1 in: Derrick de Kerckhove, Kerstin Schmidt, Martina Leeker (Hg.): McLuhan neu lesen. Kritische Analysen zu Medien und Kultur im 21. Jahrhundert. Bielefeld 2008. S. 233-251. Transfer zwischen McLuhan-Galaxis und Anderem Schauplatz? Ein Versuch zu einer Verbindung der Theorien von Marshall McLuhan und Jacques Lacan. Annette Bitsch Einleitung Jacques Lacan, berühmt-berüchtigter französischer Psychiater, Psychoanalytiker, Philosoph, Katholik, Pirat im Denken und Vollblut-Kryptologe - Mitte der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat er die Freudsche Erfahrung aufgenommen, dem Medienapriori des Digitalcomputers unterstellt und so das unbewusste Subjekt als eine im Realen des Körpers implementierte, eine "korpsifizierte" Kette von diskreten Signifikanten konzipiert. Marshall Mc Luhan, kanadischer Literaturprofessur, Kulturkritiker, Katholik und globalisierender Medientheoretiker, nicht weniger berühmt-berüchtigter und die Rezipientenkreise polarisierender Wissenschaftler, Performance-Künstler und Essayist - in den 60er Jahren hat er con brio drei fundamentale Grundthesen in die Umlaufbahn der Medienwissenschaft torpediert, wo sie noch heute zirkulieren: "any medium - that is, of any extension of ourselves", "the medium is the message", " the 'Content' of any medium is always another medium". Im doppelten Wortsinne scheinen diese beiden Denker und die Schulen, die sie begründet haben und die sich (was nicht notwendig in der Intention der Väter lag) mehr und mehr als Arkandisziplinen produzieren, auf zwei unterschiedlichen Kontinenten zu residieren. Obwohl Mc Luhans Gutenberg-Galaxis und Die magischen Kanäle so wie einige Texte aus der Feder Lacans, darunter der Vortrag Psychoanalyse und Kybernetik, mittlerweile zum Kanon medienwissenschaftlicher Klassiker zählen, tendiert die Anzahl der Arbeiten, die eine Verbindung zwischen den Kontinenten etablieren, gegen Null. 1 Der folgende Aufsatz wird nicht nur einen Versuch in diese Richtung unternehmen, sondern sich darüber hinaus die Frage nach den Gründen für diese wechselseitige Exkommunikation zwischen "Lacanisten" und "McLuhanisten" stellen: Geht es darum, dass hier ein Burgfrieden nicht gestört werden soll, oder aber, denn allzuoft wird bei der Suche nach Erklärungsmodellen für ein festgestelltes Phänomen der Fokus auf äussere Umstände gerichtet, wobei wesentliche Erkenntnisse vereitelt werden, sind die beiden Theorien nicht oder nur sehr begrenzt kompatibel? Aber vor diesem Aufbruch in ein durch wenige Orientierungsmarken befestigtes Gelände, ins Ungewisse und damit notwendig auch Spekulative, stellt sich eine andere Frage, nämlich: wo anfangen, Mc Luhan und Lacan zusammen zu denken?, wie einen Zipfel, den Beginn einer möglichen Schnur finden ? Es mit Lacan halten, hasardieren, auf die schicksalhafte Macht des Zufalls vertrauen, einfach eine Karte ziehen2 ... beide, Lacan und McLuhan, applizieren die griechische Sage des schönen Jünglings Narziss, der die Liebe der Nymphe Echo verschmähte, dafür mit unstillbarer Selbstliebe bestraft wurde und sich in Sehnsucht nach seinem im Wasser erblickten Spiegelbild verzehrte. Narzissmus bei Lacan In seiner 1936 datierten Theorie des Spiegelstadiums beschreibt Lacan die Konstitution der Identität, das Auftauchen des Ich, als einen narzisstischen Akt der Spiegelung im Selbst eines 1 2 Anderen – ein Akt, der, dem Mythos folgend, notwendig die Verkennung der mit dieser Selbstentfremdung verbundenen Ichgespaltenheit und schizoiden Grunddisposition bedingt; zugleich ein Akt der Betäubung und Verdrängung der wahren Verfasstheit des 'Selbst', des realen Eigenkörpers, zerstücktelt, anarchisch, desintegriert .... "etwas, das in keiner Sprache einen Namen hat, die nackte, reine und einfache, brutale Erscheinung jener Gestalt, der man nicht ins Antlitz blicken kann, die den Hintergrund all der Imaginationen des menschlichen Geschicks bildet, die jenseits aller Benennung ist und für die das Wort Aas völlig unzureichend ist, das totale Einsinken jener Art von Blähung, die das Leben ist - die Blase bricht und löst sich auf in eitrige leblose Flüssigkeit"3. Zwischen dem sechsten und dem achtzehnten Lebensmonat, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die frühkindlichen Fähigkeiten der motorischen Koordination und Körperbeherrschung denen einer Blähung oder Blase entsprechen, also quasi inexistent sind, "verschafft der blosse Anblick der vollständigen Form des menschlichen Körpers [...]dem Subjekt eine imaginäre Beherrschung seines Körpers, die gegenüber der realen Beherrschung verfrüht ist. [...] Das Subjekt antizipiert die Vollendung der psychologischen Beherrschung, und diese Antizipation wird ihren Stil jeder späteren Ausübung der wirklichen motorischen Beherrschung aufdrücken. Das ist das ursprüngliche Abenteuer, in dem der Mensch zum erstenmal die Erfahrung macht, dass er sich sieht, sich reflektiert und sich als anders begreift als er ist - die wesentliche Dimension des Menschlichen, die sein ganzes Phantasieleben strukturiert."4 Glorreich und zugleich verhängnisvoll ist die initiale Aktivierung des Bewusstseins, der Erscheinung eines ganzen und grossartigen Selbst, einer Persönlichkeit kat exochen an genau der Stelle, wo es gerade kein Selbst, sondern nur Schein und Spiegellügen gibt, denn mit der Glorie des sich in einem Anderen verkennenden Ich ist unweigerlich auch seine ausweglose Abhängigkeit von dem im oder als Spiegel gefeierten Wesen - ohne das 'Ich' sich nicht als 'Ich' konfigurieren und illudieren könnte - , verknüpft, woraus die für die narzisstische Identifizierung konstitutive Grundspannung von Liebe und Hass, Inzensation und Feindlichkeit resultiert. Neben der Anbetung, die das Ich dem anderen, der ihm seine eigene illusorische Anbetungswürdigkeit rückkoppelt, zukommen lässt, "gibt es zwischen den menschlichen Wesen eine destruktive und tödliche Beziehung. Sie ist übrigens immer da, unterschwellig"5. Daraus ergibt sich bereits, dass das Spiegelstadium keine abgeschlossene Entwicklungsphase eines Kindes bezeichnet, sondern eine Struktur, die das ganze Leben des Subjekts intervalliert.6 Die "angeborene Mangelhaftigkeit", das "ursprüngliche Defizit“, dessen physiologisches Komplement sich in der Vorzeitigkeitgeit der Geburt und der damit verbundenen "vitalen Frühreife" finden lässt und die die narzisstische Identifizierung in einem Ideal-Ich motiviert, mit dem das Subjekt so sehr rivalisiert, wie es jenes glorifiziert, erweist sich im Verlauf der Subjektgeschichte als eine bleibende Mangelhaftigkeit, unheilbares Defizit, als "eine Kluft, an die es seiner Struktur nach gebunden bleibt"7 und die allein durch iterative Aktivierung der narzisstischen Funktion kompensiert bzw. verkannt werden kann. So wenig wie Narziss sich jemals auf der Wasseroberfläche wird verifizieren können, so irreduzibel und unhintergehbar bleibt die Funktion des Ich, des Bewusstseins, von den auf der Ebene des Unbewussten laufenden Prozessen segregiert – die Gespaltenheit des Subjekts ist unaufhebbar, die Konvergenz von ich denke und ich bin eine Unmöglichkeit. 