Allgemeine Informationen zur Rechtsverfolgung in Italien Stand: März 2016 Rechtsverfolgung und -verteidigung sind in Italien ähnlich geregelt wie in Deutschland. Kein Wunder, wird die italienische Rechtswissenschaft nach wie vor vom deutschen Recht mitgeprägt. Dennoch bestehen signifikante Unterschiede, z. B. die extreme Langwierigkeit italienischer Gerichtsverfahren. Statistisch ergeht ein erstinstanzliches Zivilurteil eines Landgerichts (Tribunale) nicht vor Ablauf von drei bis fünf Jahren. Frühestens nach zwei Jahren ist mit einem Berufungsurteil eines Oberlandesgerichts (Corte di appello) zu rechnen. Berücksichtigt man die Durchführung eines nahezu uneingeschränkt möglichen Revisionsverfahrens vor dem römischen Kassationshof (Corte suprema di cassazione) und eine in der Praxis häufige Zurückverweisung, versteht man, weshalb Italien wegen „überlanger Verfahrensdauer“ oft vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zitiert wird. Die Straßburger Vorgaben einer maximalen Prozessdauer von sechs Jahren für ein rechtskräftiges erstinstanzliches Urteil werden in Italien bei Ausschöpfung des Rechtswegs meist nicht eingehalten. Die nach wie vor anhaltende Überlastung italienischer Gerichte (nach einer Statistik Mitte 2015 rund 4,5 Millionen anhängige Zivilverfahren, davon eine halbe Million mit einer Verfahrensdauer von über sechs Jahren) verbessert sich trotz des neuerdings in der Verfassung verankerten Anspruchs auf eine „angemessene Verfahrensdauer“ (Artikel 111) und der gesetzlichen Neuregelung von - im Einzelfall verhältnismäßig geringen, den Staatshaushalt aber zwischenzeitlich mit insgesamt über 400 Millionen Euro belastenden - Schadenersatzansprüchen bei überlanger Prozessdauer nur langsam. Ende Januar 2016 wurde hierzu im Rahmen der feierlichen Eröffnung des neuen Gerichtsjahres eine optimistische Studie des römischen Justizministerium veröffentlicht (https://www.giustizia.it/giustizia/it/mg_2_15_7.wp). Dieser Optimismus ist berechtigt, wobei im vergangenen Jahr erstmals mit 3,8 Mio. mehr Zivilverfahren erledigt als eingeleitet (3,5 Mio.) wurden. Das Problem bleibt somit die gebotene Aufarbeitung der rückständigen Zivilverfahren (abbattimento dell’arretrato civile), die im Rahmen des leicht verbesserten Weltbank-Rankings (http://www.doingbusiness.org/data/exploreeconomies/italy/#) unberücksichtigt blieben. Das jetzt verabschiedete „Projekt Straßburg 2“ soll die bereits greifenden Justizreformen unterstützen: u.a. steuerliche Vergünstigungen bei nur zum Teil zwingender Schlichtungsverfahren und bei Anwaltsvergleichen (negoziazione assistita), summarisches Erkenntnisverfahren (processo sommario di cognizione) bei einfach gelagerten Fällen nach Art. 702-bis der italienischen Zivilprozessordnung, die Einschränkung der Berufung (filtro in appello) nach Art. 348-bis bzw. 348-ter der italienischen Zivilprozessordnung (vgl. § 522 Abs. 2 ZPO), Verkürzung der Gerichtsferien um zwei Wochen, die nunmehr nur noch vom 01.08. bis 31.08. dauern. Darüber hinaus wurden italienweit 31 Landgerichte, 220 Landgerichtszweigstellen (ehemalige Amtsgerichte) sowie 667 Friedensgerichte geschlossen. Die bedeutendste Entlastung des italienischen Justizapparats dürfte jedoch der nunmehr obligatorische telematische Zivilprozess (processo civile telematico obbligatorio) bewirken. Während in der Bundesrepublik Deutschland elektronischer Rechtsverkehr und