Michael Rothschuh: Olympic City – eine Illusion

Michael Rothschuh: Olympic City – eine Illusion
Langfassung von Michael Rothschuh, Der Traum von Olympia – eine Illusion, Zeit Hamburg, 24/2015, 11.6.2011, S.4
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Aus Hafen werde Stadt – Planungen für den Kleinen Grasbrook .................................................. 2
2002: Olympia 2012 auf dem nördlichen Kleinen Grasbrook ........................................................... 2
2003: Internationale Bauausstellung zum „Sprung über die Elbe“ ................................................... 3
2009: Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook ........................................................ 4
2015: Olympia 2024/ 2028 auf dem Kleinen Grasbrook ................................................................... 4
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Olympic City .................................................................................................................................... 4
Abriss und Verlagerung des Hafens ................................................................................................... 4
Olympic City – ein Wohngebiet im knappen Rest ............................................................................. 5
Stadtentwicklung in Konflikt mit dem Hafen ..................................................................................... 6
Olympic City: Kein guter Ort .............................................................................................................. 7
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Olympia –gut- für einen neuen Stadtteil? ...................................................................................... 7
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Spreeterrassen und Olympic City – beides bleibt Illusion .............................................................. 8
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Literatur .......................................................................................................................................... 9
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1 Aus Hafen werde Stadt – Planungen für den Kleinen Grasbrook
Der Hamburger Oberbaudirektor Jörn Walter hat eine Mission: Die Entwicklung der Stadt am Wasser und im Bereich des bisherigen Hafens.
Die Theorie ist: Der Hamburger Hafen entwickelt sich wie andere Häfen in der Nordrange durch das
Wachstum des Containerumschlags nach Westen. Immer größere und tiefer reichende Schiffe aber
kommen nicht über die Schwelle des Alten Elbtunnels. Deshalb werden nach dem Gebiet der Hafencity auch andere Teile des östlichen Hafens aufgegeben und es entsteht neuer Raum für die
Stadtentwicklung.
„… spielen die großen Veränderungen in der Hafenwirtschaft im Zusammenhang mit der künftigen
Siedlungsstruktur eine besondere Rolle. Die Umstellung vom Stückgut zum Containerverkehr hat zu
einer Verlagerung des Umschlagschwerpunktes in Richtung Westen geführt und der Stadt die Option eröffnet, siedlungsnahe alte Hafenbereiche zugunsten einer neu orientierten Stadtentwicklung
zu nutzen.“
Walter 2007, S. 6
Die ersten Schritte – die Umgestaltung des nördlichen Elbrandes in St.Pauli und Altona sowie die
Umwandlung der Speicherstadt und des Hafengebiets auf dem Großen Grasbrook in die Hafencity, sind schon in Gange, als er 1999 sein Amt antritt. Aber Walter will die Stadt weiter und vor allem
nach Süden entwickeln, über die Elbe nach Wilhelmsburg und Harburg. Dazwischen aber liegt das
Hafengebiet auf dem Kleinen Grasbrook.
Während eine Erweiterung des Hafens im Westen im Hafenentwicklungsgesetz bereits vorgesehen
und in Altenwerder gegen großen Widerstand umgesetzt ist, ist die Herausnahme von Flächen aus
dem Hafen immer ein äußerst schwieriges Unterfangen, weil Hafenfragen in Hamburg als Identitätsfragen thematisiert werden.
Wie bei einem Spiel über die Bande nutzt der Oberbaudirektor seit 2001 daher Großereignisse –die
Internationale Bauausstellung IBA Hamburg, die Diskussion um eine Universitätsverlagerung und
die Olympiaplanung, seinerzeit Olympia 2012 und nun Olympia 2024/ 2028, um letztlich die Stadterweiterung im inneren Hafen zu erreichen.
„Großereignisse als Mittel der Stadtentwicklung sind eine indirekte Strategie, bei der die Stadt sich
eines mehr oder weniger von außen vorgegebenen Projekts bedient, um die eigene Entwicklung voranzubringen. Solche Vehikelstrategien aber bergen für die Stadt hoch ambivalente Konsequenzen.
Weil diese Formate national oder international definierte Großereignisse sind, garantieren sie von
vorneherein enorme Aufmerksamkeitsgewinne, aber gerade weil sie von nationalen oder internationalen Gremien definierte Marken sind, auf die sich weltweit Erwartungen richten, sind deren
Rahmenbedingungen, Kriterien und Abläufe kommunalpolitisch auch nur marginal modifizierbar.