2 3 Narzissmus bei McLuhan McLuhan adaptiert den Mythos des Narziss im zweiten Kapitel der Magischen Kanäle im Kontext seiner Extensionsthese, die im folgenden kurz erläutert werden soll. Ausgehend von einem biologistisch-ontologischen Vegetationssystem des Denkens deduziert McLuhan technische und mediale Entwicklungen aus der defizitären Grundkonstitution des Menschen. Anders als das durch seine Instinkte in die Natur eingebundene und innerhalb dieser autarke Tier wird das Überleben des Menschen nur durch technische Kompensation einer ab initio insuffizienten organischen Grundausstattung gewährleistet.8 Den drei Prinzipien Organersatz, Organverstärkung und Organentlastung folgend extendiert sich der Mensch als "werkzeugschaffendes Lebewesen"[15] in seine Umwelt, so dass sich der Hammer, das Mikroskop und das Auto als Ersatz, Verstärkung und Entlastung der respektiven Körperteile Hand, Auge, Fuss definieren lassen. Beschreibt McLuhan diejenigen Jahrhunderte, in denen die Körperausweitung durch Maschinen bzw. fragmentarische und mechanische Technologien erfolgt, als das Zeitalter der Explosion der Welt, so nimmt der Prozess mit der Emergenz der Elektrizität als genealogischem Fundament der neuen Medien vom Radio über das Fernsehen bis zum Computer9 eine gegenläufige Richtung an: Der Elektromagnetismus suspendiert die klassischen Dimensionen von Raum und Zeit, nicht mehr nur einzelne Sinnesorgane oder Körperteile, sondern das gesamte Zentralnervensystem, Sensorium und Affektivität umspannend, wird extendiert, und so existieren wir mit unseren Augen und Ohren bzw. Fernsehen und Radio hier und überall, immer und ubiquitär – in einer implodierten Welt.10 Fassen wir zusammen, Extentensionsthese: das Radio ist die Erweiterung des Ohrs, das Fernsehen die des Auges, der Computer die des Hirns, das Auto die der Füsse, die Schrift die der gesprochenen Sprache usw. usw.. So funktional, komplikationslos und kfzwerkstattmässig das klingt, verläuft dieser Prozess jedoch bei weitem nicht, denn McLuhan knüpft an die Extensionsthese als Movens einer anthropologisch fundierten Technikentwicklung ein sinnesphysiologisches Postulat, das seine Anthropotechnogenese nicht nur zu einer integrierten Wahrnehmungstheorie befördert, sondern darüber hinaus für ein Wesen, das im Gegensatz zum Tier und zum Automobil ab ovo mangelbehaftet und instabil ist, nur sehr schwer zu realisieren ist: Ideal und Telos der Geschichte der Mensch-Technik- bzw. Mensch-Medien-Symbiosen ist die im biologischen Prinzip des Strebens nach Gleichgewichtung angelegte Harmonie der Sinne. Auf deren Verwirklichung trifft McLuhan in der Taktilität, im Tastsinn, begriffen als dynamische Einheit der Empfindungen, als vollendete, allen Missklängen bereinigte Synästhesie.11 Eine maximale Beteiligung aller Sinne, ihr melodisches Zusammenspiel, ein widerstandsfreier, gelenkiger, gleichsam tänzerischer Transfer der jeweiligen Sinnesdaten, eine stör- und schwerelose Interferenz der verschiedenen Sinne, so lauten die Voraussetzungen zur Erzeugung einer Welt, in der Impressionen aller Art in vollkommener Harmonie konfiguriert und choreographiert, kontrastiert und akkordiert, oder, wie Mc Luhan schreibt, programmiert werden können.12 Zugleich beschreibt dies das Ideal einer komplexen oder ganzheitlichen Wahrnehmung der Welt, das McLuhan utopistisch in den Endzustand der MenschMedienevolution investiert. Vor dem Advent dieses teleologisch gesetzten Fluchtpunktes liegt jedoch – und hier kontrapunktiert der Kulturkritiker McLuhan den von Enzensberger diskreditierten Boten einer "reaktionären Heilslehre" 13 – eine Serie von schockhaft und traumatisch erfahrenen Eingriffen in das physiologische Wahrnehmungssystem. McLuhan verhält sich der Extensionsthese 3 4 gegenüber keineswegs mit der Sachlichkeit und Rationalität einer rein utilitaristischen Perspektive, er begreift die Exterritorialisierung von Sinnen und Organen nicht als den simplen und eudämonischen Akt einer Protheseninstallation, sondern konnotiert ihn in einer Weise, die mit dem um das Unbewusste und das Schicksal, um Trauma und Verdrängung gravitierenden Diskurs der Psychoanalyse zumindest stellenweise in Entsprechung gesetzt werden kann. Deutlich lässt sich dies aus McLuhans Duktus entziffern, wenn er die jeweilige Körperausweitung, z.B. der Sehfähigkeit ins Fernsehen, als einen Akt der narzisstischen Betäubung, der zugleich eine Absperrung gegen andere Sinne, eine 'closure', bewirkt14, oder als Ergebnis einer 'Amputation'15 vorstellt, die – hier der entscheidende Konvergenzpunkt - unbewusst bleibt und der von der Psychoanalyse gestellten Theorie folgt, derzufolge Verkennungen und Verdrängungen Reaktionen auf traumatische Erlebnisse sind.16 Explizit heisst es in Understanding Media: "Vielleicht gibt uns Freuds Vorstellung Aufschluss über diese Probleme, nach der wir, wenn es uns nicht gelingt, irgendein natürliches Ereignis oder Erlebnis in bewusste Kunstform zu übertragen, es 'verdrängen'. Dieser Mechanismus dient auch dazu, uns angesichts jener Ausweitungen von uns selbst, die in diesem Buch untersucht werden, zu betäuben."17 Wir sind bei McLuhans Aufnahme des Mythos von Narziss angelangt: Die als schwerer Eingriff in das körperliche Wahrnehmungssystem begriffene Ausweitung oder Selbstamputation eines Organs postuliert Massnahmen der Narkotisierung und Verkennung, die McLuhan zu einem mit der von Lacan statuierten Unvereinbarkeit von 'ich denke' und 'ich bin' vergleichbaren Kommentar verleiten: "Selbstamputation schliesst Selbsterkenntnis aus." 18 Infolge der Extension seiner selbst in ein technisch-mediales Modul betäubt, ist Narziss ausserstande, in seinem Gegenüber, das heisst in der Verlängerung seines eigenen Körpers in Medien, sich selbst zu erkennen und reflexiv wiederanzueignen. "Das ist der Sinn der Sage von Narziss. Das Bad des jungen Mannes ist eine Selbstamputation oder eine durch Reizdruck hervorgerufene Ausweitung. Als Gegenreizmittel verursacht das Abbild eine generelle Betäubung oder Schockwirkung, die jede Erkenntnis unmöglich macht."19 Das 'Unbewusste', das in McLuhans Konzeption vom Erfahrungshorizont des Bewusstsein ausgeschlossen bleibt, das vom Ich verkannt wird, um dieses jedoch zugleich wie bei Lacan zu determinieren und fernzusteuern, umfasst den Bereich der nach und mit der Ausweitung unauflöslich mit den körperlichen Organen amalgamierten Medien. Körper und Medium bei McLuhan und Lacan Narzissmus, Verkennung, Verdrängung, Amputation, Trauma – der Versuch, McLuhan und Lacan nebeneinander zu lesen und zu konjugieren führt weit. Beide, Lacan und McLuhan, referieren auf den Mythos des Narziss, um eine für das Subjekt konstitutive Verkennung und eine Demarkation eines unbewussten von einem bewussten Bereich herauszustellen, beide gehen dabei von einer genuinen Mangelhaftigkeit des Subjekts aus, beide arbeiten mit Begriffen von Trauma und Verdrängung sowie einer supponierten Verbindung von Körpern und Medien. Wie weit führt der Versuch wirklich? Führt er wirklich weit? Setzen wir noch einmal ein, gehen noch einmal die Runde und beginnen diesmal bei der für beide Konzeptionen tragenden Vernetzung von Körper und Medium. 