Setzqualität bestimmt den Baum von morgen

60
Wald & Jagd
BAUERNBLATT | 26. Dezember 2015 ■
Pflanzgeräte und Pflanzverfahren
Setzqualität bestimmt den Baum von morgen
Nur ein sorgfältiges Pflanzen mit
dem geeigneten Pflanzverfahren
führt zum gewünschten Ergebnis, nämlich einem gesunden, geradwüchsigen Baum. Schlampige Arbeit hingegen ergibt deformiertes und dadurch beeinträchtigtes Wurzelwerk mit all seinen
Folgen wie beispielsweise verminderter Standfestigkeit, geringem Zuwachs oder Wurzelfäule. Derartige pflanzungsbedingte
Schäden wachsen sich mit der Zeit
auch nicht aus, wie Wurzelgrabungen eindeutig belegen. Daher ist
die Setzqualität mit dem geeigneten Werkzeug von größter Bedeutung. Die Größe des Pflanzloches
ist passend zur Größe des Wurzelwerkes anzulegen und nicht umgekehrt. Aber auch die Freisaat kann
sehr gute Ergebnisse hervorbringen, wie ein Beispiel aus Niedersachsen zeigt.
Pflanzverfahren gibt es viele,
und je nach Region sind sie mehr
oder weniger etabliert. In der einschlägigen Literatur lautet die einhellige Empfehlung, das Pflanzverfahren stets nach der Pflanzenund Wurzelgröße auszuwählen.
Ganz entscheidend ist die ausreichende Pflanzlochtiefe, wobei hier
die Empfehlung lautet, dass sie sich
aus der Wurzellänge zuzüglich 5 bis
10 cm ergibt. Zu den gängigsten
zählen das Buchenbühler Pflanzverfahren, die Rhodener Spaltpflanzung, die Schrägpflanztechnik mit der Haue, die Winkelpflanzung, der Göttinger Fahrradlenker,
das Neheimer Pflanzverfahren mit
dem Spaten, das Pflanzen mit dem
Hohlspaten, die Pflanzlochbohrung, die Containerpflanzung sowie die Maschinenpflanzung. Welche die geeignete ist, richtet sich
vor allem nach dem Standort, dessen Beschaffenheit, Größe und Zustand.
Die Tabelle gibt einen Überblick
über die häufigsten Verfahren
und ihre Eignung für verschiedene Pflanzen.
Das
Winkelpflanzungsverfahren
Dieses Verfahren mit der Wiedehopfhaue ist weit verbreitet,
wird aber zunehmend kritisch gesehen. Der Grund liegt darin, dass
die Pflanzspalttiefe nicht mehr als
Der Göttinger
Fahrradlenker
15 cm erreicht, vielfach die
Wurzeln der Setzlinge aber
bis zu 10 cm länger sind. Da
sich das Einkürzen der vertikalen Wurzeln verbietet,
führt das Einführen in den
Pflanzspalt zu ihrer Verkrümmung mit allen bekannten Folgen für die spätere Entwicklung.
Für dieses Verfahren eignet sich auch die Pflanzhaue
Vario, die eine Tiefe von bis
zu 30 cm erreicht, aber für
schwere und sehr bindige,
weil tonreiche Böden wegen
mangelnder Zerkrümelung
eher ungeeignet ist. Da es
inzwischen andere und schonende Pflanzverfahren gibt,
sehen nicht wenige Fachleute keinen Bedarf mehr für
die Winkelpflanzung.
Ist eine größere Tiefe erforderlich, so leistet der Göttinger Fahrradlenker gute Dienste. Benannt
nach seiner Herkunft und seinem
Aussehen, lässt sich hier das eigene
Körpergewicht gut einsetzen, um
das Spatenblatt tief in den Boden
zu treiben.
Der Pflanzspaten
Neheim
Nach dem verheerenden Sturm
„Kyrill“ entwickelten zwei Mitarbeiter am Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald dieses
Arbeitsgerät. Es eignet sich zum
Pflanzen von Laub- und Nadelholz mit einer Wurzellänge bis zu
30 cm. Seine Wirkung entfaltet es
durch den Einsatz von Körpergewicht,
auch muss der Pflanzplatz
Das Buchenbühler
nicht geräumt werden. Für die AnPflanzverfahren
Mobile Bohrgeräte erlauben ein schnelles wendung in Böden, die tonreich
Hierbei handelt es sich um Arbeiten, aber der Umgang mit ihnen ver- sind, also nicht zerkrümeln könein Verfahren, das einhän- leitet zu Fehlern.
