterten Anhangs und eines Lageberichts noch nicht angewandt werden. Hier ist zudem eine Ein-
«Der - nicht geprüfte - Lagebericht
könnte über die gesetzlichen
Erfordernisse hinaus Aussagen zur
Gewinnentwicklung sowie
eine Kommentierung der wesentlichen
Posten der Jahresrechnung
enthalten.»
verzichten kann, wenn es selbst oder eine juristische Person,
die das Unternehmen kontrolliert, eine Konzernrechnung
nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung
erstellt [30]. Eine Minderheit der Gesellschafter kann jedoch eine Rechnungslegung nach den umfassenderen Vorschriften verlangen [31]. In einem Fall, wo auf einen Lagebe-
richt verzichtet werden kann, stellt sich die Frage, ob der
Leser der Jahres- oder Konzernrechnung adäquate Informationen erhält. Bei der Erstellung einer Jahres- oder Konzernrechnung nach Swiss GAAP FER ist ein - nicht geprüfter - Lagebericht zwingend. Unter den IFRS besteht ein
IFRS Practice Statement «Management Commentary», das
zwar den Lagebericht darstellt, aber nicht Pflicht ist.
Der Lagebericht stellt in der Schweiz im Gegensatz zu
Deutschland keinen Prüfgegenstand im Rahmen der Abschlussprüfung dar. Die Revisionsstelle hat ihn aber im
Rahmen von Prüfungsstandard 720 «Die Pflichten des Abschlussprüfers im Zusammenhang mit sonstigen Informationen in Dokumenten, die den geprüften Abschluss ent-
schätzung zu geben, ob und ggf. wie der Abschluss von der
Einführung des neuen Standards beeinflusst wird.
Nach Swiss GAAP FER und IFRS werden anschliessend die
Bewertungs- und Gliederungsvorgehen für alle wesentlichen Positionen der Bilanz, für die Währungsumrechnung,
für den Konsolidierungskreis, für ausgesuchte Positionen
der Erfolgsrechnung und - bei kotierten Unternehmen - für
die Segmentberichterstattung kommentiert. Hier besteht
«Informationen im nicht
geprüften Lagebericht können
fehlende Informationen
im geprüften Anhang nicht
ersetzen.»
das Risiko, dass die Unternehmen nur die Bewertungs-
grundsätze gemäss entsprechendem Standard wiedergeben,
obwohl es mehr interessiert, wie die Grundsätze ausgestaltet sind (beispielsweise welche Anlagekategorie über welche
Nutzungsdauer abgeschrieben wird).
Bei den IFRS folgt eine Übersicht über das Risikomanagement (z.B. Wechselkurs-, Zins-, Kredit- und Kapitalrisiko)
sowie über kritische Schätzungen und Bewertungen im Rahmen der Bilanzierung.
Nach den Swiss GAAP FER und den IFRS werden anschliessend die verlangten Details zu den Positionen der
Jahres- und Konzernrechnung geliefert. Dies betrifft beispielsweise den Anlagespiegel für Sachanlagen, woraus die
Entwicklung der Anhangs- bis zu den Bilanzschlusswerten
halten», auf wesentliche Unstimmigkeiten zur Jahres- hervorgeht. Konkret werden in der Konzernrechnung dazu
rechnung hin zu untersuchen. Dies spiegelt sich auch im
Käufe und Verkäufe von Anlagen, Zu- und Abgänge des
Rechnungslegungsgesetz wider, wonach der Lagebericht der
Konsolidierungskreises, Umgliederungen (beispielsweise
Darstellung der wirtschaftlichen Lage in der Jahresrechnung
von Anlagen in Bau zu den Immobilien oder zu «zum Vernicht widersprechen darf [32]. Informationen im nicht gekauf stehend»), Wechselkursveränderungen, planmässige
prüften Lagebericht können fehlende Informationen im
Abschreibungen sowie Wertbeeinträchtigungen dargestellt.
geprüften Anhang nicht ersetzen.
Diese Angaben sind in aller Regel mustergültig erstellt
5. UNTERSCHIED ZU SWISS GAAP FER UND IFRS und offengelegt.
Sowohl unter Swiss GAAP FER als auch unter IFRS hat es
Im Zusammenhang mit dem Thema Wertbeeinträchtisich etabliert, den Anhang mit allgemeinen Angaben zum gung sind für jeden wesentlichen Wertminderungsaufwand
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die Ereignisse und Umstände, die zur Erfassung des Aufwands geführt haben, zu erläutern [33]. Selbstverständlich
handelt es sich dabei um Angaben, die einen tiefen Einblick
in Problemfelder des Unternehmens geben; deshalb sind sie
manchmal auch mit Emotionen verbunden, und das Unter-
wähnten Gesichtspunkte der Wesentlichkeit für die Leser der
Jahresrechnung sowie was für ähnliche Unternehmen üblich
ist. Unter diesen Voraussetzungen muss die Revisionsstelle
entscheiden, ob die Offenlegung genügend ist; vor allem,
weil das Gesetz wenige Details vorschreibt.