4 5 Wenn McLuhan von den Organen und Sinnesorganen spricht, wenn er von dem Fuss spricht, der sich ins Auto, oder dem Auge, das sich ins Fernsehen ausweitet, dann bezieht er sich – von dem hyperphysischen Gepräge dieser Ausweitungsvision einmal abgesehen – zunächst tatsächlich und ganz unanim und harmlos auf Körperteile: Füsse, Augen, Ohren. Er spricht, kurzum, von einem menschlichen Körper, der die Bewohner des Kollektivphantasmas namens Realität nicht in solch mittlere Grade von Verstörung versetzen wird wie Lacans Präsentation eines "nicht erfassbaren Organs", eines "falschen Organ"20, das jedoch körperbildend wirkt in seinem Bezug "auf bestimmte ausgewählte Punkte [...], auf Punkte eines Aufklaffens, auf eine begrenzte Anzahl von Mündern an der Oberfläche des Körpers"21. McLuhan zielt nicht auf unerfassbare, "falsche"22 oder "irreale"23 Organe ab, sondern eben auf - zumindest vordergründig – säkulare Füsse, Augen, Ohren und nicht zuletzt Gehirne. Seine Theorie, ineins Wahrnehmungs- und Medientheorie, aber auch eine technohybridisierte Evolutionstheorie und Anthropologie ist situiert in einem organischphysiologischen Denkkreis, der jedoch – in einem Zeitalter, in dem die Technoscience die Biologie dispensiert hat, keine Seltenheit24 – abbiegt in spiritistisch-religiöse Erlebnishorizonte25, die sich niederschlagen, wenn er im Stil einer Hypnose, einer Beschwörung visioniert: "Im elektrischen Zeitalter, das unser Zentralnervensystem technisch so sehr ausgeweitet hat, dass es uns mit der ganzen Menschheit verflicht und die ganze Menschheit in uns vereinigt, müssen wir die Auswirkungen jeder unserer Handlungen tief miterleben. [...] Wir sind plötzlich darauf aus, dass Dinge und Menschen sich uns restlos erklären. Es liegt ein tiefer Glaube in dieser neuen Haltung ein Glaube, der auf eine schliessliche Harmonie aller Kreatur gerichtet ist. In diesem Glauben ist dieses Buch geschrieben worden. Es erforscht die Grenzen unserer in den Techniken ausgeweiteten Menschennatur und sucht das Prinzip, mit dem jede von ihnen verständlich wird."26 Ganz davon abgesehen, dass die Freud-Lacansche Psychoanalyse sich nicht zuletzt gerade durch die radikale und unbekehrbare Distanzierung von jedem auf die schliessliche Harmonie aller Kreatur gerichteten Glauben distanziert und stattdessen eine genuine Zerrissenheit, Disharmonie, ein kreatürliches Leiden an der Existenz zur condition humaine, zum Grund des menschlichen Subjekts erklärt27, würde diese von McLuhan in Aussicht gestellte Körper-Medien-Annexion empfindlich gestört durch die von Lacan vom imaginären, d.h. vorstellbaren Körper unterschiedene Konzeption des realen Körpers. In seiner radikalen Unvorstellbarkeit lässt dieser sich nur in einer brutalen, affrösen, jede harmonische Menschennatur diffamierenden Metaphorik nahe bringen: jener Bereich "jenseits aller Benennung", für den "das Wort Aas völlig unzureichend ist, das totale Einsinken jener Art von Blähung, die das Leben ist"28, jene "schreckliche Entdeckung [...] des Fleisches, das man niemals sieht, den Grund der Dinge, die Kehrseite des Gesichts, des Antlitzes, die Sekreta par excellence, das Fleisch, aus dem alles hervorgeht, aus der tiefsten Tiefe selbst des Geheimnisses, das Fleisch, insofern es leidend ist, insofern es unförmig ist, insofern seine Form durch sich selbst etwas ist, das Angst hervorruft. Vision der Angst, Identifikation der Angst, letzte Offenbarung des Du bist dies - Du bist dies, was am weitesten entfernt ist von dir, dies, welches das Unförmigste ist"29. Das vom imaginären Körperbild unterschiedene Reale des Körpers fällt für Lacan in ein Feld der absoluten Unerfahrbarkeit, ein Feld jenseits jeder physiologischen oder neurologischen Objektivierbarkeit; es lässt sich nur in unterschiedlichen Diskursen von der Mengenlehre bis zur 5 6 Computermathematik, von der Topologie bis zur expressionistischen Poesie nähern und formalisieren, jedoch niemals identifizieren. McLuhan differenziert nicht wie Lacan zwischen einem imaginären und einem realen Körper, was auf einer tieferen Ebene zu zwei unterschiedlichen und letztlich unvereinbaren Fassungen der Körper-Medium-Vernetzung führt. Das heisst nicht etwa, dass McLuhan noch eine objektive, substanzialisierbare Realität voraussetzte; im Gegenteil, er relativiert die Wirklichkeit ganz ähnlich wie Lacan, wenn er deren subjektiven, konstruierten Status hervorhebt und das Resultat der Wahrnehmung nicht länger als Abbild einer gegebenen Realität, sondern als Produkt 'apriorischer' zerebraler Aktivitäten begreift.30 Der Punkt, der McLuhan und Lacan trennt, liegt vielmehr erstens in McLuhans Eskamotage des Realen im Lacanschen Sinne und zweitens in dem dadurch bedingten Rückfall in einen imaginär reduziertes Erfahrungsradius. Zum ersten Unterscheidungsmoment, zum Realen, zu dem X, für das das "das Wort Aas völlig unzureichend ist": das "Fleisch, das man niemals sieht, [...] die Sekreta par excellence, das Fleisch, aus dem alles hervorgeht, aus der tiefsten Tiefe selbst des Geheimnisses..." – diese Formulierungen sind, wie oben erläutert, nur Näherungen des realen Körpers, der sich, unvorstellbar, unnahbar, unverfügbar, jeder materialistischen und jeder mathematischen, jeder ontologischen und jeder sinnesphysiologischen Festlegung entzieht. Arepräsentativ und unabbildbar ist die Extension des Zentralnervensystem zum weltumgreifenden Kommunikationssystem sicher auch, aber dennoch nicht unverfügbar, und hier kommt McLuhan die Elektrizität zu Hilfe, deren Ankunft er als Beginn des neuen Medienzeitalters bereits enthusiastisch begrüsst hatte, und er inseriert sie ganz einfach und umstandslos in das neurologischsinnesphysiologische System, um so das, was bei Lacan unergründbar ist und bleiben wird, zu begründen als ein nach den Gesetzen der Elektrizitätsphysik funktionierendes und infolgedessen mit allen elektrischen Kommunikationsmedien kompatibles und verschaltbares Gehirn. McLuhan sagt es explizit: Das elektrische Netz ist ein "naturgetreues Modell"31 des Zentralnervensystems, und als ein in die modernen computerisierten Medien extendiertes bildet einen "totalen und umfassenden" Organismus, eine "organische Einheit" – eben die oben beschriebene Körper-Medien-Symbiose -, die für ihn zugleich den apokatastischen Endpunkt einer Evolution darstellt, an dem alle stationären Traumata und Amputationserfahrungen in einer Harmonisierung des synästhetischen Wahrnehmungssystems Heilung und Versöhnung finden. "McLuhan setzt die ontologische Figur des Menschen, dessen Synästhesie, dessen übergreifendes Zusammenspiel von all seinen Sinne, gleichsam als anthropologisches Faktum überhistorisch schon immer gegeben ist."32 Dass eine den kybernetischen und informationstheoretischen Vorgaben entsprechend technisierte Physiologie nicht ausreicht, um diese Vision zu tragen, dass es vielmehr zusätzlich eine enorme Aufladung mit jener spiritistischen Energie, die selbst Teil der Genealogie der Elektrizitäts- und Mediengeschichte im 20. Jahrhundert