„Priorisierung in der Klinik – Ökonomisierung über alles?“

Ist unser Gesundheitssystem noch zu re2en? Priorisierung und Ra8onierung in der Medizin – Jahrestagung der Katholischen Ärztearbeit Deutschlands „Priorisierung in der Klinik – Ökonomisierung über alles?“ 19.09.2015 Christof Schenkel-­‐Häger h=p://www.aerztezeitung.de/img.ashx?f=/docs/2014/11/04/Prio_AH.jpg&w=625 Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 1 Agenda 1 BegriffsbesQmmungen 2 Problemstellung 3 Ursachen für die Begrenzung von Leistungen 4 OpQonen und Lösungsansätze Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 2 1 Begriffsbes8mmungen (Quelle: vgl. Olfert/Rahn: Lexikon der Betriebswirtscha3slehre, 7.Auflage 2011) Magisches Dreieck der BetriebswirtschaGslehre Ökonomisches Prinzip Der Mensch im Mi=elpunkt des Prozesses Schonung natürlicher Ressourcen Ökologisches Prinzip Humanitäts-­‐ Prinzip Stand: 19.09.2015 Maximalprinzip Minimalprinzip Schenkel-­‐Häger 3 1 Begriffsbes8mmungen (Quelle: vgl. Olfert/Rahn: Lexikon der Betriebswirtscha3slehre, 7.Auflage 2011) Ökonomisches Prinzip (WirtschaGlichkeitsprinzip) -  Maximalprinzip: mit definiertem Input maximale Leistung (output) erreichen (Beispiel: Ein Krankenhaus steigert seine Pa=entenzahlen im Vergleich zum Vorjahr um 5%, ohne den Personalaufwand zu erhöhen) -  Minimalprinzip: eine definierte Leistung (output) mit minimalen Mi=eln erreichen (Beispiel: Ein Krankenhaus erreicht die Pa=entenzahl des Vorjahres mit weniger Personal und weniger Personalaufwand) Maximalprinzip Minimalprinzip -  Extremumprinzip: KombinaQon aus Maximal-­‐ und Minimalprinzip Extremumprinzip Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 4 1 Begriffsbes8mmungen Wirtscha<lichkeit bedeutet eine möglichst effiziente Alloka=on von Gütern und Dienstleistungen sowie die Ausrichtung auf einen sowohl sparsamen als auch wirksamen Einsatz vorhandener MiOel. Eine Ökonomisierung liegt dagegen vor, wenn betriebswirtscha3liche Parameter jenseits ihrer DiensQunk=on für die Verwirklichung originär medizinischer Aufgaben eine zunehmende Defini=onsmacht über individuelle und ins=tu=onelle Handlungsziele gewinnen. (vgl. Zentrale Ethikkommission der Bundesärztekammer (2013) Ärztliches Handeln zwischen Berufsethos und Ökonomisierung. Das Beispiel der Verträge mit leitenden KlinikärzQnnen-­‐ und ärzten. Dtsch Arztebl 110:A1752–
A1756) Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 5 2 Problemstellung (Quelle: Programmhej der Veranstaltung) Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 6 2 Problemstellung Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 7 2 Problemstellung Zwei-­‐Klassen-­‐Medizin Maximaltherapie Überversorgung Strengere IndikaQonsstellung Entscheidung des PaQenten QualifikaQon des Behandelnden Begrenzung der Mengenvielfalt therapeuQscher OpQonen -­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐ Begrenzung der Behandlung (DiagnosQk/Therapie/Pflege) PoliQsche Vorgaben (z.B. GBA) „makro-­‐
ökonomische“ Grenzen Angebot und Nachfrage Stand: 19.09.2015 Verfügbarkeit eines Behandlers „Mikro-­‐
ökonomische“ Grenzen Gewinnstreben des KH Schenkel-­‐Häger 8 2 Problemstellung a.  Was sind aus ökonomischer Sicht die Ursachen oder werden die Ursachen für eine Begrenzung medizinischer Behandlungsleistungen im Krankenhaus sein? b.  Welche OpQonen gibt es aus ökonomischer Sicht, eine Begrenzung erforderlicher Behandlungsleistungen zu vermeiden oder zu vermindern? Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 9 3 Ursachen für eine Begrenzung von Leistungen Makroökonomische Perspek8ve (Systemperspek8ve) -­‐  Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V): Die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer haben die Verein-­‐
barungen über die Vergütungen nach diesem Buch so zu gestalten, dass Betragssatzerhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtscha3lich-­‐
keitsreserven ohne Beitragssatzerhöhungen nicht zu gewährleisten (Grundsatz der Beitragssatzstabilität) -­‐  Einflussfaktoren auf Nachfrageentwicklung: Demografischer Wandel, medizinischer Fortschri=, Anspruchshaltung der PaQenten, Moral-­‐Hazard-­‐
Verhalten von PaQenten, angebotsinduzierte Nachfrage Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 10 3 Ursachen für eine Begrenzung von Leistungen ?