elektronische Akte noch Zukunftsmusik (http://www.justiz.de/elektronischer_rechtsverkehr/index.php) sind, vollzieht sich in Italien derzeit eine Deutsche Botschaft Rom Via San Martino della Battaglia, 4 00185 Roma (RM) Tel.: +39 06 49.213.1 Fax:+39 06 49.213.320 [email protected] www.italien.diplo.de Deutsches Generalkonsulat Mailand Via Solferino, 40 20121 Milano (MI) Tel.: +39 02 623.11.01 Fax: +39 02 655 42 13 [email protected] www.italien.diplo.de regelrechte Revolution. Vorbei sind die Zeiten der Warteschlangen bei Gericht und dem Erfordernis der persönlichen Vorsprache zur Einreichung jedweder Schriftstücke und die Telefaxära ist nach zwei Jahrzehnten durch ersatzlose Abschaffung für den gesamten italienischen Verwaltungsapparat beendet. Nur der Datenschutz schränkt ein: Jedermann kann insbesondere über das zentrale Zugangsportal des italienischen Justizministeriums (https://pst.giustizia.it/PST/do/logout.action) anonymisierte Informationen abrufen. Gibt man beispielsweise nach Auswahl des erkennenden Gerichts die Aktennummer nebst Jahreszahl ein, wird der gesamte Verfahrensstand auszugsweise zusammengefasst wie folgt: Die Zugriffsoptionen für die Richter, Gerichtssachverständigen und die zugelassenen Rechtsanwälte sind umfassender, wobei hierzu der Zugang nur mittels eines zertifizierten Signaturschlüssels möglich ist. Ein Schriftsatz nebst Anlagen wird dabei erst auf dem Kanzleirechner als PDF umgewandelt, mit der digitalen Signatur des Anwalts versehen und schließlich elektronisch „eingetütet“ und online unmittelbar in die elektronische Gerichtsakte eingestellt. Der gegnerische Anwalt wiederum lädt auf demselben Weg aus der Gerichtsakte die Abschrift auf seinen Kanzleirechner herunter. Mitteilungen des Gerichts gehen dem Anwalt per zertifizierte Mail (PEC) zu. In Deutschland wurde die für Anfang 2016 geplante Einführung des sog. besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verschoben. 1. Die Justiz (Artikel 101 bis 113 der italienischen Verfassung) Neben der im Folgenden näher erörterten ordentlichen Gerichtsbarkeit (magistratura ordinaria) besteht eine Verwaltungsgerichtsbarkeit (giustizia amministrativa). Der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit Deutsche Botschaft Rom Via San Martino della Battaglia, 4 00185 Roma (RM) Tel.: +39 06 49.213.1 Fax:+39 06 49.213.320 [email protected] www.italien.diplo.de Deutsches Generalkonsulat Mailand Via Solferino, 40 20121 Milano (MI) Tel.: +39 02 623.11.01 Fax: +39 02 655 42 13 [email protected] www.italien.diplo.de sind die regionalen Verwaltungsgerichte (Tribunale amministrativo regionale) und der Staatsrat (Consiglio di Stato) zuzuordnen, der besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeit der Rechnungshof (Corte dei conti), die Finanzgerichte (Commissione tributaria), die Militärgerichte (Tribunale militare) und die Sondergerichte in Angelegenheiten des öffentlichen Wasserrechts (Tribunale delle acque). Das italienische Gerichtsverfassungsgesetz Nr. 12 vom 30.01.1941 regelt die ordentliche Gerichtsbarkeit wie folgt: a) Die insgesamt 824 Friedensgerichte (Giudice di pace) sind in Zivilsachen nach Artikel 7 codice di procedura civile (c.p.c. = italienische Zivilprozessordnung) grundsätzlich sachlich zuständig bei Streitigkeiten bis zu einem Wert von 5.000,00 Euro, für Schadenersatzklagen aus einem Verkehrsunfall bis zu einem Wert von 20.000,00 Euro sowie