LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/9915 02.10.2015 Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3788 vom 13. August 2015 des Abgeordneten Oskar Burkert CDU Drucksache 16/9524 Warum nimmt die Gesundheitsministerin bei der Feststellung des Gesundheitsstatus der Flüchtlinge ihre Aufgaben nicht wahr? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 3788 mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Herausforderungen durch den enormen Anstieg der Flüchtlingszahlen in NordrheinWestfalen fordern die Landesregierung und alle zuständigen Ministerien. Das MGEPA hat mit Erlass vom 7. Oktober 2014 festgelegt, welche Untersuchungen Ausländerinnen und Ausländer in einer Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) zu dulden haben. Die Kommunen beschweren sich zunehmend, dass ihnen die Flüchtlinge ohne Gesundheitsuntersuchung aus den EAE zugeteilt werden. Die Gesundheitschecks bei der Aufnahme sind von den Gemeinden nicht zu leisten. Die Kreise haben Gesundheitsämter, aber nicht ausreichendes Personal. Eine Koordination der Aufgaben ist nicht erkennbar. In der Sondersitzung des Innenausschuss vom 10.Juli 2015 waren die Vertreter des MGEPA zu den gesundheitsrelevanten Fragen nicht sprachfähig. Ein Notfallkonzept lag nicht vor. Vorbemerkung der Landesregierung Nach § 62 Absatz 1 Asylverfahrensgesetz sind Ausländerinnen und Ausländer, die in einer Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen haben, verpflichtet, eine ärztliche Untersuchung auf übertragbare Krankheiten einschließlich einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane zu dulden. „Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr Datum des Originals: 01.10.2015/Ausgegeben: 07.10.2015 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9915 bestimmte Stelle bestimmt den Umfang der Untersuchung und den Arzt, der die Untersuchung durchführt.“ Diese vom MGEPA am 07.10.2014 erstmals getroffene Bestimmung hat das MIK den Zentralen Ausländerbehörden der Städte Bielefeld und Dortmund sowie der Bezirksregierung Arnsberg mit Schreiben vom 07.10.2014 zur Kenntnis und Beachtung übersandt. Ärztinnen und Ärzte wurden nicht bestimmt. Damit besteht die Möglichkeit, vor Ort angepasst und flexibel zu agieren. Vor diesem Hintergrund fällt die ärztliche Untersuchung auf übertragbare Krankheiten gem. § 62 Asylverfahrensgesetz in Landesaufnahmeeinrichtungen in Nordrhein-Westfalen nicht in die Zuständigkeit der örtlich zuständigen unteren Gesundheitsbehörden und damit auch nicht unter die fachliche Aufsicht des MGEPA, sondern unter die des MIK. 1. Welches Notfallkonzept für die gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen gibt es? Wie in der Ausschusssitzung am 10. Juli 2015 wiederholt betont wurde, ist für die gesundheitliche Versorgung kein Notfallkonzept erforderlich, weil das bestehende System ausreichende Ressourcen zur Verfügung stellen kann. Sie müssen allerdings angefordert und mobilisiert werden. Davon zu unterscheiden ist der „Notfallplan Flüchtlingsunterbringung NRW“ der Bezirksregierung Arnsberg vom 31.07.2015. Dieser befasst sich insbesondere mit folgenden Themen: Röntgen und Registrieren Das Konzept enthält Aussagen dazu, wie Tbc-Ausschlussuntersuchungen (verkürzt: „Röntgen“) und die Registrierungen bei besonders hohen Zugangsspitzen sichergestellt werden können. Des Weiteren sind Entlastungsmaßnahmen für die besonders betroffenen Erstaufnahmeeinrichtungen Dortmund und Bielefeld erhalten. Umgang mit infektiösen oder parasitären Erkrankungen Insoweit wurde ebenfalls ein Konzept entwickelt. Bei Erkennen entsprechender Erkrankungen müssen die betroffenen Personen separiert, ggf. nahestehende Kontaktpersonen ermittelt und unverzüglich die Entscheidungen von Ärztinnen und Ärzte zum weiteren Vorgehen veranlasst werden. Darüber hinaus sind Meldewege - zusätzlich zu den bestehenden nach Infektionsschutzgesetz - festgelegt worden. Transferschema für das Auftreten von Varizellen (Windpocken) in Aufnahmeeinrichtungen Speziell für das Auftreten von Varizellen in Aufnahmeeinrichtungen hat das Landeszentrum Gesundheit NRW (LZG NRW) in Abstimmung mit dem MGEPA eine Handlungsempfehlung sowie ein Transferschema für die unteren Gesundheitsbehörden erarbeitet. Darüber hinaus gibt es eine von der Bezirksregierung Arnsberg erstellte Handreichung für Einrichtungsbetreiber „Management der Windpocken in der Asylunterkunft - Notfallplan zur Vermeidung der Schließung bei drohender Obdachlosigkeit -“, die diese Empfehlungen zusammenfasst. Ziel ist es, Transferstopps in den betroffenen Aufnahmeeinrichtungen, sofern medizinisch vertretbar, zu verhindern. Die Entscheidung trifft die örtlich zuständige untere Gesundheitsbehörde in eigener Zuständigkeit. 