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Jahrespressekonferenz
des Bayerischen Brauerbundes
Donnerstag, 11. Februar 2016
Statement des Präsidenten des
Bayerischen Brauerbundes e. V.
Friedrich Düll
Das bayerische Bierglas:
halb leer oder halb voll?
Die Absatzzahlen des Jahres 2015 lassen die bayerische Brauwirtschaft erhobenen Hauptes in ihr Jubiläumsjahr gehen.
Sie verdeutlichen zugleich, dass die Pauschalität, mit der z.B. das
Statistische Bundesamt die Entwicklung des deutschen Biermarktes regelmäßig kommentiert, der Heterogenität dieses komplexen
Marktes nicht gerecht wird.
Überhaupt entbehren die Urteile über den deutschen Biermarkt
nicht selten einer gewissen Ambivalenz:
Da stellt eine namhafte Tageszeitung im vergangenen Sommer
treffend fest, dass Deutschland Europameister im Bierbrauen sei,
beklagt aber zugleich, dass der europäische Spitzenplatz im weltweiten Vergleich lediglich für Rang 4 reiche – hinter China, den
USA und Brasilien – mit „gewaltigem Abstand“ zum Spitzentrio,
wie es hieß.
Verehrte Autoren: Haben Sie einmal nachgezählt, wie viele Menschen es in den genannten drei Ländern mit Bier zu versorgen
gilt? China: 1 Milliarde 357 Mio.! USA: 319 Mio. Brasilien: 201 Mio.
Da ist leicht mehr Bier zu verkaufen als in Deutschland!
Dann wird bejammert, dass die erste deutsche Brauerei erst auf
Rang 21. der Weltrangliste der Braugiganten auftauche – während
andernorts der Abschmelzprozess des brauwirtschaftlichen Mittelstandes im Land beklagt wird. Ja was denn nun? Vielfalt und Mittelstand oder Weltrangliste.
Da passt es ins Bild, dass nahezu in einem Atemzug die Kritik der
Weltgesundheitsorganisation am angeblich zu hohen Alkoholkonsum in Deutschland verbreitet und zugleich beklagt wird, dass der
Durchschnittsdeutsche ja nur noch 106,9 Liter Bier pro Jahr trinke,
wo er es doch Mitte der 70er Jahre noch auf 151 Liter gebracht
habe und nun weit hinter Tschechien zurückfalle …
Deutschland und hier vor allem Bayern hat die höchste Brauereidichte weltweit. Der deutsche Bierkonsum pro Kopf ist der 2.
höchste der Welt - und wenn wir Bayern allein betrachten, dürften
wir durchaus auf tschechischem Niveau liegen. Die Tradition unserer Brauereien ist einzigartig, die Qualität ihrer Biere genießt
Weltruf. Die Vielfalt unserer Biersorten und Marken sucht weltweit
ihresgleichen – wir klagen auf verdammt hohem Niveau!
Bayern ist auf einem guten Weg. Auch im Biermarkt. Wenn die
Nachfrage nach Bierspezialitäten, nach authentischer handwerklicher Braukunst derzeit wieder steigt, wer soll von diesem Trend
mehr profitieren können als die bayerische Brauwirtschaft, die aufgrund ihrer traditionell mittelständischen Prägung von jeher das
Prädikat „handwerklich“ verdient!
Es sind vor allem Familienunternehmen, deren Geschichte in
Jahrhunderten zählt, die die bayerische Brauwirtschaft prägen.
Und ihr Bekenntnis zum Reinheitsgebot, dessen 500. Geburtstag
wir heuer feiern dürfen.
Das Reinheitsgebot: Sicherung eines Qualitätsideals!
Wenn wir in den zurückliegenden Jahren ein spürbares Absatzplus verzeichnen dürfen und in 2015 das beste Ausstoßergebnis
der letzten 20 Jahre erzielen, wenn unser Exportanteil am Absatz
sich seit der Wiedervereinigung verfünffacht hat, dann können wir
mit unserem auf dem Reinheitsgebot fußenden Qualitätsideal
doch so falsch nicht liegen!
