Absendeer: Freie Ärzteschaft - beim MEDI

Offener Brief an den Präsidenten der Bundesärztekammer Prof. Frank-Ulrich Montgomery
Essen, 10.02.2016
Mangelhafte Sitzungsleitung beim außerordentlichen Deutschen
Ärztetag – parlamentarische Grundprinzipien eklatant verletzt
Sehr geehrter Herr Prof. Montgomery,
sehr geehrter Herr Präsident,
der außerordentliche Deutsche Ärztetag am 23. Januar 2016 in Berlin wurde
einberufen, um sich ausführlich mit der Novellierung der GOÄ, den Verhandlungen und
der breiten Kritik daran zu befassen. Nach gründlichem Überdenken dieses
Ereignisses und Erörterung mit Fachjuristen möchten wir Ihnen unsere Einschätzung
mitteilen.
Bei einer ganzen Reihe von Delegierten dieses außerordentlichen Ärztetages festigt
sich der Vorwurf, dass Sie durch eine rechtsfehlerhafte Sitzungsleitung der deutschen
Ärzteschaft, vertreten durch die Delegierten, in ganz entscheidender Frage schweren
Schaden zugefügt haben.
Der außerordentliche Ärztetag folgte nicht den Grundsätzen eines demokratischen
Prozesses. So hätte der Antrag des Delegierten Dr. Joachim Calles (I - 41) nicht zur
Abstimmung gelangen dürfen. Dieser forderte, dass sich die Delegierten mit allen
Anträgen, „deren Umsetzung eine Unterbrechung der laufenden Verhandlungen zur
Folge hat …“ nicht beschäftigen. Damit wurde den Verfassern dieser Anträge pauschal
das Recht verwehrt, ihre Anliegen zur Diskussion zu stellen. Von 48 eingereichten
Anträgen haben Sie nur 10 Anträge abstimmen lassen, die große Mehrheit der Anträge
wurde faktisch ignoriert, nicht verlesen und lag zum großen Teil auch nicht rechtzeitig
umgedruckt den Delegierten vor. Dies stellt einen klaren Verstoß gegen die
Geschäftsordnung der Deutschen Ärztetage § 19 dar.
Zudem wurde von Ihnen keinerlei ausreichendes Ermessen ausgeübt, ob die
betroffenen Anträge überhaupt zu einer Unterbrechung der Verhandlungen geführt
hätten, oder ob sie gar im Sinne der Begründung des Antrags von Dr. Calles „gute
Vorschläge und Änderungswünsche“ beinhalteten, die „sinnvoll in die Verhandlungen
einzubringen sind“. Die unzulässige Abstimmung des Antrags I - 41 – wenngleich
dieser mehrheitlich befürwortet wurde – hat die Rechte der Mandatsträger empfindlich
verletzt.
Weitere rechtliche Prüfungen werden festzustellen haben, ob und inwieweit hierdurch
Zweck und Funktion des außerordentlichen Ärztetages zunichte gemacht und damit
offensichtlich der erhebliche Zeitaufwand der Delegierten wie auch der Aufwand an
Beitragsmitteln für die Durchführung dieses Ärztetages vergeudet worden sind.
Die unter Ihrem Vorsitz getroffenen Beschlüsse bestätigen die bisherige Politik des
Vorstandes der Bundesärztekammer in Bezug auf die Erarbeitung einer neuen GOÄ
nur scheinbar. Die deutsche Ärzteschaft steht durch die von Ihnen zu verantwortende
Fehlentscheidung auch nach dem außerordentlichen Ärztetag tatsächlich weiter ohne
ein belastbares Votum da. Die undemokratische Sitzungsleitung hat die gefassten
Beschlüsse entwertet.
Des Weiteren bezweifeln wir, dass Ihre Sitzungsleitung dem Zweck und der Funktion
des außerordentlichen Ärztetages gerecht werden konnte. Denn hier besteht ein
Interessenkonflikt: Als Bundesärztekammerpräsident sind Sie einerseits
Hauptverantwortlicher für die GOÄ-Novellierung und haben auch in einem eigenen
Wortbeitrag für die Positionen der Bundesärztekammer geworben. Andererseits ist
eine solche Sitzung unparteiisch zu leiten – Sie hätten die Sitzungsleitung abgeben
müssen. Offenbar bedarf es neuer Regeln in der Geschäftsordnung der Deutschen
Ärztetage, die die manipulative Beschneidung der Rechte der Delegierten
ausschließen.
In Erwartung Ihrer Antwort mit kollegialen Grüßen
Wieland Dietrich, Dr. Axel Brunngraber, Christa Bartels und Dr. Heinz-Jürgen Hübner
als Delegierte der Freien Ärzteschaft e. V.
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf
vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder:
vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze.
Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel
der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen
und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
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