Rupert Stadler

www.vbw-bayern.de
Magazin 6,– Euro
Interview:
Rupert
Stadler
03
2015
Italienische Leidenschaft.
Virtuell entwickelt. Effizient gebaut.
Maserati steigert seine Wettbewerbsfähigkeit durch Digitalisierung der Fertigung.
Maserati schreibt gerade das vielleicht
spannendste Kapitel der Firmengeschichte.
Im neuen Turiner Werk zeigt die Traditionsmarke, dass sich höchste Qualität und
Effizienz vereinen lassen. Vom Design über
Planung und Produktion bis zur Analyse
des gesamten Ablaufs ist hier alles digital.
Virtuelle und reale Welt
wachsen zusammen:
Steigerung der Effizienz bei
höchster Qualität.
Das Ergebnis: ein gestraffter, vereinfachter
Entwicklungs- und Fertigungsprozess mit
mehr Raum für Flexibilität. So setzt Maserati
neue Maßstäbe und macht die historische
Automarke bereit für eine erfolgreiche
Zukunft.
Durch die Verbindung von virtueller und
realer Fertigung steigert Siemens die
Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit seiner
Kunden. Gemeinsam mit ihnen elektrifiziert,
automatisiert und digitalisiert Siemens die
Welt, in der wir leben – und verwirklicht
das, worauf es ankommt.
siemens.com/zukunft-der-industrie
EDITORIAL
e
ndlich ist das Thema Digitalisierung in Politik und Gesellschaft
angekommen. „Arbeitswelt 4.0“,
„Industrie 4.0“ und „Wirtschaft
4.0“ sind in aller Munde.
Bayern ist unter den Bundesländern Spitzenreiter, was die digitale Entwicklung angeht. Für den Breitbandausbau
stellt der Freistaat dreimal so viel Geld zur
Verfügung wie die übrigen Bundesländer zusammen; eine 500 Millionen Euro schwere
Digitalisierungsoffensive der Staatsregierung
soll nun helfen, digitale Inhalte umzusetzen.
Die Unternehmen selbst stehen längst in den
Startlöchern, wie unser Interview mit AudiChef Rupert Stadler (ab Seite 12) zeigt. Offen
spricht er an, was in Bayern gut ist – und was
noch nicht so gut läuft. Nicht Spitze ist Bayern
etwa, was die Gründerszene angeht – da liegen
wir beispielsweise hinter Berlin zurück.
Die Pkw-Maut, die sich in früheren Jahren viele Bürger Umfragen zufolge gewünscht haben,
3
steht kurz vor der Umsetzung. Ich habe den
Eindruck: Ein politisches Gewinnerthema ist
die Pkw-Maut mittlerweile nicht mehr. Dennoch haben wir einen Blick über die Grenze
gewagt und uns angesehen, wie unsere österreichischen Nachbarn das Thema Pkw-Maut organisieren – nämlich über die ASFiNAG (ab Seite 18). Sie könnte die Blaupause sein, wie wir
auch in Deutschland mittelfristig zu einer Nutzer-finanzierten Straßen-Infrastruktur kommen
können.
Schließlich will ich noch auf den Beitrag hinweisen, den der Chef der IG Metall Bayern,
Jürgen Wechsler, verfasst hat. Wir wollten von
ihm wissen, wie er damit umgeht, dass sich
nach dem letzten Tarifabschluss viele Unternehmen aus dem Tarifvertrag verabschieden
könnten.
BERTRAM BROSSARDT, Herausgeber
INHALT
6
12
18
VERKEHR
INTERVIEW
DISKUSSION
Satellit für neuen Flughafen
Technologie gehört zu
deutschen Kernkompetenzen
Alle Welt debattiert
über die Maut
Rupert Stadler, Vorstandsvorsitzender
der Audi AG, spricht über die Zukunft
des Autogeschäfts angesichts der
zunehmenden Digitalisierung.
In Österreich ist die
Vignette – das Pickerl –
längst selbstverständlich.
Über die Erfolgsgeschichte
der ASFiNAG und die Frage,
ob sie Blaupause für
Deutschland sein könnte.