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(vgl. Marckmann G (2010) Kann Ra=onierung im Gesundheitswesen ethisch vertretbar sein? GGW 10:1–15) Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 11 3 Ursachen für eine Begrenzung der Leistungen Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 12 3 Ursachen für eine Begrenzung der Leistungen Gewinnstreben des Krankenhauses -­‐  Gewinnerzielung als Formalziel bei mind. 34% der Krankenhäuser -­‐  Diskussion: Gewinnabflüsse „systemwidrig “ in der Daseinsvorsorge? -­‐  Gewinn als Notwendigkeit für alle Krankenhäuser? Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 13 3 Ursachen für eine Begrenzung der Leistungen Duale Finanzierung Krankenhausfinanzierungsgesetz (§ 4 KHG) Betriebs-­‐/Behandlungskosten Inves88onskosten Leistungsgerechte Erlöse (Krankenkassen) Öffentliche Förderung (Länder) Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 14 3 Ursachen für eine Begrenzung der Leistungen „Mikroökonomische“ Perspek8ve (Unternehmensperspek8ve) -­‐  Kosten-­‐Erlös-­‐Schere (Betriebskostenbereich): -­‐  ErlösansQeg 2006-­‐2013 bei 8,7% Δ 3,6 Mrd. €
-­‐  KostenansQeg 2006-­‐2013 bei 15,9% -­‐  InvesQQonsstau: -­‐  zwischen 30 und 50 Mrd. € aufgelaufener Stau -­‐  Länder zahlen nur 50% der erforderlichen Mi=el -­‐  Darlehnsfinanzierung (Bonität): wachsende Schwierigkeiten für (kommunale und freigemeinnützige) Krankenhäuser -­‐  Fachkräjemangel: Pflegende, Ärzte Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 15 3 Ursachen für eine Begrenzung der Leistungen „Mikroökonomische“ Perspek8ve (Unternehmensperspek8ve) Kosten-­‐Erlös-­‐
Schere Fachkräje-­‐
Mangel InvesQQonsstau (NegaQves) Jahresergebnis Abschläge/Ausgleiche für Mehrleistungen Mangelnde Bonität h=p://publicus-­‐boorberg.de/sixcms/media.php/
1199/05_Abb_1.jpg Ruinöser We2bewerb um Pa8enten!!! Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger g n
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16 3 Ursachen für eine Begrenzung der Leistungen Symptome der ÖKONOMISIERUNG im Krankenhaus: -­‐  Über-­‐Verkürzung der Verweildauer („BluQge Entlassung“) -­‐  Leistungsverdichtung ohne erforderlichen Personalauzau (z.B. Abbau von 50.000 Pflegestellen in den letzten Jahren) ’ Behandlungs-­‐, Pflege-­‐ und Hygienefehler -­‐  Ablehnung von „teuren“ PaQenten (z.B. PaQenten mit mulQresistenten Erregern, Schwerstkranke) -­‐  Verzicht auf notwendige InvesQQonen (z.B. moderne Ultraschallgeräte) -­‐  Chefarztverträge mit variabler leistungs(mengen)abhängiger Komponente -­‐  … … eine zunehmende Defini=onsmacht über individuelle und ins=tu=onelle Handlungsziele gewinnen! Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 17 3 Ursachen für eine Begrenzung der Leistungen Zwischenfrage: Führt die derzei?ge Ökonomisierung zu einer Begrenzung medizinischer Behandlungsleistungen im Krankenhaus? Individueller Behandlungsbereich (vereinzelt) Stand: 19.09.2015 kollekQver Behandlungsbereich Schenkel-­‐Häger 18 3 Ursachen für eine Begrenzung der Leistungen Zwischenfrage: Führt die zukün<ige Ökonomisierung zu einer Begrenzung medizinischer Behandlungsleistungen im Krankenhaus? Individueller und kollekQver Behandlungsbereich Stand: 19.09.2015 kollekQver Behandlungsbereich Schenkel-­‐Häger 19 3 Ursachen für eine Begrenzung der Leistungen Zwei-­‐Klassen-­‐Medizin Maximaltherapie Überversorgung Strengere IndikaQonsstellung ANGEBOTSSEITE Entscheidung des PaQenten QualifikaQon des Behandelnden Begrenzung der Mengenvielfalt therapeuQscher OpQonen -­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐-­‐ Begrenzung der Behandlung (DiagnosQk/Therapie/Pflege) PoliQsche Vorgaben (z.B. GBA) „makro-­‐
ökonomische“ Grenzen Angebot und Nachfrage Verfügbarkeit eines Behandlers „Mikro-­‐
ökonomische“ Grenzen Gewinnstreben des KH NACHFRAGESEITE Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 20 4 Op8onen und Lösungsansätze NACHFRAGESEITE -­‐ Umstellung der Gesellschaj auf PrävenQon (Schule, Arbeitswelt, …) -­‐ Verbesserung des Moral-­‐Hazard-­‐Syndroms (Anspruchshaltung) -­‐ Deba=e über Priorisierung -­‐ … ANGEBOTSSEITE -­‐ Aufwertung („A=rakQvierung“) des Pflege-­‐ und Arztberufs (Arbeitsbedingungen, ArbeitsorganisaQon, Führung, Imagebildung, …) -­‐ OrganisaQons-­‐ und Personalentwicklung im Krankenhaus -­‐ Technische Entwicklungen (Digitalisierung, Telemedizin, …) -­‐ Verbesserung des Moral-­‐Hazard-­‐Syndroms (angebotsinduzierte Nachfrage) -­‐ … Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 21 4 Op8onen und Lösungsansätze Was alle erfolgreichen Menschen miteinander verbindet,
ist die Fähigkeit, den Graben zwischen Entschluss und
Ausführung äußerst schmal zu halten.
Peter F. Drucker (1909-2005)
„Vater“ des modernen Managements
Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 22 Ist unser Gesundheitssystem noch zu re2en? Priorisierung und Ra8onierung in der Medizin – Jahrestagung der Katholischen Ärztearbeit Deutschlands „Priorisierung in der Klinik – Ökonomisierung über alles?“ 19.09.2015 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! h=p://www.aerztezeitung.de/img.ashx?f=/docs/2014/11/04/Prio_AH.jpg&w=625 Stand: 19.09.2015 Schenkel-­‐Häger 23