für bestimmte nachbarrechtliche Streitigkeiten. Im Hinblick auf den hier eingeschränkten Anwaltszwang gibt es sogar auf Deutsch Online-Hilfe: https://gdp.giustizia.it/. b) Nach Abschaffung der Amtsgerichte (Pretura) liegt seit 1999 die erstinstanzliche Auffangzuständigkeit nunmehr gemäß Artikel 9 c.p.c. bei den insgesamt 140 Landgerichten (Tribunale). Seit 1998 entscheidet grundsätzlich ein Einzelrichter (Giudice monocratico) anstelle der sonst aus drei Berufsrichtern bestehenden Kammer (sezione). Da hiernach in Strafsachen der Einzelrichter über schwerwiegendere Straftaten entscheidet als in Deutschland der Strafrichter, ist diese Neuregelung nach wie vor heftig umstritten. Wie in Deutschland auch besteht bei jedem Landgericht eine Staatsanwaltschaft (procura della repubblica). c) Die einschließlich 3 Zweigstellen insgesamt 29 Oberlandesgerichte (Corte di appello) sind gemäß Artikel 53 der italienischen Gerichtsverfassung in Zivil- und Strafsachen Berufungsinstanz (wie in Deutschland Tatsacheninstanz). In Strafsachen besteht eine konkurrierende Zuständigkeit mit den aus zwei Berufsrichtern und sechs Schöffen zusammengesetzten Schwurgerichten (Corte d’assise), die in den gesetzlich zugewiesenen Strafsachen in erster Instanz sowie als Corte d’assise d’appello in zweiter Instanz zuständig sind. Bei jedem Oberlandesgericht besteht eine Generalstaatsanwaltschaft (procura generale della repubblica). In deutsch-italienischen Zivil- und Handelssachen sind für in vor dem 10.01.2015 eingeleiteten gerichtlichen Verfahren ergangene Entscheidungen oder Vergleiche bzw. nach diesem Datum errichtete öffentliche Urkunden die Oberlandesgerichte gemäß Artikel 32 ff. EuGVO für die Vollstreckbarerklärung deutscher Entscheidungen zuständig. d) Der Kassationshof (Corte suprema di cassazione) in Rom ist als höchste (Revisions-) Instanz in Zivilund Strafsachen Garant u. a. für die „korrekte Anwendung und einheitliche Auslegung der Gesetze“ (Artikel 65 des italienischen Gerichtsverfassungsgesetzes). Da es in Italien eine wie in Deutschland als Jedermannsrecht (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG) ausgestaltete Verfassungsbeschwerde nicht gibt, hat diese auf Judikativakte beschränkte Kassationsbeschwerde eine herausragende Bedeutung. Im Prozess mit Auslandsberührung ist der Kassationshof gemäß Artikel 41 c.p.c. ausschließlich zuständig Deutsche Botschaft Rom Via San Martino della Battaglia, 4 00185 Roma (RM) Tel.: +39 06 49.213.1 Fax:+39 06 49.213.320 [email protected] www.italien.diplo.de Deutsches Generalkonsulat Mailand Via Solferino, 40 20121 Milano (MI) Tel.: +39 02 623.11.01 Fax: +39 02 655 42 13 [email protected] www.italien.diplo.de für den außerordentlichen Rechtsbehelf der Rüge fehlender internationale Zuständigkeit (Regolamento di giurisdizione). Ein solches Verfahren ist in Deutschland (insoweit ggf. nur Zwischenurteil möglich) unbekannt. Im Übrigen gibt es auch beim Kassationshof eine Generalstaatsanwaltschaft (Procura generale presso la corte di cassazione). 