FRANKFU RT ER A L LG EM E I NE Z E I TU NG Deutschland und die Welt N R. 2 0 8 · S E I T E 7 D I E N S TAG , 8 . S E P T E M B E R 2 0 1 5 Relativ untüchtig mit dem Rad über die Hackerbrücke Ein neues Stonehenge bei Stonehenge? MÜNCHEN, 7. September. Am 22. September 2014 fuhr ein 48 Jahre alter Ingenieur nachts gegen 23 Uhr mit seinem Fahrrad über die Hackerbrücke in München. Er kam gerade vom Oktoberfest. Als er ins Stocken geriet und stürzte, wurden zwei Polizisten auf ihn aufmerksam. Der Mann versuchte weiterzufahren und stürzte wieder. Nun sprachen ihn die Polizeibeamten an. Der Ingenieur antwortete mundartlich: „Woast, was i Hanswurschtn sag, i zahl euch zwei Deppen“ – „Wisst ihr, was ich zu solchen Hanswürsten sage: Ich bezahle euch zwei Deppen.“ Daraufhin brachten ihn die Polizisten ins Institut für Rechtsmedizin. Eine Blutprobe ergab einen Promille-Gehalt von 1,56. Der Mann wurde wegen Beleidigung und Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad angeklagt. Vor dem Amtsgericht München wollte er sich an nichts erinnern. Die Polizeibeamten beschrieben jedoch, dass er gelallt habe und nicht gerade habe stehen können. Zwar liegt die Grenze für die „absolute Fahruntüchtigkeit“ bei Fahrradfahrern bei 1,6 Promille. Die Richterin wertete jedoch die „erheblichen Ausfallerscheinungen“ bei Fahrt und Verhalten trotz des PromilleGehalts von 1,56 als Fahruntauglichkeit. Denn wenn die Umstände der Tat zeigen, dass Alkoholkonsum zur Fahruntauglichkeit geführt hat, kommt auch die „relative Fahruntauglichkeit“ in Betracht, die ebenso strafbar ist, wie das Amtsgericht München am Montag mitteilte. Zugute hielt ihm das Gericht immerhin, dass er sich bei den Polizisten entschuldigt hatte. Das Urteil vom April, das nun rechtskräftig ist, sieht wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und Beleidigung von zwei Polizeibeamten eine Geldstrafe von insgesamt 2000 Euro vor. Der Führerschein kann Fahrradfahrern durch das Gericht zwar nicht entzogen werden. Bei einer Fahrradfahrt mit 1,6 Promille und mehr erhält man jedoch nach dem Bußgeldkatalog drei Punkte. Außerdem wird – zusätzlich zur Geldstrafe – eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet. Wird diese Untersuchung nicht bestanden, kann sogar der Führerschein entzogen werden. KARIN TRUSCHEIT job. LONDON, 7. September. Archäologen haben etwa 100 zum Teil aufgerichtete Steine entdeckt, die in der Nähe von Stonehenge vergraben waren. Die Forscher sprachen am Montag von „phantastischem Glück“, die Monolithen entdeckt zu haben. Die überwiegend in einer Reihe stehenden Blöcke seien möglicherweise das „größte prähistorische Monument, das je in Britannien errichtet wurde“. Die Fundstelle liegt drei Kilometer entfernt von Stonehenge in der südenglischen Grafschaft Wiltshire, einer der Hauptsehenswürdigkeiten im Königreich. Warum die Steinformation errichtet wurde, ist nicht klar. Ihr Alter wird auf 4500 Jahre geschätzt. Laut BBC wurde der neue Fund mit Hilfe von Radaruntersuchungen unter einem Erdwall entdeckt. Die Steinsetzung markiert die Südgrenze eines etwa zehn Hektar großen Geländes, das als Durrington Walls bekannt ist und eine der größten steinzeitlichen Siedlungen Europas beherbergt. Die Steine seien bis zu viereinhalb Meter hoch gewesen, schätzten die Forscher, die ihre Arbeit beim „British Science Festival“ in Bradford vorstellten. Womöglich seien sie noch in prähistorischer Zeit planmäßig umgestürzt und mit einem Wall überdeckt worden. Von einer „völlig unerwarteten Phase monumentaler Architektur“ sprach der Archäologe Vincent Gaffney vom „Stonehenge Hidden Landscape Project“, das für den Fund zuständig ist. Tödlicher Schulunfall beim Speerwurf GÜTERSLOH, 7. September (dpa). Ein 16 Jahre alter Schüler, der am Freitag beim Speerwerfen im Sportunterricht an einer Schule in Gütersloh verunglückt war, ist am Wochenende an seinen Kopfverletzungen gestorben. Das teilte die Schulleiterin am Montag mit. Der Junge war auf dem Sportplatz der Gesamtschule beim Anlauf für einen Wurf ausgerutscht und in den Speer gestürzt. Mann ersticht seinen Neffen im Kurzurlaub EMMENDINGEN, 7. September (dpa). Ein Mann aus der Nähe von Trier hat gestanden, seinen acht Jahre alten Neffen bei einem Kurzurlaub umgebracht zu haben. Das Kind wurde mit einem Messer erstochen, wie die Obduktion am Montag ergab. Ob es sich bei der Tat in einem Hotel in Emmendingen (BadenWürttemberg) um ein Sexualdelikt handeln könnte, wollte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage nicht mitteilen. Die Obduktion sei noch nicht abgeschlossen. Auch zur Art des Messers und zu der Zahl der Stiche wurden noch keine Angaben gemacht. Der 27 Jahre alte mutmaßliche Täter hatte sich am Sonntag der Polizei gestellt und die Tat zugegeben. Gegen ihn wurde am Montag Haftbefehl erlassen. Nach den Angaben hatte der Junge mit Einverständnis der Eltern seit vergangenem Mittwoch mit seinem Onkel Urlaub gemacht. Einigung im Kölner Dombau-Streit aro. KÖLN, 7. September. Der Rechtsstreit zwischen dem entlassenen Kölner Dombaumeister Michael Hauck und dem Metropolitankapitel ist beigelegt. Einen entsprechenden Bericht in der örtlichen Presse bestätigten jetzt das Kapitel und der Medienberater Haucks. Demnach haben sich die Parteien außergerichtlich auf eine einvernehmliche Trennung geeinigt; die wechselseitigen Vorwürfe würden nicht aufrechterhalten. Michael Hauck, der zuvor 24 Jahre Dombaumeister in Passau war, hatte am 1. September 2012 in Köln die Nachfolge von Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner angetreten. Am 30. Mai 2014 war ihm zum Jahresende gekündigt worden. Gründe dafür sollen Zerwürfnisse Haucks mit der Belegschaft der Dombauhütte und ein unbeherrschter Führungsstil gewesen sein. Gegen die Entlassung hatte Hauck Klage eingereicht, der das Kölner Arbeitsgericht im April stattgab. Seit der Kündigung Haucks leitet sein Stellvertreter Peter Füssenich die Dombauhütte kommissarisch. Reben an Hängen: Die Lage „Würzburger Stein“ gehört zu den steilsten und besten deutschen Lagen. Fotos Cornelia Sick Vom Terroir zur Spitzenlage In Wiesbaden haben die „Großen Gewächse“ des VDP Premiere. Von Fabian und Cornelius Lange WIESBADEN, 7. September. Es ist ein langer Weg, den die deutschen Winzer beschreiten – und er ist beschwerlich. Er soll von der Spätlese zur Spitzenlage führen. Nach der großen Weinkrise vor drei Jahrzehnten sind auch die letzten Winzer erwacht und versuchen, die alte Sonderrolle des deutschen Weins abzulegen. Seit 1971 wurde er im Weingesetz über den Zuckergehalt der Trauben kategorisiert und ihm das System aus Kabinett, Spätlese, Auslese und so weiter verordnet. Doch heute muss ein Wein trocken sein, wenn er Erfolg haben will. Da spielt die Süße der Trauben bei der Ernte nicht mehr die große Rolle. Stattdessen soll er nun aus einer Spitzenlage stammen, um sich von der Masse abzusetzen. Ein Wein, so der Glaubenssatz, ist nur so gut wie der Weinberg, aus dem er stammt. Vorreiter dieser Idee ist der VDP, ein Verein mit etwa 200 Winzern, der sich vor mehr als 100 Jahren paradoxerweise gegründet hatte, um edle Süßweine gemeinsam zu präsentieren und zu versteigern. Nun schreibt sich der VDP ein neues Ziel auf seine Fahnen: das „Große Gewächs“, eine wörtliche Übersetzung des französischen „Grand Cru“, mit dem im Burgund die besten Weinlagen bezeichnet und gesetzlich geregelt werden. Seit dem Jahrgang 2012 werden die Spitzenlagen