Sie bringen daher vielfältige Zwänge für die veranstaltende Stadt mit sich, die in Widerspruch zu lokalen Interessen geraten können.
Siebel 2010, S. 99
2002: Olympia 2012 auf dem nördlichen Kleinen Grasbrook
Noch relativ zaghaft hatte im Jahr 2002 die Bewerbung für Olympia 2012 in Hamburg auf den Hafen
zugegriffen, lediglich das Überseezentrum sollte für die Errichtung des Olympiastadions verlegt
werden. Die Abfertigung von Stückgut, Container und Früchten am O’Swaldkai dagegen sollte unverändert bleiben, die Autoverladung am Unikai nur kurzfristig eingeschränkt.
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Zu Olympia 2012 in Hamburg gab es viel Zustimmung und sehr wenig Kritik seitens der Hamburger
Öffentlichkeit – es war die Zeit vor Elbphilharmonie, Wirtschaftskrise, Schuldenbremse und auch
vor dem Stuttgart21-Widerstand und der „Recht-auf-Stadt“ Bewegung.
Seither gab es drei weitere groß angelegte Anläufe und eine Vielzahl von kleineren Ansätzen zur
Umwandlung von Hafen in Stadt.
2003: Internationale Bauausstellung zum „Sprung über die Elbe“
Der Weg zur Internationalen Bauausstellung IBA Hamburg wurde von Jörn Walter 2003 mit einer
Internationalen Entwurfswerkstatt zum „Sprung über die Elbe“ eröffnet. Stadtplaner wie Gerkan,
Marg und Partner (gmp) nahmen wie bei allen nachfolgenden Planungen teil, aber auch wir Wilhelmsburger konnten mit tun; viele waren begeistert dabei und brachten Ideen aus der Wilhelmsburger Zukunftskonferenz von 2001/2002 ein.
Eine Aufgabenstellung war das Projekt „Brückenschlag“: Gebiete des Kleinen Grasbrooks und am
Spreehafens sollten in wasserbezogene Stadtgebiete zum Wohnen und Arbeiten, für Kultur und
Freizeit umgewandelt werden. Obwohl Olympia in der Begründung für dieses Projekt erwähnt wurde – Hamburg hatte ja erklärt, es würde sich auch nach dem Scheitern der ersten Olympiabewerbung weiterhin darum bemühen – sind Olympiastadion und andere Anlagen in keinem der dokumentierten Entwürfe eingeplant worden. Zudem umfassten die Entwürfe den gesamten Kleinen
Grasbrook bis hin zum Reiherstieg (vgl. Rebaschus, 2003) und beachteten auch nicht die durch das
Gebiet führende Hafenbahn oder LKW-Haupthafenroute.
In den Auftrag der IBA Hamburg (2006-2013) aber wurde der „Brückenschlag“ und damit das Gebiet
des Kleinen Grasbrooks nicht übernommen.
Es gab aber eine Vielzahl von Vorschlägen zur Stadtentwicklung, die auch in dem politischen Bereich
Widerklang fanden (Wissenschaftsquartier, Living Bridge, die Copacabana-Idee von Julian Petrin mit
Flutung des Kleinen Grasbrooks, vgl. Tiedemann und Rebaschus).
Aus der Großen Anfrage der SPD-Fraktion, 26.2.2003 (Senat: CDU/Schill/FDP)
„Kleiner Grasbrook – Ein neues Wohnquartier
Gemäß Senatsbeschluss vom 26. April 2005 zum Leitbild „Sprung über die Elbe“ wurde eine Verlagerung des Überseezentrums mit dem Zeitziel 2009/2010 festgelegt. …
2. Gibt es Überlegungen im Senat oder in den dafür zuständigen Behörden, das Gebiet oder Teile
davon aus dem Freihafen herauszulösen? Wie sehen diese ggf. aus?
Nein.
Für den Fall der Realisierung der Olympischen Spiele 2012 in Hamburg ist beabsichtigt, aufgrund
der überragenden Bedeutung der Spiele für den Wirtschaftsstandort Hamburg einige Flächenanteile des Areals „Kleiner Grasbrook“ aus dem Hafengebiet zu entlassen
5. Kann in diesem Zusammenhang das derzeit von der Hafenbahn als Rangierbahnhof genutzte Gelände ganz oder teilweise auch für andere Zwecke genutzt werden? Ist z.B. eine Verlagerung seiner
Funktion nach Maschen denkbar?
Nein.
