Hilfe für syrische und irakische Flüchtlinge im Südosten der Türkei

gefördert durch
Hilfe für syrische und irakische
Flüchtlinge im Südosten der Türkei
Mit über 2 Millionen Flüchtlingen ist die Türkei das
Land, das die meisten Vertriebenen aus Syrien und
aus dem Irak aufgenommen hat. Vor allem die
Flüchtlinge, die mehrheitlich außerhalb der Camps
leben, haben einen schweren Alltag und leiden unter
Nahrungsmittelknappheit, Arbeits- und
Perspektivlosigkeit. Hinzu kommt der tägliche Kampf
mit ihren traumatischen Erinnerungen an Flucht und
Vertreibung.
Die Diakonie Katastrophenhilfe hilft mit finanzieller
Förderung der Europäischen Union diesen besonders
durch Armut gefährdeten Menschen, die außerhalb
der offiziellen Flüchtlingscamps leben, mit
psychosozialer Unterstützung, e-Vouchern
(elektronischen Geldkarten) und Winterkleidung.
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Die meisten Flüchtlinge, die in den Projektgebieten Batman
und Diyarbakir Schutz suchen, stammen aus der syrischtürkischen Grenzregion, vor allem aus den Städten Aleppo und
Hassakeh. Die meisten Vertriebenen kamen im Sommer und
Herbst 2014 sowie in den vergangenen Monaten in das
Nachbarland. Diyarbakir und Batman beherbergen im
Vergleich zu anderen Städten im Süden der Türkei die meisten
Menschen, die zu einer ethnischen Minderheit gehören.
Die jesidische Volksgruppe im Irak leidet seit Juli 2014
besonders unter dem Vormarsch des Islamischen Staat (IS)
und ist Vertreibungen sowie zahlreichen Ermordungen aus
religiös-ideologischen Motiven ausgesetzt. Zehntausende
Jesiden flohen daraufhin über das Sinjar-Gebirge in der
irakischen Provinz Niniveh nach Hassakeh in Syrien und von
dort aus weiter in den Südosten der Türkei. Auf ihrer Flucht
erlitten die Menschen tragische Verluste: viele Kinder und alte
Menschen überlebten den schweren Weg durch die Berge
nicht, Familien wurden getrennt, einzelne Familienmitglieder
wurden Opfer von Entführungen und Menschenhandel.
In Diyarbakir suchen etwa 30.000 syrische und 6.000
irakisch-jesidische Flüchtlinge Schutz, in Batman sind es etwa
20.000 Syrerinnen und Syrer sowie 2.000 irakische Jesiden.
Etwa ein Drittel der Flüchtlingsfamilien hat den Tod von
mindestens einem Verwandten zu beklagen. Neben den
traumatischen Erlebnissen, die sie in ihrer Heimat und auf der
Flucht hatten, ist dies ein weiterer Grund für den dringenden
Bedarf an psychosozialer Hilfe. Die Hälfte aller Flüchtlinge
sind Kinder und die meisten von ihnen leiden unter teils
schweren Traumata.
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82% der Flüchtlinge in Batman sind Frauen und Kinder, in
Diyarbakir sind es 78%. Den Flüchtlingen ist es in der Türkei
bisher nicht gestattet, einer regulären Arbeit nachzugehen und
so suchen sich die Menschen alternative
Einkommensmöglichkeiten – Kinderarbeit ist nicht selten.
Überlebenskampf außerhalb der Camps
Nur knapp 15 % der rund 2 Millionen Vertriebenen sind in den
25 von der türkischen Regierung errichteten Camps
untergebracht. Die Versorgungslage in den türkischen Lagern
ist relativ gut.
Die Mehrheit der Flüchtlinge lebt jedoch außerhalb der Lager
in Gastgemeinden in den Provinzen Hatay, Kilis, Gaziantep
und Şanlıurfa. Dort wohnen sie in provisorischen
Unterkünften, Mietwohnungen oder bei Freunden bzw.
Verwandten. Die Menschen, die außerhalb der Camps leben,
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erhalten von der türkischen Regierung keine Unterstützung.
Die Mieten in den Flüchtlingsgebieten liegen inzwischen weit
über dem Durchschnitt und sind für die syrischen Familien
unerschwinglich. Obwohl die türkischen Gemeinden viel
ermöglichen, um die Flüchtlinge aufzunehmen, fehlt es
vorwiegend an Wohnraum.
Das durchschnittliche Monatseinkommen für eine Familie
beträgt 325 Türkische Lira (TL), etwa 113 Euro. Demnach lebt
die Mehrheit der Flüchtlinge unter der Armutsgrenze. Die
Folge ist oft eine unzureichende Ernährung und Zeichen von
Mangelernährung sind bei der Mehrheit der Flüchtlinge
erkennbar. Eines der Hauptprobleme ist die unsichere
Nahrungsmittelversorgung. Ein Viertel der
Flüchtlingsbevölkerung berichtete, dass sie die Essensrationen
reduzieren müssen, sich Essen von Freunden, Verwandten
oder Nachbarn besorgen oder sogar die tägliche Anzahl der
Mahlzeiten verringern, um genügend Essen für die Kleinsten
bereitstellen zu können.
