wp.net zum Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz. Fortsetzung der 2000 beschlossenen Marktregulierung Die erste Phase der WP-Regulierung blieb – wegen der nicht von allen Betroffenen erkannten Überregulierungen – nicht wirkungslos. Die Zahl der gesetzlichen Abschlussprüfer ist seit dem Start um mindestens 20% und die Zahl der Prüfer von gelisteten Unternehmen um fast 60% gesunken. Ein Jahrzehnt nach dem PS 140 (fachliche Grundlage der Qualitätskontrolle 2000) dämmerte es auch dem IDW, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein müsste: „Entscheidend ist, dass die Verhältnismäßigkeit auch bei der Aufsicht über den Berufstand, vor allem bei den Qualitätskontrollen, berücksichtigt werden muss“, schrieb am 12.04.2012 Dr. Feld vom IDW-Vorstand an die WPK. 1. EU-Reformziele aus 2011 Weniger Wirkung zeigte die Regulierung anscheinend bei den Big4, denn die Prüfermängel im Vorfeld der Finanzkrise rief die EU auf den Plan. Die EU-Kommission verfolgte ursprünglich mit der zweiten Regulierungsrunde ab 2011 folgende Ziele: Qualitätssteigerung der Abschlussprüfung durch die EU-weite Einführung der ISA. Bei den Prüfern von großen gelisteten Unternehmen werden in einer eigenen Verordnung zusätzliche Prüfungsregeln geschaffen, zusätzlich waren auch noch Gemeinschaftsprüfungen vorgesehen, Stärkung der Unabhängigkeit der Prüfer durch Trennung von Beratung und Prüfung sowie durch Rotation, Unabhängigkeit der Prüferaufsicht von den Abschlussprüfern sollte gestärkt werden, Erhöhung des Prüferangebots, um das Risiko aus der Big4-Beherrschung des Prüfermarktes zu senken. Dazu Umsetzung des Small Business Acts aus 2008 („Vorfahrt für KMU“) mit einer Richtlinie für alle Abschlussprüfer und eine Verordnung. Damit sollten die unterschiedlichen Regulierungsanforderungen sichergestellt werden. Der Bundestag hat am 03.12.2015 das Reformpaket verabschiedet. Trotz der Zusagen aus der Politik setzte die Regierungskoalition die modifizierte Prüferrichtlinie 2014 - auch entgegen der Zusagen im Koalitionsvertrag - nicht 1:1 um. Der Beirat der Wirtschaftsprüferkammer sowie wp.net haben sich von Anfang an für die konsequente 1:1-Umsetzung der EU-Reformen eingesetzt. Seite 1 2. Die zweite Stufe der WP-Reform 2015 versagt auf ganzer Linie 2.1. Deutsche Qualitätskontrolle mit Inländerdiskriminierung versehen Der von Professor Dr. Hansrudi Lenz vorgetragene Hinweis, dass der Peer Review EUkonform auch als Review ausgestaltet werden könnte, wurde nicht aufgegriffen. Ganz im Gegenteil: Bei der Qualitätskontrolle (Peer Review) hat sich der deutsche Gesetzgeber nicht für die Vorgaben nach Artikel 29 der Richtlinie ausgesprochen. Der Bundestag verschärft - ohne Notwendigkeit - die bestehende deutsche Qualitätskontrolle, die bereits in der Vergangenheit überreguliert war. Im Einzelnen: a. Entgegen der Richtlinie schafft das Gesetz der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) die Möglichkeit, dass QSS der WP-Praxis mit Elementen aus dem QSS der Prüfer von sog. gelisteten Unternehmen (PIE-Prüfer) zu ergänzen. Die WPK arbeitet bereits daran. b. Entgegen der Richtlinie wird bei der WP-Praxis nicht nur deren Qualitätssicherungssystem geprüft. Auch einzelne Aufträge werden nochmals einer Jahresabschlussprüfung unterzogen. Dieses Kontrollmaß sieht die Verordnung nur für die PIE-Prüfer vor (sog. Inspektionen). c. Entgegen der Richtlinie wird die Teilnahmebescheinigung nicht abgeschafft, sondern durch ein bürokratisches und weiterhin sanktioniertes Registrierungsverfahren ersetzt. d. Entgegen der Richtlinie muss der Prüfer für Qualitätskontrolle (PfQK) ein registrierter Abschlussprüfer sein. Dies erstaunt, denn die Inspektoren für die PIE-Prüfer dürfen gar keine Abschlussprüfer mehr sein. e. Entgegen der Richtlinie und der bestehenden Gesetzeslage wird künftig der PfQK von der Kommission für QK (KfQK) überwacht. Die Teilnahme der KfQK an der QK wird ergänzt durch die Pflicht zur Vorlage der Arbeitspapiere des PfQK an die KfQK. f. Entgegen der Richtlinie und der bestehenden