des VDP als „Große Lage“ tituliert (von 2006 bis 2011 hieß sie „Erste Lage“), die von den Verbandsmitgliedern in renommierten Weinbergen erzeugt werden. Die Weingüter dürfen die Große-GewächsLage nicht für andere Weine verwenden. Jeweils am 1. September kommen sie offiziell in den Verkauf. Das „Große Gewächs“ ist fast immer ein trockener Wein und repräsentiert die Spitze des deutschen Weinbaus. Dazu sollen ein niedriger Ertrag, eine längere Reifezeit und eine Extra-Verkostungsrunde zur Weinprüfung beitragen sowie das Herzstück der Klassifikation, die eigentliche Spitzenlage. Im Vorbild Burgund werden die Weinberge entweder als „Premier Cru“ (gut und teuer) oder „Grand Cru“ (exzellent und sehr teuer) bewertet. Die Vergleichbarkeit der burgundischen Weine wird dadurch unterstützt, dass die Rebsorten Chardonnay und Pinot Noir innerhalb von meist rund zehn Tagen geerntet werden, während bei der Weinlese in Deutschland bis zu sechs Wochen die Regel sind – was zu sehr unterschiedlichen Weinstilen führt. Vorläufer der Klassifikation sind die schon vor mehr als 100 Jahren angefertigten Lagenkatasterkarten, auf deren Basis die Winzer besteuert wurden. Auf diese historischen Beweisstücke beruft sich der VDP noch heute. Legendäre Weinberge finden sich unter den klassifizierten Lagen, zum Beispiel der Erbacher Marcobrunn, der Scharzhofberg oder der Würzburger Stein, die seit Jahrhunderten begehrte Weine hervorbringen. Meist sind es Steil- und Steilstlagen, doch vereinzelt finden sich auch Hang- oder Flachlagen darunter, etwa das Forster Kirchenstück. Und doch bleibt ein Geschmäckle – schließlich ist das „Große Gewächs“ des elitären Winzerclubs so angelegt, dass jeder Mitgliedsbetrieb eine Spitzenlage aus seinem Portfolio vorschlagen darf. Und es wird – oh Wunder – auch in fast jedem Betrieb mindestens eine Lage gefunden und VDP-intern klassifiziert. So sind unter den Großen Gewächsen heute Lagen, die vor 30 Jahren noch unbekannt waren. Das deutet auf Proporz hin: Alle Mitglieder sollen die Chance haben, beim Großen Gewächs mitzuspielen. Jedes Jahr in der letzten Augustwoche lädt der VDP zum großen Schaulaufen in die Kolonnaden am Wiesbadener Kurhaus ein. Dann präsentiert die deutsche Weinszene ihre besten Weine vor Journalisten, Weinhändlern und Bloggern. Aus dem Jahrgang 2014 standen rund 300 Weine zur Verkostung an, die zu jeweils fünf bis sechs Weinen zusammengefasst sind, den sogenannten „Flights“. Der Jahrgang spielt die Hauptrolle. 2011 war strahlend, reif und üppig. 2012 wiederum wurde mit Begeisterung aufgenommen, ein Spitzenjahr idealtypischer Weine mit brillanter Frucht. Der 2013er hingegen wurde zur Katastrophe – bis auf wenige Ausnahmen konnten die Winzer bei den rund 500 vorgestellten Weinen aus dem verregneten und verfaulten Jahrgang kaum herausragende Kandidaten erzeugen. Und was hat uns 2014 zu bieten? Vom Klima her bot es mit Kälte und Regen in der Erntezeit ebenfalls schlechte Voraussetzungen. Das steigerte die Spannung umso mehr. Wie konnte es also sein, dass viele schwache Weine des Jahres 2013 den Titel „Großes Gewächs“ erhielten? Schließlich werden vom VDP sämtliche Weine, die fürs „Große Gewächs“ vorgesehen sind, einer internen Qualitätskontrolle unterzogen, bei der die Erzeuger ihre anonymisierten Weine bewerten. Die Prüfer in diesen Runden sind fast immer die Mitglieder selbst. Zudem werden oft Weine miteinander verglichen, die stilistisch auseinanderdriften – der eine spät und überreif gelesen, um spontan vergoren zu werden, der andere dagegen früh geerntet und im Stahltank gereift. Welcher Wein hat den Anspruch darauf, stilbildend zu sein? Beim Jahrgang 2014 fällt der Vergleich an der Saar am leichtesten, wie Flight