8.Teil: Fortsetzungsformationen (2) - Die Mußler

Technische Analyse Einsteigerkurs --- Teil VIII --- Seite 1 von 5
Teil VIII: F o r t s e t z u n g s f o r m a t i o n e n ( 2 )
Nach der Besprechung der Flagge und des Rechtecks fahre ich heute fort mit der
Vorstellung der trendbestätigenden Konsolidierungsformation. Diesmal geht es um
die Dreiecke, den Wimpel, den Keil und um die S-K-S-Fortsetzungsformation. Eine
Einführung in die allgemeinen Charakteristika der Fortsetzungsformationen können
Sie im Kapitel 7 nachlesen.
3. Das s y m m e t r i s c h e D r e i e c k
Das symmetrische Dreieck zählt zu den betont trendbestätigenden Konsolidierungsmustern. Es tritt in aller Regel in schon weit fortgeschrittenen Trendmärkten auf. Das
Dreieck vereint jeweils einen ganz großen methodischen Vor- und Nachteil in sich.
Natürlich ist das Trading innerhalb einer sich ausbildenden Dreieck-Range eine ganz
undankbare und meistens auch verlustträchtige Angelegenheit, da die Amplituden
innerhalb des Dreiecks immer geringer werden. Ist das Dreieck dann aber erst einmal als solc hes identifiziert, dann wird zurückgezahlt. Denn die Ausbrüche aus einem
Dreieck führen mit einer hohen Zuverlässigkeit zu richtig dynamischen und lohnenswerten Anschlussrallyes.
Chart1: Schema: Ablauf eines symmetrischen Dreiecks
• Charakteristika eines symmetrischen Dreiecks
Ein symmetrisches Dreieck bildet sich aus, indem während der Konsolidierungsphase jedes neue Zwischentief über dem vorherigen liegt und jedes neue Zwischenhoch
unterhalb des vorherigen. Die Amplitudenhöhe wird also immer geringer, die Volatilität nimmt stetig ab. Ebenso natürlich typischerweise auch das Umsatzvolumen, das
gerade bei dieser Formation sehr oft regelrecht ausdünnt. Aber gerade diese Umsatzerlahmung ist es, die den trendbestätigenden Charakter des Dreiecks ausmacht.
Oder: Es gibt während der Ausbildung eines Dreiecks keinen entsprechenden Handlungsbedarf gegen den übergeordneten Trend (Gewinnmitnahmen). Ein Ausbruch in
die übergeordnete Trendrichtung besitzt genau deshalb so eine hohe Quote.
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Typischerweise handelt es sich bei der Ausbildung eines Dreiecks um fünf Amplituden innerhalb der Formation - es können jedoch auch mehr sein, niemals aber weniger. Erfahrungsgemäß erfolgt der Ausbruch aus der Formation, nachdem etwa zwei
Drittel der Zeit von der Basis bis zum Apex zurückgelegt sind (siehe Schema). Die
Dreiecke zählen wie die Rechtecke zu den Fortsetzungsformationen, deren Ausbildung mitunter am längsten dauert. Mindestens vier Wochen werden schon benötigt,
um ein vernünftiges Dreieck in einem Tageschart zu entwickeln.
Der Ausbruch erfolgt wie schon erwähnt mit einer hohen Trefferquote in die Richtung
des übergeordneten Trends. Die Anschlussrallyes sind sehr auch oft richtig schnell
und scharf, also ausgesprochen lohnenswert. Allerdings haben die Dreieck-Rallyes
häufig auch einen vorübergehend finalen Charakter. Eine weitere Disziplin bei den
Dreieck-Rallyes ist es also auch, den gewinnbringenden Ausstieg zu finden. Dann,
wenn es am Schönsten ist - denn danach gibt es oft keine attraktive zweite Chance
mehr.
Strategie: Das Trading innerhalb eines Dreiecks ist wie gesagt eher einmal verlus tträchtig, weil man sich stets größere Teilstrecken erwartet, als das Dreieck sie letztendlich zulässt. Ein Dreieck ist leider auch kaum antizipierbar. Es ist schlichtweg erst
dann als solches zu bestimmen, wenn die Begrenzungslinien erstmals definitiv festgelegt werden können. Bis dahin ist jedoch meistens schon einige zermürbende Zeit
ins Land gegangen. Ist das Dreieck aber erst einmal als solches identifiziert, dann
beginnt die vorteilhafte Phase dieser Formation.
