finden Sie eine allgemeine Andacht zu Brot für die Welt und

 Andacht von Sigrun Neuwerth, Präses der Landessynode der EKBO, zu
2.Kor.9, 6-15
Ich meine aber dies: Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im
Segen, der wird auch ernten im Segen. Ein jeder, wie er sich’s im Herzen vorgenommen
hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Gott
aber kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei, damit ihr in allen Dingen
alle Zeit volle Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk; wie geschrieben
steht „Er hat ausgestreut und den Armen gegeben; seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit.“
Der aber Samen gibt dem Sämann und Brot zur Speise, der wird auch euch Samen geben
und ihn mehren und wachsen lassen die Früchte eurer Gerechtigkeit. So werdet ihr reich
sein in allen Dingen, zu geben in aller Einfalt, die durch uns wirkt Danksagung an Gott. Denn
der Dienst dieser Sammlung hilft nicht allein dem Mangel der Heiligen ab, sondern wirkt auch
überschwänglich darin, dass viele Gott danken. Denn für diesen treuen Dienst preisen sie
Gott über eurem Gehorsam im Bekenntnis zum Evangelium Christi und über der Einfalt eurer
Gemeinschaft mit ihnen und allen. Und in ihrem Gebet für euch sehnen sie sich nach euch
wegen der überschwänglichen Gnade Gottes bei euch. Gott aber sei Dank für seine
unaussprechliche Gabe!
Liebe Brüder und liebe Schwestern,
Dank sei Gott für sein unsagbar großes Geschenk!, heißt dieser letzte Satz in der Bibel in
gerechter Sprache. Ausrufezeichen! Gott sei Dank, ein alltäglicher Ruf, oft leichthin
ausgesprochen. Da wird unser Gott so oft mitten in unserem Leben bemerkt, wenn etwas
gelingt, Böses abgewendet wird, wenn Menschen sich plötzlich bewusst werden, dass es
ganz anders hätte kommen können, schlimm, böse, traurig.
Gott sei Dank! Bei Tisch etwa danken wir für Gaben, zu denen wir nichts direkt beigetragen
haben, die wir aber doch brauchen, jeden Tag. Ohne Ernte kein Frühstück. Ohne Bauern
keine Ernte, ohne Ernten keine Festtafeln.
Wie gut, dass die Kirchen hier eine Lücke schließen können indem sie sagen, dass alles,
was wir essen und trinken, erst einmal gewachsen sein muss, gemolken, gemästet und
geschlachtet. Es gibt ein Leben der Erntegüter vor dem Supermarkt!
In diesem Jahr hatten wir keine Ernteschlacht mit neuen Rekorden. In diesem Jahr haben
wir widriges Wetter und Klimawandel erlebt, Wasser und Wärme zur je falschen Zeit. Da
wuchs der Raps schütter, Getreidekörner blieben klein und von mäßiger Qualität, Schädlinge
wie Phytophtora setzten Kartoffeln zu und Falscher Mehltau dem Wein. Pfarrer auf dem
Land hörten kein überschwängliches Lied der Bauern, zumal an anderen Orten des Globus
die Ernte umso größer war, Russlands Getreide etwa. Das drückt weltweit die Preise, auch
bei uns, und also auch die Einkommen der Bauern, die für wenig Ernte auch noch wenig
Geld bekommen.
Aber wir Verbraucher werden von Einbußen kaum etwas merken, dem Welthandel sei – in
diesem Fall – Dank!
Irgendwo wächst fast immer so viel, dass zusammengenommen alle Menschen genug zu
essen haben können. Nicht die Ernten, nicht die Landwirtschaft versagen bei der
Welternährung, sondern Menschen, die Krieg und Korruption und Misswirtschaft anzetteln.
Die Menschheit wächst jedes Jahr um etwa 80 Millionen. Die Zahl der Hungernden bleibt seit
langem in der Größenordnung von 800 Millionen ungefähr gleich. Und von Gottes Gaben
würden auch sie satt.
Naturkatastrophen wie Dürren, Überschwemmungen, Erdbeben und Tsunamis fordern
Menschen und Organisationen, die schnell Versorgungslücken schließen und Menschen vor
Ort versorgen.