ist, braucht, wurde bereits bemerkt.33 Um zum zweiten Moment, in dem McLuhan und Lacan divergieren, zu kommen, zur imaginäre Re-Inkubation, die den ersteren heimsucht, so stellt die von McLuhan angerufene "organische Einheit" nichts anderes dar als eine Rehabilitation des imaginären Körpers auf einer höheren Potenzebene. McLuhan stürzt auf die imaginäre Ebene zurück, indem er erstens seinen hybriden Mensch-Maschine-Organismus ontologisiert, das heisst mit dem Sein selbst identifiziert, und diesen zweitens unifiziert, also als eine totale und globale Einheit begreift – damit aber erfüllt er alle von Lacan an den imaginären Körper geknüpften Kriterien34. Und 6 7 so blendet er zugleich den durch Uneinheitlichkeit, Nicht-Assimilierbarkeit und Undenkbarkeit bestimmten realen Körper vollkommen aus, er entgeht der "schrecklichen Entdeckung [...] des Fleisches, das man niemals sieht, [...] des Fleisches, insofern es leidend ist, insofern es unförmig ist, insofern seine Form durch sich selbst etwas ist, das Angst hervorruft." Wenden wir uns nun der Mensch-Maschine-Verbindung zu, wie Lacan sie entwirft, so sticht zunächst ins Auge, dass auch für das Lacansche Unbewusste die Elektrizitätsphysik und die sich daraus entwickelnden technischen, kybernetischen und computerisierten Medien eine kardinale Rolle spielen.35 Im Unterschied zu McLuhan jedoch, der eine faktische Analogie zwischen dem ZNS und einer elektrischen Signalverarbeitungsanlage zieht, haben die diskreten und selbstdekonstruktivistischen Alternationen eines elektrischen und eines magnetischen Feldes, die binären Wechsel von On und Off, 0 und 1 in bezug auf das Lacansche Unbewusste lediglich eine metaphorische Funktion inne, denn andernfalls müsste das Unbewusste mit dem ZNS identifiziert werden, und aber eine solche Identifizierung oder Materialisierung konfligiert, wie soeben gezeigt, mit der Verfasstheit des realen Körpers. Wie bei McLuhan und doch völlig anders wird dieser Körper bei Lacan zu einem Medium. Auf dem Medienapriori der elektrischen und computerisierten Medien des 20. Jahrhunderts entwickelt Lacan die Theorie des signifikant-sprachlich strukturierten und des korpsifizierten Unbewussten: ein nach einer ursprünglichen Klüftung, einem "Einschuss"36, als Wiederholung seiendes Sein, ein pulsierendes Sein37, bei dem die beiden Momente der Schusswunde - Ur und Sache, Sein und Nicht-Sein, Fort und Da – "wechselseitig aufgerufen [werden] nach den Gesetzen einer Gedächtnisorganisation, [...] deren Funktionieren durch das Gesetz des Lustprinzips geregelt ist"38. Die Voraussetzung für die Mediatisierung ist also ein "Einschuss": In das reale 'Sein' in seiner vorsprachlichen Unbegrenztheit wird eine Kluft, eine Spaltung oder ein symbolischer Mangel (Lacan schreibt diesen mit der Sigle Phi an) eingeführt, derart, dass es in den Stand gesetzt wird, zwei unterschiedliche Zustände (on/off, fort/da, 0/1) realisieren zu können. Die Zufügung des symbolischen Mangels Phi, der das Subjekt klüftet und diskretisiert, ereignet sich im Moment eines Traumas - Lacan spricht in diesem Zusammenhang auch von symbolischer Tötung -, der als solcher unmöglich zu rekonstruieren ist.39 Und ebenso unmöglich vorstellbar geschweige denn technisch oder neurophysiologisch verifizierbar ist die Wunde des diskretisierten Seins als solchen und die daraus Anlauf nehmende Operationalität des symbolischen Mangels (Phi) im Unbewussten – eine als temporales Pulsieren40 seiende Klüftung, zugleich Taktgeber des zwischen Real-Sein und KörperImago alternierenden Spiegelstadiums und grundlegende Skansion all jener Übertragungen von der Fille Fatale im traubenzuckerfarben Flou-Kleid aus Chiffon bis zum Zement-Millionär im Brioni-Anzug und einer mit sinnenfrohen Faunen bemusterten Seidenkrawatte. Rückkehr ins Spiegellabyrinth – mit oder ohne Ausgang? Damit bewegen wir uns von einer anderen Flanke her wieder auf das Spiegelstadium zu und den darin inbegriffenen Aporien: Subjektspaltung, Selbstentfremdung und ein unentrinnbares EntwederOder. Entweder das Real-Sein des Körpers, zerstückelt, kreatürlich und im doppelten Wortsinne unansehbar, oder die Elevation einer majestätischen Ichfunktion auf der Spiegelebene. Entweder aasige Blähung und Blase oder eine aparte Seraphina im schwarzen Satinkleid mit schwarzer GazeJacke, zusammengehalten von einem grossen eiförmigen Opal. Entweder unsägliche Fleischschollen, 7 8 leidend und unförmig, oder ein Immobilienmillionär mit präsenzaffirmierender Aura im Herrenmantel aus anthrazitfarbenem Cashmere. Kurzum: entweder 'ich bin' oder 'ich denke' bzw. 'ich sehe mich'. Nun aber, im Blick auf die soeben entfaltete Konzeption des mediatisierten Unbewussten, lässt sich das Verhältnis zwischen den beiden Polen, die diese Figur des EntwederOder aufspannen - der reale Körper, unverfügbar für Reflexion und Vorstellung, auf der einen Seite, und der imaginäre, vom Bewusstsein oder der Ichfunktion verwaltete Körper andererseits -, spezifizieren als ein Verhältnis, das nicht etwa eine räumliche Trennung zwischen unterschiedlichen, koexistierenden Zuständen, sondern vielmehr ein zeitlich-dialektisches Umschlagen beschreibt, in dem sich die Operationalität des symbolischen Mangels, die Alternation von Sein und Nicht-Sein, reflektiert. Eine Vorstellung, die mit einer räumlichen Trennung von Unbewusstem und Bewusstsein und damit mit der Unterstellung eines symmetrischen Verhältnisses arbeitete, würde in die Irre und die Versuchung geleitet – und es wird sich zeigen sein, dass McLuhan dieser Versuchung nicht entkommen konnte -, das Unbewusste zu einem Bewusstsein mit umgekehrtem Vorzeichen, zur Inversion, zur Kehrseite des Bewussten, zu vereinfachen, sich in einem weiteren Schritt anzumassen, das Unbewusste einfach und als solches durch umkehrende Abbildung zu dechiffrieren41 und damit die Spaltung des Subjekts auf eine banalisierende und rettlos zum Scheitern verurteilte Weise zu verkleben. Gegen all diese Kleber der Psychologie macht Lacan wiederholt und mit Nachdruck geltend, dass die Relation von unbewusstem und bewusstem Subjekt keinerlei Komplementarität aufweist, dass es nicht um eine Dualität von Vorder- und Rückseite geht, "...dass das Unbewusste, wie Freud immer unterstrichen hat, seine Wirkung nicht einfach aus jenem Zug bezieht, ein unbewusst*, ein nicht-bewusst zu sein"42. Das Ego kann sich deswegen nicht durch simple Vorzeichenumkehr seiner selbst vergegenwärtigen, weil es nicht räumlich, sondern zeitlich-syntaktisch vom Unbewussten separiert ist; das im Spiegelstadium zum Ausdruck kommende 'vel' der Entfremdung ist ein zeitlich-dialektisch strukturiertes Entweder-Oder: "Die Entfremdung besteht vielmehr in einem 'vel', das das Subjekt - wenn Sie nichts dagegen haben, greife ich das Wort 'verdammt' wieder auf - das also das Subjekt dazu verdammt, ausschliesslich in jener Teilung aufzutreten, die ich eben, scheint mir, hinreichend charakterisiert habe, als ich sagte, dass das Subjekt einerseits als durch den Signifikanten produzierter Sinn, andererseits als 'Aphanisis' auftritt. [...] Es gibt kein