Fotos (2): Peter Richter nen, ist dieser Pflanzspaten eher
dig mit der Buchenbühler
ungeeignet.
Haue bei kleinen Pflanzen auf lo- wurzelnde Pflanzen und auch steickeren Böden angewendet wird. Es nige Böden gut geeignet. Da der
Die
bedarf allerdings praktischer Anlei- Wurzelraum nicht einsehbar ist,
Hohlspatenpflanzung
tung und intensiver Übung.
erfordert diese Methode größte
Sorgfalt bei der Pflanzung. Daher
Für große Pflanzen ist die Hohlsind
auch
hierbei
praktische
Anspatenpflanzung
die am besten
Das Rhodener
leitung und intensives Üben un- geeignete Methode, um einen
Verfahren
verzichtbar. Nach dem Einbringen ausreichend großen Wurzelraum
Dank seines gegenüber der Bu- der Pflanze ist ein leichtes Ziehen zu schaffen, und eignet sich gut
chenbühler Haue breiteren und an ihr vorteilhaft, um besseren Bo- für die Pflanzung größerer Laublängeren Blattes ist dieses Verfah- denkontakt der Wurzeln zu ge- und Nadelhölzer mit Ballen. Sie
ren mit der Rhodener Haue für tief währleisten.
ist allerdings auch die aufwen-
Tabelle: Kurzüberblick über die gängigsten Pflanzverfahren
Verfahren
Baumart
Sprosslänge
in cm
Wurzelform
Wurzelbreite
in cm
Wurzellänge
in cm
Standardverfahren
Buchenbühler
Pflanzverfahren
Rhodener Verfahren
Hohlspatenpflanzung
Lochpflanzung mit
Erdbohrer
Winkelpflanzung
Lochpflanzung mit
Anbaugerät oder Bagger
Containerpflanzung
Laubholz
Kiefer
Lärche
Laubholz
Nadelholz
Ahorn
Esche
Laubholz
Nadelholz
Fichte
Laubholz
Nadelholz
Laubholz,
Nadelholz
30 bis 50
Pfahl- oder
Herzwurzeln
50 bis 120
Pfahl-, Herz-,
Senkerwurzeln
50 bis 100
Pfahl-, Herz-,
Senkerwurzeln
120 bis 150
Pfahl-, Herz-,
Senkerwurzeln
Sonderverfahren
20 bis 30
bis 200
bis 50
Senkerwurzeln
Pfahl-, Herz-,
Senkerwurzeln
Pfahl-, Herz-,
Senkerwurzeln
bis 22
bis 11
bis 25
bis 20
bis 22
bis 18
bis 40
bis 25
bis 15
k. A.
bis 11
30 bis 40
bis 15
bis 7
Wald & Jagd 61
■ BAUERNBLATT | 26. Dezember 2015
digste aller Handpflanzungsvarianten.
Erdbohrgerät für
senkrechtes Arbeiten
Es ist sowohl als Anbau- als auch
als mobiles Handgerät für Ein- und
Zweimannbedienung verfügbar.
Die Fläche braucht auch nicht geräumt zu sein, da der Bohrer problemlos das Reisig durchdringt. Geeignet für größere Pflanzen bei
gutem Kosten-/Nutzenverhältnis.
Eine Variante bietet das Erdbohrgerät in einem Rahmen mit Rad
und Schubkarrengriffen. Damit
lässt es sich nicht nur leichter versetzen, sondern durch Pendelaufhängung ist eine senkrechte Bohrung sichergestellt.
Allerdings verführt dieses scheinbar so elegante Verfahren auch
dazu, viele Fehler zu machen: Der
Bohrerdurchmesser sollte wenigsten 20 cm betragen, und die Löcher
müssen tief genug gebohrt werden.
Bei langen Seitenwurzeln sollten sie
lieber weggeschnitten als irgendwie mit ins Bohrloch gestopft wer-
Entenfußbildung: Diese einseitige Ausprägung entsteht bei zu langen Wurzeln und
einer zu geringen Pflanzlochtiefe. Fotos (3): Landesbetrieb Wald und Holz NRW
Umhüllung aus Stoff oder Papier
für das die Wurzeln umschließende Erdreich, einem Tragesystem
und Werkzeug zur Herstellung des
Pflanzlochs besteht. Diese Verfahren hat mehrere Vorteile: Dadurch,
dass die Wurzeln im eigenen Erdreich (Bodensubstrat) stecken und
damit auch eingepflanzt werden,
sind beste Anwuchsbedingungen
gegeben. Zudem können sich die
Wurzeln nicht verbiegen, und auch
die Pflanzzeit lässt sich so erweitern. Für die Pflanze entfällt weitgehend der Versetzungsschock,
und die Pflanztechnik selbst ist einfach und daher auch maschinell für
hohe Setzleistung möglich. Allerdings begrenzt der Container die
Pflanzengröße auf maximal dreijährige Setzlinge, und vergleichsweise teuer ist dieses Verfahren
auch.