So ist das Jubiläum des Reinheitsgebotes den weitaus meisten
Brauern und auch uns Anlass zu stolzer Rückschau, zur Zuversicht, zur Freude und zum Feiern.
Die besondere mediale Aufmerksamkeit, die das Reinheitsgebot
in diesen Tagen erfährt, ist seinen Gegnern aber auch willkommene Gelegenheit zu öffentlichkeitswirksamer Kritik.
Es schränke sie in ihrer Freiheit ein, beklagen sie. Was denn an
natürlichen Zutaten wie Kräutern, Gewürzen oder Früchten „unrein“ sei, wird offen gefragt und eine Liberalisierung der Herstellungsvorschriften für Bier in Deutschland, vor allem in Bayern gefordert.
Obgleich das Reinheitsgebot seit 500 Jahren seinem Sinn gemäß
unverändert Bestand hat und für die deutsche, insbesondere die
bayerische Brauwirtschaft von größter Bedeutung ist, ist es rechtlich nur in einem gesetzlichen Provisorium verankert, bestehend
aus Vorläufigem Biergesetz, der Durchführungsverordnung hierzu sowie einer
Bierverordnung.
Das Bayerische Reinheitsgebot ist die
Grundlage des hervorragenden Rufes
und des hohen Ansehens Bayerischen
Bieres, das schon 2001 auch von der
EU-Kommission als „geschützte geografische Angabe (g.g.A.)“ eingetragen
wurde. Der Spezialitätencharakter unserer Biere wird seither durch die blaugelbe „Sonne“ sichtbar gemacht, die Produkte ziert, die als „geschützte geographische Angabe“ eingetragen sind. Sie finden das
Signet z.B. auch auf den Bierflaschen vor Ihnen auf dem Tisch.
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Bier, gebraut nach dem Reinheitsgebot, ist außerdem das einzige
deutsche, durch die EU geschützte „traditionelle Lebensmittel“, für
dessen Herstellung der Einsatz von Zusatz-, Süß- und Farbstoffen
verboten werden kann. An der besonderen Schutzwürdigkeit des
nach dem Reinheitsgebot gebrauten Bieres bestehen insofern
keine Zweifel.
Die Brauwirtschaft kann mit dem Provisorium „Vorläufiges Biergesetz“ bislang gut leben. Für uns stand das hier verankerte Reinheitsgebot stets und unverrückbar im Mittelpunkt. Die offenkundigen Lücken im ja augenscheinlich unvollendeten und unvollständigen Gesetzeswerk „vorläufiges Biergesetz“ besaßen für uns
lange keine Relevanz.
Das ändert sich jetzt, da im Zuge der Craft-Beer-Bewegung Auslegungsspielräume des deutschen Bierrechts gesucht und – vornehmlich außerhalb Bayerns – mit behördlichem Segen auch weit
gefasst und genutzt werden.
Hier ist jetzt zunächst die Lebensmittelüberwachung gefordert, Zulässiges von Unzulässigem zu trennen. Auf Dauer wird sich der
derzeit zu beobachtende Fleckerlteppich regional jeweils unterschiedlicher Genehmigungspraxis jedoch kaum darstellen lassen.
Um die Sonderstellung des Reinheitsgebotes rechtlich dauerhaft
abzusichern, wird der Gesetzgeber in Erwägung ziehen müssen,
die bisherigen, provisorischen Teilregelungen in einem einheitlichen Regelwerk zusammenzuführen und in diese Erwägungen
auch
1.
bislang schon geltendes EU-Recht,
2. die zum Bierrecht ergangene nationale und europäische
Rechtsprechung sowie auch
3. neue Strömungen bei der Herstellung von Bier (z.B. internationale Bierstile, glutenfreie Biere u.s.w.)
einzubeziehen, um so letztlich für alle Beteiligten bundesweit
durch ein einheitliches Regelwerk Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu schaffen.
