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Starkes Bayern – starkes Europa
Zehn Argumente
für die EU
Vorwort
Zehn Argumente für die EU
Europa stärken
Die Europäische Einigung
verdient unseren vollen Einsatz
Die Europäische Union ist in unruhiges Fahrwasser geraten –
durch innere und äußere Turbulenzen. Von innen wird das euro­
päische Einigungswerk durch die Schuldenkrise und die lange
Zeit hitzig geführte Auseinandersetzung um Griechenlands
Verbleib im oder Ausscheiden aus dem Euro bedroht. Auch die
gefährliche Europaskepsis in Mitgliedstaaten wie Großbritan­
nien und das Erstarken europafeindlicher Parteien wie der bri­
tischen UKIP, des französischen Front National, des italieni­
schen MoVimento oder auch der deutschen AfD führen zu
einer Schwächung der Union. Von außen sind es die Flücht­
lingsströme aus dem Nahen und Mittleren Osten, die die Soli­
darität der europäischen Mitglieder und damit den Grundge­
danken Europas auf die Probe stellen. In dieser Situation ist
es mehr als geboten, die eigene Haltung zur EU zu hinterfragen
und gegebenenfalls neu zu justieren.
In der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. be­
kennen wir uns klar zum europäischen Einigungswerk und sei­
ner friedensstiftenden Funktion bei aller konstruktiven Kritik
an einzelnen gesetzgeberischen Vorhaben. Bayerns Wirtschaft
profitiert vom Europäischen Binnenmarkt ebenso wie seine
Menschen von den Errungenschaften Europas. Die vorliegen­
den zehn Argumente sind für uns maßgeblich, um unsere ganze
Kraft einzusetzen und Europa zu stärken.
München, Februar 2016
Bertram Brossardt
Europa stärken
durch einen stabilen Euro
und eine solide Haushaltspolitik
in den Mitgliedstaaten
Spar- und Reformmaßnahmen der Euro-Staaten sind unab­
ding­bare Voraussetzungen für finanzielle Hilfen durch die Euro­
päische Gemeinschaft. Es gibt keine Alternative dazu, den
Stabilitäts- und Wachstumspakt rigoros anzuwenden. Darüber
hinaus ist es für die vbw von grundlegender Bedeutung, dass
im Fall der Überschuldung eines Mitgliedstaates die privaten
Gläubiger dieses Staates haften. Dazu empfehlen wir, ergän­
zend zur Bankenunion, die Einführung eines Verfahrens für
staatliche Insolvenzen zu prüfen, das es erlaubt, Staatsschul­
den zu restrukturieren, ohne die Finanzstabilität in der Euro­
zone zu bedrohen.
So ist ein Verbleib von Griechenland in der Eurozone wün­
schenswert. Sollte es gleichwohl zu einem Austritt kommen,
wäre dieser beherrschbar, ohne die Grundlagen des Euro oder
der EU infrage zu stellen. In keinem Fall ist es akzeptabel, die
Reformauflagen zu lockern, um Griechenland in der Eurozone
zu halten.
Europa stärken
Europa stärken
durch einen attraktiven
ordnungspolitischen Rahmen
durch Angleichung der
Wettbewerbsbedingungen
Die Soziale Marktwirtschaft ist die Basis für den wirtschaft­
lichen Erfolg in Bayern und Deutschland. Sie verbindet effi­
ziente Marktmechanismen mit der notwendigen sozialpoliti­
schen Flankierung. Die Grundprinzipien dieses Wirtschaftsmodells können in ganz Europa für Wachstum, Beschäftigung
und Wohlstand sorgen, wenn sie konsequent angewendet
werden – d. h., wenn unnötige und wettbewerbsverzerrende
Regulierungen vermieden werden und Eigenverantwortung,
Solidarität und Subsidiarität als oberste Leitlinien Beachtung
finden.
Die europaweite Harmonisierung von Regulierungen fördert
den Handel über Grenzen. So werden beispielsweise durch die
Angleichung der Formvorschriften in der Umsatzsteuer, durch
eine einheitliche Datenschutzverordnung und durch einheit­
liche Marktzugangsregeln für Dienstleister Wettbewerbsver­
zerrungen vermieden und der Verwaltungsaufwand für die Be­
triebe verringert.