Die Anschlussrallye ist ab dann absehbar, und die Anschlußtrades sind entsprechend früh planbar und umsetzbar. So geht die Sache bei einer konsequenten Umsetzung der Dreieck-Charakteristika meistens doch so aus, dass die Verluste wä hrend der Dreieck-Ausbildung durch die Gewinne in der Anschlussrallye wieder überkompensiert werden, sofern auch der Absprung gefunden wird. Das Dreieck ist also
gleichermaßen zunächst eine recht nervende, dann aber auch umso gewinnbringendere Angelegenheit. Klare Sache: Ich mag die Dreiecke - aber auch erst dann, wenn
ich sie identifiziert habe.
4. Das a n s t e i g e n d e / a b s t e i g e n d e D r e i e c k
Chart2: Schema: Ablauf eines ansteigenden Dreiecks
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Weitere Varianten der Dreieck-Formationen sind die ansteigenden und absteigenden
Dreiecke. Beim ansteigenden Dreieck liegen die Hochpunkte alle auf einem horizo ntalen Niveau, und nur die Tiefpunkte steigen jedes Mal etwas weiter an. Beim absteigenden Dreieck ist es natürlich umgekehrt. Bei der Ausbildung der Formation und im
Ausbruchverhalten gibt es keine wesentlichen Unterschiede zum symmetrischen
Dreieck, wohl aber bei der Interpretation.
Ansteigende und absteigende Dreiecke sind nämlich nicht in dieser Weise trendbestätigend wie die symmetrischen Dreiecke. Generell werden ansteigende Dreiecke als
bullish eingestuft und absteigende Dreiecke als bearish. Und das eben weitgehend
unabhängig vom zugrunde liegenden Basistrend. So zählen ansteigende Dreiecke
mitunter zu den attraktivsten Bodenbildungen, weil auch hier nach dem Ausbruch mit
einer entsprechend scharfen, wenn auch in diesem Fall nicht finalen Anschlußrallye
gerechnet werden darf.
5. Der W i m p e l
Der Wimpel ist eine der trendbestätigendsten Formationen überhaupt. Auf den ersten
Blick ähnelt die Formation zunächst einem Dreieck, es gibt jedoch einige wesentliche
Unterschiede bei der Ausbildung und dann vor allem bei der Interpretation der Formation, auf die es hinzuweisen gilt.
Chart3: Schema: Ablauf eines Wimpels
• Charakteristika eines Wimpels
Der wichtigste Unterschied zu einem Dreieck liegt allein schon in einer wesentlich
kürzeren Ausbildungsdauer des Wimpels. Selten dauert ein Wimpel länger als 1-3
Wochen. Oder: Die Begrenzungslinien bei einem Wimpel verlaufen viel steiler, so
dass der charttechnische Ausbruch einfach auch schon viel früher erzwungen wird.
Dementsprechend ist auch die Anzahl der Amplituden geringer - meistens sind es
nur drei.
Die antizyklische Identifikation eines Wimpels ist noch schwieriger als beim Dreieck.
Das liegt daran, dass der Wimpel während seiner Ausbildung noch mit einigen anderen Konsolidierungsformationen, etwa einer Flagge, konkurriert. Der Wimpel ist im
Gegensatz zum Dreieck daher erst nach seinem Abschluss als solcher eindeutig definierbar. Hochgradig undankbar? Nein! Es ist zwar kaum ein antizyklischer Einstieg
beim Wimpel möglich, aber die prozyklischen Fakten sind später immer noch attraktiv genug. Denn ein Wimpel tritt in der Regel nur in relativ starken Trendmärkten auf.
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Er verbindet typischerweise sogar zwei kräftige Rallyes miteinander. Zumindest aber
folgt der Wimpel einer starken Rallye, oder er geht einer starken Rallye voraus. Zudem besitzt der Wimpel anders als das Dreieck keinen finalen Charakter. Ganz im
Gegenteil: Der Wimpel tritt bevorzugt in den starken Mittelstücken eines übergeordneten Trends auf.
Fazit:
Der Wimpel ist die trendbestätigendste Formation überhaupt. Gleichzeitig ist sowohl
das Korrekturausmaß als auch die zeitliche Ausbildung am geringsten. Das heißt: Ist
der Wimpel erst einmal abgeschlossen und damit identifiziert, dann gibt es in den
allermeisten Fällen nur eines: prozyklisch mitgehen! Und es lohnt sich dann auch.