Unser Bekenntnis zum Reinheitsgebot ist das Fundament, auf
dem die Erfolgsgeschichte der bayerischen Brauwirtschaft und
des bayerischen Bieres fußt. Und zahllose Brauer im Land beweisen jeden Tag, dass die Verpflichtung auf nur 4 Zutaten nicht
gleichbedeutend ist mit einer Verurteilung zur Gleichförmigkeit unserer Biere. Das gekonnte Spiel mit Hopfen, mit verschiedenen
Malzen und den zahlreichen verfügbaren Hefestämmen lässt einen noch lange nicht ausgereizten Variantenreichtum reinheitsgebotskonformer Biere zu.
Gesetzgebung und Vollzug vor Ort müssen aber auch eine Antwort geben auf das Angebot ausländischer und mehr und mehr
auch außerbayerischer deutscher Brauereien insbesondere der
„Craft-Szene“, die Nicht-Reinheitsgebots-Biere unter Verwendung
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anderer, natürlicher Zutaten herstellen und die mit diesen Produkten auch im bayerischen Markt Fuß zu fassen versuchen - auch
wenn der „Boom“ dieser Biere bislang mehr herbeigeschrieben als
tatsächlich herbeigetrunken wird.
Rohstoffe aus heimischem Anbau
Das Bekenntnis zum Reinheitsgebot zieht eine besonders enge
Verbindung zwischen dem heimischen Braugewerbe und unserer
heimischen Rohstoffbasis nach sich.
Mit - über die vergangenen Jahre stabilen - 100.000 Hektar Anbaufläche für Braugerste in Bayern und mit dem größten Hopfenanbaugebiet der Welt, der Hallertau, vor der Haustüre ist die Versorgung mit heimischen Qualitätsrohstoffen für Bayerisches Bier
weitgehend gesichert.
Im Schulterschluss mit der Braugersten-Gemeinschaft e.V. und
der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft haben wir in den
vergangenen Jahren für die Braugerste Regionalkonzepte erarbeitet, die die Produktion und Verarbeitung von Braugetreide mit regionalen Wirtschaftskreisläufen verknüpfen. Die intakte mittelständische Struktur der bayerischen Malzwirtschaft bietet hier mit kurzen Wegen sowohl zum Braugerstenhandel als auch zur verarbeitenden Brauwirtschaft einzigartige Vorteile, die es herauszustellen
und zu nutzen gilt.
Während die Braugerstenversorgung aus der letztjährigen Ernte
also als gut bezeichnet werden kann, stellt sich die Lage beim
Hopfen völlig anders dar.
Das alte Sprichwort „Gute Braugerstenjahre sind schlechte Hopfenjahre“ hat sich in der Ernte 2015 voll und ganz bestätigt. Sicherlich erinnern Sie sich an die außergewöhnliche Rekordhitze und
Trockenheit in den Monaten Juli und August. Was der gerade reif
gewordenen Braugerste für eine trockene Abreife und hervorragende Erntebedingungen gut tat, endete in den Hopfengärten mit
einer der schlechtesten Ernten in der Geschichte des Hopfenanbaus in Bayern.
Quantitativ lag das Ernteergebnis in der Summe aller Hopfensorten 26% unter dem Vorjahr und in den Dolden der geernteten Hopfenreben fehlten ca. 40% der von uns Brauern benötigten Inhaltsstoffe. Zusammengenommen ergibt sich so eine Erntemenge, die
nicht einmal die Hälfte des Vorjahresergebnisses auf sogar leicht
angestiegener Anbaufläche in die Lager brachte.