Nicht nur die Kapazitäten der Startund Landebahnen stoßen an ihre
Grenzen, auch im Passagierbereich
ist der Münchner Flughafen am
Limit. Im Terminal 2 können mit der
neuen Technik im Jahr elf Millionen
Passagiere mehr abgefertigt werden.
INHALT
MACHTRAUM
10
LIFESTYLE
32
STANDPUNKT
26
EINE FRAGE NOCH ...
38
IMPRESSUM
vbw Unternehmermagazin 03/2015
Herausgeber
vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.
VR 15888 Amtsgericht München
Hauptgeschäftsführer: Bertram Brossardt
Max-Joseph-Str. 5, 80333 München
22
28
BILDUNG
AUSBLICKE
Das ehrlichste Feedback
Leben und arbeiten
am See
Pferde halten Führungskräften den
Spiegel vor. „EQuus – emotional
intelligent führen“ lautet das Motto
von Seminaren des Bildungswerks
der Bayerischen Wirtschaft, die
den Teilnehmern in puncto
Zusammenarbeit die Augen öffnen.
Eine skeptische Annäherung.
Oberbayerns Landschaft
ist gesegnet mit Traumlagen.
Sie sind begehrt und teuer.
Wie lebt es sich vor der
Bilderbuch-Kulisse?
Büro des Herausgebers: Konstanze Lueg
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Bertram Brossardt
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Das vbw Unternehmermagazin erscheint sechsmal
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Zusendung unverlangter Manuskripte oder Bilder
wird keine Gewähr übernommen.
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VERKEHR
Der Münchner
VERKEHR
D
ie Reisenden aus
aller Welt haben
ihre Wahl getroffen: Der Flughafen
München ist der
beste Airport Europas. Im Frühjahr zeichnete das Londoner Institut Skytrax die Münchner
aus – nachdem es zuvor Millionen
Passagiere befragt hatte.
Die wenigsten der Reisenden dürften
gespürt haben, wie sehr der Münchner Airport am Anschlag operiert: Das
Terminal 1, mit dem der Flughafen
nach dem Umzug aus Riem im Erdinger Moos 1992 den Neuanfang mach-
te, ist mittlerweile überarbeitungsbedürftig, das im Jahr 2003 als Kapazitätserweiterung hinzugefügte Terminal 2 hat mit 26,9 Millionen Passagieren im vergangenen Jahr seine
rechnerische Auslastungsgrenze von
25 Millionen Passagieren schon zum
vierten Mal in Folge überschritten. 왘
Foto: Koch & Partner, Generalplaner Flughafen München
Satellit
Das Terminal 2 am Münchner Flughafen bekommt
einen kleinen Bruder: Ein sogenannter Satellit schafft
zusätzliche Abfertigungskapazitäten für jährlich elf
Millionen Passagiere. Damit machen sich Flughafen
und Lufthansa startbereit für die Zukunft – denn
mit oder ohne dritte Startbahn: Die Passagierzahlen
in München werden weiter zunehmen.
VERKEHR
Noch ist der „Marktplatz“ eine Baustelle. In Zukunft sollen
Reisende am Fuß des Vorfeld-Towers in zahlreichen Restaurants
und Bars die Atmosphäre des Münchner Viktualienmarktes
nachempfinden können.
D
och die Entlastung ist
bereits zum Greifen nah:
Wo früher die Flugzeuge
über das Vorfeld zum
Terminal 2 rollten, erstreckt sich seit dem Frühjahr 2012
eine gigantische Baustelle. Es entsteht: der Münchner Satellit.
600 Meter lang ist das Gebäude, das
in einer Entfernung von etwa 400 Metern parallel zum Terminal 2 liegt. Erreichbar ist es nur durch ein unterirdisches vollautomatisiertes Personentransportsystem: Drei fahrerlose Züge
verkehren im Takt von ein paar Minuten zwischen dem Terminal 2 und seinem neuen Satelliten. Kapazität: pro
Stunde 9.000 Fluggäste je Richtung.
Reisende, die früher vor dem Abflug
oder nach der Ankunft mit Bussen
quer über das Flughafengelände kutschiert wurden, werden den neuen,
zentral gelegenen Satelliten mit all
seinen Annehmlichkeiten zu schätzen
wissen: Auf drei Passagierebenen
wird er über 52 Gates verfügen, 27
Flugzeugabstellpositionen direkt am
Satelliten erlauben das bequeme Einund Aussteigen – ohne den nervigen
Bustransfer.
