Kleiner Eingriff, große Wirkung

Medizin Aktuell
Kleiner Eingriff, große Wirkung
Das Coflex-Implantat hilft bei eingeengtem Wirbelkanal
Schmerzen an der Lendenwirbelsäule – nicht nur der klassische Bandscheibenvorfall kann dafür verantwortlich sein, sondern oftmals werden die Schmerzen ausgelöst durch eine Verengung des Wirbelkanals: die so genannte Wirbelkanalstenose oder auch Spinalstenose. Die Verengung des Wirbelkanals führt dazu, dass die Patienten Probleme haben, längere Strecken zu gehen, weil die Schmerzen der Lendenwirbelsäule ausstrahlen und die Beine sich nach kurzer Zeit schwer oder taub anfühlen. Für Personen, bei denen konservative Methoden, wie z. B. ein Mieder oder eine Wirbelkanalinfiltration, nicht geholfen haben, entwickelte die Firma Paradigm Spine ein Wirbelsäulenimplantat, das
so genannte Coflex. „Das Implantat fungiert wie ein Distanzhalter zwischen zwei Wirbeln und wird unter Vollnarkose eingesetzt“, erläutert Dr. Marita Ant von der Gemeinschaftspraxis für Orthopädie und
Neurochirurgie Düsseldorf-Süd. „Eine Verengung des Wirbelkanals kann entstehen, wenn die Wirbel
verschleißen, was durch altersbedingte Abnutzung oder starke Überbelastung geschehen kann.“
D
er Wirbelkanal wird ventral (zum
Bauch hin) begrenzt durch die
Wirbelkörper und Bandscheiben
sowie dorsal (zum Rücken hin) durch die
Wirbelbögen. Die Nerven sind innerhalb
des Wirbelkanals von einem schützenden Band, dem Ligamentum flavum,
auch gelbes Band genannt, umgeben.
Indikationen für ein Coflex-Implantat:
• degenerative Stenose der Wirbelsäule
• Bandscheibenvorfall
• Instabilität der Lendenwirbelsäule
• schmerzhafte Degeneration der Facettengelenke
ORTHOpress 1/2007
7
Medizin Aktuell
Die Neurochirurginnen
Dr. Marita Ant (r.) und
Ruth Küsters-Treiß von der
orthopädisch-neurochirurgischen Gemeinschaftspraxis
Düsseldorf-Süd
Durch die Abnutzung und Belastung der
einzelnen Wirbel können die Wirbelknochen angeregt werden, Knochenmasse
im Bereich der Bandscheiben und Wirbelbögen anzubauen, die so genannten
Osteophyten, so dass der Platz innerhalb
des Wirbelkanals eingeschränkt wird.
Der Druck auf die Nervenwurzeln, die in
So hält das Mini-Implantat
die Wirbel auf Abstand:
den Rückenmarksschlauch gedrückt
werden, führt schließlich zu Schmerzen
und den geschilderten Symptomen. Eine
Spinalstenose entwickelt sich über die
Jahre, wobei die Symptome im Laufe der
Zeit stetig zunehmen.
Jeder Dritte über 60
Jahren ist betroffen
Da die Spinalstenose eine degenerative
Wirbelsäulenerkrankung ist, sind besonders ältere Menschen von ihr betroffen.
Die Krankheit äußert sich zumeist durch
Rückenschmerzen, die später auch in die
Beine ausstrahlen können. Viele Patienten
klagen darüber hinaus über Taubheitsgefühle in den Beinen oder ein „Kribbeln“ im
Gesäß oder den Waden sowie eine verringerte allgemeine Belastbarkeit. Um die
Schmerzen zu vermeiden, nehmen viele
Patienten automatisch eine gebückte
Schonhaltung ein, da sich die Symptome
durch das Auseinanderweichen der Wirbelbögen und die damit verbundene Entlastung der Nerven abmildern lassen.
Die OP stabilisiert
Das Implantat besteht aus einer Titanlegierung und ist in fünf verschiedenen Größen (von 8 mm bis 16 mm)
erhältlich. Es wird zwischen die betroffenen Dornfortsätze geklemmt
und spreizt sie so auseinander, dass
der Wirbelkanal erweitert wird. Falls
nötig, können auch zwei Abschnitte
auf diese Weise behandelt werden.
8
ORTHOpress 1/2007
Da konservative Therapiemaßnahmen
oft nur kurzfristig helfen, ist eine Operation, auch bei älteren Patienten, in der Regel vorzuziehen. Ziel einer jeden Operation ist hierbei, die Wirbel dauerhaft wieder so aufzurichten, dass der Wirbelkanal eine Entlastung erfährt und nicht länger eingeengt ist. Bislang musste man
bei Verengungen des Wirbelkanals oft eine mehrstündige Operation ansetzen,
da die OP am offenen Wirbelkanal erfolgte, wobei der Arzt nicht selten ganze Wirbelbögen und Dornfortsätze entfernte.
Der Einsatz eines Coflex-Implantates erfolgt hingegen minimalinvasiv. „Für die
Operation ist nur ein kleiner Schnitt, etwa
vier bis acht Zentimeter lang, im Bereich
der betroffenen Dornfortsätze nötig. Das
Implantat, eine Art kleine u-förmige
Klammer, wird direkt zwischen die Dornfortsätze gesetzt, wo es eingepasst und
festgeklemmt wird“, erläutert Dr. Ant. Das
Implantat bewirkt eine Aufspreizung der
betroffenen Wirbel, der Patient kann
weiterhin eine normale Haltung einnehmen. Auch ein Strecken nach hinten ist
nach der OP weiterhin möglich, wobei
das Implantat die einwirkenden Kräfte
sanft abfängt und eine erneute Einengung des Wirbelkanals vermieden wird.
Schonend und schnell
Besonders ältere Patienten profitieren von
dem schonenden Operationsverfahren,
bei dem das Coflex implantiert wird. „Eine
mehrstündige Vollnarkose ist für ältere
Personen oft nur schwer zu verkraften. Das
Einsetzen des Coflex erfolgt jedoch minimalinvasiv und zügig, so dass für die Operation meist weniger als 60 Minuten benötigt werden und auch für die anschließende Rehabilitationsphase oft nur einige Tage notwendig sind“, so Dr. Ant. Nach der
OP sind die ersten Zeichen einer Besserung gewöhnlich schnell zu spüren. Die
Patienten können dank des Implantats
wieder weitere Strecken gehen und länger
stehen. Auch neurologische Ausfälle und
die vorher andauernden Rückenschmerzen sind zumeist behoben. „Insgesamt
profitieren die Patienten in hohem Maße
von der Behandlung“, betont Dr. Ant.
von Simone Ernst