Franziska Bur Bürgin

Franziska Bur Bürgin
Advokatin, dipl. Steuerexpertin
Neue Rechtsentwicklungen
in der beruflichen Vorsorge
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Agenda
1. Rechtliche Tücken der elektronischen Datenaufbewahrung
2. Strafrechtlich relevantes Verhalten gegenüber Pensionskassen
3. Steuerrecht und berufliche Vorsorge
a. Barbezug bei Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit
b. Steuerplanung, bundesgerichtlich beurteilt
UWP Partneranlass 3. März 2016
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Rechtliche Tücken der
elektronischen Datenaufbewahrung
UWP Partneranlass 3. März 2016
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Tücken der elektronischen Datenaufbewahrung
Revision der Buchführungsvorschriften im OR (Art. 957 ff.)
Elektronische Aufbewahrung genügt, wenn :
• angemessene technische und organisatorische Massnahmen zum
Schutz vor Schädigung und Verfälschung bestehen
•
Wiederherstellbarkeit während 10 Jahren möglich
-> Keine Unterscheidung mehr zwischen «Original» und «Aufzeichnung»
Aber
•
Die Regeln des OR dienen (nur) dem Nachvollzug der
buchhalterisch relevanten Geschäftsprozesse (Art. 1 GeBüV).
•
Der Regelungsgehalt der neuen Vorschriften im OR geht nicht über
diesen Bereich hinaus.
•
Ob in anderen Rechtsbereichen zusätzliche Vorschriften bestehen
oder Nachteile aus der elektronischen Datenaufbewahrung drohen,
müssen die Organe (auch bei Pensionskassen) selber entscheiden.
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Tücken der elektronischen Datenaufbewahrung
Auszug Schweizer Personalvorsorge «Vorsorge Aktuell» Nr. 5/16
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Tücken der elektronischen Datenaufbewahrung
Entscheid EVG 127 V 315
Solange die Pflicht zur Erhaltung des Vorsorgeschutzes besteht
(kein Risikofall Alter/Tod/Invalidität oder Barauszahlungsgrund eingetreten),
verjährt der Anspruch auf Freizügigkeitsleistungen nicht.
-> Der VE obliegt der Nachweis, dass sie korrekt erfüllt hat:
• Nachweis, dass Auszahlung stattfand
• Nachweis, dass Auszahlung an die richtige Person/Stelle ging
-> Die VE hat ein Interesse, ihrer Beweispflicht nachkommen zu können
M.E. geht es für die VE nicht nur um die Frage der Aufbewahrungs-Pflicht,
sondern auch um diejenige ihres Aufbewahrungs-Interesses.
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Strafrechtlich relevantes Verhalten
gegenüber Pensionskassen
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Strafrechtlich relevantes Verhalten
Fall des «Patronato Inca»:
•
Dienstleister zur Unterstützung von italienischen Gastarbeitern; genoss
Unterstützung des italienischen Arbeitsministeriums und einer
Gewerkschaft
•
Fehlbarer Mitarbeiter bewirkt Auszahlungen von PK-Geldern auf sein
eigenes Konto und nutzt einen Teil für sich selbst
•
Zahlreiche Gastarbeiter verloren dadurch ihre gesamte Altersvorsorge
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Strafrechtlich relevantes Verhalten
Wie konnte es dazu kommen?
Vorgehen des fehlbaren Mitarbeiters:
•
z.T. Unterschrift auf Blanko-Auszahlungsbegehren (Konto/Begünstigter
freigelassen)
•
z.T. Unterschriften der Versicherten gefälscht
Bundesgericht
•
Leistet die VE an einen unberechtigten Dritten, hat sie ihren Vertrag nicht
erfüllt – auch dann nicht, wenn sie in gutem Glauben war
•
Der Nachweis richtiger Erfüllung obliegt der VE als Vertragsschuldnerin
Blanko-Unterschrift
Unterschrift gefälscht
Wer dem Zahlungsempfänger
keine Aufmerksamkeit schenkt,
hat das Missbrauchsrisiko selbst
zu tragen
Kasse, die nicht merkt, dass
Unterschrift gefälscht, hat ihre
Sorgfaltspflicht verletzt
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Strafrechtlich relevantes Verhalten
Besonders bemerkenswert
•
Das Bundesgericht hat auch dort einen Fehler der Kasse angenommen,
wo diese eine Beglaubigung der Unterschrift verlangt und vermeintlich
erhalten hatte. Sie hatte nicht gemerkt, dass es sich nur um einen
(missbräuchlich verwendeten) Stempel des italienischen
Generalkonsulats gehandelt hatte.
