S TA N D P U N K T EIN ERFOLG, DEN ES ZU BEWAHREN GILT Es besteht kein Zweifel: Die Swiss GAAP FER sind eine Erfolgsgeschichte. Nach beschwerlichem Beginn und einer vorübergehenden Kapitalmarktausrichtung scheinen die Standards seit der Neupositionierung in ihrem endgültigen Hafen angekommen zu sein. Mit rund 200 Seiten liegt ein umfassendes und gleichwohl handliches Regelwerk vor. Die Beiträge in dieser Ausgabe drücken ein breites und ausgereiftes Spektrum aus, das von bilanziellen Einzelfragen über branchenbezogene Besonderheiten bis hin zu betriebswirtschaftlichen Aspekten reicht. Erfolg ist schön, aber auch eine Verpflichtung. Das einmal erreichte Niveau soll verteidigt, besser noch gesteigert werden. In den kommenden Jahren wird es daher darum gehen, die Vorteile der Swiss GAAP FER in einem dynamischen, immer internationaler werdenden Umfeld zu bewahren. Denn Rechnungslegung ist keine Naturwissenschaft, sondern ein gesellschaftliches Phänomen: Nach welchen Regelungen sollen die Sachwalter von Vermögenswerten darüber berichten, was sie mit welchem Erfolg unternommen haben ? Nicht erst seit der Subprime-Krise wird viel geschrieben über Anforderungen guter Corporate Governance. Einer der wichtigsten Aspekte dabei bezeichne ich als «Financial Governance»: das Zusammenspiel aus interner finanzieller Führung und externer Rechnungslegung im Interesse der Anteilseigner eines Unternehmens. Wer denkt, primär die Fachkommission sei für den zukünftigen Erfolg der Swiss GAAP FER verantwortlich, liegt falsch. Eine Regel kann immer nur so gut sein, wie ihre Anwender. Insbesondere das bilanzierende Management und die beteiligten Revisoren müssen sich daher immer wieder vergegenwärtigen, dass gute Financial Governance sehr viel mit ehrlicher, neutraler Information über die wirtschaftliche Lage zu tun hat. Dies wird schon vom Wortsinn her erkennbar («Rechenschaft ablegen»), und Kinder wüssten sehr genau, was ihre Eltern von ihnen unter diesem Begriff einfordern würden. Fair und umfassend informieren. Nun ist die Realität anerkanntermassen zu kompliziert, um in Soll und Haben ge- 286 presst zu werden. Dieser Warnhinweis gilt nach einschlägigen Erfahrungen zwar vor allem für die engmaschigen Regelungen der IFRS und US GAAP, aber eben auch für einen so klar prinzipienbasierten Standard wie die Swiss GAAP FER. Ausser dem meist mit persönlichen Einzelinteressen begründeten Unwillen der Verpflichteten spricht jedoch nichts dagegen, auch ohne das Vorhandensein exzessiver Regelungen den Leser fair und umfassend zu informieren. Ein gewisser Ermessensspielraum ist sicherlich immer gegeben, aber jeder Bilanzierende und Prüfende kennt das Gefühl, wenn man sich jenseits des «eigentlich Richtigen» bewegt. Und was mit den pflichtgemässen Vorgaben nicht ausreichend gesagt werden kann, darf durchaus auch auf freiwilliger Basis ergänzend berichtet werden. Erfolg mit gutem Können sichern. Dass die sachgerechte Anwendung von Swiss GAAP FER auch etwas mit Ausbildung und Erfahrung zu tun hat, muss (leider) nicht nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Die auf bilanzielle Themen gerichteten Beiträge in dieser Ausgabe vermitteln einen Eindruck von der Spannweite konkreter inhaltlicher Fragen, die sich auch bei prinzipienbasierten Standards ergeben. Neben gutem Willen braucht es daher auch gutes Können. Selbst wer langjährige OR-Erfahrung hat, sollte einen SwissGAAP-FER-Abschluss nicht auf Basis blosser Lektüre der Regelungen erstellen. Die Bereitstellung der entsprechenden Ausbildungsangebote und Literatur ist derjenige Teil vom weiteren Erfolg der Swiss GAAP FER, den Hochschulen und Standesvertretungen beitragen müssen. Im Ergebnis darf die jetzt so gelobte Überschaubarkeit der Regelungen nicht in einem «bilanziellen Laissez-faire» enden, was über kurz oder lang den Ruf nach strengeren (internationalen?) Standards lauter werden lassen würde. Nur durch ein Zusammenwirken aller an der Berichterstattung beteiligten Parteien kann gewährleistet werden, dass die «neuen» Swiss GAAP FER nicht nur eine respektable Aufbauarbeit waren, sondern nun auch zu einem nachhaltigen Erfolg werden können. Peter Leibfried, Mitglied der Redaktionskommission D E R S C H W E I Z E R T R E U H Ä N D E R 2008 | 5
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