Institutionelles Anlegen Oktober 2015 Social Trading als Renditekick – Follower kopieren Trader FINTECH In Zeiten niedriger Zinsen sind Alternativen gefragt. Social Trading lockt mit hoher Rendite. Ein Blick darauf lohnt sich. Johannes Höllerich und Peter Schwendner S ocial Trading bezeichnet eine moderne Form der Geldanlage. Online-Plattformen bieten Amateurhändlern (Tradern) die Möglichkeit, ihre Handelsstrategien zu veröffentlichen, sodass Retail-Anleger (Follower) sie nachvollziehen und kopieren können. Bei Wikifolio (Österreich) stellen zum Beispiel Trader Anlageideen oder Handelsstrategien ein. Bei ausreichendem Interesse emittiert die Wertpapier handelsbank Lang & Schwarz ein entsprechendes Zertifikat. Der Investor kann es über die Börse Stuttgart kaufen und so direkt an der Wertentwicklung des Portfolios partizipieren. Die Anforderungen an die Trader sind gering: Grundsätzlich kann jeder ein Wikifolio erstellen, obwohl der Mechanismus den indexbasierten Managed-Account-Plattformen aus dem institutionellen Anlagegeschäft ähnelt, die nur mit regulierten Managern zusammenarbeiten. WIKIFOLIO AUCH IN DER SCHWEIZ Inzwischen sind bereits einige Anbieter auf dem Markt zu finden. Wikifolio ist seit diesem Jahr auch auf dem Schweizer Markt aktiv und bekannt. Bei ausreichendem Interesse können Anleger in Form eines Zertifikats in Anlageideen investieren. Hierfür werden eine Zertifikatgebühr von 0,95% p. a. sowie eine Performancegebühr (mit High Water Mark) zwischen 5 und 30% verlangt. Der Trader erhält gestaffelt nach ver waltetem Volumen einen Anteil an der Performancegebühr. Ein etablierter Anbieter ist auch eToro (Zypern), deren Schwerpunkt auf dem Devisenhandel liegt. Nach eigenen Angaben nutzen bereits 4,5 Mio. Kunden das Angebot. Anleger können Tradern direkt über die Plattform folgen und so deren Trades kopieren. Die Investments werden über Differenzkontrakte (CFD) abgebildet. Auch bei Ayondo (Deutschland) werden CFD eingesetzt. Das Anlageuniversum beschränkt sich auf liquide Werte. «Bereits gibt es erste klassische Vermögensverwalter, die die Plattform nutzen.» Bereits ab 100 € kann man investieren, und es werden diverse Möglichkeiten für das Risikomanagement angeboten. Weitere Anbieter sind United Signals (Deutschland), Covestor (USA) und Twindepot (Deutschland). Bislang sind die Angebote für Banken und Fondsgesellschaften kaum eine direkte Konkurrenz. Der Anstieg der verwalteten Volumen zeigt jedoch das zunehmende Interesse der Anleger. Immerhin sind in Wikifolios inzwischen rund 460 Mio. € investiert. Auch gibt es bereits erste klassische Vermögensverwalter, die die Plattform nutzen, um ihre Strategien anzubieten. Die jüngste Erweiterung sind Dach-Wikifolios, die aus mehreren Zertifikaten zusammengestellt werden können. Der Vorteil ist, dass so bereits eine gewisse Risikostreuung erreicht wird. Ein Blick auf die Strategien zeigt, dass es bereits erfolgreiche Trader auf den Plattformen gibt, die eine längerfristig gute Performance verzeichnen. Das Wikifolio mit dem grössten Volumen (10,2 Mio. €) wird von der Zeitschrift «Börse Online» verwaltet. Die Performance seit Emission im Dezember 2013 liegt bei 42%, der maximale Verlust bei 18%. Darauf folgt mit 6,8 Mio. € Volumen das Wikifolio Umbrella des Traders Ritschy, mit einer Performance von 165% seit April 2013 bei einem maximalen Verlust von 25%. Allerdings haben einige Anleger auch unerfreuliche Erfahrungen gemacht. So gab es zum Beispiel Trader, die nach grösseren Kurseinbussen alles auf eine Karte setzten und so ihren Followern erhebliche Verluste einbrockten. Das macht deutlich, dass bei diesen Online-Plattformen die Selektion des Traders von immenser Bedeutung für den Anlageerfolg ist. Das gilt umso mehr, als man in den meisten Fällen von einer einzelnen Person abhängig ist, oft ohne ausreichende Kontrollmechanismen. Denn diese sind je nach Plattform unterschiedlich ausgebaut. zeichnung «regelmässige Aktivität», wenn er sich mehr als vier Mal pro Woche einloggt. Zielführend wären weitere Kennzahlen, um die Konsistenz des Investmentprozesses einschätzen zu