Mähdrescher mit Köpfchen

Mähdrescher
Fotos: Werkbilder
Der Trend geht
zu immer mehr
Komfort. Case
dämmt seine
Kabine und zeigt
einen um 90 Grad
um die Armlehne
verstellbaren
Erntemonitor.
Halle 5, Stand B 15
Mähdrescher mit Köpfchen
In der Oberklasse übernehmen schlaue Sensoren und Regeltechniken immer
mehr Maschineneinstellungen. Neben ihren Flaggschiffen peppen die Hersteller
auch die kleinen Maschinen auf – sie gewinnen an Komfort.
I
schinen noch effektiver auszunutzen.
Entsprechend stellen vor allem die großen Mähdrescher-Hersteller Weiterund Neuentwicklungen im Bereich der
Sensorik und Regeltechnik vor – Komfort und Fahrerentlastung steigen.
unteren Leistungsklassen haben die Firmen mit zahlreichen Weiterentwick-
lungen aufgewertet. Wachsende Betriebe und die Getreidepreise der letzten
Jahre machen den „Bauerndrescher“
wieder interessant. Mähdrescher dieser
Leistungsklasse wurden bisher oft nur
mit einem konventionellen Dreschwerk
angeboten. Leistungssteigernde Baugruppen wie der Zentrifugalabscheider
hinter der Wendetrommel, der Beschleuniger vor der Dreschtrommel
Halle 13, Stand B 05
Halle 13, Stand C 31
Halle 4, Stand B 27
Der Avero 240 von Claas hält bereits die
finale Abgasstufe Tier 4 ein.
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top agrar 11/2013
Die Kleinen kommen:Aber auch die
John Deere geht in Kooperation mit
Sampo Rosenlew und zeigt den W440.
Deutz Fahr stellt die C9000-Serie vor.
Raupenlaufwerke liegen voll im Trend.
Foto: Küper
nnovative Details, intelligentere Informations- und Regeltechniken – zur
Agritechnica 2013 gibt es wieder jede
Menge Neuheiten und Medaillen bei
den Mähdreschern. Im Bereich der Mechanik sind dies eher Detaillösungen
und weniger die bahnbrechenden Konstruktionen. Vor allem im oberen Leistungssegment geht es darum, das vorhandene technische Potenzial der Ma-
Foto: Küper
Der Crop Catcher
von Pool Agri ist
ein sehr einfach
nachzurüstender
Körnerfang für alle
gängigen Schneidwerkstypen. Vor
allem im Raps soll
er die Spritzverluste
über dem Schrägförderer minimieren.
Halle 27, Stand B 48
600X heißt die
Eigenentwicklung
von John Deere mit
40 bis 120 cm
Längenverstellung
und 6,70 bis 12,20 m
Arbeitsbreite. Der
Vorsatz soll sich laut
John Deere in nur
acht Minuten auf
Raps umrüsten
lassen.
Halle 13, Stand C 31
oder größere Gebläse steigern jetzt die
Leistungsfähigkeit dieser Klasse.
New Holland hat seinem TC-Drescher ein komplett frisches Design und
eine neue Kabine spendiert (Fahrbericht in top agrar 9/2013). Optional ist
der Zentrifugalabscheider hinter der
Wendetrommel. Das Opti-Fan-Gebläse
der großen Drescher gleicht auch im TC
Längsneigungen am Hang aus. Die kleinen New Hollands können jetzt auch
mit den variablen Varifeed-Schneidwerken arbeiten, auf Wunsch gibt es sogar
eine on-Board-Feuchtemessung.
Der Claas 
Avero 
240 ist das erste
Mähdrescher-Modell der Harsewinkler
mit finaler Abgasstufe 4. Der 4-Schüttler arbeitet mit einem Perkins-Motor
mit maximal 205 PS. Die Bauweise des
Motors schafft mehr Freiraum über den
Schüttlern, was den Gutfluss verbessern
soll. Der Avero 240 drischt mit einem
Vorbeschleuniger (APS-Dreschwerk). In
der Tucano-Klasse gibt es ein neues Einstiegsmodell, das jetzt ebenfalls mit
dem APS-Dreschwerk arbeitet. Der
Tucano 420 hat ein Korntankvolumen
von 7 500 Litern, sein Motor leistet maximal 238 PS.
John Deere geht eine Kooperation
mit dem finnischen Hersteller Sampo
Rosenlew ein. Die Zweibrücker vermarkten den W440 als einfaches und
zuverlässiges Einstiegsmodell mit geringen Betriebskosten. Der 6-Schüttler
leistet maximal 238 
PS und ist in
zwei Versionen, mit oder ohne Vordreschtrommel (PTC) lieferbar. In der
Standardversion hat der W440 6 500 l
Korntankvolumen, der Tank des W440PTC fasst 8 000 l.