Im Satelliten werden Reisende finden,
was sie von einem modernen Flughafen erwarten: Läden, Restaurants,
Lounges – und Rückzugsorte, um in
Ruhe zu arbeiten. Markant wird der
neue Marktplatz im Zentrum des Satelliten: Am Fuße des 47 Meter hohen
Vorfeld-Towers des Flughafens (der
78 Meter hohe Haupt-Tower steht in
der Nähe des Terminal 1) wollen die
Planer in einer Halle, die sich über
alle drei Passagierebenen erstreckt,
eine quirlige Atmosphäre wie am
Münchner Viktualienmarkt schaffen –
mit vielen kleinen Ständen und
Indoor-Biergärten, die zwischen zwei
Flügen zum Flanieren und Verweilen
einladen und ganz nebenbei noch
weiß-blaues Lebensgefühl vermitteln.
bwohl der Satellit noch
eine Großbaustelle ist,
auf der eifrig gesägt, gehämmert und geschraubt
wird, lässt er bereits die
Großzügigkeit und Helligkeit erahnen, die die Planer angestrebt haben
– bei Föhnwind werden die Reisenden bis weit in die Alpen schauen
können.
Bayern „at it’s best“. Auch technologisch. Denn konzeptioniert wurde der
Erweiterungsbau als „Green Satellit“:
Er soll 40 Prozent weniger Kohlendioxid emittieren als etwa die Terminals
1 und 2 – durch ein ganzes Bündel an
Maßnahmen, von LED-Licht über Klimapuffer und Quelllufttechnik bis hin
zu speziellen Klimafassaden.
O
8
Im Herbst sollen die Baumaßnahmen
für den neuen Satelliten abgeschlossen sein, dann geht es in die operative
Testphase. Die Inbetriebnahme ist für
das zweite Quartal 2016 geplant.
is zu elf Millionen Passagiere im Jahr können
dann den Satelliten nutzen – was die Lage am
Terminal 2 mit seiner
rechnerischen Kapazität von 25 Millionen und tatsächlichen Auslastung
mit 26,9 Millionen Passagieren erst
mal wieder etwas entspannen wird.
Nicht entspannt hat sich bisher indes
die Frage der Kapazitäten der zwei
Start- und Landebahnen am Münchner
Flughafen. Das zurückliegende dynamische Wachstum der Passagierzahlen
bei gleichzeitig zurückgehenden und
stagnierenden Flugbewegungen geht
Experten zufolge vor allem auf eine
bessere organisatorische Auslastung
der Flugzeuge und den Einsatz größerer Flugzeuge innerhalb der Flotten
der Airlines zurück – ein Trend, der
längst an seine Grenzen stößt.
Für die Zukunft des Standorts entscheidend ist, wie viele Flüge je Stunde der Flughafen abwickeln kann.
Acht Stunden täglich sei man bereits
fast ständig am Maximum von 90 Bewegungen pro Stunde. „Nur eine weitere Start- und Landebahn kann die-
B
Fotos: Flughafen München GmbH, Kain
Reisende, für die im Terminal 2 nicht mehr genügend Platz
ist, werden derzeit noch mit dem Bus quer über das Flugfeld zu ihrem Flieger gebracht oder von dort abgeholt. Damit ist bald Schluss: Der Satellit bietet mehr Abstellpositionen als das Terminal 2. Erst ein weiß-blauer Restaurantbesuch, dann bequemes Einsteigen von einem der 52 Gates.
sen Engpass auflösen“, erklärt Flughafenchef Michael Kerkloh ein ums
andere Mal. Dass die Lufthansa beim
neuen Satelliten Projektpartner des
Flughafens ist, könnte man auch als
Bekenntnis verstehen: Der Satellit ist
wie schon das Terminal 2 auf die speziellen Anforderungen des Drehkreuzverkehrs der Lufthansa und ihrer Partner ausgerichtet. Gibt es Kapazitäten
für zusätzliche Starts und Landungen,
dürfte die Zahl der Direktverbindungen von München in die ganze Welt
steigen – eine Option auf die Zukunft
für den Standort Bayern. 왗
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Fotos: Kain
Historische Jurabücher
liegen akkurat geordnet auf
einem Beistelltisch hinter
Rieglers Schreibtisch – eine
Erinnerung an den Beruf,
den der heutige Banker
einst studiert hat.