nehmen könnte versuchen, diese Angabe so allgemein zu ge- Nach der hier vertretenen Auffassung wird die Prüfung
stalten, dass die Aussagekraft darunter leidet. Im Gegensatz des Anhangs weniger zu einer jrick-the-box»-übung, da
dazu ist die Angabe für den Leser wichtig, weil sie ihm teilweise grosse Interpretationsmöglichkeiten bestehen.
möglicherweise zusätzliche Informationen für seine Anla- Ausgangspunkt muss der Blickwinkel der Leser des Abgeentscheide gibt. Die Rechnungslegungsstandards kennen schlusses sein, also die Frage, welche Informationen oder
keine Möglichkeit, aus Geheimhaltungsgründen auf eine Aussagen aus Sicht von Dritten wesentlich sind für die Beurteilung der Vermögens- und Finanzierungslage. Die ReAngabe zu verzichten.
Angesichts der Fülle von Angabe ist dem Grundsatz der visionsstelle sollte diese Punkte bereits in der PrüfungsWesentlichkeit grosse Beachtung zu schenken. Es ist nicht planung berücksichtigen und mit dem Prüfungskunden
die Menge der Angaben, sondern deren Qualität, die dem abstimmen.
7. FAZIT
Leser hilft, das Geschäft zu verstehen.
Im
Allgemeinen müssen die Anhänge der Jahres- und KonObwohl die Vorschriften von Swiss GAAP FER und IFRS
zernrechnungen
aussagekräftiger werden, was vom Gesetz
wesentlich detaillierter sind, bestehen bezüglich der Er-
läuterungen grundsätzlich dieselben Themen wie unter auch so verlangt wird, vor allem im Hinblick auf Erläuterungen zu den Positionen der Jahresrechnung. Der Anhang
unter dem neuen Rechnungslegungsgesetz ist eine Heraus6. PRÜFUNG DES ANHANGS DURCH
forderung für Unternehmen sowie für die Revisionsstelle.
DIE REVISIONSSTELLE
Die
neu verlangten Angaben stellen auch eine Chance dar,
Wesentlich für die Prüfung des Anhangs aus Sicht der Redie
es
zu nutzen gilt.
visionsstelle werden die im Rechnungslegungsgesetz erdem OR.
Anmerkungen: 1) Bundesgesetz betreffend die 17) Böckli, Peter (2014), Neue OR-Rechnungslegung,
Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
(Fünfter Teil: Obligationenrecht) SR 220, Übergangsbestimmungen der Änderung vom 23. Dezember zon. 2) Art. 959c Abs.1 OR. 3) Art. 959c
Abs. 2 OR. 4) Swiss GAAP FER 6, Ziff .1 und 2.
RZ 623, vertritt die Auffassung, dass diese Angabe
«so gut wie unerlässlich» ist. 18) Vgl. u. a. Stenz.
19) Vgl. u.a. Stenz. 20) Art. 959a Abs. 1 und Abs. 2
sowie Art. 959b Abs. 2 und Abs. 3 OR. 21) Art. 959a
Abs. 3 sowie Art. 959b Abs. 5 OR. 22) Art. 957 Abs. 2
5) Deutsche Übersetzung des International AccounOR.
ting Standard, IAS 1, Darstellung des Abschlusses,
Definitionen. 6) IAS 1, Paragraphen 112-138. 7)Art. 959c
Abs. 2 OR. 8) Art. 959c Abs. 2 OR. 9) Art. 959c Abs. 1
23) Art. 957 Abs. 1 und Art. 961 OR.
24) Art. 959c Abs. 3 OR. 25) Art. 961 OR. 26) Art. 961c
Abs. 1 OR. 27) Art. 961c Abs. 2 OR. 28) Das neue
Rechnungslegungsrecht, Überblick - ErläuterunZif£ 1 OR. 10) Art. 96o OR. 11) Schweizer Handgen - Musterabschluss, Treuhand-Kammer (neu
buch der Wirtschaftsprüfung, Band Buchführung
Expertsuisse). 29) Swiss GAAP FER, Rahmenund Rechnungslegung, IV.5.1. 12) Vgl. u.a. Stenz,
konzept, Ziff. 34. 30) Art. 961d Abs.1 OR. Die anerThomas, Offene Fragen und Interpretationen zum kannten Standards sind in der «Verordnung über
neuen Rechnungslegungsrecht, in: Mathis, Andrea, anerkannte Standards zur Rechnungslegung
und Nobs, Rolf, Treuhand und Revision, Jahrbuch (VASR)» SR 221.432 aufgeführt. 31) Art. 961d Abs. 2
2014. 13) Vgl. u. a. Stenz. 14) Art. 959c Abs. 1 Ziff. 2
OR. 32) Art. 961c Abs. 3 OR. 33) Swiss GAAP FER 20
OR. 15) Art. 959a Abs. 3 und Art. 959 Abs. 5 OR. «Wertbeeinträchtigungen» Ziff. und IAS 36 «Wert16) Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, minderung von Vermögenswerten», Paragraph 130a.
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