Leseprobe

2.3
Ausbruchmanagement
A. VIEDT
1
Einleitung
Im Duden wird ein Ausbruch als „plötzlicher Beginn“ oder als „plötzlich heftiges Einsetzen von
etwas“ beschrieben. [11] Ein nosokomialer Ausbruch liegt vor, wenn mehr Infektionen auftreten, als
räumlich und zeitlich zu erwarten sind. Gemäß § 6 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ist ein Ausbruch
als das gehäufte Auftreten nosokomialer Infektionen, bei denen ein zeitlicher und örtlicher (epidemischer)
Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.
Im Jahr 2012 wurden dem Robert Koch-Institut insgesamt 617 nosokomiale Ausbrüche aus den
Bundesländern übermittelt. 134 Ausbrüche wurden durch bakterielle Erreger, 442 durch virale Erreger und
jeweils ein Ausbruch durch Pilze und Parasiten hervorgerufen. Insgesamt waren 8.768 Fälle den
nosokomialen Ausbrüchen zuzuordnen. Diese Zahlen sind nicht unerheblich:
 Die Kosten für das öffentliche Gesundheitswesen steigen.
 Nosokomiale Infektionen bedeuten eine höhere Arbeitsbelastung des Personals in Pflegeeinrichtungen.
 Krankenhäuser können ihre Bettenkapazitäten nicht voll nutzen.
1.1
RKI Richtlinie
In der RKI Empfehlung zum Ausbruchmanagement werden folgende Schritte im Rahmen der reaktiven
Phase des Ausbruchmanagements nosokomialer Infektionen im Bundesgesundheitsblatt 2002 beschrieben
[3]:
Schritt 1:
Feststellen eines Auslöseereignisses
Schritt 2:
Beurteilung der aktuellen Situation aufgrund der bereits vorliegenden Erkenntnisse und
Entscheidung über die Einberufung des Ausbruchmanagement-Teams
Schritt 3:
Einberufung des Ausbruchmanagement-Teams, Fallermittlung und ggf. Bestätigung eines
Ausbruchs und entsprechende Meldung (§ 6 IfSG Abs. 3)
Schritt 4:
Erste krankenhaushygienische Ortsbegehung und Festlegung des akuten Handlungsbedarfs
Schritt 5:
Festlegung von ersten Interventionsmaßnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung von
Erregern zur Schadensbegrenzung
Schritt 6:
Ermittlung der Infektionsquelle (Ursachenfindung)
ggf. Einbeziehung weiterer Experten, (z. B. Landesgesundheitsämter, nationale
Referenzzentren, RKI), detaillierte krankenhaushygienische Ortsbegehung, Analyse von
Handlungsabläufen,
Umgebungsuntersuchungen,
medizinisch-mikrobiologische
Untersuchungen (zentrale Sammlung der Erreger zur Typisierung), erweiterte epidemiologische
Untersuchungen (deskriptiv, analytisch, interventionell)
Schritt 7:
Bewertung aller erhobenen
Interventionsmaßnahmen
Schritt 8:
Abschluss des Ausbruchmanagements und Festlegung absichernder Maßnahmen
Schritt 9:
Abschließende
Evaluierung,
Präventionsstrategien
Schritt 10: Abschließende Dokumentation
Befunde
und
Defizitanalyse
Festlegung
und
gezielter
Festlegung
von
(ursächlicher)
zukünftigen
2
Vorbereitungen auf einen Ausbruch
Laut Statistischem Bundesamt gab es in Deutschland im Jahre 2012 insgesamt 2.017 Krankenhäuser [4].
Von diesen Krankenhäusern hatten 393 mehr als 400 Betten und insgesamt 1.563 weniger als 399 Betten. In
der Niedersächsischen Verordnung über Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen
(NMedHygVO) von 2012 wird auf den Einsatz einer ausreichenden Zahl an Fachpersonal hingewiesen.
Jede stationäre wie ambulante medizinische Einrichtung sollte organisatorisch sicherstellen, dass eine
Beratung durch einen Krankenhaushygieniker gewährleistet ist. Bei stationären Einrichtungen wird als
Richtgröße ab einer Zahl von 400 Betten ein hauptamtlicher Krankenhaushygieniker für sinnvoll erachtet.
[5] Demgegenüber stehen für rund 2.000 deutsche Krankenhäuser nur etwa 100 ausgebildete
Krankenhaushygieniker zur Verfügung [6]. Anhand der Zahlen kann angenommen werden, dass nicht
immer ein Krankenhaushygieniker vor Ort ist. Hygienebeauftragte Ärzte haben oft nur ein begrenztes
Stundenkontingent für ihre hygienischen Aufgaben zur Verfügung. In Pflegeeinrichtungen ist oft gar kein
Arzt vor Ort. Das bedeutet: Viele Aufgaben müssen von den Hygienebeauftragten in der Klinik oder im
Pflegeheim zunächst allein bewältigt werden.
2.1
Organisation und strukturelle Voraussetzungen
Welche strukturellen und organisatorischen Vorbereitungen müssen getroffen werden? Im Ernstfall ist es
wichtig schnell und dennoch besonnen zu handeln, um erste Maßnahmen strukturiert einleiten zu können.
Fertigen Sie eine Checkliste an:
 Wen müssen Sie informieren?
 Wer sollte im Fall eines Ausbruchs zum Ausbruchmanagement-Team gehören?
 Welche Indikatoren gibt es, um die ersten Zeichen eines Ausbruchs wahrzunehmen?
 Wie wird man auf gehäufte Infektionen aufmerksam?
Für den Ausbruchfall muss festgelegt werden, welche Schritte eingeleitet werden müssen. Entscheiden und
dokumentieren Sie, wer wen informieren soll. Diese Anweisung ist für alle verbindlich und muss durch die
Geschäftsführung freigegeben sein. Bei jedem Ausbruch ist eine jeweilige Anpassung an das
Auslöseereignis erforderlich, aber die festgelegten Abläufe helfen dabei, die Situation zu bewältigen. Legen
sie die Zuständigkeiten und Mitglieder des Ausbruchteams fest. Entscheiden Sie, wer welche Aufgaben
übernimmt. (siehe Abb. 2.3-1)