Bulle und Bär, die
Symbole für steigende
und fallende Aktienkurse,
finden sich auf Rieglers
Schreibtisch, „natürlich“,
wie er sagt.
„Bayerische Bank,
bayerische Fahne“
– Riegler hat das
Stück extra für
sein Büro fertigen
lassen. Als
gebürtiger Franke
findet er durchaus
Gefallen an dem
rot-weiß gezackten
Frankenrechen, der
Teil des bayerischen
Staatswappens ist.
Bayern hat einen Löwen
zum Symbol, die BayernLB
auch. Kenner erkennen den
Unterschied daran, dass
dem BayernLB-Löwen
keine Zunge aus dem Maul
hängt. Das Stück aus
Nymphenburger Porzellan
hat die Bank vor Jahren als
Edition anfertigen lassen.
Die Londoner Uhr hat
Riegler „im Keller der
BayernLB“ aufgestöbert.
Das Stück aus dem Jahr
1760, das aufgezogen
wurde und auf Anhieb
wieder funktionierte, erinnert ihn an seine Zeit
in London, wo er seinen
MBA gemacht hat.
Faible für Asien:
Schrank und Vase,
beides antiquarische
Stücke, fand Riegler
ebenfalls im Fundus der
BayernLB – Minimalismus
nach seinem Geschmack.
10
Als Kunstbeauftragter der NordLB,
einer früheren beruflichen Station
Rieglers, hatte er seinem Arbeitgeber viel Freude gemacht: Für
1,5 Millionen Dollar kaufte er ein
Kunstwerk von Jeff Koons, Jahre
später erzielte er damit 33 Millionen
Dollar. Einen neuen Anlauf startete
er mit dem Wuppertaler Künstler
Tony Cragg, indem er ihn eine
Porzellan-Plastik machen ließ. Der
erste Guss schmückt nun das Büro.
DER KOMMENTAR
von ALFRED GAFFAL
MACHTRAUM
W
irklich groß ist
das Büro des
BayernLB-Vorstandsvorsitzenden,
Dr. JOHANNES-JÖRG RIEGLER
(50), nicht, aber einen Clou hat es dann
doch: Eine schmale Wendeltreppe führt
auf eine Galerie mit einer kleinen
Bibliothek. Auffallend ist, dass Riegler
keine Bilder an den Wänden hat.
Selbst auf Schreibtisch und Beistelltisch herrscht minimalistische Leere:
Handy, iPad, Telefonanlage, ein Stift –
alles akkurat zurechtgelegt. „Unser
Griechischlehrer am Gymnasium hat
vor Übersetzungen von uns verlangt,
dass wir alles abräumen, was wir nicht
brauchen – um den Kopf freizumachen
und uns nicht abzulenken. Ich habe
das für mich behalten“, sagt Riegler.
Aktenstapel, Papiernotizen und Unordnung sind ihm ein Gräuel, „sie stören
das strukturierte und klare Denken“.
Seit einem guten Jahr führt der frühere
Risikovorstand und Vize-Chef der
NordLB nun die BayernLB. Gut die
Hälfte seiner Arbeitszeit musste er
bisher den „drei Altlasten“ widmen:
der ungarischen Tochterbank MKB,
dem verbliebenen ABS-Portfolio und
den Streitigkeiten mit der österreichischen HGAA. Die ungarische Tochter
hat er verkauft, zu einem guten Preis,
wie er findet. Die ABS-Papiere seien
zu einem „wirtschaftlich optimalen
Zeitpunkt“ komplett verändert. Und
bei der HGAA setzt Riegler, trotz notwendig gewordener MilliardenAbschreibungen, auf das Recht: „Der
Umgang der österreichischen Regierung mit den Gläubigern der ehemaligen Hypo Alpe Adria ist aus Sicht der
BayernLB in jeder Hinsicht inakzeptabel und rechtswidrig.“
„Jedenfalls“, und da ist Riegler Optimist, „sind zweieinhalb der drei Altlasten abgeräumt.“ Deshalb könne er
sich künftig wohl 90 Prozent seiner
Zeit dem eigentlichen Bankgeschäft
widmen. 왗
Gute Konjunktur ist kein
Selbstläufer
Im Frühjahr 2015 stehen Bayern
und Deutschland gut da. Die Wirtschaft hat die Schwächephase vom
vergangenen Sommer überwunden.
