Anfechtung einer Vollmacht

Anfechtung einer Vollmacht
Die Erteilung einer Vollmacht ist eine Willenserklärung und unterliegt somit grundsätzlich
den Regeln der Anfechtung.
Vor Gebrauch der Vollmacht ist dies unproblematisch möglich. Die Anfechtung betrifft nur
das Verhältnis zwischen Vertretenem und Vertreter und berührt keine Interessen Dritter.
Anfechtungsgegner ist bei der Innenvollmacht der Vertreter und bei der Außenvollmacht der
Geschäftspartner, § 143 Abs. 3 S. 1 BGB. Allerdings ist eine Anfechtung einer Vollmacht vor
Gebrauch kaum praktisch relevant, da der Vertretene die Vollmacht einfach gem. § 168 S. 2
BGB widerrufen kann.
Nach Gebrauch der Vollmacht ist eine Anfechtung problematischer. Rechtsfolge der
Anfechtung ist eine Nichtigkeit ex tunc, vgl. § 142 I BGB. D.h., dass der Vertreter mit
Anfechtung der Vollmacht durch den Vertretenen rückwirkend zum Vertreter ohne
Vertretungsmacht und das durch ihn abgeschlossene Rechtsgeschäft unwirksam wird. Eine
Anfechtung der Vollmacht, nachdem der Vertreter Gebrauch von ihr gemacht hat, betrifft
daher auch die Interessen des Geschäftspartners des Vertretenen. Aus diesem Grund ist die
Möglichkeit der Anfechtung einer Vollmacht nach Gebrauch durch den Vertreter umstritten.
Einige Stimmen in der Literatur verlangen zum Schutz des Geschäftspartners eine
Einschränkung des Anfechtungsrechts.
e.A.: Ausschluss der Anfechtung bei bereits ausgeübter Innenvollmacht
 Kein Anspruch des Geschäftspartners bei Innenvollmacht gem. § 122, da bei der
Innenvollmacht die Anfechtung gegenüber dem Vertreter zu erfolgen hat
 Ausnahme: Durschlagen des Mangels der Vollmacht auf das Vertretergeschäft,
vgl. § 166 Abs. 2 BGB
h.M.: Anfechtung auch nach Gebrauch möglich
 Bevollmächtigung und Vertretergeschäft sind zwei voneinander unabhängige
Rechtsgeschäfte, daher kein „Durschlagen“ möglich
 Ausreichender Schutz des Geschäftspartners durch
 Haftung des Vertreters gem. § 179 BGB
 Schadensersatzpflicht des Vertretenen gem. § 122 BGB
(h.M.: bei Innenvollmacht1 § 122 BGB analog)
 Schutz des gutgläubigen Vertreters ebenfalls durch einen Schadenersatzanspruch
gem. § 122 BGB gegen den Vertretenen
(bei Außenvollmacht § 122 BGB analog)
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Umstritten dabei ist außerdem, wem gegenüber die Anfechtung zu erklären ist. Nach einer Ansicht muss die
Anfechtung gegenüber dem Geschäftspartner erklärt werden, da die Anfechtung mittelbar das Vertretergeschäft
unwirksam werden lässt. Nach anderer Ansicht bleibt es bei einer Anfechtung gegenüber dem Vertreter. Jedoch
treffe den Vertretenen in diesem Fall eine (deklaratorische) Pflicht, den Geschäftspartner über die Anfechtung zu
informieren. Eine Ausnahme bestehe nur bei einer nach außen kundgegebenen Innenvollmacht gem. § 171 Abs.
1 BGB sowie bei Vorlage der Vollmachtsurkunde durch den Vertreter. In diesen Fällen müsse die Anfechtung
gegenüber dem Geschäftsgegner erfolgen. Vertiefte Kenntnisse zu dieser Problematik werden im ersten
Semester nicht erwartet.