können, beispielsweise auch solche, die anzeigen, wie der Trader sich in schwierigen Situationen psychologisch verhalten hat: Ob er etwa dazu neigt, Verlustpositionen auszubauen und Gewinn frühzeitig zu realisieren (bekannt aus der Behavioural Finance als Dispositionseffekt). VERBESSERUNGSPOTENZIAL Leider ist bei vielen Plattformen das Risikomanagement bislang nicht ausreichend. So wäre es sinnvoll, wenn Einzeltitel einen bestimmten Anteil (zum Beispiel 10%) am Depot nicht überschreiten dürften. Noch restriktiver sollte diese Regel für Hebelprodukte eingesetzt werden. Zudem wäre es wichtig, regelmässig zu überprüfen, ob der Trader die anfangs formulierte und kommunizierte Strategie auch tatsächlich einhält (Style Drift). Social Trading bietet Vorteile und kann eine interessante Beimischung zum Depot darstellen. Trotzdem täten die Anbieter gut daran, den Investoren mehr Hilfen für die Selektion des Traders an die Hand zu geben und das Risikomanagement zu verbessern. Wertvoll wäre eine Ergänzung der Trader beurteilungen um quantitative und psychologische Aspekte. Anleger, die Social Trading nutzen möchten, sollten zudem nicht nur die Performance betrachten, sondern auch ein Auge darauf werfen, mit welchem Risiko sie erreicht wurde. Nur so lassen sich böse Überraschungen vermeiden. AUFGEPASST AUF RISIKEN Umso wichtiger ist es, dass die Investoren sich für die Selektion an Kennzahlen und Bewertungen orientieren können. Gerade für Social Trading bedarf es weiterer Risikokennzahlen und Beurteilungen der Trader. Klassische Kennzahlen – wie man sie von Anlagefonds kennt – reichen aufgrund des hohen «Managerrisikos» nicht aus. So werden oft Auszeichnungen oder Karrierestufen für die Trader eingesetzt. Sie sind aber eher simpel konstruiert. Beispielsweise erhält bei Wikifolio ein Trader die Aus- 23 Sonderbund der IM JAHR 1948 FINANZIERTEN 6,5 ERWERBSTÄTIGE EINE AHV-RENTE, 2007 WAREN ES NOCH 3,7. 2 WERDEN ES AB 2035 SEIN. 2,61 PROZENT BETRÄGT DIE ANNUALISIERTE RENDITE SCHWEIZER PENSIONSKASSEN SEIT 2000; 2,52 PROZENT IST DIE ANNUALISIERTE BVG-MINDESTVERZINSUNG. (Quelle: CS-PK-Index) Johannes Höllerich, wissenschaftlicher Mitarbeiter, und Peter Schwendner, Dozent, Banking, Finance, Insurance, ZHAW School of Management and Law Diversifikation geht über alles FIXED INCOME Anleihenanleger kämpfen seit Jahren mit schwindendem Ertrag. In dieser Situation bewährt sich die alte Börsenweisheit, dass einzig Diversifikation risikofreien Zusatzertrag bietet. Glücklicherweise ist Fixed Income eine äusserst vielfältige Anlageklasse. Hervé Hanoune Auf US-Staatsanleihen entfällt ein Grossteil des globalen Handels mit Staatsobligationen. Daneben gibt es aber eine Vielzahl von Segmenten, die quasi unter dem Radar fliegen, aber äusserst attraktiv sein können: Unternehmensobligationen, hochverzinsliche Papiere und Schwellenländeranleihen. Dass viele Emittenten Wertschriften in unterschiedlichen Währungen herausgeben, ist eine zusätzliche Diversifikationsquelle. So vielfältig die Fixed-Income-Welt ist, so uneinheitlich ist die Entwicklung der einzelnen Unterkategorien. Wie stark sich die Performance der einzelnen Segmente über mehrere Jahre unterscheidet, zeigt die nebenstehende Grafik. Performance der verschiedenen Anleihensegmente schwankt stark Unternehmensanl. in € Unternehmensanl. in $ EmMa Hartwährung EmMa Lokalwährung High Yield in € High Yield in $ Staatsanleihen in $ Staatsanleihen in € Inflationsgesch. Anleihen Rang 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1 15,2 18,1 13,7 84,6 16,5 11,1 28,8 10,5 13,5 1,3 2 13,6 9,0 8,2 58,2 15,7 9,8 17,4 7,4 9,0 1,2 3 11,9 7,9 0,5 29,8 15,1 8,2 16,8 2,6 8,4 1,1 4 9,9 6,2 –4,2 22,0 12,2 7,3 15,8 2,5 7,5 0 5 4,3 4,6 –4,9 18,7 9,0 5,0 13,9 –1,5 7,4 0 6 3,1 3,1 –5,2 15,6 5,9 1,1 11,7 –2,7 5,8 –0,5 7 2,7 1,9 –12,0 8,8 5,4 1,0 9,8 –5,3 5,1 –1,2 8 1,8 1,4 –26,2 4,2 4,8 –1,8 5,6 –5,5 2,5 –5,4 9 1,4 –0,7 –31,2 –3,6 1,1 –2,5 2,0 –9,0 –5,7 –15,1 Quelle: Bloomberg, Vontobel Asset Management / Grafik: FuW, sm EIGENE ENTSCHEIDUNGEN TREFFEN Zu erwähnen ist, dass sich gerade im Bondbereich aktives Management lohnt. Ein solcher