Europa stärken
Europa stärken
durch den Wachstumsmotor Industrie
durch Digitalisierung
Die Industrie bildet das Fundament der wirtschaftlichen Leis­
tungsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Sie sorgt für Wachstum
und Beschäftigung auch in anderen Branchen. Daher ist der
wiedergewonnene Stellenwert der Industrie in der europä­
ischen Politik zu begrüßen. Das Ziel der Europäischen Kom­
mission ist es, den industriellen Wertschöpfungsanteil von
heute 15 auf 20 Prozent bis zum Jahr 2020 zu erhöhen. Dazu
ist es nicht zuletzt erforderlich, die Auswirkungen aller Politik­
bereiche auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu prüfen.
Gleichzeitig kann und darf die Industrie in Europa nicht zulas­
ten der deutschen Industrie und ihrer Exportorientierung ge­
stärkt werden. Dies wäre ein Nullsummenspiel, da allein die
Vorleistungsimporte der deutschen Industrie für 3,5 Millionen
Arbeitsplätze in den anderen EU -Staaten sorgen. Berücksich­
tigt man alle Importe Deutschlands, so hängen 6,1 Millionen
Arbeitsplätze in den EU -Staaten unmittelbar davon ab.
Die Digitalisierung durchdringt alle Technologie-, Lebens- und
Arbeitsbereiche. Sie ist die zentrale Treiberin für praktisch alle
technischen Innovationen und gesellschaftlichen Veränderun­
gen. Es ist daher richtig, dass die Europäische Union sich eine
ehrgeizige Digitale Agenda gesetzt hat, Anreize schafft für zu­
sätzliche Investitionen in den Ausbau von Informations- und
Kommunikationsnetzen und europaweit vereinheitlichte Stan­
dards zur Digitalen Sicherheit durchsetzen will. Darüber hi­naus
muss der europäische Rechtsrahmen, z. B. im Zuge der Reform
der Arbeitszeitrichtlinie, modernisiert werden, um den Anfor­
derungen der Digitalisierung gerecht zu werden.
Europa stärken
Europa stärken
durch die Vollendung des
(Energie-)Binnenmarkts
durch ein europäisches
Verkehrswegenetz
Der europäische Binnenmarkt mit seinen vier Freiheiten – freier
Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr – hat
zu Wachstum und Beschäftigung in Europa geführt. Bayern und
Deutschland profitieren als Exportwirtschaften in besonderem
Maße vom grenzenlosen Handel. Bestehende Schranken müs­
sen weiter abgebaut werden, damit die Stärken der deutschen
Wirtschaft im internationalen Wettbewerb ausgebaut werden
können und die derzeit wirtschaftlich schwachen Mitglied­
staaten eine Chance erhalten auf anhaltende Erholung.
Aktuell vordringliches Ziel ist die Vollendung des Energiebin­
nenmarkts. Gerade Bayern als prosperierender Wirtschafts­
standort braucht einen diskriminierungsfreien grenzüber­
schreitenden Handel in der Europäischen Union mit Strom und
Gas, der die Versorgung nachhaltig und preisgünstig macht
und die Versorgungssicherheit garantiert.
Bayerns Wirtschaft ist eng mit den Weltmärkten vernetzt und
auf eine moderne und leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur
angewiesen. Wir brauchen Transeuropäische Netze, die die
Verkehrswege von Nordwest nach Südost und von Südwest
nach Nordost verbinden und ein europaweites intermodales
Gesamtverkehrssystem bilden – also ein System, in dem sich
die Verkehrsträger Straße, Schiene, Schifffahrt und Luftver­
kehr gegenseitig ergänzen.
Europa stärken
Europa stärken
durch einen europäischen
Arbeitsmarkt
durch das Transatlantic Trade
and Investment Partnership (TTIP)
Von einem integrierten europäischen Arbeitsmarkt profitieren
alle Beteiligten, denn Fachkräftemangel einerseits und hohe
(Jugend-) A rbeitslosigkeit andererseits verlangen nach grenz­
überschreitenden Lösungen. Eine hohe Arbeitskräftemobilität
hilft dabei nicht nur den Unternehmen und entlastet die euro­
päischen Sozialsysteme, sondern bringt den Menschen auch
persönlich neue Chancen und neues Wissen. Wesent­liche Vor­
aussetzungen für eine erfolgreiche berufliche Inte­g ration im
Ausland sind die schnelle und verbindliche Anerkennung ent­
sprechender beruflicher Qualifikationen und die Kenntnis der
Sprache des Gastlands.
