Rechtsverfolgung in Italien - Deutsche Vertretungen in Italien

Allgemeine Informationen zur Rechtsverfolgung in Italien
Stand: März 2016
Rechtsverfolgung und -verteidigung sind in Italien ähnlich geregelt wie in Deutschland. Kein Wunder,
wird die italienische Rechtswissenschaft nach wie vor vom deutschen Recht mitgeprägt. Dennoch
bestehen signifikante Unterschiede, z. B. die extreme Langwierigkeit italienischer Gerichtsverfahren.
Statistisch ergeht ein erstinstanzliches Zivilurteil eines Landgerichts (Tribunale) nicht vor Ablauf von drei
bis fünf Jahren. Frühestens nach zwei Jahren ist mit einem Berufungsurteil eines Oberlandesgerichts
(Corte di appello) zu rechnen. Berücksichtigt man die Durchführung eines nahezu uneingeschränkt
möglichen Revisionsverfahrens vor dem römischen Kassationshof (Corte suprema di cassazione) und
eine in der Praxis häufige Zurückverweisung, versteht man, weshalb Italien wegen „überlanger
Verfahrensdauer“ oft vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zitiert wird. Die Straßburger
Vorgaben einer maximalen Prozessdauer von sechs Jahren für ein rechtskräftiges erstinstanzliches Urteil
werden in Italien bei Ausschöpfung des Rechtswegs meist nicht eingehalten.
Die nach wie vor anhaltende Überlastung italienischer Gerichte (nach einer Statistik Mitte 2015 rund 4,5
Millionen anhängige Zivilverfahren, davon eine halbe Million mit einer Verfahrensdauer von über sechs
Jahren) verbessert sich trotz des neuerdings in der Verfassung verankerten Anspruchs auf eine
„angemessene Verfahrensdauer“ (Artikel 111) und der gesetzlichen Neuregelung von - im Einzelfall
verhältnismäßig geringen, den Staatshaushalt aber zwischenzeitlich mit insgesamt über 400 Millionen
Euro belastenden - Schadenersatzansprüchen bei überlanger Prozessdauer nur langsam.
Ende Januar 2016 wurde hierzu im Rahmen der feierlichen Eröffnung des neuen Gerichtsjahres eine
optimistische
Studie
des
römischen
Justizministerium
veröffentlicht
(https://www.giustizia.it/giustizia/it/mg_2_15_7.wp). Dieser Optimismus ist berechtigt, wobei im
vergangenen Jahr erstmals mit 3,8 Mio. mehr Zivilverfahren erledigt als eingeleitet (3,5 Mio.) wurden.
Das Problem bleibt somit die gebotene Aufarbeitung der rückständigen Zivilverfahren (abbattimento
dell’arretrato
civile),
die
im
Rahmen
des
leicht
verbesserten
Weltbank-Rankings
(http://www.doingbusiness.org/data/exploreeconomies/italy/#) unberücksichtigt blieben. Das jetzt
verabschiedete „Projekt Straßburg 2“ soll die bereits greifenden Justizreformen unterstützen: u.a.
steuerliche Vergünstigungen bei nur zum Teil zwingender Schlichtungsverfahren und bei
Anwaltsvergleichen (negoziazione assistita), summarisches Erkenntnisverfahren (processo sommario di
cognizione) bei einfach gelagerten Fällen nach Art. 702-bis der italienischen Zivilprozessordnung, die
Einschränkung der Berufung (filtro in appello) nach Art. 348-bis bzw. 348-ter der italienischen
Zivilprozessordnung (vgl. § 522 Abs. 2 ZPO), Verkürzung der Gerichtsferien um zwei Wochen, die
nunmehr nur noch vom 01.08. bis 31.08. dauern. Darüber hinaus wurden italienweit 31 Landgerichte, 220
Landgerichtszweigstellen (ehemalige Amtsgerichte) sowie 667 Friedensgerichte geschlossen.
Die bedeutendste Entlastung des italienischen Justizapparats dürfte jedoch der nunmehr obligatorische
telematische Zivilprozess (processo civile telematico obbligatorio) bewirken. Während in der
Bundesrepublik Deutschland elektronischer Rechtsverkehr und elektronische Akte noch Zukunftsmusik
(http://www.justiz.de/elektronischer_rechtsverkehr/index.php) sind, vollzieht sich in Italien derzeit eine
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regelrechte Revolution. Vorbei sind die Zeiten der Warteschlangen bei Gericht und dem Erfordernis der
persönlichen Vorsprache zur Einreichung jedweder Schriftstücke und die Telefaxära ist nach zwei
Jahrzehnten durch ersatzlose Abschaffung für den gesamten italienischen Verwaltungsapparat beendet.