Es geht noch breiter!Bei den Ernte-
Halle 11, Stand B 04
Klein und fest: Kunststoff-Ährenheber
mit neuer Klemmtechnik von Röchling.
vorsätzen geht der Trend weiter zu großen Arbeitsbreiten. Wendezeiten nehmen ab, das Dreschwerk wird gleichmäßiger beschickt und Energie für den
Fahrantrieb gespart.
top agrar 11/2013
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Mähdrescher
Mit einer innovativen
90-Grad-Klappung hält der
12-reihige Maispflücker
von Cressoni die 3,5 m
Transportbreite ein.
Halle 13, Stand A 38
New Holland entwickelt sein Varifeed-Schneidwerk weiter und bietet es
jetzt bis 41 Fuß (12,50 m) an. Die Arbeitsbreite ist bewusst so gewählt, da
vor allem Großbetriebe ihre Fahrgassen
auf 36 m anlegen. Mit dem Spielraum
von 50 cm lässt sich so exakt in diesem
Raster arbeiten. New Holland verzichtet weiter auf die mittige Haspellagerung, um in diesem Bereich die Sicht
auf das Schneidwerk freizuhalten.
Auch John Deere steigt mit der Eigenentwicklung 600X in die 12 m-Klasse
ein. Der Erntevorsatz ist eine komplette
Neukonstruktion und lässt sich durch
einfaches Anpassen von Förderschnecke
oder Abstreifer sowie integrierten Rapsmessern schnell auf eine andere Fruchtart umstellen. Die Schneidwerke mit
variabler Tischlängenverstellung gibt es
von 6,70 bis 12,20 m Arbeitsbreite.
Agco erweitert für seine MF- und
Fendt-Mähdrescher das Vorsatz-Angebot und bietet die Schneidwerke mit
bekannter PowerFlow-Technik nun bis
zu 10,70 m Arbeitsbreite an. Für einen
besseren Gutfluss wurde der Durchmesser der Einzugsschnecke auf
762 mm vergrößert.
Natürlich sind auch die Spezialanbieter von Erntevorsätzen wieder in Hannover vertreten. Geringhoff hat auf
der vergangenen Messe sein Draper-Schneidwerk Tri-Flex vorgestellt.
Hier transportieren Querförderbänder
das Erntegut zum Einzug. Problem war
die Vielfruchteignung. Speziell für den
Rapsdrusch erhält der Draper jetzt zusätzliche Schnecken, die den Gutfluss
verbessern sollen. Eine neue Vorgewendesteuerung stellt die äußeren Elemente
des dreiteiligen Schneidwerks starr.
New Holland hat sich mit dem Thema
Hochschnitt auseinandergesetzt und
zeigt einen Doppelmesser-Mähbalken
an einem herkömmlichen Schneidwerk.
Das Interessante an der Entwicklung ist
eine Stabpackerwalze, die statt Kufen
Halle 3, Stand C 03
New Holland legt mit seinem neuen Cornrower Maisstroh ins Schwad und schafft
damit die Grundlage für eine weitere, schmutzarme Verwertung der Ernterückstände.
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top agrar 11/2013
die Höhenführung übernimmt. Zusätzlich drückt sie die vom Doppelmesser
abgeschnittenen Resthalme in die Stoppeln. Durch das Verfahren lässt sich der
Strohdurchsatz im Dreschwerk bei
trotzdem kurzer Stoppel reduzieren.
Nach ersten Erfahrungen von New Holland, kann die Mähdrescher-Leistung
mit jedem Zentimeter längerer Stoppeln
um bis zu einen Prozent steigen. Bei Lagergetreide schwenken Doppelmesser
und Walze einfach nach hinten weg.
Pflücker mit Pfiff: Eine Silbermedaille
gibt es für einen anderen Vorsatz von
New Holland. Der Cornrower arbeitet
mit einem Hinterpflückerhäcksler, der
am Maispflücker die Erntereste mit speziellen Messern zerkleinert und mittels
ellenbogenförmigen Deflektorblechen
in ein Schwad legt. Das Schwad bildet
das Bett für Spindeln und Reinigungsabgang aus dem Mähdrescher. So lässt
sich erstmals ein hoher Anteil an Ernterückständen bei der Maisernte aus dem
fertigen Schwad ernten.
Und gleich ein zweiter Maispflücker
räumt Silber ab: Der italienische Hersteller Cressoni hat die Klapptechnik
für Pflücker mit mehr als acht Reihen
weiterentwickelt. Anstelle der üblichen
Gelenke mit horizontaler Drehwelle,
erfolgt das Ein- und Ausklappen über
eine vertikale Schub-Drehwelle. Dieser
Kniff erlaubt eine Drehung der äußeren
Pflückerteile um 90 Grad längs zur
Fahrtrichtung und damit das Auflegen
mit den Haubenspitzen gegeneinander
auf dem mittleren Pflückerteil. Cressoni hält auf diese Weise eine Transportbreite von 3,45 m bei 10- und 12-reihigen
Maispflückern ohne Hinterpflückerhäcksler ein.