Subjekt, ohne dass, irgendwo, 'Aphanisis' des Subjekts wäre, und auf dieser Entfremdung, dieser Spaltung beruht die Dialektik des Subjekts. [...] Es gibt aufgrund des 'vel', des empfindlichen Punkts, des Balance-Punkts ein Auftauchen des Subjekts auf der Sinnebene allein durch dessen 'Aphanisis' am Andern Ort, der der Ort des Unbewussten ist."43 Entweder-Oder: entweder ein sich jedem vorstellenden Zugang entziehender Prozess im realen Medialen des Körpers oder die im Moment des Schwindens, der 'Aphanisis' des Realen, das heisst im Moment der Übertragung eintretende Erblindung, das Verdikt zu jener Verkennung, die ('me connaître' = 'méconnaître') zugleich Voraussetzung für jede (Selbst-)Erkenntnis ist; entweder ein unbetretbarer Ort, "Anderer Ort", "Ort des Unbewussten" oder der unumgehbar imaginäre, illusorische, virtuelle Charakter der Realität samt Ich ('moi') und Bedeutung – ein Entweder-Oder, das nur auf der Achse der medienapriorisch fundierten Zeit des Diskreten zu denken ist, eine Spaltung, die, ebenso wie der unvorstellbare symbolische Mangel nicht mit einer vorstellbaren Leere oder einem Loch gleichgesetzt werden darf, die sich nicht räumlich lokalisieren und objektivieren lässt, weil es sich um eine sich im realen Körper exekutierende Operation handelt. Das Subjekt ist 8 9 nicht 'als solches', es ist keine fürsichseiende, essentialisierbare Einheit – "es gibt kein Subjekt, ohne dass, irgendwo, 'Aphanisis' des Subjekts wäre" - , das Subjekt 'ist' vielmehr nur als ein prozedual seiendes, ein zeitlich-dialektischer Wechsel zwischen zwei diskret aufeinander bezogenen Zuständen. Der Seinsmangel, der das Lacansche Subjekt zeichnet, lässt sich im Blick auf die zeitlich bestimmte Dialektik des 'vel', des Entweder-Oder, nun präzisieren als die Unmöglichkeit einer Simultaneität von 'ich bin' und 'ich sehe mich', Unmöglichkeit der Kongruenz von Unbewusstem und Bewusstsein – es ist die Unmöglichkeit des Zusammenfalls der beiden Pole der Spiegel-Dialektik. Jener Moment von Hochzeit, Erfüllung, Epiphanie, in dem Sein und Schein sich zum wahren Bild des Seins versöhnten und die Rückfahrt zur cartesischen Seinsgewissheit einläuteten, kann niemals einreten, denn "alles läuft auf das 'to be or not to be' hinaus, auf die Wahl zwischen dem, was herauskommen wird oder nicht, auf das primordiale Paar des Plus oder des Minus. Doch Präsenz wie Absenz konnotieren mögliche Präsenz oder Absenz. Sowie das Subjekt selbst zum Sein kommt, verdankt es das einem bestimmten Nicht-Sein, über dem es sein Sein errichtet."44 Aus diesem Zitat erschliesst sich abermals, dass der symbolische Mangel als zeitlich diskrete Operationalität von Sein und Nicht-Sein keinen Mangel an etwas, keine Defizienz darstellt, die sich kompensieren liesse durch eine den Körper technisierende oder die Technik somatisierende Organverlängerung. Der symbolische Mangel, der das Lacansche Subjekt buchstäblich konstituiert und operationalisiert, könnte nur um den Preis der Eliminierung dieses Subjekts selbst ausgeglichen oder behoben werden, ein Geschick, das sich grundsätzlich unterscheidet vom Endschicksal des McLuhanschen KörperMedien-Organismus, der im Finale auf Heilung, Sanierung und Erlösung hoffen darf. So gelangen wir am Ende dieses Textes, der auf die Gemeinsamkeiten, aber auch auf deren Grenzen, auf die Unvereinbarkeiten der Konzeptionen Lacans und McLuhans abgehoben hat, wieder zurück zur Ausgangsszene, zur Gefangennahme der beiden Narzisse von ihrem Spiegelbild, nun zaghaft nachfragend: Gibt es einen Ausgang aus der Sackgasse, die das Bewusstsein im Moment der Erkenntnis zugleich zu einer mit dieser unumgänglich verbundenen Verkennung verflucht, gibt es eine Möglichkeit der Akkommodation von 'ich bin' und 'ich sehe mich', von Selbstamputation und Selbsterkenntnis ? Was den Narziss Lacans betrifft, so stand die Antwort bereits zu Beginn dieses Aufsatzes unverrückbar und unhintergehbar fest und wird durch die vorangegangen Erläuterungen zur zeitlich-syntaktischen Trennung von Unbewusstem und Bewusstsein, die die Konzeption eines diskretisierten und operationalisierten Subjekts impliziert, sowie zum symbolischen Mangel als dem elementaren Operator dieses Subjekts, noch einmal konsolidiert: no exit, keine mit sich identische Seraphina, kein fürsichseiender Zementmillionär, und die Fille Fatale im Traubenzuckerfarbenen wird auf immer zwischen FF und FF’ oszillieren: "Wir haben hier zwei Punkte, O und O'. Warum O und O'? Ein kleines Mädchen - eine virtuelle Frau, also ein im Realen sehr viel engagierteres Wesen als die Jungen - hat eines Tages einen sehr schönen Witz gemacht - Ah! man soll nicht glauben, dass sich mein ganzes Leben zwischen O und O' abspielen wird. Armer Schatz! Es wird sich, dein Leben, zwischen O und O' abspielen, wie für alle Welt. Aber schliesslich sagt sie uns da, worauf sie aus ist. Ihr zu Ehren möchte ich diese Punkte O und O' nennen. Damit muss man sich schon abfinden."45 Als ein dezentriertes und gespaltenes Subjekt, das aus innersten konstitutiven Gründen unmöglich zugleich sein und sich sehen kann, bleibt es auch nach dem Eintritt in die Sprache46 auf die 9 10 imaginäre Ebene FF-FF’ bzw. O-O’ verwiesen, bleibt in Liebe und Hass jenem Spiegelpartner verbunden, der ihm das Bild eines Ich in der Blüte seiner Ganzheit und Grossartigkeit spendet. Jede Erfahrung des selbst wie auch jede Beziehung zum Objekt, jeder Akt der Vorstellung, der Bedeutungszuweisung, des Denkens, läuft zunächst über eine identifikatorische Struktur, eine narzisstische Verhaftung. Die Ich-Funktion ist eine genuine Verkennungsfunktion, und übrigens ist das überhaupt keine Anomalie, kein Fehler innerhalb des Bewusstseins, der korrigiert werden könnte, sondern ein völlig normaler, metabolitischer Trugbildpilot. Würde, um es mit McLuhan zu formulieren, die "Selbstamputation" und damit der entscheidende Operator, der diesen ganzen Bewusstseins- und Erkenntnisapparat trägt und prozessiert, selbst der Erkenntnis zugeführt und mit ihr kurzgeschlossen, so käme es instantan zur Kollabion des Gesamtsystems. Anders als der Narziss Lacans, der bis zum grossen, dumpfen, unentrinnbaren Gong des Todes, bis zur "Wiederkehr des Steinernen Gasts"47 verkennungstüchtig zwischen O und O’ fluktuieren wird, schimmert für den McLuhanschen Narziss die Hoffnung auf Befreiung aus der Spiegel-Kaserne, auf ein Erwachen aus der Narkose und Tränkung des Bewusstseins mit Wahrheit und Seinsgewissheit, auf Relevation und Offenbarung. Ist die Unmöglichkeit der Konzentrizität von Bewusstsein und Unbewusstem, 'ich sehe mich' und 'ich bin' für das Lacansche Subjekt wesenhaft, so bietet sich für McLuhans Subjekt im Zeitalter der Implosion als dem Abschluss der Evolution des Mensch-MaschineOrganismus unter bestimmten Bedingungen die Chance, der Impasse des Narziss, dem seinerseits mit der unzugänglichen Eigendynamik einer Suchtstruktur laufenden Teufelskreis zwischen Erweiterung, Verletzung und Betäubung zu entkommen, um im Zuge einer universalen und ubiquitären Bewusstwerdung in eine Welt befördert zu werden, die McLuhan in hymnischen und