Lesung und Schriftauslegung des Superintendenten

Katholisches Stadtdekanat Bonn ▪ Stabsstelle Kommunikation
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Bonn, 21.10.2015 | Manuskript. Es gilt das gesprochene Wort.
Lesung und Schriftauslegung
des evangelischen Superintendenten, Eckart Wüster
im Gottesdienst zum Amtsantritt des neuen Oberbürgermeisters
der Bundesstadt Bonn, Ashok-Alexander Sridharan
am Mittwoch, 21. Oktober 2015, im Bonner Münster
Sehr geehrter, lieber Herr Sridharan, liebe Schwestern und Brüder! Ich freue mich sehr, dass
Sie vor Ihrem Amtsantritt bewusst hier ins Bonner Münster gekommen sind. Ich freue mich,
dass ich dabei sein darf. Die Lesung aus dem 1.Petrusbrief ist eine der Lesungen, die nach
der Leseordnung für den heutigen Tag vorgesehen sind. Ich lese uns 1 Petrus 4, 12-19 aus
der Einheitsübersetzung.
Liebe Brüder, lasst euch durch die Feuersglut, die zu eurer Prüfung über euch
gekommen ist, nicht verwirren, als ob euch etwas Ungewöhnliches zustoße.
Stattdessen freut euch, dass ihr Anteil an den Leiden Christi habt; denn so könnt ihr
auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit voll Freude jubeln. Wenn ihr wegen des
Namens Christi beschimpft werdet, seid ihr selig zu preisen; denn der Geist der
Herrlichkeit, der Geist Gottes, ruht auf euch. Wenn einer von euch leiden muss, soll es
nicht deswegen sein, weil er ein Mörder oder ein Dieb ist, weil er Böses tut oder sich
in fremde Angelegenheiten einmischt. Wenn er aber leidet, weil er Christ ist, dann
soll er sich nicht schämen, sondern Gott verherrlichen, indem er sich zu diesem
Namen bekennt. Denn jetzt ist die Zeit, in der das Gericht beim Haus Gottes beginnt;
wenn es aber bei uns anfängt, wie wird dann das Ende derer sein, die dem
Evangelium Gottes nicht gehorchen? Und wenn der Gerechte kaum gerettet wird, wo wird
man dann die Frevler und Sünder finden? Darum sollen alle, die nach dem Willen Gottes
leiden müssen, Gutes tun und dadurch ihr Leben dem treuen Schöpfer anbefehlen.
(Bibel, Erster Petrusbrief, Kapitel 4, Verse 12-19, Abschließende Mahnungen)
Gerne wüsste ich, was Sie beim ersten Hören empfunden oder gedacht haben. „Lasst euch
durch die Feuersglut nicht verwirren, die zu eurer Prüfung über euch gekommen ist.“ Wie
gesagt: wir haben die Lesung uns nicht ausgesucht, sie ist uns gleichsam vor die Füße gelegt
worden.
Katholisches Stadtdekanat Bonn ▪ Stabsstelle Kommunikation ▪ Reinhard Sentis (Leitung)
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Katholisches Stadtdekanat Bonn ▪ Pressemitteilung
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Wenn Ihr neues Amt einer Feuersglut gleichkäme, dann sollten Sie ganz schnell - ehe es zu
spät ist - den geordneten Rückzug antreten. Aber im Ernst: natürlich freuen Sie sich auf die
neue Aufgabe. Ich weiß aus dem einen oder anderen Gespräch, dass Sie sich sehr gerne der
Herausforderung stellen, die das Amt eines Oberbürgermeisters auch immer darstellt. Die
Verantwortung, die Sie übernehmen, ist ja in der Tat eine große. Ich danke Ihnen herzlich,
dass Sie bereit sind, diese Verantwortung zu übernehmen. Und ich schließe an dieser Stelle
ausdrücklich alle in diesen Dank mit ein, die bereit sind, sich einzubringen und für die Stadt
zu engagieren. Das gilt für Haupt-wie für Ehrenamtliche. Also: beim ersten Hören könnte
der Abschnitt aus dem Petrusbrief schon ein wenig irritieren.
Aber schauen wir einen Moment etwas genauer in den Abschnitt hinein. Der Brief ist
wahrscheinlich um das Jahr 90 n.Chr. geschrieben worden. Nach heutigen Erkenntnissen ist
der Verfasser des Briefes unbekannt. Die Jahreszahl 90 nach Christus gibt einen wichtigen
Hinweis auf die Situation, in der die Christen lebten, an die der Brief gerichtet war. Die
christlichen Gemeinden wurden verfolgt. Die Christen fragten sich, ob es das denn wert sei,
an ihrem Glauben, an ihren Überzeugungen festzuhalten, wenn sie dafür um ihr Leben
fürchten mussten.