Nur der Datenschutz schränkt ein: Jedermann kann insbesondere über das zentrale Zugangsportal des
italienischen
Justizministeriums
(https://pst.giustizia.it/PST/do/logout.action)
anonymisierte
Informationen abrufen. Gibt man beispielsweise nach Auswahl des erkennenden Gerichts die
Aktennummer nebst Jahreszahl ein, wird der gesamte Verfahrensstand auszugsweise zusammengefasst
wie folgt:
Die Zugriffsoptionen für die Richter, Gerichtssachverständigen und die zugelassenen Rechtsanwälte sind
umfassender, wobei hierzu der Zugang nur mittels eines zertifizierten Signaturschlüssels möglich ist. Ein
Schriftsatz nebst Anlagen wird dabei erst auf dem Kanzleirechner als PDF umgewandelt, mit der digitalen
Signatur des Anwalts versehen und schließlich elektronisch „eingetütet“ und online unmittelbar in die
elektronische Gerichtsakte eingestellt. Der gegnerische Anwalt wiederum lädt auf demselben Weg aus der
Gerichtsakte die Abschrift auf seinen Kanzleirechner herunter. Mitteilungen des Gerichts gehen dem
Anwalt per zertifizierte Mail (PEC) zu. In Deutschland wurde die für Anfang 2016 geplante Einführung
des sog. besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verschoben.
1. Die Justiz (Artikel 101 bis 113 der italienischen Verfassung)
Neben der im Folgenden näher erörterten ordentlichen Gerichtsbarkeit (magistratura ordinaria) besteht
eine Verwaltungsgerichtsbarkeit (giustizia amministrativa). Der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit
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sind die regionalen Verwaltungsgerichte (Tribunale amministrativo regionale) und der Staatsrat
(Consiglio di Stato) zuzuordnen, der besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeit der Rechnungshof (Corte
dei conti), die Finanzgerichte (Commissione tributaria), die Militärgerichte (Tribunale militare) und die
Sondergerichte in Angelegenheiten des öffentlichen Wasserrechts (Tribunale delle acque).
Das italienische Gerichtsverfassungsgesetz Nr. 12 vom 30.01.1941 regelt die ordentliche Gerichtsbarkeit
wie folgt:
a) Die insgesamt 824 Friedensgerichte (Giudice di pace) sind in Zivilsachen nach Artikel 7 codice di
procedura civile (c.p.c. = italienische Zivilprozessordnung) grundsätzlich sachlich zuständig bei
Streitigkeiten bis zu einem Wert von 5.000,00 Euro, für Schadenersatzklagen aus einem Verkehrsunfall
bis zu einem Wert von 20.000,00 Euro sowie für bestimmte nachbarrechtliche Streitigkeiten. Im Hinblick
auf den hier eingeschränkten Anwaltszwang gibt es sogar auf Deutsch Online-Hilfe:
https://gdp.giustizia.it/.
b) Nach Abschaffung der Amtsgerichte (Pretura) liegt seit 1999 die erstinstanzliche
Auffangzuständigkeit nunmehr gemäß Artikel 9 c.p.c. bei den insgesamt 140 Landgerichten
(Tribunale). Seit 1998 entscheidet grundsätzlich ein Einzelrichter (Giudice monocratico) anstelle der
sonst aus drei Berufsrichtern bestehenden Kammer (sezione). Da hiernach in Strafsachen der Einzelrichter
über schwerwiegendere Straftaten entscheidet als in Deutschland der Strafrichter, ist diese Neuregelung
nach wie vor heftig umstritten. Wie in Deutschland auch besteht bei jedem Landgericht eine
Staatsanwaltschaft (procura della repubblica).
c) Die einschließlich 3 Zweigstellen insgesamt 29 Oberlandesgerichte (Corte di appello) sind gemäß
Artikel 53 der italienischen Gerichtsverfassung in Zivil- und Strafsachen Berufungsinstanz (wie in
Deutschland Tatsacheninstanz). In Strafsachen besteht eine konkurrierende Zuständigkeit mit den aus
zwei Berufsrichtern und sechs Schöffen zusammengesetzten Schwurgerichten (Corte d’assise), die in
den gesetzlich zugewiesenen Strafsachen in erster Instanz sowie als Corte d’assise d’appello in zweiter
Instanz zuständig sind. Bei jedem Oberlandesgericht besteht eine Generalstaatsanwaltschaft (procura
generale della repubblica).