messianistischen Tönen beschreibt: "Es ist das Bild des Goldenen Zeitalters als einer Welt der vollständigen Metamorphose oder Übertragung der Natur in menschliche Kunst, die sich unserem Zeitalter der Elektrizität nun eröffnet. [...] Und alle Medien als Ausweitungen unserer Person dienen dazu, uns neue umformende Einsicht und Bewusstheit zu geben. [...] Wenn wir einmal unser Zentralnervensystem zur elektromagnetischen Technik ausgeweitet haben, ist es nur mehr ein Schritt zur Übertragung unseres Bewusstseins auch auf die Welt der Computer. Dann werden wir zumindest das Bewusstsein so programmieren können, dass es von der narzisstischen Illusion der Welt des Vergnügens nicht mehr abgelenkt oder betäubt werden kann, die den Menschen immer verfolgt hat, wenn er sich in seinen eigenen Kinkerlitzchen erweitert sah." 48 Aber dieser elysische Zustand, in dem die "Übertragung unseres ganzen Lebens in die geistige Form der Information" stattgefunden und "den ganzen Erdball und die Familie der Menscheit zu einem einzigen Bewusstsein" gemacht hat49, ist bis auf weiteres noch kein Ist-Wert, noch keine Realität, sondern vielmehr nur eine unter anderen Möglichkeiten des Ausgangs des in der globalen Elektrifizierung und Digitalisierung der Welt, in der Implosion kulminierenden Evolutionsprozesses. Dass dieser nicht etwa mit Hegelscher Notwendigkeit im Hafen des "Goldenen Zeitalters" einläuft, geht aus McLuhans eindringlichen Warnungen vor den verheerenden Folgen eines möglichen Abusus der modernen, das ZNS extendierenden Medien der Computerisierung unmissverständlich hervor: "Wenn wir einmal unsere Sinne und unser Nervensystem der persönlichen Manipulation jener überlassen haben, die unsere Augen und Ohren pachten und Zinsen daraus zu schlagen versuchen, bleiben uns eigentlich keine Rechte mehr."50 Die Virulenz zu diesem Missbrauch, oder besser: 10 11 schadhaftem und malignen Zustand (denn die Extensionsthese impliziert ja zugleich die Unmöglichkeit und den Anachronismus eines Denkens, das mit der Dualität, dem Gegenüber zweier getrennter Bereiche, Menschen einerseits und Medien andererseits, arbeitet) haust jedoch in den Medien, im Mensch-Medien-Organismus selbst. Zum Ausdruck kommt dieser zweideutige und doppelgesichtige Charakter der modernen Medien, in denen zwar die Chance zur Realisierung der universalen Katharsis und Relevation der Menschheit angelegt ist, die jedoch keineswegs an sich schon als Empfangsportal des Goldenen Zeitalters zurechenbar sind, in McLuhans Verweis auf die gefährliche und verführerische Macht eines jeden Mediums, "seine eigenen Postulate dem Ahnungslosen aufzuzwingen. Voraussage und Steuerung bestehen darin, diesen unterschwelligen narzisstischen Trancezustand zu vermeiden. Aber am meisten hilft in diesem Fall einfach die Erkenntnis, dass der Zauber sofort nach Kontaktaufnahme, wie bei den ersten Takten einer Melodie, wirken kann"51; oder auch in seiner Diagnose, dass die "unterschwellige und bereitwillige Hinnahme des Einflusses der Medien [...] für die Menschen, die sie verwendeten, Gefängnisse ohne Mauern errichtet [hat]"52 und schliesslich in seiner Bemerkung, "jedes Medium [...] [sei] auch eine wirksame Waffe, mit der andere Medien und andere Gruppen besiegt werden können"53. Kurzum: zwar wird die Extensionsthese abgestützt durch eine anlagebedingte, entwicklungsbiologische Unumgehbarbarkeit – "wir müssen unser Zentralnervensystem betäuben, wenn es erweitert oder exponiert wird, oder wir gehen zugrunde"54 -, aber ob dieser Prozess in der Hölle oder im Himmel enden wird, "ob die Ausweitung des Bewusstseins, die Werbefachleute für bestimmte Erzeugnisse schon so lange anstreben, 'etwas Gutes' sein wird, ist eine Frage, die nicht mit einem Satz beantwortet werden kann" 55. Ob die servomechanistische Vermählung von Körper und Medien Narziss aus dem Kokon der Verkennung befreien oder umgekehrt noch weiter und unrettbarer in ihn verstricken wird, hängt in diesem amphibischen Zeitalter – "so ist das Zeitalter der Angst und der elektrischen Medien auch das Zeitalter des Unbewussten und der Apathie. Aber es ist bezeichnenderweise auch das Zeitalter, in dem wir uns des Unbewussten bewusst sind"56 – von den oben genannten Bedingungen ab. Vor deren Nennung sei noch einmal festgehalten: Was Narziss angeht, so wird dieser also nicht automatisch und eingebunden in eine Hegelsche Dynamik aus der Verkennung in den Zustand eines höheren und weitsichtigeren Bewusstseins transzendiert. Und was McLuhan angeht, so lässt sich dieser nicht auf die Identität des sektiererischen Propheten eines seligen, ambrosischen, geläuterten Medienendzeitalters festschreiben, sondern agiert mit beinahe schizoider Gleichzeitigkeit als strenger, wachsamer, mitunter menetekelnder und eschatologische Visionen bedienender Medienkritiker – ein zweites Ego, das, in den Registern Lacans gedacht und formuliert, zweifelsohne aus einer narzisstischen Identifizierung mit McLuhans frühem Idol Percy Wyndham Lewis erwächst, Maler, Schriftsteller, Essayist, Kulturkritiker, Pamphletist, Soziologe, Spiritist, Avantgardist, zusammen mit Ezra Pound Mitbegründer des Vortizismus57, ein von der Massenkultur und mechanisierten Reklameindustrie der zwanziger Jahre Ausgestossener, ein Misfit, polemischer Widersacher und Streiter. Damit aber stehen wir direkt vor den Bedingungen, die erfüllt sein müssen, um Narziss aus dem Ghetto der Selbstverkennung in die Illumination "einer Welt der vollständigen Metamorphose oder Übertragung der Natur in menschliche Kunst"58 zu überführen. Wir stehen vor dem Mann, der einer missbräuchlichen und profanisierenden Kommerzialisierung der Medien analytisch 11 12 entgegentreten und diese so unterbinden kann, der den "Ahnungslosen" aufklären und so aus dem "unterschwelligen narzisstischen Trancezustand" erwecken kann, der zu der "Erkenntnis, dass der Zauber sofort nach Kontaktaufnahme, wie bei den ersten Takten einer Melodie, wirken kann"59, befähigt ist, um so diesem Zauber nicht zu erliegen, der gegen die den Medien innewohnenden bösen Mächte immunisieren und die guten katalysieren kann, so dass aus dem "Gefängnis ohne Mauern"60 ein Goldenes Zeitalter wird, wir stehen vor dem Künstler, vor Wyndham Lewis. McLuhan überweist den traumatisierten und in Folge betäubten Narziss nicht an einen Psychoanalytiker, sondern an den Künstler, denn diesem allein konzediert er die Fähigkeit, sich in ein distanziertes Verhältnis den Medien gegenüber setzen, sie als Verlängerungen des eigenen Körpers erkennen zu können und so das Ende des Verlaufs – denn das ist mit der Elektrizität so oder so gekommen – zum Guten, in den Himmel zu lenken. Unter Anleitung des Künstlers kann die im Zeitalter der Implosion liegende Chance ergriffen und jenes utopische Projekt zur Entfaltung gebracht werden, in dem das Unbewusste mitsamt den für es konstitutiven Verdrängungen und Verkennungen aufgelöst wird in einem ZNS und IBM gleichermassen in sich umfassenden Bewusstsein, weltumspannend, hypermorph, kollektiv, ein technoanthropoides Bewusstseinsorgan, eine gleissende, glatte, in sanften "schöpferischen" Rhythmen dynamisierte Spähre ohne Abgründe, Frakturen, ohne dunkle Klüftungen, eine Phantasmagorie, von der Freud sich mit vornehmer Langsamkeit, aber innerlich in mittleren Graden erschüttert, abgewendet und in der Lacan ohne einen Wimpernschlag des Zögerns die Grosse Psychose diagnostiziert hätte. Wie immer auch, der Künstler oder die intersubjektive Relation Lewis-McLuhan kommt und .... "rasch nähern wir uns der Endphase der Ausweitung des Menschen der technischen Analogiedarstellung des Bewusstseins, mit der der schöpferische Erkenntnisprozess kollektiv und korporativ auf die ganze menschliche Gesellschaft ausgeweitet wird, und zwar auf ziemlich dieselbe Weise, wie wir unsere Sinne und Nerven durch verschiedene Medien bereits ausgeweitet haben"61. Mit Hilfe des Künstlers werden die Negativwirkungen der Selbstextension – temporäre Verwundung, Verstörung, Anästhesierung – besiegt zugunsten der Positivwirkungen, mit Hilfe des Künstlers vermögen wir zu begreifen, dass "alle Medien als Ausweitungen unserer Person [...] dazu [dienen], uns neue umformende Einsicht und Bewusstheit zu geben", da wir durch diese Medien, das heisst durch die in Computer extendierten Gehirne in den Stand gesetzt werden, den höchsten Glückszustand der störfreien Synästhesie zu realisieren und darüber hinaus "die Verhältnisse der Sinne untereinander so zu programmieren, dass sie dem Zustand des Bewusstseins nahekommen". Der Künstler kommt, Narziss wird zum Phönix auf elektromagnetischer Schwinge, und am Goldenen Ende "werden wir zumindest das Bewusstsein so programmieren können, dass es von der narzisstischen Illusion der Welt des Vergnügens nicht mehr abgelenkt oder betäubt werden kann"62. Bei Lacan – keine Vergoldung der Wirklichkeit. Vielmehr gilt es, "einfach die Augen für diese Evidenz [zu] öffnen, dass es keinen grösseren Murks gibt als die menschliche Realität"63. So sehr das Lacansche Subjekt auf der einen Seite und das von neuen Medien zunächst betäubte und sinnesphysiologisch deregulierte Subjekt McLuhans andererseits sich als gemeinsame Weggefährten auf einer klar abgemessenen Strecke zu erweisen scheinen, so sehr teilen sich diese Wege in dem Moment, in dem das Numen der Elektrizität, der grosse Pan des Elektromagnetismus über den "ganzen Erdball" kommt und die Mitglieder der "Familie der Menschheit“ zu einem höheren und 12 13 einheitlichen Bewusstsein fusionieren lässt – und nicht etwa, wie bei Lacan, klüftet und diskretisiert. An dem Punkt, an dem McLuhan in einer Symbiotisierung von Körper und Medium, ZNS und Strom als implementierter Information, zu einem "totalen und umfassenden" Organismus eine vervollkommnete Synästhesie der Sinne und damit die himmlische "Endphase der Ausweitung des Menschen"64 begrüsst, diagnostiziert Lacan eine Regression in imaginäre Denkgefilde. Die Wege teilen sich. Der eine führt in die Kirche von 'global village', in der mit Digital-Sound-Qualität aus allen Ecken McLuhans Stimme resoniert: "Für den gebildeten, gespaltenen westlichen Menschen besteht zunächst die Aussicht, dass, wenn er in seiner eigenen Kultur mit der elektrischen Implosion Bekanntschaft macht, er ständig und rasch zu einer komplexen Persönlichkeit mit ausgeprägter Tiefenstruktur umgeformt wird und sich gefühlsmässig seiner totalen gegenseitigen Abhängigkeit von der ganzen übrigen menschlichen Gesellschaft bewusst wird."65 Der andere führt in die Hörsäle von St. Anne, wo Lacan vor seinen Seminaristen Klarheit schafft, vornehm, detachiert und unmissverständlich: "Es langt aber auch nicht, wenn man [...] den Mund voll hat mit Sprüchen von der 'totalen Persönlichkeit', um nur etwas Artikuliertes gesagt zu haben über die Möglichkeit der Vermittlung. Die radikale Heteronomie, die [...] im Menschen aufklafft, kann nicht wieder zugedeckt werden, ohne dass aus alledem, was hier im Spiel ist, grober Unfug wird."66 Der eine leitet in das "Streben [...] nach Ganzheit, Einfühlungsvermögen und Erlebnistiefe, [das] [...] eine natürliche Begleiterscheinung der Technik der Elektrizität [ist]"67, der andere führt gegen die "Analyse der Gesamtpersönlichkeit und anderes verkorkstes Zeug"68 ins Feld, dass "ich an dem Ort [bin], von dem der Schrei aufsteigt, dass "das Universum einen Fehler in der Reinheit des Nicht-Seins darstellt"69. Der eine Weg führt ins Goldene Zeitalter, der andere zum Steinernen Gast. Ist es so, dass am Ende dieses Versuchs, McLuhan und Lacan zu dialogisieren, nichts anderes bleibt als ein leerer Teich und unvereinbare Gegensätze? - Gegensätze, was das Konzept des Körpers und der Körper-Medien-Vernetzung, was das Schicksal des Narziss und was nicht zuletzt den Mangel betrifft, der, das lässt sich aus den von McLuhan in das Zeitalter der Implosion inserierten Hoffnungen ersehen, beim McLuhanschen Subjekts kein symbolischer Mangel, kein mit der anankéhaften Notwendigkeit einer "condition humaine" installierter Operator, sondern im Gegenteil ein Mangel an etwas, an einer organischen Funktionsfähigkeit ist, die durch Körperextension in Technik und Medien kompensierbar ist; und auch wenn dies auf das Gleichgewicht der Sinne zunächst eine desorganisierende Wirkung ausübt, als traumatische Amputation erlitten wird und narkotisierende Gegenmassnahmen reklamiert, so erweisen sich diese Erschütterungen retrospektiv nach Anbruch des Goldenen Zeitalters als vorübergehende Nebenwirkungen und Begleiterscheinungen. Aber selbst wenn es so ist, dass dieser Vortrag mit einer Weggabelung und somit mit einer Enttäuschung derjenigen Leser, die sich eine reibungslose Deklination McLuhan-mit-Lacan und vice versa erhofft hatten, enden muss, dann räumt dies weder der Torontoer Schule, noch den Lacanisten das Recht ein, einander zu ignorieren. Denn erstens gilt: "Wenn man enttäuscht ist, hat man immer unrecht. Man darf niemals enttäuscht sein von Antworten, die man bekommt, denn wenn man's ist, das ist wunderbar, dann beweist das, daß es eine wahre Antwort war, das heißt das, was man gerade nicht erwartete."70 Und weiter: "An diesen äussersten Grenzen begreift man wie nirgendwo, dass der Hass auf die Liebe herausgibt, rend la monnaie de l'amour, dass aber Ignoranz ohne Vergebung bleibt."71 13 14 Literatur: Bitsch, Annette (2001): Always Crashing into the Same Car. Jacques Lacans Mathematik des Unbewussten. Weimar: VDG. Deuber-Mankowsky, Astrid (2001): Lara Croft – Modell, Medium, Cyberheldin. 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Hrsg. v. Norbert Haas. Weinheim-Berlin: Quadriga. Lacan, Jacques (1978a): Das Seminar XI, Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse (1963-1964). Hrsg. v. Norbert Haas. Weinheim-Berlin: Quadriga. Lacan, Jacques (1980): Schriften III. Hrsg. v. Norbert Haas. Weinheim-Berlin: Quadriga Lacan, Jacques (1980a): Das Seminar II, Das Ich in der Theorie Freuds und in der Technik der Psychoanalyse (1954-1955). Hrsg. v. Norbert Haas. Weinheim-Berlin: Quadriga. Lacan, Jacques (1986): Das Seminar XX, Encore (1973-1974). Hrsg. v. Norbert Haas. WeinheimBerlin: Quadriga. Lacan, Jacques (1986/1987): "Hamlet", in: Wo es war Nr. 2 (1986) und Nr. 3/4 (1987). Ljubljana. Lacan, Jacques (1990): Das Seminar III, Die Psychosen (1955-1956). Hamburg. Lacan, Jacques (1996): Das Seminar VII, Die Ethik der Psychoanalyse (1959-1960). Hrsg. v. Norbert Haas. Weinheim-Berlin: Quadriga. McLuhan, Marshall (1992): Die magischen Kanäle. "Understanding Media". Düsseldorf –Wien-New York-Moskau: Econ. 15 1 Eine abschlussreiche Ausnahme soll hier nicht unerwähnt bleiben. So rekonstruiert Astrid Deuber-Mankowsky die der Inklusionsthese und Implikationsthese innewohnende metaphorische Struktur, um in Folge den Anschluss an weitere, für die Lacansche Theorie konstitutive Denkfiguren herzustellen. Vgl. Deuber-Mankowsky 2001: 33-40. 