38 LUFTFAHRT HPC-Bearbeitung W Integralbauteile W Zeitspanvolumen W Hauptspindel 160 Liter Späne pro Minute Beim Fertigen von Integralbauteilen aus Aluminium werden über 90 Prozent des Rohlings zu Spänen. High-Performance-Cutting mit Hauptspindeln von GMN auf Maschinen von DST sorgt für wirtschaftliches Bearbeiten bei höchstmöglichen Zerspanraten. von Helmut Damm 1 Integralbauteile mit über 90 Prozent Späneanteil lassen sich nur auf innovativen, hochdynamischen und leistungsfähigen Fräsmaschinen wirtschaftlich fertigen (Bild: DST) B is zu zehn Stunden, mitunter auch länger, steht das Fräswerkzeug im Eingriff am Werkstück. Große Mengen an Spänen fliegen davon. Aus einem kompakten Aluminiumblock entsteht ein äußerst filigranes Integralbauteil für Verkehrsflugzeuge. Besonderes Merkmal dieser Bauteile sind nur wenige Millimeter dünne Stege und Böden sowie eine Vielzahl an Taschen und Bohrungen. Prozesssicher und wirtschaftlich bei kürzesten Bearbeitungszeiten gelingt die Fertigung solcher Integralbauteile nur dann, wenn äußerst zuverlässige und leistungsfähige Hauptspindeln auf hochdynamischen Maschinen arbeiten. »In diesem Marktsegment des High- Performance-Cutting beanspruchen wir international eine Führungsposition«, betont Winfried Holthausen, Einkaufsleiter bei Dörries Scharmann Technologie, kurz DST, einem Mitglied der Starrag Group. »Allerdings benötigt man als Maschinenhersteller kompetente Partner, die ebenfalls eine Führungsrolle in ihrem Marktsegment einnehmen und einen vergleichbar hohen Anspruch erfüllen. Für die Komponente Hauptspindel, die zur Zerspanungsleistung einer Maschine entscheidend beiträgt, haben wir in GMN Paul Müller den bestmöglichen Partner gefunden.« © Carl Hanser Verlag, München WB Werkstatt + Betrieb 5/2015 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------© 2015 Carl Hanser Verlag, München www.werkstatt-betrieb.de/Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern LUFTFAHRT 2 Kernkomponente für hohe Dynamik und Fräsleistung: der parallelkinematische Z3-Kopf von DST mit der kompakten Motorspindel von GMN (Bild: Hanser) 3 Hochleistungsfrässpindel HCS 230-30000 von GMN, die auf Dauer 120 kW Leistung im Drehzahlbereich zwischen 13 500 und 30 000 min-1 zur Verfügung stellt; zahlreiche Anschlüsse ermöglichen die Steuerung und Überwachung der Spindel (Bild: Hanser) Intensive Technologiepartnerschaft erarbeitet sich Chancen mit HPC Um die sehr hoch gesteckten Ziele hinsichtlich Technologie, Produktivität, Zuverlässigkeit und Qualität zu erreichen, verbindet die beiden Unternehmen seit Längerem eine sehr enge Partnerschaft. Dazu gehören unterschiedliche gemeinsame Entwicklungsprojekte, unter anderem in Kooperation mit der Rheinisch- Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen. Dort hat man unter anderem die aktuellen Chancen der Hochvolumen-Zerspanung – High-Performance-Cutting, kurz HPC – gemeinsam erarbeitet. Sie gilt derzeit als die einzig zuverlässige Möglichkeit, Integralbauteile für die Luftfahrt wirtschaftlich und produktiv zu bearbeiten. WB Werkstatt + Betrieb 5/2015 Kombiniert werden dabei große ra diale und axiale Zustellungen des relativ kleinen Fräswerkzeugs mit hohen Schnittund Vorschubgeschwindigkeiten. Dies erfordert allerdings Bearbeitungszentren mit hochdynamischen Vorschubachsen und leistungsfähigen Frässpindeln. Leistungsstarke Hochfrequenzspindeln auf hochdynamischen Maschinen Beispiel für den Erfolg der Zusammenarbeit zwischen dem Maschinenbauer DST und dem Spindelhersteller GMN sind die horizontalen Bearbeitungszentren der Baureihe Ecospeed. Sie sind speziell zum hochproduktiven Fertigen von Integralbauteilen aus Aluminium ausgelegt und mittlerweile in unterschiedlichen Baugrößen für kleine, mittlere, große und U www.werkstatt-betrieb.de ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------© 2015 Carl Hanser Verlag, München www.werkstatt-betrieb.de/Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern 40 LUFTFAHRT Schedler, Head of Marketing bei DST, zu berichten weiß, reicht das für nahezu 90 Prozent aller Bearbeitungen an Integralbauteilen aus. Die Variante Ecospeed ist mit einem Fahrständer ausgeführt. Die zu bearbeitenden Werkstücke werden vertikal an einem steifen Maschinentisch aufgespannt. Diese Maschinen können je nach Ausführung bis zu 21 000 mm lange Werkstücke bearbeiten. Bei der Maschinenvariante Ecospeed F führen die aufgespannten Werkstücke die Vorschubbewegung in X-Richtung aus. Gegenüber steht ein fester Ständer, in dem der Z3-Kopf mit den Achsen Z, A und B vertikal in Y-Richtung verfährt. 