Die Almen – Rohdiamanten für gesunde

Die Almen – Rohdiamanten
für gesunde Ernährung
Die Lebensmittel von unseren Almen punkten mit besonderer Qualität und Güte.
Von Mag. Angelika Kirchmaier, Gesundheitswissenschafterin
Die Almen bieten uns mit ihren Lebensmitteln einen ganz besonderen Schatz. Nicht nur die Tiere genießen die Zeit auf der
Alm und tanken Kraft und Gesundheit für den
Winter, auch für uns Menschen bietet die Alm
einen ganz besonderen Schatz, die Almlebensmittel. Ob frische Milch, Butter, Käse, Fleisch
etc. all diese Lebensmittel müsste man eigentlich in einer Apotheke verkaufen, so kostbar
sind sie. Aber was macht die Almlebensmittel
so wertvoll?
Jeder, der Almbutter kennt, weiß, dass sich
die Butterfarbe wesentlich von der einer herkömmlichen Mastmilchbutter unterscheidet. Eine Mastmilchbutter erscheint in einem kräftigen
Weiß, eine Almbutter glänzt in verschiedenen
Gelbtönen. Und genau dieser Gelbton, macht
den Gesundheitsunterschied. Der Grund für die
Bild: Angelika Kirchmaier
gelbe Farbe liegt im ß-Carotin, das im Almgras
in besonders hohen Mengen vorkommt. Die
Kuh frisst das Almgras und scheidet das ß-Carotin über die Milch wieder aus. Natürliches ßCarotin weist in unserem Körper ein sehr breites
Wirkungsspektrum auf. Zum Beispiel kann natürliches ß-Carotin vor Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen, indem es im Körper freie Radikale, also sozusagen „ungebetene
Angreifer“ abfängt. Diesen Vorteil erfüllt aber
nur natürliches ß-Carotin, künstliches kann hier
nicht mithalten. Die ATBC-Studie in Finnland
und die CARET-Studie in den USA haben sogar
gezeigt, dass synthetisches ß-Carotin das Lungenkrebsrisiko und damit die Sterblichkeit bei
Rauchern erhöhen kann. Es spricht daher alles
für den Konsum von Lebensmitteln, die von
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Natur aus ß-Carotin enthalten, also z. B. Almmilchprodukte.
Aber nicht nur die Farbe unterscheidet sich,
auch der Geschmack. Kenner lieben den Almgeschmack in der Butter. Manche empfinden
den Geschmack der Almbutter als ranzig,
andere wiederum meinen, Almbutter würde
leicht nach Fisch schmecken. Und da liegen sie
im entferntesten Sinn gar nicht so falsch. Ein
Fettbestandteil, die sogenannte α-Linolensäure,
kurz ALA, ähnelt einer Fettstruktur, die auch im
Fisch vorkommt. Diese Fettstrukturen, auch
Omega-3-Fettsäuren genannt, bergen ein enormes gesundheitliches Potential. Bereits im Mutterleib tragen Omega-3-Fettsäuren u. a. zur Gehirnentwicklung und Nervenzellbildung bei.
Diese besonders gesunden Fettsäuren verstecken sich nicht nur in der Almmilch, sondern
auch im Fleisch von Almtieren und falls es sich
Hühner auf der Alm gemütlich machen dürfen,
auch in deren Eiern.
Tipp
Ihnen schmecken Almprodukte nicht? Sie
wollen aber trotzdem nicht auf den gesunden Genuss verzichten? Dann hilft nur eines, trainieren Sie Ihr Geschmacksempfinden, vergleichbar mit dem Muskeltraining
eines Bodybuilders. Je öfter Sie von Almprodukten kosten, umso feiner entwickelt
sich Ihr Geschmacksempfinden. Denken
Sie bei jeder Kostprobe daran, dass Sie
Ihrem Körper einen wahren Gesundheitsbrunnen schenken und Sie werden sehen,
es kommt der Moment, da schmecken
Ihnen die Almprodukte ausgezeichnet. In
der Ernährungsmedizin spricht man bei
diesem Geschmackstrainings-Phänomen
vom „mere-exposure-effekt“, salopp übersetzt, „Was der Bauer kennt, das isst er!“
Gesundheits- und Ernährungswissenschafterin Angelika
Kirchmaier schwört auf Almlebensmittel. Bild: Kirchmaier
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Manche mag vielleicht der mitunter hohe
Fettanteil in den Almprodukten abschrecken.