2. Die Anwaltschaft Bei jedem der insgesamt 140 Landgerichte besteht eine Anwaltskammer (ordine degli avvocati). Wie vor langer Zeit auch in Deutschland, differenzierte man in Italien bis vor kurzem zwischen sogenannten Procuratori legali (Prokuratoren) und Avvocati (Advokaten). Wichtig war früher diese Differenzierung für das Verständnis der Anwaltsvergütung (hierzu nachstehend Ziffer 3.). Für die ausschließlich ihnen zugewiesenen Prozesshandlungen erhielt der procuratore legale in der Gebührenordnung einzeln aufgelistete, streitwertabhängige Festgebühren (diritti), während dem Avvocato nur ebenfalls streitwertabhängige Rahmenpauschalhonorare (onorari) zustanden. Wie in Deutschland, kann der italienische Avvocato landesweit vor allen Gerichten auftreten, vor dem Kassationshof jedoch nur als sogenannter „Avvocato cassazionista“ nach zwölfjähriger Berufungszugehörigkeit. Da anders als in Deutschland beim angerufenen italienischen Gericht vor der Einführung des telematischen Gerichtsverfahrens stets ein sogenanntes Wahldomizil (domicilio eletto, vgl. z. B. Artikel 40 Abs. 2 Satz 1 EuGVO) begründet werden muss, war außerhalb des Kanzleisitzes die Hinzuziehung eines Anwalts als Zustellungsbevollmächtigter (domiciliatario) zwingend erforderlich, der auch gebührenrechtlich nicht mit dem früheren deutschen „Korrespondenzanwalt“ verwechselt werden darf. Die Ratio hinter dem Wahldomizil ist einfach: Die sehr seltenen Mitteilungen des Gerichts wurden früher ausschließlich über Gerichtsvollzieher innerhalb des Gerichtsbezirks zugestellt. Im Übrigen mussten die prozessleitenden Verfügungen bei Gericht erfragt werden. Eine postalische Korrespondenz, wie in Deutschland, zwischen Gericht und Anwalt gibt es in Italien nicht. Weiterer wesentlicher Unterscheid zur deutschen Rechtsordnung ist, dass in Italien über einen Streitwert von 1.100,00 Euro hinaus grundsätzlich nur ein Rechtsanwalt prozessführungsbefugt ist (Artikel 82 Abs. 1 c.p.c.). Sogar in Arbeitsgerichtsverfahren muss sich eine Partei bei einem Streitwert von über 129,11 Euro anwaltlich vertreten lassen (Artikel 417 c.p.c.). Kein Anwaltszwang besteht ferner in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und bei einvernehmlicher Trennung von Tisch und Bett bzw. Scheidung. 3. Die Anwaltsvergütung In Italien war bislang auch wie in Deutschland und Österreich im Gegensatz zu den Übrigen EUMitgliedsstaaten die Vergütung anwaltlicher Tätigkeiten gesetzlich geregelt. Anders als in Deutschland (Pauschalgebühren) wurde in Italien bislang zwischen Gebühren (diritti), Honoraren (onorari) und Auslagen (spese) differenziert. Mit der am 02.02.2013 in Kraft getretenen neuen italienischen Berufsordnung für Rechtsanwälte (Gesetz Nummer 247 vom 31.12.2012) wurde – nachdem schon ein Deutsche Botschaft Rom Via San Martino della Battaglia, 4 00185 Roma (RM) Tel.: +39 06 49.213.1 Fax:+39 06 49.213.320 [email protected] www.italien.diplo.de Deutsches Generalkonsulat Mailand Via Solferino, 40 20121 Milano (MI) Tel.: +39 02 623.11.01 Fax: +39 02 655 42 13 [email protected] www.italien.diplo.de Jahr zuvor die gesetzlichen Tarife abgeschafft worden waren – auch die Vergütung von Anwälten komplett neu geregelt. Die Rechtsgrundlagen der neuen italienischen Anwaltsvergütung sind: - Artikel 2233 codice civile (vergleichbar mit § 612 BGB); Artikel 9 des Gesetzes Nummer 27 vom 24.03.2012 (endgültige Abschaffung der bisherigen gesetzlichen Anwaltstarife); Ministerialdekret Nummer 140 vom 20.07.2012 nebst erläuterndem Bericht; Artikel 13 des Gesetzes Nummer 247 vom 31.12.2012 (italienische Berufsordnung für Rechtsanwälte); Ministerialdekret Nr. 55 vom 10.03.2014 über die Bemessung der Vergütung bei fehlender Vereinbarung. Die neue italienische Anwaltsvergütung beruht auf einem vom nationalen