Gesetzeslage soll die KfQK die Berichte des wp.net zum Abschlussprüferaufsichtsreformgesetz. Fortsetzung der 2000 beschlossenen Marktregulierung PfQK auswerten dürfen. Dies hat die KfQK bereits in der Vergangenheit ohne Gesetzesgrundlage gemacht. g. Entgegen der Richtlinie muss der PfQK einen umfangreichen Controlling-Bericht bei der WPK einreichen. Die Richtlinie fordert nur einen kurzen Bericht zur Beseitigung der aufgedeckten Mängel. h. Entgegen der Richtlinie fehlen im Gesetz konkrete Umsetzungen der Zielvorgabe für die Umsetzung des von der Richtlinie geforderten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. 2.2. Zusammensetzung der Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS ) und Kommission für Qualitätskontrolle erfolgt bislang nicht EU-konform Die gesetzliche Übernahme der ehemaligen Big4Wirtschaftsprüfer als APAS-Inspektoren ohne Feststellung deren Unabhängigkeit verstößt gegen die Unabhängigkeit von den Abschlussprüfern und damit auch gegen die Verordnung. Die Mitglieder der Kommission für Qualitätskontrolle in der WPK sind Abschlussprüfer oder Mitarbeiter von Berufsgesellschaften. Da für die Leitung der KfQK nichts anders gelten kann, wie für die APASLeitung, liegt ein Verstoß gegen die EU-Vorgaben vor. Damit erfolgte die Bestellung durch den Beirat nicht in einem transparenten Verfahren. 2.3. Fachaufsichtsfreie APAS verstößt gegen das Grundgesetz Der Verzicht auf eine Fachaufsicht über die APAS und damit auf ein umfassendes politisches Weisungsrecht mit der Folge einer zugleich geminderten Steuerung durch die Ministerialverwaltung verstößt gegen das Demokratieprinzip nach Art. 20 GG. Die Verordnung verlangt nur die Unabhängigkeit der Aufsicht vom Berufsstand und Berufsgesellschaften. Die Fachaufsicht stellt deswegen die Seite 2 Letztverantwortung nicht in Frage. Auch die im Gesetzgebungsverfahren noch geschaffenen Beschlusskammern in der APAS dürfen das ministerielle Weisungsrecht nicht einschränken. 2.4. Misslungene Sanktionierung großer Berufsgesellschaften Die Sanktionierung der Berufsgesellschaften koppelt die WPO an eine Berufspflichtverletzung einer Leitungsperson. Große Gesellschaften können den Sanktionierungsanlass unterlaufen wenn das Leitungspersonal sich auf überwachende Tätigkeiten beschränkt. Wenn das Leitungspersonal keine Berufspflichtverletzungen begeht, bleibt auch die Berufsgesellschaft unbehelligt. 2.5. Schädlicher Eingriff in die Selbstverwaltung Die Wirtschaftsprüferkammer wird durch den Vorstand vertreten. Ohne Sitz im Vorstand bleiben die Stimmen der betroffenen Mitglieder der Beiratsliste wirkungslos. Mit der Einführung der Verhältniswahl 2013 war auch die Spiegelbildlichkeit vorgesehen. Die nach der Wahl 2014 nicht angewandte Satzungsvorgabe wird aktuell vom Verwaltungsgericht überprüft. Statt die Spiegelbildlichkeit bei den Vorstandswahlen einzuführen, um damit die Einheitlichkeit des Berufsstandes zu gewährleisten, fördert das Nachrücken in den Beirat die Spaltung des Berufsstands. Wegen der rechtlosen Stellung der nicht im Vorstand vertretenen Beiratslisten, kann der Vorstand zur Einhaltung von Beiratsbeschlüssen nicht gezwungen werden. Darin sehen wir einen Verstoß gegen § 57 Abs. 1 WPO: Die Wirtschaftsprüferkammer hat die Belange des gesamten Berufsstands zu vertreten. 3. Fatales Reformergebnis Die ursprünglichen Reformziele der EUKommission sind in Deutschland weitgehend verfehlt worden. Vielmehr wohnt dem APAReG die Eigenschaft inne, dass sich viele Regulierungsmaßnahmen gegen den mittelständischen Berufsstand richten. Damit geht der mit der Phase 1 gestartete Exodus der mittelständischen Abschlussprüfer weiter. Wir halten APAReG für mittelstandsfeindlich und damit für kein solides Gesetz. Denn damit zementiert der Gesetzgeber die beherrschende Marktstellung der Big4. Deswegen sagen nicht nur Vertreter der Big4: Die Gewinner der WP-Reformen 2016 werden die Big4-Gesellschaften sein. Michael Gschrei, Geschäftsführender Vorstand wp.net, München, Dez. 2015
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