In deutsch-italienischen Zivil- und Handelssachen sind für in vor dem 10.01.2015 eingeleiteten
gerichtlichen Verfahren ergangene Entscheidungen oder Vergleiche bzw. nach diesem Datum errichtete
öffentliche Urkunden die Oberlandesgerichte gemäß Artikel 32 ff. EuGVO für die Vollstreckbarerklärung
deutscher Entscheidungen zuständig.
d) Der Kassationshof (Corte suprema di cassazione) in Rom ist als höchste (Revisions-) Instanz in Zivilund Strafsachen Garant u. a. für die „korrekte Anwendung und einheitliche Auslegung der Gesetze“
(Artikel 65 des italienischen Gerichtsverfassungsgesetzes). Da es in Italien eine wie in Deutschland als
Jedermannsrecht (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG) ausgestaltete Verfassungsbeschwerde nicht gibt, hat
diese auf Judikativakte beschränkte Kassationsbeschwerde eine herausragende Bedeutung.
Im Prozess mit Auslandsberührung ist der Kassationshof gemäß Artikel 41 c.p.c. ausschließlich zuständig
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für den außerordentlichen Rechtsbehelf der Rüge fehlender internationale Zuständigkeit (Regolamento di
giurisdizione). Ein solches Verfahren ist in Deutschland (insoweit ggf. nur Zwischenurteil möglich)
unbekannt.
Im Übrigen gibt es auch beim Kassationshof eine Generalstaatsanwaltschaft (Procura generale presso la
corte di cassazione).
2. Die Anwaltschaft
Bei jedem der insgesamt 140 Landgerichte besteht eine Anwaltskammer (ordine degli avvocati). Wie vor
langer Zeit auch in Deutschland, differenzierte man in Italien bis vor kurzem zwischen sogenannten
Procuratori legali (Prokuratoren) und Avvocati (Advokaten). Wichtig war früher diese Differenzierung
für das Verständnis der Anwaltsvergütung (hierzu nachstehend Ziffer 3.). Für die ausschließlich ihnen
zugewiesenen Prozesshandlungen erhielt der procuratore legale in der Gebührenordnung einzeln
aufgelistete, streitwertabhängige Festgebühren (diritti), während dem Avvocato nur ebenfalls
streitwertabhängige Rahmenpauschalhonorare (onorari) zustanden. Wie in Deutschland, kann der
italienische Avvocato landesweit vor allen Gerichten auftreten, vor dem Kassationshof jedoch nur als
sogenannter „Avvocato cassazionista“ nach zwölfjähriger Berufungszugehörigkeit.
Da anders als in Deutschland beim angerufenen italienischen Gericht vor der Einführung des
telematischen Gerichtsverfahrens stets ein sogenanntes Wahldomizil (domicilio eletto, vgl. z. B. Artikel
40 Abs. 2 Satz 1 EuGVO) begründet werden muss, war außerhalb des Kanzleisitzes die Hinzuziehung
eines Anwalts als Zustellungsbevollmächtigter (domiciliatario) zwingend erforderlich, der auch
gebührenrechtlich nicht mit dem früheren deutschen „Korrespondenzanwalt“ verwechselt werden darf.
Die Ratio hinter dem Wahldomizil ist einfach: Die sehr seltenen Mitteilungen des Gerichts wurden früher
ausschließlich über Gerichtsvollzieher innerhalb des Gerichtsbezirks zugestellt. Im Übrigen mussten die
prozessleitenden Verfügungen bei Gericht erfragt werden. Eine postalische Korrespondenz, wie in
Deutschland, zwischen Gericht und Anwalt gibt es in Italien nicht.
Weiterer wesentlicher Unterscheid zur deutschen Rechtsordnung ist, dass in Italien über einen Streitwert
von 1.100,00 Euro hinaus grundsätzlich nur ein Rechtsanwalt prozessführungsbefugt ist (Artikel 82 Abs.