Wohl auch genährt durch die früheren Ernährungsempfehlungen, die hauptsächlich auf der
Reduktion von Fett basierten, ohne die Fettqualität zu beachten. Heute wird im Bereich
der ernährungsmedizinischen Therapie zunehmend das sogenannte Fettsäuremuster herangezogen. Es handelt sich hierbei um die Komposition der einzelnen Fettsäuren in einem Lebensmittel. Dabei gilt, je höher der Anteil an
gesättigten Fettsäuren, desto ungünstiger für
den Körper. Je mehr ungesättigte Fettsäuren,
desto gesünder. Die Almprodukte punkten mit
einem hohen Anteil an gesunden ungesättig-
Tipp für Menschen mit
Fettverdauungsproblemen
Butter gilt als DAS Fett aus natürlichem Ursprung, das am leichtesten verdaut wird.
Mit Butter können daher Speisen für Menschen zubereitet und aufgewertet werden,
die vorübergehend oder dauerhaft an einer Fettverdauungsstörung leiden, z. B.
nach chirurgischen Eingriffen aufgrund
einer Krebserkrankung. Weist diese Butter
dann noch, so wie die Almbutter, Omega3-Fettsäuren, ß-Carotin und ein gesundes
Fettsäuremuster auf, so stellt dies einen
Mehrfachgewinn für den Betroffenen dar.
Weich und gelb präsentiert sich die Almbutter von der
Burgeralm, ganz so wie Almbutter sein soll.
Bild: Angelika Kirchmaier
ten Fettsäuren. Und das Beste daran, der Konsument kann relativ leicht erkennen, ob es sich
tatsächlich um ein Produkt mit gesunden Fettsäuren handelt: Einfach die Konsistenz überprüfen. Je weicher ein Fett, z. B. eine Butter
oder das Speckfett ist, desto höher der Anteil
an ungesättigten Fettsäuren. Aber Achtung!
Wenn sich eine Industriebutter weich anfühlt,
dann war Technik im Spiel. Das hat mit natürlicher Butter nicht mehr viel zu tun.
senen zu decken? Mit Vollkornbrot und etwas
Almschnittlauch oder Zwiebel genossen, erreichen Sie dazu noch eine Eiweißwertigkeit wie
bei einem Stück Fleisch. Quasi Almfleisch für
Vegetarier!
Almlebensmittel helfen auch mit, das eigene Geschmacksempfinden zu schulen. Das
heißt, der Genuss von Almlebensmitteln hilft
uns, die feinen Aromen aus den Lebensmitteln noch besser herauszuschmecken. Almlebensmittel können also die Basis für eine
wahre Geschmacksexplosion am Gaumen
sein. Hervorgerufen wird dieser Effekt durch
den Aromenreichtum in den Almlebensmit-
Almbutter eignet sich überdies für Konsumenten als hervorragendes „Marker-Lebensmittel“. Weist die Butter die erwähnten positiven Merkmale auf, so kann man als Konsument davon ausgehen, dass es sich auch bei
den restlichen Produkten eines Almbetriebes
um hervorragende Lebensmittel handelt.
Neben ß-Carotin und Fetten verstecken sich
in Almprodukten aber auch noch viele andere
positive Eigenschaften.
Haben Sie zum Beispiel gewusst, dass bereits 3 ½ Scheiben Bergkäse genügen, um den
gesamten Tageskalziumbedarf eines Erwach-
In der Regel gilt: Je weicher das Fett, desto mehr ungesättigte Fettsäuren. Bild: Angelika Kirchmaier
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Almprodukte enthalten eine Fülle an unterschiedlichsten Aromakomponenten. teln. Dabei gilt, je bunter die Aromenvielfalt
in einem Lebensmittel, desto besser wird das
persönliche Geschmacksempfinden geschult,
da sich der Körper aus den verschiedenen Aromen immer wieder neue Geschmacksnuancen
komponieren kann. Almprodukte geizen nicht
mit Aromen. Sie enthalten eine Fülle an unterschiedlichsten Aromakomponenten. Daher
schmeckt z. B. eine Almbutter intensiver als
eine Mastmilchbutter oder ein Stück von einem Almschwein würziger als ein Stück von
einem Mastschwein. Für die Praxis bedeutet
das, dass man weniger heikel wird, wenn man
natürliche Lebensmittel, wie z. B. Almprodukte bevorzugt.
Tipp!
Haben Sie gewusst, dass die erste Almprodukte-Geschmacksschulung bereits im
Mutterleib beginnt? Durch die sogenannte „in utero-Programmierung“, das ist die
Gewöhnung an den Geschmack im Mutterleib durch die Übertragung der Aromastoffe über das Fruchtwasser. Nutzt man
diesen Effekt, so entwickelt sich bereits
im Mutterleib eine positive Assoziation in
Bezug auf Almprodukte. Es greift hier das
biologische Sicherheitsprinzip „Ich esse,
was ich kenne“. Die Alm-Konsumenten
der Zukunft wachsen also schon im Mutterleib heran, wenn man sie denn lässt.