4 Stolz auf Zerspanraten bis 160 l/min bei 98 Prozent Verfügbarkeit (von links): Winfried Holthausen, DST-Einkaufsleiter, Dieter Weiss, GMN-Vertriebsleiter, und Marcus Queins, DST-Entwicklungsleiter (Bild: Hanser) sehr große Werkstücke verfügbar. Sie überzeugen vor allem mit ihrer hohen Dynamik in allen Achsen. Entscheidende Anteile an dieser Dynamik hat der Spindelkopf, der als Parallelkinematik auf dem 3Z-Schlitten ausgeführt ist (Bild 2). Bohr- und Fräswerkzeuge können in allen Richtungen unter Winkeln von 45 ° arbeiten. Wie Michael INFORMATION & SERVICE ANWENDER Dörries Scharmann Technologie GmbH 41236 Mönchengladbach Tel. +49 2166 454-0 www.starrag.com HERSTELLER GMN Paul Müller Industrie GmbH & Co. KG 90411 Nürnberg Tel. +49 911 5691-0 www.gmn.de PDF-DOWNLOAD www.werkstatt-betrieb.de/1017122 = Die Nebenzeiten stehen ebenfalls im Fokus Zu den Vorteilen dieser Achsanordnung erklärt Michael Schedler: »Die Ecospeed F hat mehrere Vorteile. Durch den festen Ständer sind zum einen die bewegten Massen minimiert. Zum anderen konnten wir bei dieser Maschinenausführung einen automatischen Werkstückwechsel und das horizontal liegende Aufspannen der Rohlinge realisieren. Letzteres bedeutet ein erheblich einfacheres Auf- und Umspannen, zudem minimiert es deutlich die unproduktiven Nebenzeiten.« Zum Auf- und Abspannen verfügen die Bearbeitungszentren Ecospeed F über einen Palettenwechsler mit Kippeinheit. Letztere positioniert die Palette waagerecht zum Be- und Entladen, senkrecht zum Einwechseln der Palette mit aufgespanntem Bauteil in den Arbeitsbereich der Maschine. Beim Bearbeiten steht das Werkstück also senkrecht. Das sorgt in Verbindung mit der horizontalen Hauptspindel für bestmöglichen Spänefall. Diese Achsanordnung hat gegenüber der bewährten Fahrständervariante bei mittelgroßen Integralbauteilen die Produktivität nochmals signifikant erhöht. Wie Michael Schedler ausführt, erwarten Fertigungsbetriebe aktuell vor allem eine hohe Produktivität. »Das spanende Bearbeiten mittelgroßer bis sehr großer Integralbauteile dauert mitunter zehn Stunden und mehr. Wenn man diese Zeit um einige Prozentpunkte verringern kann, ergeben sich natürlich deutliche Kosteneinsparungen und eine höhere Flexibilität. Darauf achten Zulieferer und Luftfahrtbetriebe derzeit besonders.« Allerdings lässt sich dies nur mit entsprechend hohen Zerspanraten erreichen. 120 kW Spindelleistung in kompaktem Gehäuse Speziell deshalb hat DST in Zusammenarbeit mit dem Spindelhersteller GMN ein richtungsweisendes Konzept für eine hochleistungsfähige Frässpindel umgesetzt. »Die jetzt von den Motorspindeln verfügbaren Antriebsleistungen von 120 kW tragen wesentlich dazu bei, dass unsere Bearbeitungszentren Ecospeed derzeit als produktivste Maschinen zur Aluminiumbearbeitung weltweit anerkannt sind«, berichtet Schedler stolz. Je nach Bearbeitungsfolge verwirklichen die Bearbeitungszentren Späne volumina bis zu 160 l/min. Die aktuell in den Ecospeed-Baureihen eingesetzten Motorspindeln HCS 230–30000 verfügen über 120 kW Antriebsleistung. Diese Leistung stellen sie auf Dauer (S1) von 13 500 min-1 Drehzahl bis zur Maximaldrehzahl von 30 000 min-1 zur Verfügung. Die Vektorsteuerung der Motoren (closed- loop) bringt mehrere Vorteile mit sich. Das hohe Drehmoment von 83 Nm halten die Frässpindeln über einen weiten Drehzahlbereich. Zudem kann die C-Achse winkeltreu gehalten werden, was demzufolge zum Beispiel auch das schräge Gewindefräsen erlaubt. Verglichen mit den ehemals verwendeten Hauptspindeln haben die aktuell eingesetzten Motorspindeln 50 Prozent höhere Antriebsleistung bei nahezu doppeltem Drehmoment. Dieter Weiss, Vertriebsleiter bei GMN, erläutert: »Die größte Herausforderung für GMN war es, diese hohe Leistung in dem vorgegebenen Bauraum zu verwirklichen. Denn der parallelkinematische Spindelkopf bei den Bearbeitungszentren von DST ist standardisiert. Die weitaus leistungsfähigeren Motorspindeln durften deshalb nur den vorgegebenen Bauraum beanspruchen, in den ehemals die schwächeren Hauptspindeln gepasst hatten.