1 c.p.c.). Sogar in Arbeitsgerichtsverfahren muss sich eine Partei bei einem Streitwert von über 129,11
Euro anwaltlich vertreten lassen (Artikel 417 c.p.c.). Kein Anwaltszwang besteht ferner in Verfahren der
freiwilligen Gerichtsbarkeit und bei einvernehmlicher Trennung von Tisch und Bett bzw. Scheidung.
3. Die Anwaltsvergütung
In Italien war bislang auch wie in Deutschland und Österreich im Gegensatz zu den Übrigen EUMitgliedsstaaten die Vergütung anwaltlicher Tätigkeiten gesetzlich geregelt. Anders als in Deutschland
(Pauschalgebühren) wurde in Italien bislang zwischen Gebühren (diritti), Honoraren (onorari) und
Auslagen (spese) differenziert. Mit der am 02.02.2013 in Kraft getretenen neuen italienischen
Berufsordnung für Rechtsanwälte (Gesetz Nummer 247 vom 31.12.2012) wurde – nachdem schon ein
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Jahr zuvor die gesetzlichen Tarife abgeschafft worden waren – auch die Vergütung von Anwälten
komplett neu geregelt.
Die Rechtsgrundlagen der neuen italienischen Anwaltsvergütung sind:
-
Artikel 2233 codice civile (vergleichbar mit § 612 BGB);
Artikel 9 des Gesetzes Nummer 27 vom 24.03.2012 (endgültige Abschaffung der bisherigen
gesetzlichen Anwaltstarife);
Ministerialdekret Nummer 140 vom 20.07.2012 nebst erläuterndem Bericht;
Artikel 13 des Gesetzes Nummer 247 vom 31.12.2012 (italienische Berufsordnung für
Rechtsanwälte);
Ministerialdekret Nr. 55 vom 10.03.2014 über die Bemessung der Vergütung bei fehlender
Vereinbarung.
Die neue italienische Anwaltsvergütung beruht auf einem vom nationalen Anwaltsrat bereits im Jahr 2010
unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die deutsche RVG-Reform erstellten Reformvorschlag und ist im
Wesentlichen wie folgt geregelt:
-
-
-
Die Vergütung (compenso) muss grundsätzlich zum Zeitpunkt der Auftragserteilung schriftlich
vereinbart werden.
Grundsätzlich sind alle Vergütungsformen zulässig. Zeit-, Pauschal- oder Erfolgshonorar.
Der Anwalt muss den für ihn bei Auftragserteilung absehbaren Kostenaufwand (Vergütung und
Auslagen) – auf Wunsch sogar schriftlich – veranschlagen.
In Ermangelung einer Vergütungsvereinbarung gelten die für die gerichtliche Kostenfestsetzung
vorgesehenen Pauschalsätze: fase di studio (Einarbeitung); fase introduttiva (Klageerhebung und –
einlassung); fase istruttoria (Erörterung und Beweisaufnahme); fase decisoria (abschließende,
auch schriftsätzliche Erörterung); fase esecutiva (Vollstreckung).
Für jede dieser Pauschalgebühren geltend gegenstandswertabhängige Höchst- und Mindestsätze.
Die Vergütung der außergerichtlichen Tätigkeit hat der italienische Gesetzgeber wie folgt
geregelt: Gegenstandswert bis 1.100,00 Euro = 135,00 Euro (Mindestgebühr), Euro 486,00
(Höchstgebühr) bzw. 270,00 Euro (Mittelgebühr); Gegenstandswert bis 5.200 Euro = 608,00 Euro
(Mindestgebühr), Euro 2.187,00 (Höchstgebühr) bzw. 1.215,00 Euro (Mittelgebühr);
Gegenstandswert bis 26.000,00 Euro = 945,00 Euro (Mindestgebühr), Euro 3.402,00
(Höchstgebühr) bzw. 1.890,00 Euro (Mittelgebühr); Gegenstandswert bis 52.000,00 Euro =
1.148,00 Euro (Mindestgebühr), Euro 4.131,00 (Höchstgebühr) bzw. 2.295,00 Euro
(Mittelgebühr); Gegenstandswert bis 260.000,00 Euro = 2.160,00 Euro (Mindestgebühr), Euro
7.776,00 (Höchstgebühr) bzw. 4.320,00 Euro (Mittelgebühr); Gegenstandswert bis 520.00,00
Euro = 2.935,00 Euro (Mindestgebühr), Euro 10.566,00 (Höchstgebühr) bzw. 5.870,00 Euro
(Mittelgebühr). Diese Beträge verstehen sich zzgl. Mehrwertsteuer, Aufschlag für
Anwaltsversorgung, allgemeine Geschäftsunkosten.