Sicherlich hat die Brauwirtschaft ihren Hopfenbedarf mit Vorverträgen abgesichert. Es bedarf jedoch großer Anstrengungen und
viel gegenseitigen Entgegenkommens der Handelspartner, den
wenigen vorhandenen Hopfen gerecht zu verteilen.
Für die gute Zusammenarbeit mit der Hopfenwirtschaft nach dieser für uns alle schwierigen Ernte kann ich mich an dieser Stelle
nur ausdrücklich bedanken.
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Eine Folge der Minderernte, aber auch des stetig wachsenden
Hopfenbedarfs der weltweiten Craft-Brauer-Bewegung sind – wie
sollte es auch anders sein – deutlich angestiegene Vertragspreise
für alle Hopfensorten.
Die Hopfenlager sind nach dieser Ernte so gut wie leer. Mit großen
Schritten bewegt sich der Craft-Bier-Ausstoß weltweit auf die 2%Marke zu mit einem geschätzten Hopfenbedarf von annähernd
20% an der Welthopfenernte. Vor diesem Hintergrund wird sich an
den festeren Hopfenpreisen auch bei einer möglichen Normalernte in diesem Jahr kurzfristig nichts ändern.
Unbefriedigende Rahmenbedingungen
Die bayerische Brauwirtschaft würde auf ihrem Weg des Erfolgs
gerne fortschreiten – ist dabei aber auf Rahmenbedingungen angewiesen, die den besonderen Anforderungen einer mittelständisch strukturierten Branche wie dem heimischen Braugewerbe
genügen. Und hier hapert es hier und da!
Die Stärkung des Mittelstandes wird seitens der Politik immer wieder beschworen. Und doch werden ihm in der Praxis immer wieder
auch Knüppel zwischen die Füße geworfen.
Seit 12 Jahren ungeklärt: Das Haushaltsbegleitgesetz 2004
Zwei Beispiele: Die Älteren unter Ihnen werden sich vage an die
Auseinandersetzung um das Haushaltsbegleitgesetz 2004 erinnern. Im Dezember 2003 war im Vermittlungsausschuss des Bundestages ein Gesetzespaket durchgewunken worden, mit dem –
neben vielen anderen Regelungen – auch die Biersteuermengenstaffel schmerzhaft beschnitten wurde, von der mittelständische
Brauereien – und zwar nur mittelständische Brauereien – profitieren (sie zahlen einfach formuliert weniger Biersteuer als Großbrauereien).
Von Anfang an hat der Bayerische Brauerbund das verfassungskonforme Zustandekommen dieses Gesetzes in Frage gestellt und
bereits zu Beginn des Jahres 2004 im Interesse des brauwirtschaftlichen Mittelstandes hier den Klageweg eingeschlagen.
Das ist nun 12 Jahre her. Schon im Frühjahr 2004 erschienen
erste Beiträge in steuerrechtlichen Fachzeitschriften, die den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Gesetz weitere Nahrung gaben. Derweil waren wir gezwungen, uns von Instanz zu
Instanz der Finanzgerichtsbarkeit zu hangeln.
Am 8.12.2009 hat das Bundesverfassungsgericht dann in einem
anderen Verfahren, das sich aber auch auf das besagte Haushaltsbegleitgesetz 2004 bezog, dessen Verfassungswidrigkeit eindeutig festgestellt.
Seither sind weitere über 6 Jahre vergangen und die Brauwirtschaft wartet immer noch auf den Abschluss ihres Verfahrens.
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Da wird durch den Deutschen Bundestag in – wie das Bundesverfassungsgericht schreibt – „evident“ verfassungswidriger Weise
der brauwirtschaftliche Mittelstand in einer gesetzgeberischen
Nacht- und Nebel-Aktion um –zig Millionen gebracht und 12 Jahre
lang passiert nichts! Das ist deutsche Mittelstandsförderung.
Der Edeka-Tengelmann-Deal
Und keinen Deut besser sieht es aus, wenn ich auf die absehbare
Ministererlaubnis des Edeka-Tengelmann-Deals schaue.