« Weiss berichtet weiter, dass es neben der Leistungsdichte auch auf eine hohe Zuverlässigkeit und Langlebigkeit der Motorspindeln ankomme. »DST muss seinen Kunden eine Verfügbarkeit der produktiv arbeitenden Maschine bis zu 98 Prozent zusichern. Speziell bei der Volumenzerspanung an Integralbauteilen betrifft dieses Kriterium zuallererst die Hauptspindel. Denn bei zehnstündiger Bearbeitung für nur ein Bauteil läuft die Frässpindel nahezu ohne Unterbrechung rund um die Uhr.« Diese besondere Forderung haben die Experten von GMN nach Ansicht von © Carl Hanser Verlag, München WB Werkstatt + Betrieb 5/2015 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------© 2015 Carl Hanser Verlag, München www.werkstatt-betrieb.de/Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern LUFTFAHRT 5 Extrem leicht und dennoch sehr stabil: Filigrane Strukturbauteile aus Aluminium für Verkehrsflugzeuge, wie C-Rahmen und Spanten für den Rumpf sowie Rippen und Rahmen für die Tragflächen, werden aus dem Vollen gefräst (Bild: Hanser) Michael Schedler mit Bravour erfüllt. Denn sie haben die Zuverlässigkeit der Motorspindeln deutlich verbessert. Dieter Weiss: »Ehemals waren Wartungs intervalle von etwa 2000 bis 5000 Stunden bei schnell drehenden Motorspindeln üblich. Durch unsere besondere Bauweise und äußerst hochwertige, überwiegend selbst entwickelte Spindelkomponenten erreichen unsere Motorspindeln in der Praxis inzwischen bis zu 10 000 Stunden Laufzeit ohne Wartung.« Eigene Komponenten sichern Qualität und Zuverlässigkeit Gelungen sind diese Optimierungen insbesondere, weil GMN in Nürnberg eine sehr hohe Fertigungstiefe hat. So haben die Spezialisten unter anderem die Hy bridkugellager selbst konzipiert, gefertigt und montiert. Diese Kugellager verfügen, verglichen mit den üblichen Standards, über weitaus höhere Genauigkeiten entsprechend der Qualität UP. Wie Weiss berichtet, sind zudem Lager mit speziellen Anstellwinkeln in die Motorspindeln eingebaut. Diese Lager sind wesentlich steifer als Standard-Kugellager und können bei dieser speziellen Anwendung besser die auftretenden Bearbeitungskräfte aufnehmen. Darüber hinaus sind die Genauigkeiten der Außen- und Innenringe erhöht. Beim Planlauf der Stirnseite in Bezug auf die Laufbahn am zusammengesetzten Lager (Axialschlag) wird eine Genauigkeit kleiner 2 µm gehalten. WB Werkstatt + Betrieb 5/2015 Lager und Gehäuse der Motorspindeln werden über separate Aggregate exakt temperiert und somit auf konstanten Temperaturen gehalten. Sensoren messen die Temperaturen an den Lagerringen sowie die axiale Verlagerung der Spindelwelle. Im Regelkreis mit der CNC-Steuerung können dann die axialen Bewegungen der Spindelwelle kompensiert werden. Das erhöht zusätzlich die Genauigkeit am Werkstück. Darüber hinaus sorgt es aber auch für eine lange Lebensdauer der Kugellager und für große Wartungsintervalle. Michael Schedler von DST fasst die Vorteile wie folgt zusammen: »Aus der engen Technologiepartnerschaft mit GMN ist nicht nur die derzeit weltweit leistungsfähigste Volumenzerspanung für Integralbauteile hervorgegangen. Auch die Zuverlässigkeit – sie trägt wesentlich zur Wirtschaftlichkeit in diesem Fertigungssegment bei – konnte potenziert werden. Damit haben sich die Bearbeitungszentren Ecospeed von DST mit den innovativen Motorspindeln von GMN weltweit als absoluter Branchenprimus positioniert.« Bestätigt wird dies von weltweit zahlreichen Fertigungsbetrieben der Luftfahrtindustrie. Aktuell häufen sich die Anfragen nach der innovativen Technologie des High-Performance-Cutting. Das führt zu vollen Auftragsbüchern bei DST und GMN. Und so freuen sich Schedler, Holthausen und Weiss auch über volle Spänecontainer, die beinahe im Minutentakt vom horizontalen Bearbeitungszen trum Ecospeed abgefahren werden. W www.werkstatt-betrieb.de ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------© 2015 Carl Hanser Verlag, München www.werkstatt-betrieb.de/Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern
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