Do-It-Yourself! Subversive Practices and Informal Knowledge Annual Conference of the Leibniz Graduate School “History, Knowledge, Media in East Central Europe”, 18-20 November 2015, The Herder Institute for Historical Research on East Central Europe – Institute of the Leibniz Association, Gisonenweg 5-7, 35037 Marburg, Vortragssaal und Becker-Villa Organizers: Sarah Czerney, Jan Surman, Eszter Gantner -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Körperliche Selbstvermessung als aktuelle Bastelpraxis zwischen Vereinnahmung, Subversion und Selbstermächtigung Eberhard Wolff (Basel/Zürich) Unter Praktiken des Selbermachens versteht man im engeren Sinn meist das hand-werkliche Erstellen von konkreten Dingen, aus dem neben diesen Dingen zusätzlich Wissen entsteht. Abstraktes Wissen kann jedoch auch das eigentliche Produkt von „Do-It-Your¬self“-Praktiken sein. Der vorgeschlagene Vortrag soll sich einer solchen „Selbermach-Praxis“ widmen, näm-lich der körperlichen Selbstvermessung mittels digitaler Geräte (z.B. durch Activity Tra-cker und entsprechende Smartphone-Apps), die derzeit weit über die Bewegung des „Quantified Self“ hinaus im Trend liegt. Mit diesen Praktiken wird ein jeweiliges Korpus zahlenbasierten Wissens über den eigenen Körper und sein Verhalten selbst „gebas-telt“. Der vorgeschlagene Vortrag soll viele kürzlich entstandene Untersuchungen einer Me-ta-Analyse unterziehen und diese weiterführen. Der Mainstream aktueller Forschungen sieht in der körperlichen Selbstvermessung Praktiken, welche für zeitgenössische Ver-haltenszumutungen im Sinne eines „Unternehmerischen Selbst“ (Bröckling) verein-nahmt werden. Eine Minderheit der Untersuchungen weist auf das alternative oder gar subversive Potential solcher Praktiken hin. Der Vortrag soll dieses Spannungsfeld darstellen und die bislang vernachlässigte dritte Interpretationsdimension einer „Selbstermächtigung“ des Selbst durch diese Praktiken hinzufügen. Gerade das offenere kulturwissenschaftliche Konzept des „Bastelns“ er-möglicht es, sich aus einfachen Interpretationsmustern zu lösen. Das Beispiel der Selbstvermessungspraktiken kann darüber hinaus zu einem weiteren im CfP aufgeworfenen Aspekt beitragen, indem es aufzeigt, wie der traditionelle Dua-lismus zwischen formellem und informellem Wissen gerade durch solche Selbst-Praktiken am Aufbrechen ist. Sie tragen dazu bei, dass sich formelles, „hegemoniales“ Wissen mit den Praktiken zwar ausbreitet, dass sich damit aber gleichzeitig auch die hegemoniale Definitions- und Interpretationsmacht über dieses formale Wissen ab-schwächt. Konkret und vereinfacht: Die „Bastler“ des Activity-Trackings können zum Beispiel stärker mitbestimmen, wie viele Schritte pro Tag für sie richtig sind.
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