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Bilder: Angelika Kirchmaier
Fast die Hälfte der Erwachsenen und rund
ein Viertel der Kinder kämpfen heute mit
Übergewicht. Dazu kommen nicht selten
Verdauungsstörungen. Wer nun meint, die
Almprodukte hätten hier keinen Einfluss, der
irrt. Almprodukte, z. B. ein Stück Fleisch von
einem Almtier, sättigen besser als ein Stück
Mastfleisch. Der Grund dafür liegt in der festeren Struktur des Almfleisches. Man muss
Almfleisch „kauen“. Das Kauen regt die Produktion der Verdauungssäfte an und beugt so
Verdauungsbeschwerden vor. Zudem gewinnt
der Körper Zeit, um das Sättigungssignal ans
Gehirn zu senden, was dazu führt, dass wir
weniger essen und trotzdem länger satt sind.
Neben all diesen positiven Eigenschaften
gibt es aber noch viel Luft nach oben. Man
kennt inzwischen Lebensmittelinhaltsstoffe,
deren Erforschung noch in den Kinderschuhen
steckt. Die sogenannten bioaktiven Substanzen rücken seit gut einem Jahrzehnt immer
mehr in den Vordergrund. Es handelt sich dabei um Inhaltsstoffe, die ähnlich wie Vitamine
und Mineralstoffe, eine Vielzahl an wichtigen
Wirkungen im Körper ausüben. So unterstützen bioaktive Substanzen u. a. das Immunsystem, beugen einer Thrombose vor, hemmen
die Bildung von bösartigen Tumoren oder regulieren den Blutdruck. Bioaktive Substanzen
kommen hauptsächlich in natürlichen Lebensmitteln vor. Almprodukte bieten aufgrund der
natürlichen Zusammensetzung enorm viel Potenzial für gesunde bioaktive Substanzen. Hier
Almlebensmittel punkten durch eine Vielzahl an positiven Inhaltsstoffen. werden künftige Forschungen noch etliche positive Wirkungen ans Tageslicht transportieren.
Last but noch least findet sich in den Almprodukten ein Schatz, der den Menschen viel
Leid und Elend ersparen kann. Almtiere sind
gesünder, robuster und benötigen im Normalfall weniger Medikamente. Dadurch ist die
Wahrscheinlichkeit, dass sich multiresistente
Keime bilden, verschwindend gering. Multiresistente Keime, also Keime, für die es keine
wirksamen Medikamente gibt, sorgen in Kliniken und Krankenhäusern seit vielen Jahren
Bild: Kirchmaier
für schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle.
Diese hochgefährlichen Keime sind das Resultat eines in der Human- und Veterinärmedizin intensiv betriebenen Antibiotikaeinsatzes,
kombiniert mit übertriebener Hygiene, u. a.
auch in den Privathaushalten. Immer wieder
kommen Untersuchungen ans Tageslicht, in
denen das Vorkommen von multiresistenten
Keimen in z. B. Mastfleischprodukten aufgezeigt wird. Bei Almtieren relativiert sich dieses
Risiko beträchtlich. Als Konsument kann man
davon ausgehen, dass es unwahrscheinlich ist,
über ein Almprodukt multiresistente Keime
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aufzunehmen oder sich seine Küche mit multiresistenten Keimen zu kontaminieren.
Fazit: Almlebensmittel punkten durch eine Vielzahl an positiven Inhaltsstoffen, die in
ihrer Fülle in der Natur kaum zu überbieten
sind. Almlebensmittel sind es wert, aufs Podest
gestellt zu werden. Wenn wir alle dazu beitragen, diesen wertvollen Schatz zu pflegen und
zu behüten, dann können auch noch unsere
Kinder und Enkelkinder Kraft auf den Almen
und durch Almlebensmittel tanken.
Anschrift der Verfasserin:
Mag. Angelika Kirchmaier
Gesundheitswissenschafterin, Diaetologin,
Köchin, Touristikkauffrau
Praxis für ernährungsmedizinische Therapie
Lindrainweg 64
A-6361 Hopfgarten im Brixental
Tyrolia-Verlagsleiter Gottfried Kompatscher, Angelika Kirchmaier, ORF Radio Tirol Programmchef Christoph Rohrbacher
und Caritasdirektor Georg Schärmer bei der Buchpräsentation „Gartenfrische Blitzgerichte“ von Angelika Kirchmaier.
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