Große Anfrage SPD-Fraktion 26.2.2003 (Senat: CDU/Schill/FDP)
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Trotz einer „Allianz für Olympia“ von 2006 mit einem einstimmigen Beschluss der Bürgerschaft, bei
allen künftigen Planungen Flächen so zu planen, dass Olympia 2016, 2020. 2024 oder 2028 möglich
sei, sah keiner der Entwürfe einen Platz für Olympische Spiele vor.
2009: Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook
Ein weiterer großer Anlauf auf den östlichen Hafen war 2009/ 2010 die Diskussion um eine Verlagerung der Universität auf den Kleinen Grasbrook. Die Planung bezog sich auf die gleichen Bereiche
wie die jetzt für eine Olympic City. Nach dem Widerstand sowohl der Hafenbetriebe als auch des
vom Wegzug betroffenen Bezirks entschied der Senat gegen die Verlegungspläne und stattdessen
für die Erweiterung der Universität im bisherigen Bereich.
2015: Olympia 2024/ 2028 auf dem Kleinen Grasbrook
Der jüngste Anlauf ist nun die Bewerbung für die Olympischen Spiele. Sie wird von den Stadtentwicklern als Katalysator zur Beschleunigung von Stadtentwicklungsprozessen verstanden. Da aber
von dem Senat gar keine Stadtentwicklung im Hafenbereich geplant war, dient sie eher dazu, das
Thema erneut auf die politische Agenda zu bringen.
Allerdings hat sich der Hafen anders entwickelt als vor 15 Jahren erwartet. Der bis 2007 rasant gewachsene Containerumschlag, der den westlichen Hafen prägt, stagniert; vom Hafen selbst wird
der arbeitsplatzintensivere konventionelle Umschlag, wie er auch im Osthafen stattfindet, wieder
stärker hervor gehoben. In den Betrieben und auf den Anlagen des Kleinen Grasbrooks gab es erhebliche Investitionen; bei der Hafenbahn wurden der riesige Rangierbahnhof Hamburg-Süd direkt
neben dem geplanten Olympiagelände sowie die Wartungsanlagen auf der Spreehafeninsel grundlegend erneuert. Sechs Straßen-und Eisenbahnbrücken beim Kleinem Grasbrook und Spreehafen
wurden neu gebaut.
2 Olympic City
Am 2. Juni 2015 haben Jörn Walter und die Planer in einer Veranstaltung der BSU die ersten Pläne
vorgestellt; konzentriert haben sich diese auf den „Olympia-Modus“, vor allem die Spielstätten
Olympiastadion, Schwimmhalle und Olympiahalle.
Ob Hamburg durch die Olympiaplanung gewinnt oder verliert, entscheidet sich nicht so sehr an den
vier Wochen in den 2020er Jahren, sondern daran, wie sich Hamburg in den Jahren zuvor und der
Jahrzehnten danach durch Olympia verändert.
Abriss und Verlagerung des Hafens
Vor dem Bau kommt der Abriss. Der Kleine Grasbrook sei ja nur ein Parkplatt für Schrottautos, die
nach Afrika verschifft werden sollen – heißt es bei Vorstellungen der Planung. Planer schreiben, er
stelle ein „Loch in der Stadt dar“ und sei ein „urbaner Nullraum“.
Unsichtbar sind für die Planer die Frachter die in den Hansahafen hinein fahren, um Früchte aboder Autos und Container einzuladen, ebenso die Lagerhallen, die Fahrzeug-Rampen zu den Schiffen, die Anlagen zur Reifung der Bananen, die wuchtigen Kräne, die zur Verladung vorbereiteten
Kisten. Und auch die Hafenarbeiter sehen sie nicht.
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Ist es ein Gewinn, wenn der Ost-Hafen immer mehr verschwindet, weil nun alles neu und sauber
wird? Weder die Frachter noch die Anlagen sind schön und geputzt wie ein Kreuzfahrtschiff. Ohne
sie aber erleben die Hamburger und ihre Gäste mitten in der Stadt kaum noch tätige Schlepper und
Frachter, arbeitende Menschen und ladende Kräne. Man sieht dann Hafenrundfahrten, Ausflugsbarkassen, Kreuzfahrtschiffe, so wie an vielen Urlaubszielen. Man dekoriert die Wasserkanten mit
musealen Hafenkränen. Der arbeitende Seehafen mitten in der Stadt aber, wie es ihn wohl nur in
Hamburg gibt, geht verloren.