Dank sei Gott für seine unaussprechliche Gabe, denn er lässt wachsen und gedeihen, auch
Handelsverträge und Transporte. So haben die allermeisten genug, ein gutes Leben; und
dass wir das genießen sollen, steht schon in den alten Schriften. Danken wir also, auch
wenn uns die Verteilung nicht ganz gut gelingt, doch fröhlichen Herzens und eines Sinnes.
Gemeinsames Danken verbindet wie gemeinsames Lachen, aber auch wie gemeinsames
Klagen und Weinen. Füreinander einstehen, Fürbitte halten und Gaben sammeln, das
geschieht aus Empathie, das verstärkt sie und verbindet Gebende untereinander und mit den
Empfangenden.
Hier soll endlich wieder Paulus zur Wort kommen. Er möchte, dass die Gemeinde in Korinth
für die christliche Gemeinde in Jerusalem sammelt. Der Subtext dabei ist, dass die
Heidenchristen, die er selber aus der Welt ihrer Götter herausgeführt und mit dem einen Gott
und Christus vertraut gemacht hat, mit den Judenchristen, die den einen Gott schon immer
kannten, solidarisch werden und ihnen sogar helfen und spenden. Erschwert wird seine Lage
dadurch, dass andere Apostel auftauchten, die etwa das Gleiche lehrten wie er und dabei
besser ankamen. Das muss ihn sehr geschmerzt haben, war doch Korinth sein gefühlter
Exklusivauftrag, er selber aber ein Kranker und Leidender mit wenig Ausstrahlung.
So gibt er sich sehr viel Mühe mit seiner Kollektenempfehlung, zumal er offenbar schon
Zusagen gemacht hat und sich nicht blamieren möchte. Mich fasziniert die ausgeklügelte
Psychologie der Antike, die nicht nur den Kollektenzweck beleuchtet, sondern auch, was die
Geber davon haben. Paulus schreibt leidenschaftlich, dass das Geben eine
Herzensangelegenheit sein soll. Frei und freigiebig (nicht kärglich), mit fröhlichem Herzen
(nicht weil es zum guten Ton gehört oder „p. c.“ ist), aus der Fülle des je eigenen Reichtums,
der dadurch nicht schmaler wird.
Das rustikale Gleichnis sagt es: Säen ist Abgeben auf Vertrauen hin, für die ungewisse
Zukunft, aus dem eigenen Überschuss, denn wer hungert, isst auch Saatgut auf.
Paulus schreibt Leuten, die etwas übrig haben, und die in Jerusalem niemanden kennen.
Gewagt! Er ermutigt zum Loslassen, was man sich selber angeschafft und gesammelt hat,
ermuntert, anderen zu gönnen, was einem selber guttut.
Das ist das Gegenteil von Einmauern – das Evangelium vom reichen Kornbauern, der seine
Scheunen abreißt und neue baut, um alles Gut zu bergen, ist ein Gegenbild. Es wird ihn
seine Seele kosten – was nicht heißt, dass er stirbt, sondern schlimmer: er verliert seine
Seele an seinen Egoismus und das erträumte bequeme Leben.
Wer aber gute Gaben eingenommen hat, soll nicht zu sich selber sprechen, sondern Gott
danken und durch Abgeben anderen Dank ermöglichen. Das ist der eigentliche Zweck der
Sammlung – und darin soll auch ihr Segen liegen: dass nun auch die Empfangenden Gott
danken, dass sich ein großer Lobpreis erhebt und sich die Stimmen der verschiedenen
Christen in Gottes Ohr vereinen. Ich stelle mir das vor wie einen bunten akustischen
Regenbogen, das Zeichen Gottes, dass er die Erde erhalten will mit Saat und Ernte.
Lasst uns reichlich singen und sammeln und segnen, dass sich die Welt an Gottes
unaussprechlicher Gabe erfreuen kann und Gott mitten im alltäglichen Leben erkennt.
Und damit Gott sich freuen kann an unserem Lob.
Amen