Unsere Wachstumsprognose für das
laufende Jahr liegt für Bayern bei
gut zwei Prozent, für Deutschland
bei 1,8 Prozent. Der Aufschwung ist
aber kein Verdienst guter Wirtschaftspolitik, sondern vor allem
eine Folge externer Einflüsse wie
des günstigen Ölpreises, der Euroschwäche und niedriger Zinsen. Es
ist daher fraglich, ob das Wachstum
wirklich nachhaltig ist. So ist
die deutsche Wirtschaft
im ersten Quartal 2015
nur noch um 0,3 Prozent leicht gewachsen
und damit langsamer
als zum Jahresende
2014. Wir dürfen uns
nicht blenden lassen:
Die gute Konjunktur ist
kein Selbstläufer. Sie verdeckt
die Notwendigkeit für strukturelle
Reformen.
Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum
und Wohlstand sind keine Selbstverständlichkeit. Deshalb warne
ich: Wir leben in Deutschland derzeit von der Substanz. Es wird zu
wenig investiert, Unsicherheiten
und Belastungen sind zu groß. Das
Vertrauen in die Wirtschaftspolitik
fehlt. Die Unternehmen investieren
verstärkt im Ausland.
Weitere teure Fehlentscheidungen
können wir uns nicht leisten. Das
Rentenpaket verursacht jährliche
Mehrausgaben von zehn Milliarden
Euro, die Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrags bedeutet Zusatzkosten von 3,5 Milliarden pro Jahr.
Der Mindestlohn erhöht die Bruttolohnsumme um voraussichtlich zehn
bis 16 Milliarden. Die Kosten für
die EEG-Umlage liegen bei 23
Milliarden Euro jährlich. Das hat
11
mit sozialer Marktwirtschaft nichts
mehr zu tun.
Die immer größer werdende Kontrollbürokratie bremst Unternehmen
und Wachstum. Die Aufzeichnungspflichten und die Auftraggeberhaftung beim Mindestlohn sind Bürokratiemonster. Hinzu kommen
Frauenquote, die geplante Arbeitsschutzverordnung und unnötige
CSR-Vorgaben. Hier muss dringend
nachgebessert werden.
Werk- und Dienstverträge werden
im Zeitalter von Industrie 4.0 immer wichtiger. Hier darf es
keine zusätzlichen Einschränkungen geben.
Das Gleiche gilt für
die Zeitarbeit.
Der Beginn der Energiewende liegt nun
vier Jahre zurück und
wir brauchen jetzt dringend ein schlüssiges Gesamtkonzept und Entscheidungen im Hinblick auf Reservekapazitäten, auf den zeitgerechten
Aus- und Neubau der Stromnetze
und auf den marktorientierten Zubau Erneuerbarer Energien. Genauso wichtig sind Fortschritte bei der
energetischen Gebäudesanierung.
Wenn wir den Förderdschungel
nicht lichten und keine Steueranreize setzen, werden wir die Zurückhaltung bei den Investitionen in
Deutschland nicht auflösen. Die
Bundesregierung muss endlich eine
zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik betreiben und die Weichen auf
Wachstum stellen. Wir müssen das
Ruder herumreißen und die Zukunft mit Mut und Entschlossenheit
gestalten. Dafür setze ich mich auch
in meiner zweiten Amtszeit ein.
Alfred Gaffal ist Präsident der vbw –
Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. 왗
Fotos: Schmidhuber
INTERVIEW
„Mensch, das ist cool!“
Im Interview spricht RUPERT STADLER, Vorstandsvorsitzender der Audi AG,
über neue Technologien, die Rolle der Daten im Autogeschäft und warum Bayern lernen muss,
das Silicon Valley besser zu verstehen
Die A 9 ist die Teststrecke für die
Straße der Zukunft, wir haben im
letzten vbw Unternehmermagazin
darüber berichtet. Sie läuft direkt
bei Ihnen in Ingolstadt vorbei. Sehr
zu Ihrer Freude, wie ich vermute?