Verlagerung nach dem Domino-Prinzip
Alles muss weggeschafft werden, bevor irgendetwas für Olympia gebaut werden kann. Wohin? Dazu gibt es keine Auskunft. Nur, dass alles auf Staatskosten geschehen soll. Ersatzflächen würden die
Betriebe bekommen, aber da es kaum leere Plätze gibt, muss zuvor etwas anderes geräumt werden. Es ist wie beim Domino: Am Ende sind Betriebe, Arbeitsplätze, Naturräume, bestehende und
geplante Wohngebiete betroffen, die weit entfernt sind vom Kleinen Grasbrook.
Olympic City – ein Wohngebiet im knappen Rest
Kommt nach Olympia ein lebenswerter Stadtteil?
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Auch nach Olympia kommt zuerst der Abriss, oder wie es schöner heißt, der Rückbau. Im Bereich
des jetzigen O’Swaldkais und Unikais soll das Stadion verkleinert werden; die Olympiahalle wird
entkernt werden und ein Kreuzfahrtterminal daraus entstehen.
Kreuzfahrtterminal wie Stadion werden nur durch Sicherheitsschleusen zu betreten sein. 20.000
Besucher des Stadions und Tausende Kreuzfahrtteilnehmer müssen irgendwie zu ihrem Ziel kommen, auch mit Gepäck. Also braucht es Straßen und Parkplätze für PKW und Busse, die den Bewohnern eines Stadtteils nichts nützen.
Der Rest des Raums soll für Wohnen da sein, aber auch produzierendes Gewerbe, öffentliche Plätze, Einkaufsmöglichkeiten, Schulen, Spiel- und Sportplätze auch auf Dächern. Für angekündigt 3000
Wohnungen oder nach Jörn Walters Vorstellung gar 6000 Wohnungen dürfte es ziemlich eng werden.
Stadtentwicklung in Konflikt mit dem Hafen
Bei dieser Planung mischt nicht nur das IOC mit, sondern auch die Hafenunternehmer. Mit ihrem
streitfähigen Präsidenten Günter Bonz haben sie Grenzen für die Stadtentwicklung aufgestellt, denen auch die Olympic City Planer folgen. So sei verbindlich sicherzustellen, dass die Nachbarbetriebe keine Einschränkung durch Emissionsschutzauflagen erhielten.
„Für die beabsichtigte Nachnutzung der „Olympiaflächen“ im Anschluss an die olympischen Spiele
ist verbindlich sicherzustellen, dass die in unmittelbarer Nachbarschaft angesiedelten Betriebe keine betrieblichen Einschränkungen, zum Beispiel durch Emissionsschutzauflagen, erfahren.
Dies erfordert nach unserer heutigen Kenntnis, dass auf den westlich gelegenen Flächen des Olympiageländes keinerlei Wohnbebauung erfolgt.
Unter den vorgenannten Voraussetzungen ist die Hafenwirtschaft grundsätzlich bereit, sich an einer Diskussion über eine Überplanung von Flächen des östlichen Hafens zu beteiligen. Diese Bereitschaft gilt allerdings ausschließlich im Hinblick auf ein übergeordnetes Interesse der Stadt an einer
Olympiade und nicht für etwaige andere stadtentwicklungspolitische Ziele.
Unternehmensverband Hafen Hamburg, 2015, S.34
Dies erfordere „dass auf den westlich gelegenen Flächen des Olympiageländes keine Wohnbebauung erfolgt“. Wohnen gibt es also allenfalls in einem abgegrenzten Bereich im Osten der Insel.
Dort aber sind die Wohnbedingungen aufgrund der Emissionen besonders prekär Das wissen auch
die Planer, die dies für die Universität untersucht hatten.
Entwicklungsstudie Universität Hamburg, 2009, S. 197
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Lärm kommt von überall, tags und nachts vom Hafen, der sich wie eine Glocke über das Gelände
legt. Östlich verläuft die am stärksten befahrene Eisenbahntrasse für alle Nord-Süd-Züge der SBahn, der Fernbahn, für Güterzüge und Hafenbahn, die Hamburg erhebliche verstärken will. im Süden liegt der 30gleisige Hafenbahnhof mit 24-Stunden-Betrieb; gleich daneben die vierspurige
Haupthafenroute mit dem LKW-Hafenverkehr zu den Autobahnen und zur Stadt. Für einen wirksamen Lärmschutz bedürfte es einer gänzlichen Einhausung von Bahn- und Straßenanlagen.