Anwaltsrat bereits im Jahr 2010 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die deutsche RVG-Reform erstellten Reformvorschlag und ist im Wesentlichen wie folgt geregelt: - - - Die Vergütung (compenso) muss grundsätzlich zum Zeitpunkt der Auftragserteilung schriftlich vereinbart werden. Grundsätzlich sind alle Vergütungsformen zulässig. Zeit-, Pauschal- oder Erfolgshonorar. Der Anwalt muss den für ihn bei Auftragserteilung absehbaren Kostenaufwand (Vergütung und Auslagen) – auf Wunsch sogar schriftlich – veranschlagen. In Ermangelung einer Vergütungsvereinbarung gelten die für die gerichtliche Kostenfestsetzung vorgesehenen Pauschalsätze: fase di studio (Einarbeitung); fase introduttiva (Klageerhebung und – einlassung); fase istruttoria (Erörterung und Beweisaufnahme); fase decisoria (abschließende, auch schriftsätzliche Erörterung); fase esecutiva (Vollstreckung). Für jede dieser Pauschalgebühren geltend gegenstandswertabhängige Höchst- und Mindestsätze. Die Vergütung der außergerichtlichen Tätigkeit hat der italienische Gesetzgeber wie folgt geregelt: Gegenstandswert bis 1.100,00 Euro = 135,00 Euro (Mindestgebühr), Euro 486,00 (Höchstgebühr) bzw. 270,00 Euro (Mittelgebühr); Gegenstandswert bis 5.200 Euro = 608,00 Euro (Mindestgebühr), Euro 2.187,00 (Höchstgebühr) bzw. 1.215,00 Euro (Mittelgebühr); Gegenstandswert bis 26.000,00 Euro = 945,00 Euro (Mindestgebühr), Euro 3.402,00 (Höchstgebühr) bzw. 1.890,00 Euro (Mittelgebühr); Gegenstandswert bis 52.000,00 Euro = 1.148,00 Euro (Mindestgebühr), Euro 4.131,00 (Höchstgebühr) bzw. 2.295,00 Euro (Mittelgebühr); Gegenstandswert bis 260.000,00 Euro = 2.160,00 Euro (Mindestgebühr), Euro 7.776,00 (Höchstgebühr) bzw. 4.320,00 Euro (Mittelgebühr); Gegenstandswert bis 520.00,00 Euro = 2.935,00 Euro (Mindestgebühr), Euro 10.566,00 (Höchstgebühr) bzw. 5.870,00 Euro (Mittelgebühr). Diese Beträge verstehen sich zzgl. Mehrwertsteuer, Aufschlag für Anwaltsversorgung, allgemeine Geschäftsunkosten. Unverändert beibehalten wurde die schon früher geltende gesamtschuldnerische Haftung der Parteien für die Vergütung aller bei einem Vergleich beteiligten Anwälte. Deutsche Botschaft Rom Via San Martino della Battaglia, 4 00185 Roma (RM) Tel.: +39 06 49.213.1 Fax:+39 06 49.213.320 [email protected] www.italien.diplo.de Deutsches Generalkonsulat Mailand Via Solferino, 40 20121 Milano (MI) Tel.: +39 02 623.11.01 Fax: +39 02 655 42 13 [email protected] www.italien.diplo.de Die Entwicklung dieser Neuregelung bleibt abzuwarten. Im Rahmen der Kostenfestsetzung entscheiden italienische Gerichte, anders als in Deutschland, nicht nur über den Grund, sondern auch über die Höhe der Kosten. Allerdings kann das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Parteien die Kosten gegeneinander aufheben. In der Praxis muss also z. B. eine Bank, Versicherung oder ein Industrieunternehmen trotz Obsiegens die eigenen Kosten tragen, wenn die unterliegende Partei wirtschaftlich erheblich schwächer gestellt sein sollte. Bei Teilobsiegen bzw. –unterliegen ist eine entsprechende Quotelung wie bei deutschen Gerichten nicht geboten. Im Übrigen ist der Anwalt gegenüber seinem Auftraggeber nicht an die Kostenfestsetzung des Gerichts gebunden. Im gerichtlichen Mahnverfahren kann ein italienischer Anwalt (ebenso Notar) seine Zahlungsansprüche nur unter Vorlage eines Gutachtens der Anwaltskammer durchsetzen (vgl. Artikel 636 c.p.c.). Diese Gutachten sollten daher bei Unstimmigkeiten stets angefordert werden bzw. der Anwalt zu dessen Einholung aufgefordert werden. 