Virtuelle Kraftwerke Virtuelle Kraftwerke Schnittstelle zwischen Industrie 4.0 und Strommarkt Die Bedeutung der Flexibilitätsmärkte zur kurzfristigen Optimierung von Erzeugungs- und Produktionsanlagen nimmt durch die volatile Einspeisung der erneuerbaren Energien und die Einbindung großer Stromverbraucher über das Demand-Side-Management stetig zu. Damit werden die Intraday- und Regelenergiemärkte zum Getriebe des Energiesystems der Zukunft und schaffen neue Synergien zwischen Industrie und Energiewirtschaft. Die intelligente Verzahnung zwischen den Strommärkten und einer Industrie 4.0 findet in virtuellen Kraftwerken wie dem Trianel Flexpool statt. Der Anteil erneuerbarer Energien nimmt stetig zu. Im Jahr 2015 erzeugten Erneuerbare-Energien-Anlagen rund 194,1 Mrd. kWh und erreichten damit bereits 30 % der Bruttostromerzeugung in Deutschland. Mit dem Ausbau der Erneuerbaren steigt die Volatilität der Einspeisung und damit die Anforderungen an Energieversorger, diese mit der ebenso volatilen Verbrauchsseite abzustimmen. Energieversorger werden zunehmend zu Flexibilitätsmanagern, um die dezentralen Erzeuger mit den Verbrauchern im Sinne der Versorgungssicherheit zu harmonisieren. Neben der Steuerung dezentraler Erzeugungseinheiten wird die Steuerung der Stromnachfrage industrieller Nutzer eine immer wichtigere Rolle spielen, um die erneuerbaren Energien effizient in das Stromsystem zu integrieren. Demand- Side-Integration (DSI) auf der industriellen Verbraucherseite bietet wegen des hohen technisch verfügbaren und kostengünstig erschließbaren Potenzials eine vielversprechende Möglichkeit, Flexibilität für das Energiesystem zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig die Industrie ganz neu in den Strommarkt zu integrieren. Das Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart und die Stadtwerkekooperation Trianel haben die wirtschaftlichen Potenziale der Laststeuerung in Energiemärkte Wetter Stromnetz Trianel virtuelles Kraftwerk Trianel schaltbare Lasten Netzersatzanlagen Windenergie 42895.1 Bild 1. Ganzheitliches virtuelles Kraftwerk 1 DSI ist wegen des hohen technischen Potenzials sowie des häufig geringen Kundenwünsche Stadtwerke und Industriekunden BHKW bislang weniger betrachteten Branchen wie der Behälterglas-, Zement-, Papier-, Kupfer- und Zinkindustrie sowie in Gießereien erstmals umfangreich empirisch untersucht. Ein Ergebnis der Studie: Nur 30 % der Unternehmensstandorte mit wirtschaftlich realisierbaren DSI-Potenzialen schöpfen heute die Chancen ihrer Eigenerzeugungs- oder Produktionsanlagen aus, um beispielsweise am Energiemarkt oder an den Märkten für Systemdienstleistungen teilzunehmen und den stetig steigenden Flexibilitätsbedarf im Energiesystem über Demand-Side-Integration zu bedienen. SONDERDRUCK PDF 7331 aus ew Spezial I | 2016, S. 10-11 Wasserkraft + übergeordneter Aggregator + Marktzugang Photovoltaik Biogas Erschließungsaufwands eine besonders vielversprechende und schnell verfügbare Option. Weitere Vorteile ergeben sich aus der großen regionalen Verteilung von DSI-Potenzialen. Somit können sowohl auf lokaler als auch auf systemweiter Ebene Bilanzausgleiche zwischen Stromangebot und -nachfrage stattfinden sowie Systemdienstleistungen wie Regelleistung bereitgestellt werden. Virtuelles Kraftwerk mit ganzheitlichem Anspruch Durch die Berücksichtigung industrieller und gewerblicher schaltbarer Lasten geht Trianel über die bereits übliche Bündelung dezentraler Erzeugungsanlagen in einem virtuellen Kraftwerk hinaus. Trianel bündelt schon heute dezentrale Anlagen wie Biogasanlagen, Notstromaggregate, Chlorelektrolyseanlagen und Blockheizkraftwerke in virtuellen Kraftwerken, um sie gemeinsam zu steuern und deren Leistung an den Sekundärregelmärkten anzubieten (Bild 1). Mit der Veröffentlichung des Leitfadens zur Präqualifikation von Windenergieanlagen durch die Übertragungsnetzbetreiber wurden darüber hinaus auch die Weichen für eine