Ansatz eröffnet die Möglichkeit der Konzentration auf aussichtsreiche Themen sowie von Bond Picking, also der sorgfältigen Auswahl von Kandidaten für ein Portfolio. Ein guter aktiver Manager sollte also beispielsweise in der Lage sein, «schlechte Schuldner» zu meiden – ein Vorteil gegenüber indexorientierten passiven Managern. Insofern ist das Denken ausserhalb der Benchmark bei Anlage entscheidungen im Bondbereich wichtig. Generell ist darauf zu achten, dass die strategische Asset Allocation, also die Aufteilung der Mittel auf Anlageklassen, das jeweilige Marktumfeld adäquat spiegelt und mit dem Risikobudget des Investors übereinstimmt. Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Status, besonders Papiere in einem mittleren Bonitätsbereich mit Rating zwischen A+ und BBB–, sind eine gute Alternative zu schwächelnden Staats papieren und wachstumsabhängigen Aktien. Man kann sie als die neuen «sicheren Häfen» bezeichnen. Historisch betrachtet bieten Corporate Bonds in wirtschaftlich schwachen Zeiten eine gute Performance. Seit 1948 haben Investment-Grade-Anleihen im Vergleich zu Staatspapieren eine durchschnittliche Überrendite von 0,25% pro Quartal beziehungsweise 1% pro Jahr erzielt. Allerdings ist auch da der Blick auf das Risiko wichtig. Aufgrund der Asymmetrie der Anlageklasse sollte die Möglichkeit bestehen, in Krisenszenarien die Bonität des Portfolios deutlich zu erhöhen, um Kursverluste zu vermeiden. Da ungesicherte und nachrangige Anleihen in der Kapitalstruktur über dem Eigenkapital stehen, bieten sie eine höhere Sicherheit als Aktien. Zudem verfügen Anleihen über einen festen Coupon, während die Aktiendividende jederzeit gekürzt werden kann. Ausserdem ist das Rendite-Risiko-Verhältnis von Unternehmensanleihen besser einschätzbar als bei Staatsanleihen. Im Falle von Unternehmensanleihen lässt sich mit einem Blick auf die «harten» Unternehmens daten relativ einfach feststellen, ob ihre Rendite für das eingegangene Risiko belohnt. Die Kurse von Staatsanleihen hingegen sind auch von politischen Entscheidungen abhängig. WAS FÜR HIGH YIELDS SPRICHT In der Kategorie unterhalb von Investment Grade, also ab der Standard-&Poor’s-Klassifizierung BB+ abwärts, be finden sich hochverzinsliche Anleihen mit spekulativem Charakter. Solche High Yield Bonds werden von Unternehmen ausgegeben, denen nur eine verhält nismässig niedrige Kreditwürdigkeit bescheinigt wird. Deshalb locken sie mit einer relativ hohen Rendite. Eine besondere Stellung nimmt aus unserer Sicht die Ratingklasse BB ein, das in diesem Segment beste Rating. Trotz einer geringen Ausfallquote – pro Jahr wird gemäss Moody’s rund 1% der Emittenten zahlungsunfähig – meiden viele I nvestoren derartige Anleihen, weil sie sich aus regulatorischen Gründen in dieser Ratingkategorie gar nicht enga gieren dürfen. Dadurch gibt es in diesem Bereich interessante Anlagen, die einen überdurchschnittlich attraktiven Spread aufweisen. Zu den Risiken hochverzinslicher Anleihen gehören der relativ kleine Markt und die Schwankungsanfälligkeit der Wertschriften. Trotzdem können sorgfältig zusammengestellte Portfolios ihre Benchmarks übertreffen und als wirksamer Puffer gegen Ausfälle dienen. FOKUS EMERGING MARKETS Unabhängig von den Verwerfungen an den Märkten haben für uns Emerging Markets aus Sicht des Anleihenanlegers nie aufgehört, attraktiv zu sein. Verluste fielen in dieser Anlageklasse auf Jahres basis gerechnet in den vergangenen zwei Dekaden nur drei Mal an. Besonders interessant ist der Umstand, dass keine zwei «negativen» Jahre hintereinander verzeichnet wurden. «Investment-GradeUnternehmensanleihen sind eine gute Alternative zu Staatsanleihen.» Zudem konnten Anleger mit Schwellenländeranleihen, sofern sie nicht absprangen, regelmässig bereits im ersten Jahr nach einer Verlustperiode die Ein bussen mehr als wettmachen. Ruft man sich diese Entwicklung in Erinnerung, dürfte das Argument, Anleihen aus Schwellenländern seien besonders risiko reich, etwas verblassen. Hervé Hanoune, Leiter Fixed Income, Vontobel Asset Management
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