Keinen Mehrwert bringt dagegen eine europäische Arbeitslo­
senversicherung. Sie würde einen dauerhaften finanziellen
Transfermechanismus zwischen den Mitgliedern der Eurozone
eta­b lieren und mit einer Vergemeinschaftung der Kosten der
Arbeitslosigkeit einhergehen. Die Folge wären Fehlanreize,
die notwendige Strukturreformen in Staaten mit verkrusteten
Arbeitsmärkten verhindern.
Die Europäische Union ist die größte Handelsmacht weltweit
und verfügt mit dem Euro über die zweitwichtigste Währung
der Welt. Die Transatlantische Handels- und Investitionspart­
nerschaft ( TTIP) zwischen Europa und den USA bietet eine
große Chance, zwei der größten Handelsräume wirtschaftlich
stärker zu vernetzen und für beide Seiten positive Wirtschafts­
impulse zu setzen. Insbesondere KMU profitieren vom Abbau
nichttarifärer Handelshemmnisse, die in den Betrieben ver­
hältnismäßig viele personelle Ressourcen binden und hohe
Kosten verursachen. Auch der Zugang zu öffentlichen Aufträ­
gen wird im Rahmen von TTIP erleichtert durch mehr Transpa­
renz und das Gebot der Gleichbehandlung von in- und auslän­
dischen Anbietern. Schließlich hat TTIP Modellcharakter für
die Ausgestaltung weiterer Freihandelsabkommen, beispiels­
weise mit China oder Indien.
Europa stärken
durch Subsidiarität und
Bürokratieabbau
Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl auf
die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren Lesbarkeit
wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher Form verzichtet.
Impressum
Eine europäische Rechtsetzung ist aus Sicht der bayerischen
Wirtschaft nur dort zulässig, wo einheitliche Rahmenbedin­
gungen für Unternehmen erforderlich sind, die im europä­
ischen Binnenmarkt agieren. So ist eine Vollharmonisierung
sinnvoll in Bereichen, wo der Binnenmarkt ohne einheitliche
Rahmenbedingungen für die Unternehmen nicht funktioniert
oder unterschiedliche nationale Regelungen zu Wettbewerbs­
verzerrungen führen.
Darüber hinaus ist der Abbau von Bürokratie eine permanente
Aufgabe, ebenso das Ziel, Bürokratie bereits in der Entstehung
zu verhindern. Die Einsetzung eines eigenen Kommissars für
den Bürokratieabbau im Range eines Vizepräsidenten der Eu­
ropäischen Kommission ist ein wichtiger Schritt in die richtige
Richtung. Zudem dürfen aus unserer Sicht Vorgaben der EU
nur 1:1 in nationales Recht umgesetzt werden. Ein Draufsatteln
durch nationale Gesetzgeber, wie es heute oft der Fall ist, darf
es künftig nicht mehr geben. Vielmehr müssen die Mitglied­
staaten auf eine Agenda für intelligente Regulierung hinarbei­
ten, um eine möglichst bürokratiearme Umsetzung von Rechts­
vorschriften zu fördern.
Herausgeber
Gestaltung und Realisation
vbw
Vereinigung der Bayerischen
Wirtschaft e. V.
gr_consult gmbh
vbw @ gr-consult.net
Max-Joseph-Straße 5
80333 München
Druck
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© vbw 02 / 2016
Druck & Medien Schreiber GmbH
Oberhaching
Klimaneutrales Druckprodukt
Id.-Nr. 1653304
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der Website des Bundesverbands Druck und Medien,
welches Projekt damit unterstützt wurde.
Die vbw stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen
Unternehmen und engagiert sich für ein zukunftsfähiges und
lebenswertes Bayern. Deshalb sind wir In allen bayerischen
Regionen aktiv und vertreten die Interessen unserer Mitglieder
in Bayern, Deutschland, Europa und weltweit. Unser Leitbild ist
die Soziale Marktwirtschaft.
Weitere Informationen
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