Integration der erneuerbaren Energien in die Regelenergiemärkte gestellt, die somit auch Teil eines ganzheitlichen virtuellen Kraftwerks werden können. Somit können in Zukunft alle Formen kleiner dezentraler Erzeugungseinheiten, schaltbare Lasten aus Industrie und Gewerbe sowie Netzersatzanlagen – beispielsweise Batterien – in einem virtuellen Kraftwerk gebündelt werden und einen Zugang zu den Energiemärkten erhalten. Trianel sichert durch ihre Möglichkeiten als Handelsplattform die Mindestangebotsgröße und die nötige Reserve für die Teilnahme am Sekundärregelmarkt ab und stellt die erforderliche Energielogistik zur Verfügung. Darüber hinaus können positive und negative Leistung im virtuellen Kraftwerk auf der Basis der meteorologischen Expertise und des Know-hows von Trianel im Bilanzkreismanagement optimal vermarktet werden. Außer schaltbaren Lasten und Blockheizkraftwerken werden bei der Vermarktung auch die Anforderungen der technischen Prozesse wie Wärmeversorgung und Produktionsspitzen berücksichtigt. Trianel übernimmt damit die Rolle eines übergeordneten Aggregators, der den Zugang zu den Märkten schafft und die Datenbasis zwischen Erzeugungs,- Marktund Netzinformationen optimiert. Stadtwerke, regionale Versorger und Industriekunden können durch die Ein- Virtuelle Kraftwerke 40000 €/MW 31700 30000 20000 17700 10000 Bild 2. Zusatzerlöse für Anlagenbetreiber in den Jahren 2014/15, SRL – Sekundärregelleistung, MRL – Minutenregelleistung 7600 2000 0 neg. SRL neg. MRL pos. SRL pos. MRL 42895.2 bindung ihrer Anlagen in virtuelle Kraftwerke neue Marktrollen einnehmen und als Flexibilitätsmanager in ihren lokalen Märkten agieren. Die Informationsaufbereitung über Erzeugungsleistungen sowie Markt- und Wetterdaten ermöglicht Energieversorgern und Industriekunden auch, die Fahrweisen ihrer Anlagen zu optimieren und deren Leistungen besser auf die volatilen Märkte anzupassen. Lukrativer Markt Durch die anstehende Marktflexibilisierung durch das neue Strommarktgesetz und den Strommarkt 2.0 sowie der damit einhergehenden Öffnung der Regelleistungsmärkte werden die Möglichkeiten kleinteiliger und kurzeitiger Flexibilitäten gestärkt. Weitere Impulse erhält der Markt durch die zunehmende Volatilität infolge des Zubaus erneuerbarer Energien. Für Anlagenbetreiber ergeben sich durch die Einbindung ihrer Anlagen in virtuelle Kraftwerke und der damit möglichen Teilnahme an den Regelenergiemärkten attraktive Zusatzerlöse. Für das Jahr 2014/15 können Anlagenbetreiber für die Zuschaltbarkeit von Erzeugungsleistung beziehungsweise Abschaltbarkeit von Verbrauchsleistung (positive Regelleistung) bis zu 32 000 €/(MW · a) erhalten. Für die Abschaltbarkeit von Erzeugungsleistung beziehungsweise Zuschaltbarkeit von Verbrauchsleistung (negative Regelleistung) können bis zu 18 000 €/ (MW · a) erwirtschaftet werden. Darüber hinaus werden im Abruffall die spezifischen Arbeitspreise vergütet (Bild 2). Die Einbindung von Flexibilität ist dabei nicht nur wirtschaftlich attraktiv, son- dern leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Systemintegration in ein zunehmend kleinteiliges und dezentrales Energiesystem. Im Sinne einer Industrie 4.0 schaffen virtuelle Kraftwerke den Informationsaustausch zwischen fluktuierender Last und volatiler Erzeugung. Der Aufwand, die Informationen aus der Erzeugungsleistung oder Lastnachfrage miteinander zu verbinden und in einer Leitwarte zu verknüpfen, ist dabei IT-technisch trivial und zeigt, dass die Digitalisierung der Energiewirtschaft voranschreitet, indem Informationen zwischen Erzeugungsanlagen und Verbrauchern ausgetauscht werden. Stefan Sewckow, Bereichsleiter Trading & Origination, Trianel GmbH, Aachen Dennis Niederhagen, Fachgruppenleiter Origination, Trianel GmbH, Aachen >>[email protected] [email protected] >>www.trianel.com 42895 SONDERDRUCK PDF 7331 aus ew Spezial I | 2016, S. 10-11 2
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