Predigt - Oberpfälzer Schützenbund eV

Predigt von Pfarrer Alfred Binder anlässlich des Festgottesdienstes zum 18. Oberpfälzer
Böllerschützentreffen der Böllergruppe Ottenzell.
Verehrte Ehrengäste,
verehrte Böllerkameradinnen- und Kameraden,
verehrte Schwestern und Brüder!
„Liebt einander! Das ist mein Gebot: wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr
einander lieben!“
Diese Worte Jesu, die wir eben aus dem Hl. Evangelium gehört haben, scheinen wie
die Zusammenfassung der ganzen Botschaft Jesu zu sein.
„Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander liebt!“
Verehrte Ehrengäste,
verehrte Böllerkameradinnen- und Kameraden,
verehrte Schwestern und Brüder!
Unser hochverehrter Bundespräsident Gauck sprach vor einigen Jahren in einer
Ansprache von seiner Befürchtung, die Gesellschaft in Deutschland würde sich
allmählich zu einer Gesellschaft der Unverbindlichkeit und des ungezügelten
Individualismus werden.
Jeder, der in einem Verein oder einem öffentlichen Amt engagiert ist, kann wohl diese
Entwicklung, die unser verehrter Herr Bundespräsident dem Volk, das er in der
Weltöffentlichkeit vertritt, voraussagt, erkennen.
Wir erleben es ja Land auf Land ab in unseren Vereinen, und es ist die pure
Wahrheit:
Für ein kurzes, einmaliges Event lassen sich viele begeistern, für einen
verantwortungsvolle Mitarbeit auf Dauer in einer Vorstandschaft oder im Leben der
Gemeinde sind nur noch ganz wenige zu gewinnen.
Wenige sind es noch, die sich auf Dauer an einen Verein binden und dort auch aktiv
mitarbeiten wollen.
Unsere Vereine aber sind auf Dauer angelegt, wurden gegründet, um Bestand zu
haben von Generation zu Generation!
In unseren Vereinen müssen Menschen bereit sein, auch Verantwortung für die
Gemeinschaft zu übernehmen. Aber wer ist heute schon bereit, als Schriftführer, als
Vorstand, oder gar als Kassier den Kopf für den Verein hinzuhalten?
Gibt es etwas zu feiern, kommen viele, dafür arbeiten wollen leider in unseren
Vereinen immer weniger und weniger.
Das kommt mir vor, wie den Apfel gerne pflücken wollen, sich aber an der Sorge um
den Baum, das Gießen, das Zurückschneiden, das Aufbinden zu kümmern, nicht
beteiligen wollen, und nur warten, bis einem die reife Frucht umsonst und ohne
Anstrengung in den Schoß fällt!
Verehrte Ehrengäste,
verehrte Böllerkameradinnen- und Kameraden,
verehrte Schwestern und Brüder!
Den ungezügelten Individualismus hält der Herr Bundespräsident ebenfalls für eine
Gefahr, die unsere Gesellschaft bedrohen kann.
Dies bedarf vielleicht einer Erklärung:
Wir leben seit 70 Jahren in einer Demokratie, welche uns die freie Meinung und die
freie Entfaltung unseres Lebens gewährleistet.
 Wir dümpeln nicht in einförmigen Kasernen dahin: jeder darf sich sein
Haus so bauen, wie er will.
 Wir tragen keine blaue Uniformen wie gleichgeschaltete Ameisen, jeder
darf anziehen, was ihm gefällt.
 Keinem wird durch ein Diktat oder Bestimmung der Politik
vorgeschrieben, welchen Weg zum Glück er für sein Leben wählt.
So kann jeder seine je eigenen Anlagen, Befähigungen und Talente erkennen,
ausbauen und fördern. Das ist das Wesen und die Bestimmung der Demokratie, wie
wir sie nun zwei Generationen genießen durften!
Erst wenn das Individuum seine eigenen Fähigkeiten erkannt und gefördert hat,
werden sie zum Nutzen für die Gemeinschaft, für einen Verein, für eine politische
Gemeinde und damit für unser ganzes Staatswesen.
Unser verehrter Herr Bundespräsident aber meinte damals mit „Individualismus“
etwas grundlegend Anderes:
Er bezeichnete damals mit diesem Wort den gnaden- und rücksichtslosen Egoismus,
der nur noch sich selbst, seinen eigenen Gewinn und Erfolg kennt, dem der Andere
egal ist, und der auf die Gemeinschaft, geschweige das Gemeinwohl, pfeift!
Dieser Egoismus versteckt seine grausame Egozentrik hinter der lächelnden Maske
eines falsch verstandenen und gedeuteten Individualismus!
Verehrte Ehrengäste,
verehrte Böllerkameradinnen- und Kameraden,
verehrte Schwestern und Brüder!
„Liebt einander! Das ist mein Gebot: wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr
einander lieben!“
Die Worte Jesu nun sind eine ganz andere Sprache!
Der liebe Heiland meint damit nicht, dass wir uns ständig um den Hals fallen
müssen.
Er meint, dass wir einander anerkennen und zusammenhalten.
Der große jüdische Religionsphilosoph Martin Buber schrieb einmal: „Erst am „Du“
wird der Mensch zum „Ich“!“
Was nutzt meine ganze Selbstentfaltung, mein Erfolg, mein Reichtum, mein ganzes
Wissen und Können, wenn ich allein bin?
Wer nur sich selbst umarmt, der kann, der kann auf keinen zugehen, geschweige
denn, einen anderen umarmen und liebhaben.
Das alte Sprichwort sagt es deutlich: „Alleine ist es nicht mal im Himmel schön!“
„Zusammenhalt“ ist das Schlüsselwort für eine gelingende Zukunft in unseren
Vereinen, unseren Dörfern und Kommunen, ja in unserem ganzen Staat.
Leider schaut es heute oft anders aus:
Wenn früher einer ein Haus baute, sagte der Nachbar zu ihm: „Wart, ich helfe dir!“
Heute droht der Nachbar: „Warte, dir wird‘ ich helfen!“
Wo Menschen sich in der Gemeinschaft, mit der Gemeinschaft und für die
Gemeinschaft verwirklichen, da verwirklicht sich auch das Wort Jesu: „Daran werden
alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander liebt!“
Liebe Ehrengäste,
liebe Böllerkameradinnen- und Kameraden,
liebe Schwestern und Brüder!
Ich wünsche Ihnen allen und mir, dass uns dieser festliche Tag wieder zeigt und
erkennen lässt, welchen hohen Wert die Gemeinschaft hat!
 Dass wir wieder neu erfahren dürfen, dass es Sinn macht, sich für die
Gemeinschaft in Vereinen und Gemeinden einzusetzen!
 Dass es eine Bereicherung ist für jeden einzelnen, wenn er seine
Begabungen und Talente für die anderen und zum Wohle aller einsetzt.
 Dass es gelebter Glaube ist, wenn wir zusammenhalten.
Wenn uns das gelingt, dann habe ich keine Angst um unser schönes Brauchtum, das
Jahrhunderte lang unser Bayernland und unser Volk zusammengehalten hat!
Dann habe ich keine Angst um unsere wunderbaren Traditionen, die der Rest der
Welt an uns bewundert!
Dann habe ich auch keine Angst vor der Zukunft,
wenn wir sie – eingedenk unserer stolzen Geschichte – miteinander und gemeinsam
zum Wohle aller gestalten.
Amen.