Pointierte Landung: Carolin Spanier-Gillot betreibt das Weingut Kühling-Gillot. Nummer 10 beweist: Der 2014er Karthäuserhofberg vom gleichnamigen Weingut zeigt in der Nase eine typisch schiefrige Transparenz und kommt im Mund mit deutlicher Salzigkeit, die sich wie ein Chamäleon wandelt: kühl und irisierend zugleich. Für die Spitzenklasse fehlt ein Hauch Länge und Tiefe (etwa 30 Euro). Der 2014er Altenberg vom Weingut von Othegraven setzt noch eins drauf: Im Duft vielschichtig rauchig-opulent, zeigt er sich im Mund kraftvoll und reif, aber ohne Überreife – brillant (etwa 28 Euro). Der 2014er Scharzhofberger Riesling vom Weingut Reichsgraf von Kesselstatt schneidet hingegen überraschend schlank ab: Er duftet feinfruchtig-offen, im Mund dann ein salziger Antritt, hat aber eine kurze Wasserphase und geht herb ohne allzu große Tiefe ins Finale (etwa 24 Euro). Die Winzer müssen stilsicher und willensstark sein, wollen sie das Herz des Rieslings aus dem Weinberg in den Most und am Ende in den Wein überführen. Da Deutschland die größte Anbaufläche dieser Rebsorte hat, liegt die Deutungshoheit hier. Insofern ist die Vorpremiere der großen deutschen Rieslinge ein Ereignis, das Gültigkeit im Weltmaßstab hat. Das zeigen fast immer die Weine vom Weingut Heymann-Löwenstein. Hier geht es um die Maximierung aller Möglichkeiten: Der 2014er Stolzenfels ist elegant, fein und rauchig im Duft mit Anklängen von Menthol und viel Hefe. Im Mund spurtet er dynamisch los, es ist ein tatsächlich schneller Wein, enorm tief und eindringlich, einfach großartig (etwa 20 Euro). Im Gegensatz dazu ist der 2014er Röttgen typisch für diese Lage: laut und tief, zeigt viel Hefe und bringt im Mund staubigen Aprikosenduft mit viel Frucht und Salz. Extremer fällt der 2014er Blaufüßer Lay aus: mit perfektem Stinker, opulenter Reife, sehr vielfältig, geradezu funkensprühend in seiner Aromatik. Die brillante Säure hat auch Salzigkeit und viel Mineralität und endet mit weichem Finale (etwa 28 Euro). Dieses Weingut ist Maßstab für das, was man an der Mosel schaffen kann. Zudem werden die Weine ohne Zusatz von Hefen vergoren und gären nach einer Winterpause oft im nächsten Jahr weiter. Trotzdem (oder gerade deshalb) sind sie von geradezu strahlender Frische und Klarheit. Die unveränderlichen Faktoren ihrer weinbaulichen Spitzenimmobilien sind nur die eine Seite der Medaille, mit denen sich Deutschlands beste Winzer schmücken. Die andere ist der persönliche Stil. Inzwischen liefern viele Betriebe Weine, die nach persönlichen Idealen entstehen und fundamental anders sein können. Auch dieser Entwicklung muss ein Verband Rechnung tragen, der herausragende Interpreten repräsentieren möchte. Was es allerdings nicht leichter macht, die beschworene Typizität der Lagen zu betonen, wie der Flight 25 beweist – mit Rieslingen von drei rheinhessischen Weingütern, die alle im Pettenthal Große Gewächse erzeugen und die zeigen, wie schwer es ist, das Typische einer Lage zu finden: Gunderloch arbeitet mit seinem 2014er an einem salzigen Typ, kommt fast ohne Restsüße daher, hat brillante Säure, etwas Gerbstoff und ein herrlich langes Finale (etwa 25 Euro). Das Weingut Kühling-Gillot zeigt im 2014er dagegen einen breiten Duft, hat mineralische Dichte, etwas Sesamöl und hebt am Gaumen gut ab, um mit einer pointierten Landung zu enden (etwa 40 Euro). St. Antony wiederum setzt 2014 auf neues Eichenholz bei der Reifung: Im Duft Vanillequark und eine Frucht, die vom Holz überlagert ist, der Wein endet trocken und überzeugt nicht (etwa 21 Euro). In den Lagen Orbel (etwa 17 Euro) und Hipping (etwa 21 Euro) schnitt das Gut besser ab. Bleibt die Gruppe der spontan (also ohne Hefezusatz) vergorenen Rieslinge mit