Unverändert beibehalten wurde die schon früher geltende gesamtschuldnerische Haftung der
Parteien für die Vergütung aller bei einem Vergleich beteiligten Anwälte.
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Die Entwicklung dieser Neuregelung bleibt abzuwarten.
Im Rahmen der Kostenfestsetzung entscheiden italienische Gerichte, anders als in Deutschland, nicht nur
über den Grund, sondern auch über die Höhe der Kosten. Allerdings kann das Gericht durch
unanfechtbaren Beschluss unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Parteien die Kosten
gegeneinander aufheben. In der Praxis muss also z. B. eine Bank, Versicherung oder ein
Industrieunternehmen trotz Obsiegens die eigenen Kosten tragen, wenn die unterliegende Partei
wirtschaftlich erheblich schwächer gestellt sein sollte. Bei Teilobsiegen bzw. –unterliegen ist eine
entsprechende Quotelung wie bei deutschen Gerichten nicht geboten.
Im Übrigen ist der Anwalt gegenüber seinem Auftraggeber nicht an die Kostenfestsetzung des Gerichts
gebunden. Im gerichtlichen Mahnverfahren kann ein italienischer Anwalt (ebenso Notar) seine
Zahlungsansprüche nur unter Vorlage eines Gutachtens der Anwaltskammer durchsetzen (vgl. Artikel 636
c.p.c.). Diese Gutachten sollten daher bei Unstimmigkeiten stets angefordert werden bzw. der Anwalt zu
dessen Einholung aufgefordert werden.
4. Prozesskostenhilfe (Patrocinio a spese dello Stato)
Seit Inkrafttreten des Präsidialdekrets Nummer 115 vom 30.05.2002 am 01.07.2002 ist in Italien die
Prozesskostenhilfe für Straf-, Zivil-, Verwaltungs- und Finanzprozesse einheitlich geregelt (vgl. auch
http://www.giustizia.it/giustizia/it/mg_3_7_2.wp ). Anders als in Deutschland existiert in Italien
allerdings keine entsprechende finanzielle Unterstützung für die außergerichtliche Anwaltstätigkeit (sog.
Beratungshilfe).
Voraussetzung der Prozesskostenhilfe nach italienischem Recht ist nach Artikel 76 derzeit ein
Jahreseinkommen von unter 11.528,48 Euro. Soweit in Deutschland über diesen Betrag hinaus Sozialhilfe
gewährt wird, wird in Italien keine Prozesskostenhilfen bewilligt.
Der zwingend vom Antragsteller persönlich zu unterzeichnende Prozesskostenhilfeantrag kann in jeder
Lage des Verfahrens bzw. in jeder Instanz gestellt werden. Nur für den Zivilprozess muss nach Artikel
129 die streitrelevante Sach- und Rechtslage unter Angabe der entsprechenden Beweismittel dargelegt
werden, damit die „nicht offensichtliche Unbegründetheit des Anspruchs“ (non manifesta in fondatezza
della pretesa) nachgeprüft werden kann. Anders als in Deutschland ist für den Zivilprozess der
Prozesskostenhilfeantrag zwingend vom Antragsteller oder seinem anwaltlichen Vertreter per
Einschreiben/Rückschein an die für das Prozessgericht zuständige Rechtsanwaltskammer zu richten. Zur
Klarstellung: Anders als in Deutschland (nur OLG-Bezirk) sind in Italien die Rechtsanwaltskammern bei
jedem Landgericht (Tribunale) angesiedelt. Innerhalb einer 10-Tage-Frist hat die Anwaltskammer die
Erfolgsaussichten zu prüfen. Nur bei Verwerfung als unzulässig oder Zurückweisung als unbegründet
kann der PKH-Antrag gegenüber dem Prozessgericht wiederholt werden, das in Strafsachen von Anfang
an für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zuständig ist.