6. Der K e i l
Der Keil ähnelt in seiner Form und seiner zeitlichen Ausbildung einer Flagge (siehe
Kapitel 7). Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Verbindung der aufeina nderfolgenden Tiefpunkte keine Parallele zum Abwärtstrend bilden. Die Abwärtsimpulse sind also weniger intensiv als bei einer Flagge, weshalb sich daraus eben die
Form eines Keils ergibt. Diese abnehmende Intensität bei den Abwärtsimpulsen sorgt
auch dafür, dass die trendbestätigende Interpretation bei einem Keil noch etwas höher als bei einer Flagge ausfällt. Oder: Bei einem Keil kommt es noch viel seltener
als bei einer Flagge vor, dass sie gegen den übergeordneten Trend aufgelöst wird.
Ansonsten gibt es keine wesentlichen Unterschiede bei den Charakteristika von
Flagge und Keil, weshalb ich an dieser Stelle einfach auf die schon beschriebenen
Charakteristika beim Thema Flagge verweisen möchte. Wie bei der Flagge erfolgt
der prozyklische Einstiegspunkt bei dem Ausbruch aus dem Keil in Trendrichtung.
Der Konsolidierungs-Keil gegen die Trendrichtung darf nicht verwechselt werden mit
dem Keil als Topbildung, der sich in Trendrichtung ausbildet. Die Formation wurde
nicht explizit besprochen, weil sie weder eine klassische Umkehr - noch Fortsetzungsformation darstellt. Es sieht einfach so aus, dass eine Trendbewegung immer
müder wird und in der Spitze in einen Keil zusammenläuft. Diese Art von Keilen we rden dann mit einer Quote von über 75% gegen die Trendrichtung aufgelöst. Die anschließende Korrektur führt danach meistens in den Bereich der Keilbasis zurück,
bevor der übergeordnete Trend wieder aufgenommen wird.
Chart4: Schema: Ablauf eines Keils
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7. Die S – K – S – F o r t s e t z u n g s f o r m a t i o n
Die S-K-S-Formation haben wir in Kapitel 5 als die Mutter aller Trendwendeformationen kennen gelernt. Was hat sie demnach bei den Fortsetzungsformationen zu suchen? Ganz einfach: Die S-K-S-Formation kommt eben auch als Konsolidierungsformation vor - und das gar nicht einmal so selten.
Eine S-K-S-Formation nach einem Aufwärtstrend, wie in dem Schema abgebildet,
das hatten wir schon. Diesmal ist es jedoch keine Topbildung, sondern wir finden
eine umgekehrte S-K-S-Formation vor, die wir als Bodenbildungsformation kenne n
gelernt haben. Eine Bodenbildung kann es in diesem Fall aber nicht sein, denn es
liegt ja ein übergeordneter Aufwärtstrend vor. Das verbietet aber die Formation nicht,
sie muss lediglich anders klassifiziert werden. An der Interpretation ändert sich hi ngegen nichts. Oder: Man stelle sich einfach einen Abwärtstrend statt einen Aufwärtstrend vor, dann ist die Interpretation endgültig identisch.
Trendbestätigende Konsolidierung heißt, dass eine Formation nach ihrem Abschluss
in die Richtung des übergeordneten Trends aufgelöst wird. So auch hier. Es geht
schlichtweg um den Ausbruch über die Nackenlinie und die Fortsetzung des übergeordneten Trends. Die Schulter-Kopf-Schulter als Fortsetzungsformation ist eigentlich
eine recht dankbare Spielart, dankbarer als andere Formationen. Denn diese in ihrem Aussehen auffällige Formation ist in der Regel viel früher und treffsicherer als
andere zu identifizieren. Das heißt, hier ist viel leichter auch der antizyklische Einstieg noch während der Formationsausbildung möglich.
Chart5: Schema: Ablauf einer S-K-S-Fortsetzungsformation
• Ein F a z i t bis hierher
Mit diesem Kapitel 8 endet der erste große Teil des Einführungskurses in die Technische Analyse. Mit dem Trendkonzept, den Unterstützungen und Widerstä nden, und
den umfangreichen Konsolidierungsformationen haben wir alle wesentlichen Grundbausteine der klassischen charttechnischen Analyse besprochen. Natürlich war es
an dieser Stelle nicht möglich, die Thematik in der Intensität eines guten Lehrbuchs
auszuführen. Dafür habe ich mich jedoch bemüht, nicht nur Lehrbücher zu rezitieren,
sondern sehr praxisnah zu argumentieren, aus dem Nähkästchen zu plaudern, und
Sie an meiner Erfahrung teilhaben zu lassen.
In Kapitel 9 geht es dann weiter mit dem zweiten großen Thema der Technischen
Analyse, den Indikatoren.
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