Der Verfasser des Briefes wirbt darum, den Glauben zu bewahren, auch wenn es
Widerstände und Widerspruch gibt. „Wenn jemand unter euch leidet“, so schreibt der
Verfasser, „weil er Christ ist, dann soll er sich nicht schämen, sondern Gott verherrlichen,
indem er sich zu ihm bekennt.“ Dass man wegen seiner Überzeugungen bedroht und
attackiert werden kann, musste die neue Oberbürgermeisterin aus Köln leidvoll erfahren.
Die zunehmende Hetze macht uns allen Sorgen. Die Aggressionen nehmen zu. Schon die
Wortwahl ist in vielen Fällen völlig inakzeptabel.
Auch wir Christinnen und Christen werden mit viel Kritik bedacht. Manchmal ist sie
durchaus berechtigt. Manchmal verhalten wir uns einfach unglaubwürdig. Aber es gibt auch
Widerstand, der in der Botschaft begründet ist. Wenn wir uns an Gott binden und an seinen
Willen, dann wird die manchmal anzutreffende egoistische, selbstgerechte Art von
Menschen massiv in Frage gestellt. Wenn Gottes Gebot der Nächstenliebe ernst genommen
wird, dann wird die furchtbare Art und Weise, wie Menschen miteinander umgehen
können, deutlich angeprangert. Es gibt Widerstände, die darin begründet sind, dass
Menschen unsere Überzeugungen nicht teilen.
Sie wissen natürlich, dass Ihnen dies als OB nicht anders gehen wird. Sie stehen vor der
Aufgabe, das Gespräch auch mit Andersdenkenden zu suchen und zu führen und zugleich
zu Ihren eigenen Überzeugungen zu stehen. Demokratie ist in aller Regel Kompromiss. Wem
sage ich das? Radikalisierungen sind nicht angebracht. Und wir werden sehr deutlich zu
unseren Überzeugungen einzustehen haben; auch wenn wir dafür angefeindet werden. So
ganz anders ist es also gar nicht, wie zur Zeit des Petrusbriefes. Angesagt ist aber, für die
notwendig zu führenden Auseinandersetzungen eine Gesprächskultur zu fordern, bei der
diejenigen ihre Würde behalten, die in Abstimmungen unterliegen.
Katholisches Stadtdekanat Bonn ▪ Pressemitteilung
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Sehr geehrter, lieber Herr Sridharan, Sie wissen natürlich, dass Sie bei aller Vorfreude auf die
Arbeit, bei allen schönen Erfahrungen, die das Amt für Sie bereithalten wird, auch die
Kehrseite erleben werden. Ich bin sicher, dass wird Sie nicht besonders irritieren. Und doch
wünsche ich Ihnen, dass Sie den langen Atem nicht verlieren, den Sie brauchen werden. Ich
wünsche Ihnen, dass Sie auch weiterhin den Menschen zugewandt bleiben. Uns allen
wünsche ich, dass wir mit den Problemen, die es zu bewältigen gilt, in größerer
Gemeinsamkeit nach Lösungen suchen. Dabei dürfen wir uns von der Nähe Gottes getragen
und gestärkt glauben. Amen.
Stadtdekanat Bonn
Das Stadtdekanat Bonn ist Teil der Katholischen Kirche und eines der 16 Stadt- und
Kreisdekanate im Erzbistum Köln. In den vier Dekanaten des Stadtdekanates leben 120.500
Katholiken (Gesamtbevölkerung Bonn: 320.000).
Bonner Münster
Das Bonner Münster ist die Hauptkirche der katholischen Kirche in Bonn. Seit mehr als 1300
Jahren werden dort die heutigen Bonner Stadtpatrone und christlichen Märtyrer Cassius und
Florentius verehrt. Baubeginn des heutigen Gotteshauses, welches als Stiftskirche des
bedeutenden Cassius-Stiftes diente, war Mitte des 11. Jahrhunderts. Im Bonner Münster
wurden zwei Könige gekrönt (1314 Friedrich III. von Österreich und 1346 Karl VI. von
Luxemburg). 1956 wurde das Bonner Münster zur päpstlichen Basilika Minor erhoben.
Der Legende nach soll die Kaiserin Helena die erste Kirche an diesem Ort gestiftet haben,
wovon zahlreiche Darstellungen zeugen. Dadurch wird sie zur Schwesterkirche des Trierer
Doms, wo die Helena-Verehrung ebenfalls auf eine lange Tradition zurückblickt. Die
Stadtpatrone Cassius und Florentius hingegen gehören den christlichen Märtyrern der
sogenannten Tebäischen Legion, wodurch das Münster weiterhin mit Stätten wie Köln,
Xanten, Saint Maurice, Zürich, Turin und Mailand verbunden ist. bonner-muenster.de