Olympic City: Kein guter Ort
Dieses Gebiet soll nun randvoll mit Wohnungsbau gefüllt werden?
Ja, es gibt viel Wasser, das Gebiet ist zentral. Das macht das Gebiet für Planer, Investoren, Flaneure
und auch Wohnungsinteressenten interessant. Für einen Stadtteil aber , in dem man wohnt, spaziert, einkauft, den Wechsel von Tag und Nacht, von lebendiger Betriebsamkeit und Ruhe erlebt, ist
es ein schlechter Ort.
Ein lebenswerter Stadtteil braucht ungeplante Räume. er muss für verschiedene Generationen
lebbar sein, um so etwas wie Heimat zu werden. Ein Stadtteil Olympic City, wie sie hier geplant ist
dient vielen unterschiedlichen, gerade auch ökonomischen Interessen, er mag interessant sein für
Zweitwohnungen, Büros, Ateliers. Als Heimat für Menschen eignet er sich nicht.
3 Olympia –gut- für einen neuen Stadtteil?
Der Masterplan für die Olympic City soll stufenweise aufgestellt werden; dies dient aber keineswegs
einer umfangreichen Bürgerbeteiligung, sondern allein der Sicherung des Vorrangs von Olympia vor
jeglicher Stadtentwicklung. Der Ablauf der Planung richtet sich nach den jeweils zu treffenden Entscheidungen: l
2015: Bei der Volksabstimmung im November 2015 wird nicht gefragt, ob Hamburg einen neuen
Stadtteil auf dem Kleinen Grasbrook bekommen, sondern ob es sich für die Olympischen Spiele bewerben soll.
2016: Für die BID-Books und die IOC-Entscheidung muss Hamburg es dem DOSB und IOC Recht machen. Deshalb werden dann vorrangig Spielstätten, das Olympische Dorf, Logistik, Sicherheit usw.
abgearbeitet. Kriterium ist dabei immer der „Olympia-Modus“, die spätere Nutzung tritt in den Hintergrund.
2017: Erst nach einem möglichen Zuschlag im Herbst 2017 wird konkret über einen möglichen
Stadtteil diskutiert werden. Denn wenn z.B. die gesetzliche Herausnahme des Gebietes aus dem
Hafennutzungsgebiet – eine Voraussetzung für ein Wohngebiet – ansteht, brechen Interessengegensätze auf, womit man das IOC kaum vor seiner Entscheidung irritieren will.
Ist aber der Zug zu den Olympischen Spielen abgefahren, kann der Stadtteil noch lange scheitern –
an den Finanzen, an dem nicht zu bewältigenden Lärm, am Hafenrecht oder am Baurecht.
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Die geringsten Chancen für eine sinnvolle Entwicklung der Stadt eröffnen Ereignisse vom Typ Olympische Spiele. Derart große Sportveranstaltungen sind mit sehr weitgehenden und äußerst spezialisierten Anforderungen an die Austragungsorte verbunden, die von der lokalen Politik nur in städtebaulichen und architektonischen Details modifizierbar sind. Das Ereignis …findet innerhalb eines
äußerst kurzen Zeitraums statt und es richtet sich an eine Weltöffentlichkeit.
Das lokale Publikum liefert die Folklore, darüber hinaus spielt es kaum eine Rolle. Die Stadt wird
zum bloßen Standort für ein Spektakel, das im Wesentlichen in den Medien stattfindet, wo der Austragungsort bestenfalls als Kulisse erscheint.
Siebel, 2010, S.104f.
4 Spreeterrassen und Olympic City – beides bleibt Illusion
Das in seiner Mission der Stadt am Wasser wohl wichtigste Ziel Jörn Walters für die IBA Hamburg
war, dass der Stadtteil mit Wohnungen, die auf Hamburg blicken und mit Natur bis an den Spreehafen heran geführt wird. Noch vor einem Jahr hat er „Spreeterrassen“ mit Wohnungen am Deich
vorgestellt. Sie sollten die nördliche städtische Hafenkante der Elbinsel bilden.
Spreeterrassen an der Harburger Chaussee / Spreehafen in: Vorentwurf Zukunftsbild 2013+, S.93
Der Senat hat sich auf Druck der Hafenwirtschaft dagegen entschieden; ein mehr-geschossiger, gewerblich genutzter Bebauungsriegel soll Wohnungen gegenüber dem Spreehafen abschotten. Die
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Begründung: Lärm von der Harburger Chaussee, die die Stadt als LKW-Trasse erhalten will, sowie
die „Lärmemissionen von Norden durch benachbarte Hafennutzungen“.(Senat, 2014).