In der Tat. Ich habe mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt
persönlich darüber gesprochen und
mich dafür eingesetzt, dass diese Versuchsstrecke möglich wird. Herr
Dobrindt hat das pilotierte, automatisierte Fahren kürzlich bei uns erprobt
und war begeistert. Ich bin überzeugt, dass modernste Fahrer-Assistenzsysteme bis hin zum pilotierten,
automatisierten Fahren die absoluten
Zukunftstechnologien sind. Und da
muss es ein Kerninteresse von uns
sein, ganz vorne mitzuspielen.
„Tested on German Autobahn“ ist
zum globalen Gütesiegel für die deutsche Automobilindustrie geworden.
Das muss sich auch auf diese neuen
Technologien erstrecken. Dazu muss
die Politik den Rahmen schaffen. Die
Rahmengesetzgebung in den USA
gibt es bereits. Dort können wir in
einigen Bundesstaaten unsere Autos
bereits testen. Ich möchte aber, dass
hier die Musik spielt – und muss
sagen: Bundesverkehrsminister
Dobrindt hat sehr zügig auf unser
Anliegen reagiert. Das ist ein erster
Schritt, weitere müssen und werden
folgen.
Wir sind mit dieser Technologie zügig
unterwegs (lacht).
Was speziell meinen Sie?
Die gesamte Vernetzung des Automobils. Von Auto zu Auto. Von Auto zu
Verkehrsleitsystemen. Pilotiertes,
automatisiertes Fahren ist ein komplexes Technologiefeld. Wir sollten
die Rahmenbedingungen auf deutschen Autobahnen, aber auch auf
Wie sieht Ihre Vision vom Auto der
Zukunft aus? Was wird ein Auto
können? Was nicht? Und ab wann
funktionieren?
Das Automobil der Zukunft wird, wie
bisher auch, seinen Besitzer von A
nach B bringen. Es wird sich aber immer mehr zu einer Komfortzone entwickeln. Es wird Privatsphäre bieten,
aber auch eine Arbeitszone sein, in
der die Menschen permanent vernetzt
sind. Zeit bekommt für die Menschen
einen immer höheren Stellenwert. Das
Premium-Automobil von morgen wird
seinem Besitzer genau das bieten: einen Zeitgewinn. Es wird von der Zeit,
die der Fahrer morgens eine Stunde
und abends eine Stunde im Auto
unterwegs ist, etwas zurückgeben. Pilotiertes, automatisiertes Fahren ermöglicht, selbst zu entscheiden, wie
die Fahrzeit genutzt wird – zur Entspannung, oder aber, um zu arbeiten.
Das erhöht die Arbeits- und Lebensqualität der Menschen. Die „old economy“, wie die Automobilindustrie
vor zehn Jahren genannt wurde, ist
drauf und dran, das Modernste und
Begehrteste auf die Räder zu stellen,
was wir uns so vorstellen können. Was
meinen Sie, warum Unternehmen wie
„TECHNOLOGIE
ALS DEUTSCHE
KERNKOMPETENZ“
Bundesstraßen und möglichst auch
auf Landstraßen so organisieren, dass
wir den Beweis antreten können: Das
ist hier durchgetestet. Die Technologie, das Know-how, die Ingenieure –
all das haben wir hier in Deutschland.
Wir sollten dafür sorgen, dass diese
Technologie auch als deutsche Kernkompetenz bei uns bleibt.
Das heißt, dass Ihre Kollegen von
BMW jetzt öfter mal bei Ihnen in
Ingolstadt vorbeikommen, zumindest auf der Autobahn.
Das kann sein, aber eines ist gewiss:
13
Google und Apple so interessiert
sind?
Gibt es Dinge, die Autos in zehn
oder zwanzig Jahren können werden, an die wir noch gar nicht
denken?
Sie werden sicher nicht fliegen können. Revolutionen sind selten. Aber
was ich derzeit an evolutionärer Entwicklung feststelle, ist von einer einzigartigen Dynamik. So etwas hat es
in den letzten zwanzig, dreißig Jahren
der Automobilgeschichte nicht gegeben. Nehmen Sie nur einmal das Thema Ökologie: Kohlendioxid-neutrale
Mobilität hat vor fünfzehn Jahren
praktisch niemanden interessiert.