4. Prozesskostenhilfe (Patrocinio a spese dello Stato) Seit Inkrafttreten des Präsidialdekrets Nummer 115 vom 30.05.2002 am 01.07.2002 ist in Italien die Prozesskostenhilfe für Straf-, Zivil-, Verwaltungs- und Finanzprozesse einheitlich geregelt (vgl. auch http://www.giustizia.it/giustizia/it/mg_3_7_2.wp ). Anders als in Deutschland existiert in Italien allerdings keine entsprechende finanzielle Unterstützung für die außergerichtliche Anwaltstätigkeit (sog. Beratungshilfe). Voraussetzung der Prozesskostenhilfe nach italienischem Recht ist nach Artikel 76 derzeit ein Jahreseinkommen von unter 11.528,48 Euro. Soweit in Deutschland über diesen Betrag hinaus Sozialhilfe gewährt wird, wird in Italien keine Prozesskostenhilfen bewilligt. Der zwingend vom Antragsteller persönlich zu unterzeichnende Prozesskostenhilfeantrag kann in jeder Lage des Verfahrens bzw. in jeder Instanz gestellt werden. Nur für den Zivilprozess muss nach Artikel 129 die streitrelevante Sach- und Rechtslage unter Angabe der entsprechenden Beweismittel dargelegt werden, damit die „nicht offensichtliche Unbegründetheit des Anspruchs“ (non manifesta in fondatezza della pretesa) nachgeprüft werden kann. Anders als in Deutschland ist für den Zivilprozess der Prozesskostenhilfeantrag zwingend vom Antragsteller oder seinem anwaltlichen Vertreter per Einschreiben/Rückschein an die für das Prozessgericht zuständige Rechtsanwaltskammer zu richten. Zur Klarstellung: Anders als in Deutschland (nur OLG-Bezirk) sind in Italien die Rechtsanwaltskammern bei jedem Landgericht (Tribunale) angesiedelt. Innerhalb einer 10-Tage-Frist hat die Anwaltskammer die Erfolgsaussichten zu prüfen. Nur bei Verwerfung als unzulässig oder Zurückweisung als unbegründet kann der PKH-Antrag gegenüber dem Prozessgericht wiederholt werden, das in Strafsachen von Anfang an für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zuständig ist. Hervorzuheben ist schließlich die Ungleichbehandlung der Anwaltsvergütung bei Prozesskostenhilfebewilligung in Zivil- und Strafsachen. Nach Artikel 130 wird die im Tarif vorgesehene Deutsche Botschaft Rom Via San Martino della Battaglia, 4 00185 Roma (RM) Tel.: +39 06 49.213.1 Fax:+39 06 49.213.320 [email protected] www.italien.diplo.de Deutsches Generalkonsulat Mailand Via Solferino, 40 20121 Milano (MI) Tel.: +39 02 623.11.01 Fax: +39 02 655 42 13 [email protected] www.italien.diplo.de Vergütung für Zivilsachen auf jeweils die Hälfe herabgesetzt, während im Strafprozess die Vergütung die tariflichen Mittelgebühren nicht übersteigen darf. Um Missbrauch vorzubeugen, ist eine darüber hinausgehende Vergütung ausgeschlossen. Abweichende Vereinbarungen sind nichtig und die Entgegennahme entsprechender Zahlungen stellt einen schweren Verstoß gegen das anwaltliche Standesrecht dar. Darüber hinaus sind wahrheitswidrige Angaben zum Höchsteinkommen strafbar. Hinsichtlich der Vollstreckung von deutschen Titeln in Italien besteht für den antragstellenden Gläubiger vor dem italienischen Gericht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe bewilligt zu bekommen, wenn diese ihm bereits in Deutschland bewilligt wurde. Dies ist explizit in Artikel 10 des bilateralen deutschitalienischen Abkommens vom 09.03.1936 geregelt, das insoweit das EuGVO