Zur Olympic City wurden von den Planern am 2.6.2015 in der Magnus-Halle ähnliche HafenrandHäuser präsentiert. Aber die Umgebungslärmsituation ist auf dem Kleinen Grasbrook noch problematischer als am Spreehafen.
Deshalb werden nach meiner Einschätzung mit genau der gleichen Begründung wie bei den Spreeterrassen keine Dauerwohnungen im Kleinen Grasbrook genehmigt werden.
Einen Wohnstadtteil Olympic City wird es nicht geben – er bleibt Illusion.
5 Literatur
Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt , 2013: Zukunftsbild Elbinseln 2013+, Zwischenbilanz, Erläuterungsbericht
Entwurf, Auftragnehmer und Bearbeitung, Arbeitsgemeinschaft Düsterhöft Architektur und Stadtplanung ELBBERG
Stadt - Planung - Gestaltung mit kfp Kontor Freiraumplanung, S.93,
http://www.hamburg.de/contentblob/4142784/data/vorentwurf-erlaeuterungsbericht.pdf
Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, o.J.: Sprung über die Elbe, Dokumentation
der Internationalen Entwurfswerkstatt 17.-24. Juli 2003
Hamburg-Kleiner Grasbrook OSM 2015 von OpenStreetMap, Hamburg, http://de.wikipedia.org/wiki/HamburgKleiner_Grasbrook#/media/File:Hamburg-Kleiner_Grasbrook_OSM_2015.svg
Jörn Walter 2007: Das Räumliche Leitbild – Neue Chancen für Hamburg, Räumliches Leitbild,
http://www.hamburg.de/contentblob/155068/data/raeumliches-leitbild.pdf
Rebaschus, Matthias: Hamburger Abendblatt, 27.8.2003: Grasbrook – ein Hauch von Venedig, Hamburger Abendblatt
27.8.200
Rebaschus, Matthias: Hamburger Abendblatt, 7.2.2005, Traum eines Stadtplaners - Sandstrände im Hafen - Sprung über
Elbe: Copacabana in Wilhelmsburg - Diplomarbeit eines Stadtplaners von Bank prämiert.
Rebaschus, Matthias: Hamburger Abendblatt, 8.2.2005, Ja zur Hafen-Copacabana - SPD signalisiert Zustimmung zum
"Wilhelmsburger Strand"
Senat, 2014: „Hamburgs Sprung über die Elbe – Zukunftsbild 2013+“, BürgerschaftsDrucksache 20/13206,
20.Wahlperiode 30. 09. 14
Siebel, Walter, 2010: Stadtpolitik mittels großer Ereignissein: Zeitschrift für Regionalwirtschaft 1/2010, S. 99-107,
https://www.nordlb.de/fileadmin/redaktion/analysen_prognosen/regiopol/RegioPol_1-2010.pdf
Sportstadt Hamburg, 2007Senat der FHH, 2007: Feuer und Flamme für Olympia in Hamburg 2016 2020 2024 2028, Konzeptionelle Eckpunkte für eine Bewerbung Hamburgs um die Olympischen Spiele http://www.belebtebruecke.de/site/downloads/114_32_olympia_broschuere_property=source.pdf
Studie zur baulichen Entwicklung der Universität Hamburg, Arbeitsgruppenergebnisse zur Bewertung der Entwicklungsszenarien für die bauliche Entwicklung der Universität Hamburg, April 2009,
www.hamburg.de/contentblob/1351066/data/langfassung-entwicklungsstudie-hochaufgeloest.pdf
Tiedemann, Axel: Kleiner Grasbrook, Hamburger Abendblatt, 10.3.2009 Tauziehen um ein Filetstück - Bebauung: Immer
neue Pläne für die Flächen gegenüber der HafenCity
Tiedemann, Axel, Hamburger Abendblatt, 22.9.2009: Wo der Hamburger Hafen noch Job-Motor ist.- Nur noch wenige
Stückgut-Linien fahren von Hamburg ab. Dabei sind dort im Vergleich zum Containerumschlag mehr Leute beschäftigt.
Tiedemann, Axel: Hamburger Abendblatt, 29.8.2012: Kleiner Grasbrook: Mit etwas Glück trifft man hier auf Robinson
Unternehmensverband Hafen Hamburg, 2015: Jahresbericht für 2014,
http://www.uvhh.de/index.php/download_file/570/74/
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