Hervorzuheben
ist
schließlich
die
Ungleichbehandlung
der
Anwaltsvergütung
bei
Prozesskostenhilfebewilligung in Zivil- und Strafsachen. Nach Artikel 130 wird die im Tarif vorgesehene
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Vergütung für Zivilsachen auf jeweils die Hälfe herabgesetzt, während im Strafprozess die Vergütung die
tariflichen Mittelgebühren nicht übersteigen darf. Um Missbrauch vorzubeugen, ist eine darüber
hinausgehende Vergütung ausgeschlossen. Abweichende Vereinbarungen sind nichtig und die
Entgegennahme entsprechender Zahlungen stellt einen schweren Verstoß gegen das anwaltliche
Standesrecht dar. Darüber hinaus sind wahrheitswidrige Angaben zum Höchsteinkommen strafbar.
Hinsichtlich der Vollstreckung von deutschen Titeln in Italien besteht für den antragstellenden Gläubiger
vor dem italienischen Gericht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe bewilligt zu bekommen, wenn diese
ihm bereits in Deutschland bewilligt wurde. Dies ist explizit in Artikel 10 des bilateralen deutschitalienischen Abkommens vom 09.03.1936 geregelt, das insoweit das EuGVO ergänzt. Im
Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO (Nummer 2201/03) wird die in Deutschland gewährte PKH im
Rahmen der Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung auch in Italien bewilligt werden.
Prozesskostenhilfe in Italien kann aus Deutschland nach den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen
vereinfacht beantragt werden. Ausreichend ist die Übermittlung der im Internet abrufbaren Formblätter
(vgl. https://e-justice.europa.eu/content_legal_aid-55-de.do?clang=dede.do) an das hierfür zuständige
Justizministerium in Rom.
Siehe auch: http://ec.europa.eu/civiljustice/legal_aid/legal_aid_ita_de.htm
5. Rechtsanwaltskammer (ordine degli avvocati bei jedem Landgericht)
Rom: Ordine degli Avvocati di Roma
Piazza Cavour, Palazzo di Giustizia, 00193 Roma, Telefon: +3906-684741,
www.ordineavvocati.roma.it
6. Standesorganisation der Notare (Consiglio notarile)
Rom: Consiglio notarile dei distretti riuniti di Roma, Velletri e Civitavecchia,
Via Flaminia 122, 00196 Roma, Telefon: +3906-3219506
http://conotrm.notariato.it/
7. Standesorganisation der Wirtschafts- und Steuerberater
Rom: Ordine dei Dottori Commercialisti e degli Esperti Contabili di Roma
Via Flaminia, 141 - 00196 Roma, Telefon: +3906 367211 www.odcec.roma.it/
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8. Deutsch-italienische Handelskammer in Mailand
Statt einen Anwalt zu beauftragen, steht deutschen Unternehmen die Möglichkeit offen, sich an die
Deutsch-Italienische Handelskammer zu wenden. Diese Institution ist ein gemischt deutsch-italienischer
Verein, der die Förderung und Unterstützung der deutsch-italienischen Wirtschaftsbeziehungen zum Ziel
hat. Wer die Kammer in Anspruch nehmen will, kann, muss aber nicht Mitglied sein.
Das Spektrum der Tätigkeiten reicht von außergerichtlicher Rechtsberatung über Inkasso bis hin zur
kompletten Firmen- oder Filialgründung. Weitere Einzelheiten sind durch das Informationsblatt der
Handelskammer oder direkt bei dieser erhältlich.
Adresse: Camera di Commercio Italo-Germanica
Via Gustavo Fara, 26, I-20124 Milano, Telefon: +3902 679131
www.ahk-italien.it
9. Keine weiteren Rechtsverfolgungs- und Beratungsmöglichkeiten
In Italien besteht grundsätzlich Anwaltszwang.
10. Internet
Weiterführende Informationen (z. T. auch auf Englisch und Französisch) sind über das Justizministerium
abrufbar unter www.giustizia.it.
Alle Angaben in diesem Merkblatt beruhen auf Erkenntnissen und Einschätzungen der deutschen
Auslandsvertretungen in Italien im Zeitpunkt der Textabfassung. Die Vollständigkeit und Richtigkeit
dieser Angaben erfolgt unverbindlich und ohne Gewähr. Bei weiteren Fragen wird empfohlen, sich direkt
an die jeweils zuständigen Stellen zu wenden bzw. einen Rechtsbeistand zu konsultieren.
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