•
Bei einer Kasse war strittig, ob die Unterschriften echt oder gefälscht
waren. Das Bundesgericht wollte ein graphologisches Gutachten
anordnen. Die Kasse konnte das Original des Auszahlungsbegehrens
nicht mehr beibringen, weil sie Akten nur noch elektronisch aufbewahrt.
Die Kasse hatte die Folgen der Beweislosigkeit zu tragen und musste das
Alterssparguthaben noch einmal auszahlen.
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Steuerrecht und berufliche Vorsorge
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Barbezug (selbständige Erwerbstätigkeit)
Barbezugsmöglichkeiten (Art. 5 FZG)
•
Endgültiges Verlassen der Schweiz
•
Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit (keine Unterstellung
mehr unter die obligatorische berufliche Vorsorge)
•
Austrittsleistung kleiner als ein Jahresbeitrag des Versicherten
Sachverhalt
•
Treuhänder, 80% angestellt, 20% selbständig (ab 2006)
•
März 2011: 100% selbständig; Barbezug Sparkapital PK
•
Besteuerung Barbezug: separat, zum Vorsorgetarif
•
Mai 2014: Nachbesteuerung PK-Bezug, nun ordentlich besteuert
•
Begründung: Kapital wurde für private Lebenshaltungskosten,
Vermögensvermehrung und Rückzahlung privater Schulden verwendet
•
Vorwurf: Kapital nicht in Geschäft investiert
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Barbezug (selbständige Erwerbstätigkeit)
Bundesgericht (StE 1/2016, B26.35 Nr. 33)
•
Gesetz (Art. 5 FZG) ist klar: Die Barauszahlung ist nicht davon abhängig,
dass das Vorsorgeguthaben in das Geschäftsvermögen investiert wird
•
Keine Gründe ersichtlich, vom Wortlaut des Gesetzes abzuweichen
•
«Eine solche Bindung würde sich namentlich dann als unzweckmässig
erweisen, wenn die FZL als Kompensation für das weggefallene
Arbeitseinkommen vorerst für den Lebensunterhalt herangezogen
werden muss oder die selbständige Erwerbstätigkeit nur auf wenige
Betriebsmittel angewiesen ist.»
•
Selbständig Erwerbende sind für ihren Vorsorgeschutz selbst
verantwortlich
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Steuerplanung, bundesgerichtlich beurteilt
Sachverhalt
A. wird Ende 2007 (Alter 56) wg. Betriebsschliessung entlassen
Abfindung Arbeitgeber: teils in PK, teils an Arbeitnehmer (Kapitalzahlung)
A überweist Grossteil der Abfindung in PK für zusätzlichen Einkauf
Steuerdeklaration A
•
Abfindung: getrennt vom übrigen Einkommen, zum Vorsorgetarif
(Art. 17 Abs. 2 DBG)
•
Abzug der beiden Einkäufe in die PK gegen das übrige (ordentlich zu
versteuernde) Einkommen
Urteil 1. Instanz
•
Die Steuerpflichtige ist im Recht
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Steuerplanung, bundesgerichtlich beurteilt
Urteil Bundesgericht 2C_809/2013
Erwägungen
• Art. 17 Abs. 2 DBG: Kapitalabfindungen aus VE und gleichartige
Kapitalabfindungen des Arbeitgebers werden nach Art. 38 DBG
(Vorsorgetarif) besteuert
• Art. 24 lit. c DBG: Kapitalzahlungen bei Stellenwechsel sind steuerfrei
(lt. BGer «steuerneutral»), wenn sie innert Jahresfrist für PK-Einkauf
verwendet werden
• Umstritten war, was «bei Stellenwechsel» heisst, v.a. ob die Bestimmung
vorliegend anwendbar sei
Urteil
• Der Arbeitnehmer bemühte sich um eine Stelle und war als Arbeitsloser
weiterhin der beruflichen Vorsorge angeschlossen
• Art. 24 lit. c DBG ist anwendbar, nicht Art. 17 Abs. 2 DBG
-> Die Kapitalzahlung war steuerfrei; die PK-Einkäufe konnten aber nicht
gegen das übrige Einkommen abgezogen werden.
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Franziska Bur Bürgin
Advokatin, dipl. Steuerexpertin
Ludwig + Partner AG
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