„Was der Mensch sät, das wird er ernten“ (Galater 6,7) Predigt zu Erntedank _______________________________________________ Ernten, das ist ein fröhliches Geschäft. So habe ich es auch erlebt beim Pflücken dieser Äpfel. Sie stammen aus dem Gemeindegarten, hinten beim Parkplatz: Schöne Äpfel - ich weiß die Sorte gar nicht - mit herrlichem Duft und feinem Geschmack. Dafür habe ich mich gerne gereckt und gebückt. Und was haben Sie geerntet? Der Gabentisch zeigt viele Früchte. Aber das meiste davon und die Fertigprodukte sind wohl gekauft. Die eigentliche Ernte, für die Sie danken können ist dann wohl ihr Gehalt oder Lohn. Aber wir arbeiten ja nicht nur für Geld. Genauso wichtig ist die Anerkennung, die wir finden. Wir möchten etwas Sinnvolles tun und haben Freude, wenn wir unsere Fähigkeiten einsetzen und erleben können. Leider müssen viele mindestens einen Teil dieser „Ernte“ entbehren, weil sie keinen Arbeitsplatz haben oder sich dort nicht wohlfühlen können. So ist unser Dank heute zugleich auch Mitleid mit denen, die es nicht so gut haben. Was der Mensch sät, das wird er ernten! Das Wort hat einen zwiespältigen Klang für mich. Es hat auch was Moralisches, Anklagendes. Aber was mir gefällt ist, dass es unsere Leistungskraft betont. Wir können was! Alle können was: Junge, Alte, Männer, Frauen und das soll zum Zug kommen. Es reicht ja nicht, wenn wir nur Wünsche haben. Wir müssen auch was dafür tun. Wer in einer Beziehung lebt, möchte, dass sie gelingt. Dass es schön ist miteinander und man gegenseitig Zuwendung erfährt. Aber das setzt Interesse am anderen voraus und ein Achten auf das, was der andere braucht. Wir möchten lebendige Gemeinde sein, wo man gutes Miteinander erlebt wie beim Frühstück eben. Und wir möchten Gemeinde sein, wo Menschen zum Glauben finden und darin wachsen. Aber das geht nicht automatisch. Es braucht Leute, die mitarbeiten. Und es braucht den Mut von dem zu sprechen, was in uns drinnen vor sich geht. Und wie schon gesagt: Vieles könnte noch besser sein in unserem Land: Arbeit könnte besser verteilt sein, aber auch Geld und Bildungschancen, um nur einiges zu nennen. Und auch das wird nur vorankommen, wenn Menschen sich dafür einsetzen und die Mehrheiten dafür suchen und schaffen. Und das kostet Mühe. Ja, „was der Mensch sät, wird er ernten“ ist eine Aussage, die uns ganz in Anspruch nimmt und verantwortlich macht. Aber was ist das Gute eigentlich, das wir aussäen sollen? Manches wissen und ahnen wir. Aber der Apostel Paulus möchte, dass niemand darüber im Unklaren ist. In dem Vers, der auf unser Bibelwort folgt heißt es darum: “Wer auf den Boden der menschlichen Selbstsucht sät, wird von ihr den Tod ernten. Wer auf den Boden von Gottes Geist sät, wird von ihm das unvergängliche Leben ernten.“ Da fühle ich mich an das Anspiel aus dem Kinderteil erinnert mit dem Streit, wie der Garten am besten zu nützen ist. Ob als Spielplatz, oder als Gartenbeet oder…. Denn mit dem Zusammenhang von Saat und Ernte sind wir vor eine Entscheidung gestellt. Die Frage ist, wie wir leben wollen: Selbstbezogen, um uns selbst kreisend und um uns selbst besorgt, oder anderen und Gott zugewandt und nicht um uns selbst besorgt. Das sind die zwei Grundrichtungen, zwischen denen wir zu wählen haben. Der Hang zur ersten Richtung ist uns dabei