Edeka macht fast ein Viertel des Umsatzes mit Nahrungsmitteln
im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Die Schwarz- und die
Rewe-Gruppe folgen mit jeweils knapp 15%, Aldi mit 12%. Das
heißt, dass 4 Unternehmen 2/3 des gesamten deutschen Handelsumsatzes mit Nahrungsmitteln unter sich aufteilen.
Nun mögen im Bundesmaßstab die 2 Mrd. Euro Lebensmittelumsatz, um die Edeka durch den Zukauf von Tengelmann wachsen
könnte, harmlos anmuten: im kaufkräftigen Raum München aber
würde die Edeka-Gruppe schlagartig um 151 Outlets und rd. 60%
Gesamtverkaufsfläche wachsen, schenkt man einem Beitrag der
Lebensmittelzeitung vom 22.1. Glauben.
Es mag sein, dass so gefährdete Arbeitsplätze wenigstens vorübergehend gesichert werden. Der Druck auf die Lieferanten, der
von den marktmächtigen Unternehmen des Handels ausgeht, wird
aber gewiss noch weiter zunehmen. Hauptleittragende: Der Mittelstand. Denn im Gegensatz zu großen und diversifizierten Konzernen vermag er der Macht der Handelsriesen wenig entgegenzuhalten.
Die Bedenken des Bundeskartellamtes und der Monopolkommission gegen den Edeka-Tengelmann-Deal sind nicht aus der Luft
gegriffen. Wenn der Bundeswirtschaftsminister sie nun einfach
übergeht, ist dies aus Sicht mittelständischer Hersteller enttäuschend.
Doch nicht genug damit, dass der Konzentrationsprozess im deutschen Lebensmitteleinzelhandel anhält und mit höchstem politischen Segen sogar noch forciert wird, immer größere Einkaufsvolumina bei immer weniger Wettberbern gebündelt sind, international bilden diese Ketten wiederum Einkaufsverbünde wie Coopernic, zu der Rewe gehört, oder Agecore, wozu die deutsche Edeka
zählt.
Laut „Lebensmittelzeitung“ bündelt z.B. die gemeinsame Beschaffungsorganisation Agecore 140 Mrd. Euro Außenumsatzvolumen
und lässt die Lieferanten diese enorme Marktmacht auch spüren:
Rückwirkende Ausgleichszahlungen und neuerliche Konditionenverbesserungen stehen auf dem Wunschzettel der Großeinkäufer.
Wie soll sich ein mittelständischer Bräu, der zwangsläufig auf die
Internationalisierung seines Geschäfts zu setzen gezwungen ist,
dieser Marktmacht noch erwehren.
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Wenn der Bräu versucht, zur Pflege seiner Marke den Händler auf
einen bestimmten Abgabepreis für Bier zu verpflichten, stehen sofort die Kartellwächter auf der Matte. Aber bei der zunehmenden
Konzentration des Handels durch Zukäufe oder Kooperationen
schauen sie weg – oder werden durch einen fragwürdigen Ministererlass überstimmt.
Das ist die viel gepriesene deutsche Mittelstandspolitik – und ich
könnte aus eigener leidvoller Erfahrung noch einige weitere Beispiele nachreichen …
Überzogener Verbraucherschutz
Und während die Branche auf der einen Seite die Untätigkeit zuständiger Behörden beklagt, stellen wir an anderer Stelle einen
Tatendrang fest, den man auch als Übereifer bezeichnen könnte:
Da wird z.B. ein auf Pilsbasis hergestelltes Radler beanstandet,
weil der Aufsichtsbehörde der bei einem Radler nun wirklich völlig
unerhebliche Bitterwert zu gering erscheint.