Maischestandzeit. Die Geschmackstypen, die vom klassischen Riesling abweichen, sind 2014: der Pulvermächer vom Weingut Beurer, der mit seiner typischen Käsenase die spontane Gärung anzeigt, im Mund salzig und dicht, hat Holz und Gerbstoff dank Maischekontakt und im Finale etwas Bitterkeit (etwa 35 Euro); oder die Rieslinge von Schäfer-Fröhlich von der Nahe: Die Kupfergrube hat mostigen Duft, einen breiten Auftritt im Mund, blüht schnell auf und zeigt Breite, aber auch überdurchschnittliche Tiefe (etwa 35 Euro). Doch im Vergleich fallen Felsenberg und Felseneck leider fast identisch aus – hier dominiert die Methode über die Herkunft, schade! Der Halenberg schließlich erinnert etwas an Knoblauch und mostige Frucht und endet in bittersüßem Finale (etwa 42 Euro). Kategorien wie Spät- und Auslese lassen die Spitzenwinzer beim Großen Ge- Kurze Meldungen wächs inzwischen weit hinter sich, um der Lage und der stilistischen Interpretation Priorität zu geben. Dass dabei mancher übers Ziel hinausschießt, macht die Veranstaltung in Wiesbaden nur attraktiver. Beim 2014er Riesling aus der Lage Pechstein dominiert beim Weingut von Winning im pfälzischen Deidesheim leider das Holz die Frucht. Der Wein kommt einfach nicht von der Stelle. Mit zu süßem Finale ist er eher ein Weißburgunder mit Holz (etwa 44 Euro). Auch der St. Nikolaus von Spreitzer im Rheingau ist ein Wein, der spürbare Holznoten zeigt und im Aroma eher an Sauvignon blanc als an Riesling erinnert (etwa 30 Euro). Und was sind die überragenden Riesling-Stars in 2014? Der Stein vom Staatlichen Hofkeller in Würzburg ist ein Traum, der endlich die ganze Größe dieses Weines wachruft: Seine Kristallinität wird von der Säure wundervoll getragen; ein eleganter, nachhaltiger, großartiger Stein (etwa 24 Euro). Kruger-Rumpf hat an der Nahe beim Pittersberg den Vogel abgeschossen: floraler Duft, verspielt, etwas Bündnerfleisch und Rauch, Chrysantheme, kristallin, klar und tief wie ein Bergsee, Punktlandung (etwa 25 Euro). Aber auch der Sonnenschein „Ganz Horn“ beschenkt die Bemühungen des Pfälzer Winzers Rebholz mit wahrer Größe: Sein Parfum aus feiner Frucht ist sehr verspielt und kleinteilig. Ein anregender Wein, der Kraft und Länge am Gaumen brillant entfaltet (etwa 44 Euro). Und dann Theo Minges’ Riesling aus der Hölle: erdig nasse Straße im Duft mit synchroner Steinfrucht, eine Verbindung aus Frucht und Mineralität par excellence, großartiges Pfälzer Rieslingkino in 3D (etwa 24 Euro). Und schließlich der Morstein vom Weingut Wittmann in Rheinhessen: eine Kathedrale aus Kristall, scharf, spitz und unnahbar (etwa 44 Euro). König Riesling wird zwar noch von seinen Trabanten Silvaner, Spät- und Grauburgunder umkreist. Spätestens aber die vom VDP ebenfalls für das Große Gewächs zugelassenen Weißburgunder, Chardonnay und Lemberger reichen in Deutschland selten an wahren Spitzenwein heran. Zudem bildet oft der Stil des Winzers die bestimmende Konstante, nicht die Eindeutigkeit seiner Herkunft. Die badischen Grauburgunder stammten zum Teil noch aus dem Problemjahr 2013. So der Bienenberg vom Weingut Huber. Mit seinen Holz- und Honignoten, Birnenkompott mit Nelken und deutlichen Gerbstoffen sowie salziger Frucht bringt er zu viel Süße und ist insgesamt sehr breit (etwa 26 Euro). Aber auch das Weingut Bercher zeigt mit seinem 2014er Schlossgarten nur Durchschnitt: rauchige Birnenfrucht, ein salzig-herber Wein mit karamelliger Süße, zu breit und im Finale auseinanderdriftend (etwa 22 Euro). Aufregend sind die raren roten Burgunder: Im Jahr 2013 überzeugt der Spätburgunder an der Ahr beim Weingut Adeneuer. Er ist feinsinnig duftend, gut abgestuft und liefert herrlichen Schieferextrakt. Großartig und sehr