ergänzt. Im Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO (Nummer 2201/03) wird die in Deutschland gewährte PKH im Rahmen der Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung auch in Italien bewilligt werden. Prozesskostenhilfe in Italien kann aus Deutschland nach den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen vereinfacht beantragt werden. Ausreichend ist die Übermittlung der im Internet abrufbaren Formblätter (vgl. https://e-justice.europa.eu/content_legal_aid-55-de.do?clang=dede.do) an das hierfür zuständige Justizministerium in Rom. Siehe auch: http://ec.europa.eu/civiljustice/legal_aid/legal_aid_ita_de.htm 5. Rechtsanwaltskammer (ordine degli avvocati bei jedem Landgericht) Rom: Ordine degli Avvocati di Roma Piazza Cavour, Palazzo di Giustizia, 00193 Roma, Telefon: +3906-684741, www.ordineavvocati.roma.it 6. Standesorganisation der Notare (Consiglio notarile) Rom: Consiglio notarile dei distretti riuniti di Roma, Velletri e Civitavecchia, Via Flaminia 122, 00196 Roma, Telefon: +3906-3219506 http://conotrm.notariato.it/ 7. Standesorganisation der Wirtschafts- und Steuerberater Rom: Ordine dei Dottori Commercialisti e degli Esperti Contabili di Roma Via Flaminia, 141 - 00196 Roma, Telefon: +3906 367211 www.odcec.roma.it/ Deutsche Botschaft Rom Via San Martino della Battaglia, 4 00185 Roma (RM) Tel.: +39 06 49.213.1 Fax:+39 06 49.213.320 [email protected] www.italien.diplo.de Deutsches Generalkonsulat Mailand Via Solferino, 40 20121 Milano (MI) Tel.: +39 02 623.11.01 Fax: +39 02 655 42 13 [email protected] www.italien.diplo.de 8. Deutsch-italienische Handelskammer in Mailand Statt einen Anwalt zu beauftragen, steht deutschen Unternehmen die Möglichkeit offen, sich an die Deutsch-Italienische Handelskammer zu wenden. Diese Institution ist ein gemischt deutsch-italienischer Verein, der die Förderung und Unterstützung der deutsch-italienischen Wirtschaftsbeziehungen zum Ziel hat. Wer die Kammer in Anspruch nehmen will, kann, muss aber nicht Mitglied sein. Das Spektrum der Tätigkeiten reicht von außergerichtlicher Rechtsberatung über Inkasso bis hin zur kompletten Firmen- oder Filialgründung. Weitere Einzelheiten sind durch das Informationsblatt der Handelskammer oder direkt bei dieser erhältlich. Adresse: Camera di Commercio Italo-Germanica Via Gustavo Fara, 26, I-20124 Milano, Telefon: +3902 679131 www.ahk-italien.it 9. Keine weiteren Rechtsverfolgungs- und Beratungsmöglichkeiten In Italien besteht grundsätzlich Anwaltszwang. 10. Internet Weiterführende Informationen (z. T. auch auf Englisch und Französisch) sind über das Justizministerium abrufbar unter www.giustizia.it. Alle Angaben in diesem Merkblatt beruhen auf Erkenntnissen und Einschätzungen der deutschen Auslandsvertretungen in Italien im Zeitpunkt der Textabfassung. Die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Angaben erfolgt unverbindlich und ohne Gewähr. Bei weiteren Fragen wird empfohlen, sich direkt an die jeweils zuständigen Stellen zu wenden bzw. einen Rechtsbeistand zu konsultieren. Deutsche Botschaft Rom Via San Martino della Battaglia, 4 00185 Roma (RM) Tel.: +39 06 49.213.1 Fax:+39 06 49.213.320 [email protected] www.italien.diplo.de Deutsches Generalkonsulat Mailand Via Solferino, 40 20121 Milano (MI) Tel.: +39 02 623.11.01 Fax: +39 02 655 42 13 [email protected] www.italien.diplo.de
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