schon mitgegeben. Zuerst und vor allem suchen wir unser Glück, indem wir unsere Wünsche befriedigen wollen: Wir streben nach Anerkennung, Besitz, Sex und Macht. Aber es ist merkwürdig: Je offener wir drauf abzielen, umso weniger finden wir es. Und je mehr wir nach der Erfüllung greifen, um so um leerer wird das Glück. Das sollte uns zu denken geben. Guter Same sieht anders aus. Man kann ihn als Hingabe beschreiben: Hingabe an Menschen und Hingabe an Gott. Ist das zu theoretisch? Ich freue mich jedenfalls an Beispielen von gutem Samen, die ich unter uns finde. Da sind bemerkenswert viele, die sich und einen guten Teil ihrer Zeit anderen schenken. Sie vergessen die alt gewordenen nicht. Sie sind hilfreiche Kollegen im Betrieb, nehmen Freundschaften ernst: Rufen an, hören zu, und ihre Zuwendung hört auch beim Geldbeutel nicht auf. Gut, ich weiß: Es ist nicht immer so. Auch bei mir nicht. Und nicht bei allen gleich. Die Bequemlichkeit ist manchmal stärker als der Antrieb, und der innere Widerstand, vielleicht sogar eine Antipathie gegen jemand größer als die Liebe. Und was ist erst, wenn man uns unfreundlich begegnet, und das nicht nur einmal? Was, wenn der Dank ausbleibt? Was, wenn wir auf weite Strecken hin mehr geben müssen, als zurückkommt? Dann kommen wir oft schnell ans Ende und sind überfordert. Aber sind wir es wirklich? Der Apostel Paulus sagt nein und fährt im Zusammenhang fort: „Lasst uns Gutes tun und nicht müde werden, denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen.“ Und wann ist „zu seiner Zeit?“ Ist es dann, wenn unser Gegenüber auftaut und dankbar wird? Oder ist an die Ewigkeit gedacht, wenn uns einmal Gott für alles belohnen wird, was hier auf Erden ohne Anerkennung und ohne Dank blieb? Beides ist richtig. Aber noch viel interessanter ist die dritte Deutung: Seine Zeit - das ist die Zeit, in die uns Jesus Christus hineinstellt, wenn wir zu ihm gehören. Seine Zeit ist, wenn sein Geist in unsere Herzen ausgegossen ist. Dann sind wir nicht mehr nur Menschen, wie Menschen eben sind: Gut und böse, die dann auch Gutes und Schlechtes ernten müssen. Sondern es ist so, dass wir die Chance haben zu Menschen zu werden, wie Gott sie eigentlich gedacht hat. Von Christus her kommt Kraft in unser Leben. Kraft, die uns fähig macht zur tätigen Liebe, zur Vergebung, zur Geduld und zur Hoffnung. Dann können wir über uns hinauswachsen und Christus ähnlicher werden. Und erst als mir das klar geworden ist, konnte ich mich über den Predigttext von heute erst richtig freuen. So steckt nicht nur Gesetz drin: Streng dich an. Und wenn Du es nicht schaffst, dann bist du selbst schuld. So steckt Evangelium drin, weil Jesus bei uns allen gute Ernte möglich macht. Und das geht so: Er erntet, was der böse Same hervorbringt, den wir oft ausstreuen und ging dafür in den Tod am Kreuz. Und wir dürfen ernten, was der gute Same bewirkt, den Er ausgestreut hat: Das ist der Himmel, die Versöhnung mit Gott. Und wir dürfen ernten, was sein Geist in uns bewirkt, das ist die Erneuerung unseres Lebens und die Erneuerung des Lebens um uns herum und in der ganzen Schöpfung. So groß ist die Ernte, die wir einfahren dürfen. Ihr Lieben, wer wollte da stumm bleiben und ungerührt und keine offene Hand haben? Amen.
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