Ein alkoholfreies Radler erregt das Missfallen der Lebensmittelüberwachung, weil man sich darüber streitet, ob es weniger als 0,5
% vol. Alkohol haben darf (wie alle als „alkoholfrei“ bezeichneten
Spielarten ansonsten alkoholhaltiger Getränke) oder maximal 0,25
% vol., schließlich verdünnt man das alkoholfreie Bier ja 1 zu 1 mit
Limo.
Brauereien werden abgemahnt, weil sie ihr Bier werblich als „bekömmlich“ bezeichnen und so weiter.
Perspektiven: Spezialitäten und Export!
Wie stellt sich die Zukunft der bayerischen Brauwirtschaft dar?
Ich denke, dass wir mit der authentischen Spezialitätenkultur aus
bayerischen Brauereien gute Chancen haben, unsere Position im
engen deutschen Biermarkt zu behaupten. Den bayerischen Brauereien nimmt man ab, dass sie ein gutes Helles, ein Weizen oder
ein Dunkles brauen können. Während außerhalb Bayerns lange
Zeit alles auf Pils setzte, haben wir im Freistaat die Vielfalt der
Biersorten stets hochgehalten, wovon wir jetzt profitieren, da der
Biertrinker wieder verstärkt nach Abwechslung sucht. Und das Original wird der Kopie hierbei immer noch vorgezogen.
Der stabile Inlandsabsatz der bayerischen Brauereien unterstreicht diese Annahme.
Unsere Wachstumschancen im hart umkämpften deutschen Biermarkt stoßen allerdings an im Wesentlichen demographisch bedingte Grenzen. Auch der generell sinkende Alkoholkonsum in
Deutschland lässt ein nachhaltiges Wachstum des Marktes für
bayerisches Bier hier eher unwahrscheinlich erscheinen. Wir werden deshalb auch weiterhin auf ein stärkeres Auslandsengagement unserer Brauereien setzen.
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Die Voraussetzungen sind gut. Mit der geschützten geographischen Angabe Bayerisches Bier, die der Bayerische Brauerbund
2001 hat erreichen können und seither mit großem Aufwand im Inund Ausland durchzusetzen versucht – notfalls auch gerichtlich –
haben wir ein Pfund in der Hand, mit dem wir wuchern können.
Das Bayerische Bier gehört von höchsten europäischen Instanzen
anerkannt zum kulinarischen Erbe Europas.
Umso verwunderlicher ist es dann, dass die EU, die uns diesen
Schutz in Europa gewährt, ihn im Rahmen des Freihandelsabkommens CETA mit Kanada leichtfertig aufs Spiel setzt.
CETA-Abkommen gefährdet bayerische Brauwirtschaft
Der Schutz des Bayerischen Bieres im geplanten Freihandelsabkommen CETA der Europäischen Union mit Kanada entwickelt
sich immer mehr – ich kann es nicht anders sagen - zu einem
Skandal.
Die Verhandlungspartner waren übereingekommen, in Kanada
zwar die geographische Angabe „Bayerisches Bier“ unter Schutz
zu stellen, von diesem Schutz aber die englische und französische
Übersetzung „Bavarian Beer“ und „Bière Bavaroise“ auszunehmen.
Die EU-Repräsentanten haben also in den CETA-Verhandlungen
Kanada die Bezeichnungen „Bavarian Beer“ und „Bière Bavaroise“
zur freien Nutzung durch kanadische Brauereien überlassen. Als
Träger der Schutzgemeinschaft und in Europa Markeninhaberin
wurden wir hierüber nicht einmal informiert geschweige denn gefragt!
Wir haben uns dann seit Anfang 2014 bemüht, die Faktenlage zu
recherchieren. Alle unsere Recherchen bestätigten, dass mit Ausnahme einer einzigen Brauerei weder aktuell noch in der jüngeren
Vergangenheit Biere von kanadischen Brauereien als „Bavarian
Beer“ oder „Bière Bavaroise“ vermarktet worden sind.