Hinzu kommt, dass in der Türkei, vor allem im Osten, in den
vergangenen Jahren Dürren herrschten: folglich wurde das
Wasser noch knapper als vorher, die Ernten fielen schlecht aus.
Die Folge sind steigende Preise für landwirtschaftliche
Produkte. Zu den monatlichen Ausgaben kommen in vielen
Fällen überhöhte Mieten hinzu. Die durchschnittliche
Monatsmiete liegt bei 160-190 Türkischen Lira. Das ist etwa
die Hälfte des monatlichen Durchschnittseinkommens. Unter
diesen extrem schwierigen Bedingungen versuchen die
Menschen, ihren Alltag so gut wie möglich zu meistern.
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Nahrungssicherheit und Selbstbestimmung
Viele Familien versuchen oft kurzfristige Lösungen zu finden,
die jedoch nicht nachhaltig sind: leihen sich die Betroffenen
Geld, haben sie in der Folge Probleme, die volle Summe
zurückzuzahlen. Oft verkaufen die Flüchtlinge ihren letzten
Besitz, wie Eheringe oder sonstige Wertgegenstände. Auch die
Kosten für die Bildung ihrer Kinder sparen viele Familien ein,
um Reserven für Essen und Hygieneartikel zu haben.
Die Diakonie Katastrophenhilfe setzt mit ihrer lokalen
Partnerorganisation Support to Life (STL) in der Türkei ein
Programm um, das sich auf die finanzielle Unterstützung der
Flüchtlinge konzentriert. Ohne ein Recht auf Arbeit, ist die
„cash assistance”-Maßnahme in vielen Fällen ein Lebensretter
für die Flüchtlinge, die arm und sozial benachteiligt sind sowie
unter Nahrungsknappheit leiden.
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Haushalte, die nach bestimmten Kriterien (Geschlecht, Alter,
Einkommen) ausgewählt wurden, bekommen für drei Monate
eine Geldkarte ausgehändigt (ähnlich wie auf dem Foto), die
monatlich mit 50 Türkischen Lira pro Person aufgeladen wird.
Bei einem Haushalt mit durchschnittlich sechs Mitgliedern
sind das 300 Türkische Lira monatlich. Mit dieser Summe soll
vorrangig der grundlegende Nahrungsbedarf abgedeckt
werden. Sie basiert auf allgemeinen Mindestrichtwerten der
täglich notwendigen Mindestaufnahme von Nährstoffen.
STL hat seit 2013 Erfahrung mit dieser Hilfe und stellte fest,
dass Familien, die Geldkarten erhielten, keine Mahlzeiten
mehr ausfallen ließen und Nahrungsmittel wie Eier, Milch oder
Fleischprodukte wieder in ihren Speiseplan aufnahmen. Alle
drei Monaten wird geprüft, ob für weitere drei Monate eine
Geldkarte ausgegeben wird, oder ob neu angekommene oder
noch bedürftigere Flüchtlinge ihren Platz einnehmen.
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Mit diesem zusätzlichen Einkommen können die Menschen
selbst entscheiden, wofür sie es wann verwenden. Freie Mittel
können für Medizin, Schulmaterialien oder für die Miete
ausgegeben werden. Es macht sie unabhängiger von
Hilfsgütern wie Nahrungsmittelpaketen, die den individuellen
Bedarf nicht immer ausreichend abdecken.
Schutz und Zukunftsperspektiven
Ergänzend zu dem cash assistance-Programm bietet die
Diakonie Katastrophenhilfe auch eine psychosoziale Begleitung
an. Menschen, die sich in einer solch schwierigen Lebenslage
befinden, benötigen Schutz und Sicherheit. Durch
Bildungsangebote, Rechtsberatung und Hilfe für speziellen
medizinischen Bedarf soll die Selbständigkeit gestärkt und der
Zugang zu sozialen Dienstleistungen erleichtert werden. Vor
allem Kinder und Frauen sollen profitieren. Das Angebot reicht
von psychologischer Beratung bis zu beruflicher Ausbildung.
Im Zuge des bevorstehenden Winters werden außerdem
12.000 Menschen mit Winterkleidung im Wert von je 75 Euro
ausgestattet. Mit diesen von der Europäischen Union
unterstützten Hilfsmaßnahmen werden insgesamt 28.800
Flüchtlinge in den Projektgebieten Batman, Diyarbakir und
Istanbul erreicht.
Förderung durch die Europäische Union
(European Commission’s Humanitarian Aid and Civil
Protection department (ECHO) – Humanitäre Hilfe und
Katastrophenschutz)
Finanz-Anteil Diakonie Katastrophenhilfe: 404.950 Euro
Finanz-Anteil Europäische Union: 4.500.000 Euro
Laufzeit: 01.04.2015 – 30.06.2016
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Ihre Spende hilft
Diakonie Katastrophenhilfe
Evangelische Bank
Konto: 502 502
BLZ: 520 604 10
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Weitere Informationen finden Sie unter
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Impressum
Herausgeber Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung – Diakonie Katastrophenhilfe Redaktion
Christina Margenfeld, Stefan Libisch, Thomas Sandner (V. i. S. d. P.) Foto STL/ Diakonie Katastrophenhilfe,
REACH/ Diakonie Katastrophenhilfe Stand: November 2015
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