lang, im Finale aber etwas oxidativ (etwa 55 Euro). Der 2013er Schlossberg vom Weingut der Stadt Klingenberg schlägt an die Glocke: ein enorm dichter Wein mit exzellenter PinotFrucht, brillante Säure, ein Spätburgunder von großer Kraft (etwa 54 Euro). Und auch der 2014 verstorbene Bernhard Huber hat 2013 seinem Pinot in der Parzelle Wildenstein noch zum wahrhaft Großen Gewächs verholfen: elektrisierend, dicht und nachhaltig, großes Kino mit stolzem Preis, ein Vermächtnis (etwa 150 Euro). Mit dem Jahrgang 2014 zeigt die Leistungskurve also wieder etwas nach oben, obwohl die Weinlese im Herbst 2014 schwierig war, weil die Niederschläge während der Ernte kein Ende nahmen. Und die Zahl der Weine, die enttäuschten, ist erfreulich niedrig. Tilda Swinton hat bei den Filmfestspie- len in Venedig Begriffe geklärt. „Ich schlage vor, dass wir aufhören, von Migranten zu reden. Wir haben es hier mit Flüchtlingen zu tun, Kriegsflüchtlingen“, sagte die schottische Oscar-Preisträgerin bei einer Pressekonferenz. Ein Journalist hatte gefragt, warum in die Handlung des Erotikthrillers „A Bigger Splash“ auch das aktuelle Migrantenproblem eingeflochten worden sei. Der Film feierte bei den Filmfestspielen Premiere und tritt im Wettbewerb um den Goldenen Löwen an. Swinton spielt darin einen Rockstar, der sich nach einer Stimmbandoperation auf der italienischen Insel Pantelleria erholt und auf eine alte Liebe trifft – gespielt von Foto dpa Ralph Fiennes. Pantelleria liegt nördlich der Insel Lampedusa, auf der viele Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa ankommen. Swintons Antwort gefiel der versammelten Presse so sehr, dass es Applaus gab. (marw.) Jennifer Cramblett, die als weiße Amerikanerin versehentlich mit Spermien eines schwarzen Spenders künstlich befruchtet wurde, ist mit einer Schadenersatzklage gegen die Samenbank gescheitert. Ein Gericht im Bundesstaat Illinois entschied gegen die Vierzigjährige, weil sie versuchte, ihre Klage mit Regelungen zu unerwünschter Nachkommenschaft und der Verletzung der Gewährleistung zu begründen. Das Bezirksgericht DuPage entschied aber, der Vorwurf des „Wrongful birth“ gegen die Midwest Sperm Bank treffe nicht zu, weil Cramblett eine gesunde Tochter zur Welt gebracht habe. Die Amerikanerin und ihre Lebensgefährtin Amanda Zinkon hatten sich vor der künstlichen Befruchtung im Jahr 2011 für einen blonden, blauäugigen Spender mit der Nummer 380 entschieden. Durch den Lesefehler einer Mitarbeiterin der Samenbank wurde Cramblett aber mit den Spermien eines afroamerikanischen Spenders mit der Nummer 330 befruchtet. Wegen der „Belastung“, ein Kind mit dunkler Hautfarbe in einem weißen Wohnviertel großzuziehen, forderte Cramblett 50 000 Dollar Schadenersatz. (ceh.) Walter Palmer, nach dem Erlegen eines Löwen in Zimbabwe in seiner amerikanischen Heimat untergetaucht, will an diesem Dienstag seine Zahnarztpraxis in Bloomington (Minnesota) wiedereröffnen. „Ich bin Arzt. Meine Angestellten und Patienten brauchen mich“, sagte der 55 Jahre alte Großwildjäger der „Minneapolis Star Tribune“. Palmer war Anfang Juli zur Hassfigur geworden, als britische Medien meldeten, er habe bei einem Jagdausflug in Afrika den beliebten Löwen Cecil erlegt. Der Arzt soll das 13 Jahre alte Tier aus dem Nationalpark Hwange gelockt haben, um es mit der Armbrust zu töten. Nach Cecils Tod beschimpften Zehntausende Palmer in den sozialen Netzwerken. „Ich hatte keine Ahnung, dass der Löwe bekannt war, einen Sender trug und an einer Studie teilnahm. Das erfuhr ich erst am Ende der Pirsch“, verteidigte sich der Zahnarzt. „Ich habe mich auf die Organisatoren an Ort und Stelle verlassen.“ (ceh.)
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