Von einer breiten Nutzung des Begriffs als Gattungsbezeichnung
wie in den CETA-Verhandlungen unterstellt kann also überhaupt
keine Rede sein.
Wir haben Brüssel und Berlin daher bereits im Jahre 2014 mehrfach aufgefordert, im Einvernehmen mit Kanada auch „Bavarian
Beer“ und „Bière Bavaroise“ in die Liste der geschützten Bezeichnungen im CETA-Abkommen zu übernehmen.
Diese Forderung wurde mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass
die CETA-Verhandlungen „abgeschlossen“ seien. Auch in direkten
Kontakten mit Kanada pochte der zuständige Handelsminister uns
gegenüber auf den bereits erfolgten „Abschluss der Verhandlungen“.
Diese Reaktionen der CETA-Verhandlungspartner veranlassten
uns im Sommer des vergangenen Jahres, die vollständige Strei-
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chung der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ aus dem CETA-Abkommen zu verlangen. Lieber verzichten wir auf die angeblichen
Segnungen, die das CETA-Abkommen der bayerischen Brauwirtschaft bescheren soll, als dass wir den wirtschaftlichen Schaden
riskieren, den das Abkommen in seiner bislang verhandelten Form
für uns bedeuten würde und der die sich aus dem Abkommen
möglicherweise ergebenden Vorteile unseres Erachtens bei weitem überwiegt.
Allerdings lehnt die Europäische Kommission in Brüssel bislang
auch diese Streichung ab. Sie möchte uns offenbar zu unserem
Glück zwingen und erklärt, dass eine solche Streichung das erzielte Verhandlungsergebnis ernsthaft gefährden könnte.
Diese paradoxe Begründung können wir uns nur so erklären, dass
Brüssel seinem Verhandlungspartner Kanada nicht etwas wegnehmen möchte, was es ihm in den unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Verhandlungen zugestanden hat: dass nämlich
Bavarian Beer und Bière Bavaroise durch CETA in Kanada zu für
jedermann frei verwendbaren Bezeichnungen, mit anderen Worten zu Gattungsbezeichnungen gemacht werden.
Der Bayerische Brauerbund ist über diesen CETA-Coup empört!
Es ist völlig inakzeptabel, der bayerischen Brauwirtschaft durch
ein Freihandelsabkommen - gegen ihren ausdrücklichen Willen ihre wichtigsten Werte und Rechte, zu denen die englische Bezeichnung Bavarian Beer und das französische Pendant Bière
Bavaroise gehören, zu entziehen.
Seien Sie versichert, dass wir uns mit allen rechtlichen Mitteln gegen diesen Versuch wehren werden. Bavarian Beer und Bière
Bavaroise sind keine Gattungsbezeichnungen – auch nicht in Kanada.
Auch für unsere Exportbemühungen gilt: Wir brauchen Rahmenbedingungen, die unseren Exportbemühungen förderlich sind und
sie nicht behindern. Es wäre verheerend, würde das CETA-Abkommen in der bislang ausgehandelten Form zur Blaupause für
andere derzeit verhandelte Freihandelsabkommen. Das heimische Braugewerbe würde nachhaltig geschädigt zugunsten von
Trittbrettfahrern weltweit, die vom guten Namen unserer Biere profitieren wollen.
Wir feiern 500 Jahre Bayerisches Reinheitsgebot!
Meine Damen und Herren, wenngleich also über dem weißblauen
Bierhimmel nicht ausschließlich die Sonne scheint, lassen wir uns
durch diese unerfreulichen Randerscheinungen doch die Feierlaune nicht verderben. Zu feiern gilt es nicht nur ein erfreulich gut
abgeschlossenes Jahr 2015, zu feiern gilt es vor allem den 500.
Geburtstag des Bayerischen Reinheitsgebotes. Und den feiern wir
kräftig:
Es gilt das gesprochene Wort
München, den 11. Februar 2016
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