Kleine, aber durchaus interessante
Entwicklungen zeigen Zulieferer wie der
niederländische Importeur Pool Agri:
Der Crop Catcher soll Spritzverluste
Halle 9, Stand A 24
Die Agco-Mähdrescher erhalten die
Skyline-Kabine vom Katana-Häcksler.
vom Schneidwerk noch weiter reduzieren. Das kratz- und staubbeständige
Schild aus Lexan-Kunststoff stammt aus
Kanada und hat auf der Agritechnica
seine Europa-Premiere.
Die österreichische Firma Röchling
präsentiert einen Ährenheber aus Robalon-Kunststoff. Die kurze und konische
Bauweise ist speziell auf das Ernten von
Lagerfrüchten zugeschnitten. Mit dem
neuartigen Befestigungssystem EasyFix
lässt sich der Ährenheber werkzeuglos
mit einer Hand montieren. Der verschleißfeste Kunststoff soll eine bis zu
dreimal höhere Standzeit als StahlÄhrenheber haben.
Raupe raubt Rad: Der Trend zu immer
Fotos: Werkbilder
größeren Arbeitsbreiten bleibt ungebrochen. Auch deswegen bieten alle Mähdrescherhersteller für ihre Großmaschinen Gummiraupenlaufwerke ab Werk
an. Die Bänder werden breiter, der Fahrkomfort steigt. Das bekannte Triangel-Bandlaufwerk von New Holland
steht nun auch für die Schüttler-Maschinen CX7000 und CX8000 zur Verfügung. Für die CR-Modelle hat New
Holland das Smart Trax mit TerraglideSystem entwickelt. Hydropneumatisch
gefederte Umlenk- und Stützrollen erhöhen den Fahrkomfort (30 km/h bei
3,49 m Außenbreite). Durch die neue
Federungstechnik ist kein Spannen des
Laufbandes mehr erforderlich.
Deutz Fahr bringt mit der Serie
C9000 eine neue Mähdrescherbaureihe
(Fahrbericht in top agrar 10/2013). Mit
den 762 mm breiten Raupenlaufwerken
von Tidue hält auch das 6-Schüttler-Modell die 3,5 m Transportbreite ein. Bei
Claas ist mit dem Lexion 750 TT ein
weiteres Model mit Terra Trac verfügbar
und soll den Einstieg in den Mähdrusch
mit Raupenlaufwerk erleichtern.
Aber auch bei der Weiterentwicklung
von Radmaschinen steht das Ziel der
Bodenschonung im Vordergrund. Daher
wachsen jetzt auch die Bereifungen der
Lenkräder und werden mit Reifendruckregelanlagen versehen. Um beide
Ziele zu realisieren, hat Claas eine
Trapezlenkerachse entwickelt, die sich
bei Lenkeinschlag und Neigung jeweils
zum kurveninneren Rad bewegt, sodass
es nicht mit Reinigung und Antrieben
kollidiert. Die Technik schafft Platz für
größere Bereifung bei vergrößertem
Lenkwinkel. Die Reifendruckregelanlage wird optional für alle Modelle der
700er-Baureihe angeboten.
Die neuen CX7000 und CX8000 Elevation-Modelle von New Holland sind
auch als Radmaschine mit 40 km/h
Transportgeschwindigkeit unterwegs.
Ihre Endgeschwindigkeit erreichen die
Schüttler-Maschinen bereits bei einer
Motordrehzahl von 1 600 U/min.
Regler trotzen der Umwelt: Ansätze
zur Veränderung von Schüttlerwellen-Drehzahlen zum Steigern der Restkornabscheidung gab es bereits in der
Vergangenheit. New Holland verbindet
dies jetzt mit einer Regeltechnik. Für
Der Clou unter
der Strohhaube:
Je nach Neigung
und voreingestellter Frucht passt
der Mähdrescher
die Schüttlerdrehzahl automatisch an.
Halle 3, Stand C 03
top agrar 11/2013
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Mähdrescher
Schnell gelesen
• Kleine Mähdrescher kommen
groß raus. Sie erhalten leistungssteigernde Baugruppen
und zusätzlichen Komfort.
• Bei den Großmähdreschern
nimmt die Automatisierung
zu. Das entlastet den Fahrer
und steigert die Leistung.
• Regeltechniken erschließen
Fotos: Werkbilder
weitere Potenziale des Mähdreschers. Der Schüttler wird
variabel, der Häcksler passt
sich Wind und Neigung an.