2 Vgl. Lacan 1978a: 73: "'Haler', also: ziehen. Aber was ziehen? Vielleicht, doppeldeutig wie das Wort ist: ein Los ziehen.. Mit diesem Zwang* wären wir dann bei der 'carte forcie' - wenn nur eine Karte im Spiel ist, kann ich nur diese ziehen." 3 Lacan 1980a: 294 4 Lacan 1978: 105. 5 Lacan 1990: 128. 6 Vgl. Lacan (1978): 128f. 7 Ebd. 354. 8 Vgl. Kloock/Spahr (1997). 9 Vgl. Hagen 1998; Hagen 2005: 1-65. 10 Vgl. McLuhan 1992: 11. 11 Vgl. ebd. 78: "Unser Wort `erfassen´ oder `begreifen´ selbst schon weist auf die Art und Weise hin, wie wir viele Seiten gleichzeitig durch eine andere verstehen, wie wir viele Seiten gleichzeitig durch mehr als einen Sinn zur selben Zeit manipulieren und aufnehmen. Es beginnt nun klarzuwerden, daß das `Tastgefühl´ nicht die Haut ist, sondern das Wechselspiel aller Sinne, und beim `In-Fühlung-bleiben´ oder `Fühlungaufnehmen´ handelt es sich um eine fruchtbare Verbindung aller Sinne, um Gesichtseindrücke, die in Schallempfindungen und Schallempfindungen, die in Bewegung und Geschmacks- und Geruchsempfindungen übertragen werden." 12 Ebd. 77-79. 13 Vgl. Hartmann 2001. 14 McLuhan 1992: 61-63. 15 Ebd. 57-60. 16 Vgl Freud 1999: GW I 84, GW X 444f und GW XI 283f; vgl. Lacan 1975: 44; Lacan 1978: 240-246. 17 McLuhan 1992: 77. 18 Ebd. 59. 19 Ebd. 58f. 20 Lacan 1978a: 205f. 21 Lacan 1996: 116. 22 Lacan 1978a: 206. 23 Ebd. 216. 24 Mit dem von Bruno Latour und Jacques Derrida übernommenen Begriff der Technoscience markiert Donna Harraway die durch die Technisierung des Wissens bedingte epistemologische Zäsur um 1950, durch die klassische Dichotomien wie Technik vs. Natur, Subjekt vs. Objekt und Natürlichkeit vs. Künstlichkeit untergraben und aufgelöst werden. Vgl. Haraway 1995: 105 und 111. 25 Zur Inkubation der McLuhanschen Theorie durch die Konzepte des wissenschaftlichen Spiritismus vgl. Hagen 2000. 26 Mc Luhan 1992: 13f. 27 Lacan 1973: 104 u. 236f; ebd. 1996: 8-22, 72, 154. 28 Lacan 1980a: 294. 29 Ebd. 199f. 30 Vgl. Kloock/Spahr 1997: 42ff. 31 Mc Luhan 1992: 59. 32 Hagen 2000. 33 Vgl. Hagen 1999; Hagen 2000 und Hagen 2001. 34 Lacan evolviert diese Kriterien am Beispiel einer Ratte, das jedoch ohne weiteres auf McLuhans Mensch-MaschineGanzheit übertragbar ist. Vgl. Lacan 1986: 152: "Man nimmt sie nicht, diese Ratte, als Sein, sondern kurz und gut als Körper, was unterstellt, dass man sie ansieht als Einheit, als rättische Einheit. Aber, dieses Sein der Ratte, was stützt es dann? Man fragt sich das absolut nicht. Oder eher, man identifiziert ihr Sein und ihren Körper. Seit jeher stellte man sich vor, dass das Sein eine Art Fülle enthalten müsse, die ihm eigen sei. Das Sein, das ist ein Körper. Von da eben war man, in der ersten Näherung des Seins, ausgegangen und man hatte peinlichst herausgearbeitet eine ganze Hierarchie von Körpern." 35 Vgl. Lacan 1973: 28f, 58-60, 142ff; Lacan 1975: 44; Lacan 1980a: 129f, 154-157, 216, 227-241, 360-372, 373-390. Vgl. auch Bitsch 2001. 36 Lacan 1996: 74. 37 Vgl. Lacan 1975: 177, 216f; Lacan 1980: 165; Lacan 1978a: 37f, 131-133, 136, 150-152, 161, 218. 38 Lacan 1996: 74. 39 Vgl. Lacan 1978a: 73ff. 40 Siehe Fussnote 38. 41 Foucault hat dies in seiner Kritik der Psychologie im Kontext der episteme des Menschen als einen Rückfall in ein traditionell psychologistisches Denken decouvriert. Foucault zufolge prätendiert die moderne Psychologie, das Unbewusste einfach als Negativ des Bewusstseins abbilden zu können, d.h. sie unternimmt den unmöglichen Versuch, die Kantsche Erfahrung vermittels der Konstruktion einer empirisch-transzendentalen Dublette namens Mensch unterlaufen zu können. Vgl. Foucault 1974: 391-394, 389ff. 42 Lacan 1990: 15. 43 Lacan 1978a: 221f. Lacan 1980a: 244. 45 Lacan 1978: 211f. 46 Nicht im zeitlich-biographischen, wohl aber im zeitlich-dialektischen Sinne wird das Spiegelstadium überwunden, es wird mit Hegel aufgehoben, wobei die Bedeutung des Wortes 'aufheben' im Sinne von 'beenden' in Suspension gehalten wird durch die beiden anderen, ebenfalls unablösbar mit diesem Akt verbundenen Bedeutungen: 'bewahren' und 'auf eine höhere Ebene erheben'. Das oszillierende Verhältnis der beiden Momente des Spiegelstadiums wird integriert und reguliert durch den Eintritt des Subjekts in die Sprache. Der Übergang von der imaginären Schaukelbewegung der beiden kleinen anderen, des 'ich-oder-du' zwischen Hybris und Lähmung zur symbolischen Relation des 'ich' und des 'du' ist die (nur im Unbewussten stattfindende) Anerkennung, dass 'ich' und 'du' nicht zwei reale Personen darstellen, sondern Elemente der Sprache, d.h. zwei zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Subjekt eingenommenen Plätze oder Positionen innerhalb einer differentiell konstituierten symbolischen Ordnung. Vgl. Lacan 1978: 213: "'Ich' ist ein Verbalterm, dessen Gebrauch in einer bestimmten Referenz auf den anderen, die eine gesprochene Referenz ist, erlernt wird. Das 'ich' wird in der Referenz auf 'du' geboren." Vgl. auch 227: "Fortan tritt das Begehren des andern, das das Begehren des Menschen ist, in die Vermittlung der Sprache ein. Im andern, durch den andern wird das Begehren benannt. Es tritt in die symbolische Beziehung des 'ich' und des 'du' ein, in ein Verhältnis wechselseitiger Anerkennung und Transzendenz, in die Ordnung eines Gesetzes, das schon bereit ist, die Geschichte eines jeden Individuums einzuschliessen." 47 Vgl. Lacan 1973: 40: "So lautet die Antwort des Signifikanten jenseits aller Bedeutungen: 'Du glaubst zu handeln, während ich dich bewege an Fäden, mit welchen ich deine Begierden verknüpfe. So nehmen diese zu an Kraft und vermehren sich in die Objekte, die dich an die Zerissenheit deiner Kinderzeit zurückverweisen. Dies soll dein Festmahl sein bis zur Wiederkehr des Steinernen Gasts, der ich sein werde für dich, wenn du mich rufst.'" 48 Mc Luhan 1992: 78. 49 Ebd. 79. 50 Ebd. 87. 51 Ebd. 26. 52 Ebd. 32. 53 Ebd. 33. 54 Ebd. 64. 55 Ebd. 11. 56 Ebd. 64. 57 Beim Vortizismus handelt es sich um eine Avantgardegruppierung von Poeten, Bildhauern und Malern aus den frühen zehner Jahren Londons, vergleichbar mit dem Futurismus oder Kubismus. Vgl. Hagen (2000). 58 Mc Luhan 1992: 77. 59 Ebd. 26. 60 Ebd. 32. 61 Ebd. 11. 62 Ebd. 79. 63 Lacan 1990: 111. 64 McLuhan 1992: 11. 65 Ebd. 66f. 66 Lacan 1975: 50. 67 McLuhan 1992: 13. 68 Lacan 1980a: 84. 69 Ebd. 196. 70 Ebd. 302 71 Lacan 1973: 219. 44
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