zern, die zwei schräg zueinander
stehende, rotierende Klemmscheiben mit den Setzlingen oder Containerpflanzen bestücken. Manche Modelle verfügen stattdessen über starre Pflanzscheiben mit
Schnappgreifern. Ein vorgeschalteter Pflug schafft die Pflanzfurche,
und nach dem Setzen schließen Andruckrollen sie wieder.
Freisaat für
hohe Qualität
Die oben beschriebenen Methoden hatten die Freisaat in den vergangenen Jahrzehnten teilweise verdrängt. Doch eine genauere Beobachtung zweier gelungener Bestandesbegründungen ab
dem Jahre 1999 beziehungsweise
2007 mit Douglasie und Europäischer Lärche in der Nordheide lassen aufhorchen: Trotz hoher Wild-
Das Pflanzrohr
Pottipukki
Links der Neheimer Spaten mit seiSpeziell für die Containerpflanner typischen Fußraste, die wechsel- zung entstand das Pflanzrohr. Der
seitig montiert werden kann, rechts Forstarbeiter stößt es bis in die eindie Rhodener Haue.
stellbare gewünschte Pflanztiefe
den. Beim Befüllen mit dem Aushub
dürfen keine Hohlräume entstehen,
daher muss dies lagenweise geschehen. Bei tonigen Standorten ist es
möglich, dass die Drehbewegung
des Bohrers die Bohrlochwände dermaßen verdichtet, dass die Wurzeln
nicht oder nicht ausreichend eindringen können.
Vorteile der
Containerpflanzung
in den Boden und öffnet sodann
über ein Pedal die Rohrspitze. Sodann lässt er die Containerpflanze
durch das Rohr in das Pflanzloch
fallen, dreht das Rohr heraus und
tritt die Pflanze fest. Diese Erfindung erlaubt hohe Setzleistungen
bei ergonomischer Körperhaltung.
Pflanzmaschinen für
große Flächen
Sie sind im Wesentlichen nur für
größere Freiflächen geeignet, da
Es handelt sich um ein Pflanzsys- sie gezogen oder im Dreipunktan- Der erste von zwei vorgeschriebenen
tem, das aus der Pflanze, dem so- bau genutzt werden. Sie sind be- Einstichen mit dem Neheimer Spaten
genannten Container, also einer setzt mit einem oder mehreren Set- erfolgt nur bis zur halben Blatttiefe.
Der Hohlspaten eignet sich gut
für größere Pflanzen mit Ballen.
bestände ergaben sich nur geringe
Verbiss- und Fegeschäden an den
gesäten Douglasien. Insgesamt
entstanden feinastige und gerade
Pflanzen von hoher Qualität und
Gesundheit. Die Kosten waren gegenüber der Pflanzung deutlich
geringer.
Zur Vorbereitung der Saat kam
ein Waldstreifenpflug zum Einsatz,
denn die Samen müssen direkten
Kontakt mit dem Mineralboden
haben, da sie sonst nicht keinem
können. Die Bodenvorbereitung
erfolgte unmittelbar vor der Saat,
die mit der Flasche erfolgte. Mit
dieser Verjüngungsmethode lassen sich auf geeigneten Standorten erhebliche Rationalisierungsund Kostenvorteile erzielen.
FAZIT
Die Wahl des Pflanzgerätes
und der Pflanzmethode richtet sich nach den verschiedensten Kriterien wie dem
Standort, der Pflanze, den finanziellen Möglichkeiten und
dem langfristigen Ziel des
Waldbesitzers. Die Auswahl ist
groß – schon allein die Wiedehopfhaue wie auch die Rhodener Haue sind in mehreren unterschiedlichen Ausführungen
erhältlich. Entscheidend für
den langfristigen Erfolg der
Pflanzung sind vor allem aber
die Sorgfalt bei der Schaffung
des Pflanzloches in der richtigen Breite und Tiefe, eine die
Wurzel schonende Pflanzung
und das regelmäßige Freischneiden.
Peter Richter,
freier Autor