• Not macht erfinderisch:
Halle 13, Stand B 05
Doppel-Silber: Die automatische Wurfrichtungsanpassung gibt es für alle LexionModelle mit Radialverteiler, die Grain Quality Camera nur für die großen Hybriden.
verschiedene Früchte lassen sich im
Bordcomputer hinterlegte, optimale
Schüttlerwellen-Drehzahlen aufrufen.
Fährt der Mähdrescher dann bergauf,
reduziert er abhängig von der Hangneigung automatisch die Drehzahl und
umgekehrt bei Bergauffahrt. Das System
senkt so die Schüttlerverluste. Neben
den bekannten Regeltechniken für die
Gebläsedrehzahl und die Reinigung in
Hanglagen ist es ein weiteres Konzept
zur Stabilisierung der Mähdrescherleistung am Hang und bekommt Silber!
Claas trotzt Umwelteinflüssen mit
einer neuen Regeltechnik für den
Strohhäcksler. Über den hinteren Beleuchtungsarmen sitzen zwei Windund Neigungssensoren. Die kleinen
Platten pendeln am Seitenhang lotrecht
und schlagen bei Seitenwind in Windrichtung aus. Der Pendel- bzw. Ausschlagwinkel wird gemessen und in
Korrektursignale für die elektrohydraulische Streublechverstellung des Radialverteilers umgewandelt. Dieser wirft
dann das Häckselgut gegen die Windrichtung und/oder hangaufwärts und
erspart so dem Fahrer das ständige
Nachregeln. Dafür gibt es Silber!
Assistenten dreschen mit: Ein Komplettsystem zur Optimierung des Mähdreschers bietet jetzt auch John Deere
mit seiner interaktiven Mähdreschereinstellung Interactive Combine Adjustment (ICA) an. Das Assistenzsystem beinhaltet Grundeinstellungen des
Mähdreschers für verschiedene Fruchtarten und Erntestrategien. Neben den
abrufbaren Grundeinstellungen lassen
sich in einem Dialogsystem auch einzelne Einstellungen wie z. B. die von
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top agrar 11/2013
Dreschwerk und Reinigung oder beide
gleichzeitig optimieren.
Neu ist die Automatisierung des
Überladevorgangs: Mithilfe von zwei
Stereokameras erkennt der John DeereMähdrescher das Transportfahrzeug
und den Schüttkegel darin. Überschreitet dieser eine vorgegebene Höhe,
schwenkt das Auslaufrohr automatisch
vor oder zurück.
Case IH stellt für seine Axial-FlowMähdrescher ein neues, klappbares Abtankrohr mit 8,80 m Länge vor. Sobald
die Schnecke abschaltet, schwenkt der
Auslauf der verstellbaren Tülle automatisch nach oben, sodass kein Getreide
nachrieselt. Als erster Hersteller misst
Case IH den Füllstand des Kornbunkers
mittels Ultraschallsensor und zeigt diesen kontinuierlich und genau an.
Halle 6, Stand G 25
Immer breitere Erntevorsätze
zwingen zu besonderen Konstruktionen bei Bodenanpassung und Klapptechnik.
Bei den MF- und Fendt-Mähdreschern lässt sich die Entleergeschwindigkeit für verschieden große Abfahrgespanne variabel einstellen.
Noch einmal Silber gibt es für die
Grain Quality Cam von Claas. Über
eine Farbbildkamera im Elevatorkopf
kann der Fahrer erstmalig die Kornqualität im Original-Bild auf dem
Cebis-Monitor beurteilen. Eine Skala
unterstützt ihn bei der Beurteilung von
Bruchkorn- sowie Stroh- und Spreuanteilen. Der Fahrer kann am Bildschirm zwischen losen und anhaftenden Spelzen unterscheiden und somit
die Dreschwerk- und Reinigungseinstellung entsprechend optimieren.
Prof. Dr. Thomas Rademacher,
Fachhochschule Bingen,
Jan-Martin Küper, top agrar
Schlauer Wind: Silber erhält die
Firma Ambros Schmelzer & Sohn
für ihre Reinigungstechnik. Neu
entwickelte Leitbleche im Windsichter sorgen für eine Gutbewegung im Zickzackkurs. Dadurch
durchströmt die Luft das Getreide
gleich mehrfach und reinigt es so
deutlich intensiver.
Die entscheidende Neuerung:
Piezo-Sensoren ermöglichen dabei
erstmals eine Messung, die direkt in
die Gebläsesteuerung eingreift. Je
nach zu reinigendem Gut und den
Daten der Echtzeit-Verlustmessung
regelt das System die Luftmenge des
Gebläses und senkt so deutlich die
Reinigungsverluste.