2 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9915 Hygienepläne Daneben hat die Bezirksregierung Arnsberg allen Unterbringungseinrichtungen einen Musterhygieneplan sowie einen Musterreinigungs- und desinfektionsplan des LZG für Gemeinschaftseinrichtungen zur Verfügung gestellt, die vor Ort in individuellen Hygieneplänen umgesetzt werden sollen. 2. Wird der Impfstatus der Flüchtlinge flächendeckend in den EAE festgestellt? Nein. Die Flüchtlinge haben in der Regel auch keine Papiere, aus denen der Impfstatus hervorgeht. Serologische Kontrollen werden bei Verdacht auf Kontraindikationen durchgeführt. Im Übrigen wird in den Landeseinrichtungen ein breites Impfangebot gemacht, das überwiegend angenommen wird. 3. Wieviel ärztliches Personal steht in den EAE des Landes zur Verfügung? Eigenes ärztliches Personal halten die EAE nicht vor. Es werden, soweit möglich, allerdings Sanitätsstationen betrieben und ärztliche Sprechstunden angeboten. Wo das nicht der Fall ist, wird mit örtlichen niedergelassenen Ärzten zusammengearbeitet. 4. Hat sich die Ministerin bisher persönlich ein Bild von der Situation in den EAE gemacht? Wie in der Vorbemerkung dargestellt, liegt die medizinische Versorgung in den EAE in meiner Zuständigkeit. Ich habe mir bereits mehrfach ein Bild vor Ort gemacht. Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter unterstützt und berät mich in Fragen der gesundheitlichen Versorgung der Flüchtlinge. In diesem Zusammenhang haben sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LZG und auch die Gesundheitsministerin vor Ort informiert. 5. Wie ist sichergestellt, dass die Kommunen die Leistungen erstattet bekommen, die sie wahrnehmen, obwohl sie eigentlich in den Finanzierungsrahmen des Landes gehören? Angesichts der Entwicklung der Flüchtlingszahlen mussten innerhalb weniger Wochen Notunterkünfte generiert werden, um den ankommenden Flüchtlingen eine Unterkunft und erste Versorgung zukommen lassen zu können. Vor diesem Hintergrund mussten Kommunen bei der Schaffung von Notunterkünften im Wege der Amtshilfe in Anspruch genommen werden. Ziel ist es, diese sobald wie möglich durch Regelunterbringungen und durch Errichtung von Zelthallen abzulösen. In Anbetracht der derzeit weiter steigenden Flüchtlingszahlen ist es jedoch nicht auszuschließen, dass die in Amtshilfe bereitgestellten Notunterkünfte auch auf Weiteres genutzt werden müssen. Eine Fortführung soll dabei im Einvernehmen mit der Standortkommune erfolgen. Bereits im Rahmen der letzten Bürgermeisterkonferenz am 12. August 2015 hat das Land nochmals zugesichert, dass die notwendigen Kosten der Kommunen, die im Rahmen der Amtshilfe Notunterkünfte des Landes betreiben, erstattet werden. Alle Regierungspräsidenten haben zudem die einzelnen Standortkommunen aufgefordert, den Betrieb der Notunterkünfte bis Ende Februar 2016 aufrechtzuerhalten. 3 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/9915 In einer Besprechung mit den Kommunalen Spitzenverbänden am 4. September 2015 in meinem Haus ist eine einvernehmliche Lösung erzielt worden, die eine pauschale Kostenerstattung mit einem minimalen bürokratischen Aufwand vorsieht und den Kommunen des Landes die notwendige Planungssicherheit gibt. Im Ergebnis wurden folgende Eckpunkte festgelegt: Die notwendigen Kosten des Verwaltungspersonals der Kommunen in den Notunterkünften werden mit einem monatlichen Betrag in Höhe von 20.000 Euro pro Monat und Notunterkunft (mit jeweils 150 Plätzen) erstattet. Wird eine Notunterkunft mit einer höheren Platzzahl betrieben, erhöht sich die Pauschale entsprechend im gleichen Umfang. In Einzelfällen kann es notwendig sein, Personal der Kommunen für Aufgaben der Betreuungs- und Sicherheitsdienstleistungen einzusetzen, wenn hierfür keine externen Kräfte gewonnen werden konnten. Der Kostenersatz dieser Personen wird entsprechend der jeweiligen persönlichen Besoldungs- /Entgeltgruppe anhand der Kostenpauschalen der KGSt (vgl. KGSt-Bericht Kosten eines Arbeitsplatzes) erfolgen. Sofern einzelne Kommunen das Land personell insbesondere für die Registrierung von Flüchtlingen und für die Verwaltung einzelner Not- oder Regelunterkünfte unterstützen, soll der Kostenersatz entsprechend dieser Kostenpauschalen der KGSt erfolgen. Die Abrechnung erfolgt über die jeweils zuständige Bezirksregierung. Die hierfür erforderlichen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen wird das Land schaffen. Eine Rechtsgrundlage für den Kostenersatz des Landes wird durch den Abschluss öffentlichrechtlicher Vereinbarungen zwischen der jeweiligen Bezirksregierung und der Kommune geschaffen. Es wurde mit den Kommunalen Spitzenverbänden vereinbart, dass eine Mustervereinbarung kurzfristig abgestimmt wird. 4
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