Heute sind wir in der Elektromobilität
sagenhaft weit, schaffen eine wunderschöne Fahrdynamik und Sportlichkeit, ohne dass jemand auf das LuxusGefühl beim Autofahren verzichten
müsste. All das ist spannend.
Lassen Sie uns kurz bei der Antriebstechnik bleiben: Vor einigen
Jahren war Wasserstoff das große
Thema in der Automobilindustrie –
und wurde plötzlich wieder beerdigt. Heute ist Elektromobilität das
große Thema, entweder als Zusatz
zum Verbrennungsmotor oder sogar
als eigenständiger Antrieb. Herr
Stadler, was werden wir in zehn
Jahren tanken?
Wir werden einen Großteil unserer
Automobile elektrisch laden. Es wird
„WETTBEWERB
UNTERSCHIEDLICHER
TECHNOLOGIEN“
trotzdem einen Verbrennungsmotor an
Bord geben. Er bietet ein Maximum
an Sicherheit und Reichweite und
nimmt den Kunden die Angst, liegen
zu bleiben – wenngleich wir in der
Batterietechnologie schon enorme
Quantensprünge sehen. Was den Wasserstoffantrieb angeht, würde ich
nicht sagen, dass das Thema zu den
Akten gelegt ist. Wasserstoff in Verbindung mit der Brennstoffzelle treibt
14
ebenfalls Elektromotoren an und ermöglicht eine ausgeglichene CO2-Bilanz.Es beginnt eher ein Wettbewerb
unterschiedlicher Technologien. Und
Wettbewerb ist immer gut, denn er erzeugt Dynamik. Wir werden erst in
zehn, fünfzehn Jahren sehen, was sich
durchsetzt. Und es kommt ja noch ein
zusätzlicher Aspekt hinzu, nämlich
die Frage: Wie sieht Mobilität in den
großen Metropolen aus, in denen
Millionen Menschen auf geringem
Raum leben? Hier in unserem Umfeld
haben wir ja geradezu eine dörfliche
Atmosphäre, verglichen mit Shanghai,
Peking oder Sao Paulo. Auch dort
wird es Mobilitätsbedürfnisse geben,
die wir zu erfüllen haben. Gerade dort
werden unsere Technologiesprünge
am meisten Sinn machen.
Wie lange werden wir noch Benzin
und Diesel tanken?
Auch noch in zwanzig Jahren, mit
kleineren Hubräumen, allerdings
stark vernetzt mit Batterie-Technologie. Unterschätzen Sie nicht die
Emerging Markets, in denen die
INTERVIEW
Menschen wegen der Kaufkraft länger
auf Verbrennungsmotoren setzen werden. Umgekehrt sollten wir als hochentwickeltes Land Vorreiter und
Schrittmacher für diese neue ökologische Ausrichtung sein.
Ist die Batterie-Technologie – bei
allen Erfolgen – nicht weiter das
große Sorgenkind?
Die Erwartung der Kunden an die
Reichweite ist höher, als wir es derzeit
technologisch zu lösen vermögen. Gerade deswegen sind wir mit Hochdruck
daran, die Reichweite fortzuentwickeln.
Ein Automobil wie der R8 e-tron, den
wir in Genf gezeigt haben, legt batteriegetrieben eine Distanz von 400 Kilometern zurück. Im Moment arbeiten
wir an einem Batterie-gestützten Auto
mit 500 Kilometern Reichweite, das
wir 2018 auf den Markt bringen wollen. Das ist technologisch machbar.
Damit werden wir im Zentrum der
Kundenwünsche angekommen sein.
Vorausgesetzt, man kann die Autos
aufladen.
Wir müssen in der Tat gemeinsam mit
der Bundesregierung eine Lade-Infrastruktur organisieren, damit der Kunde sorgenfrei eine Tankstelle findet
und das Schnell-Laden innerhalb von
fünfzehn oder zwanzig Minuten möglich ist. Wenn wir das umgesetzt haben, gibt es keinen Hinderungsgrund
mehr, ein Elektroauto zu kaufen.
Denn die Beschleunigung eines
„500 KILOMETER
REICHWEITE –
MIT STROM“
Elektroautos, das Drehmoment, ist gigantisch.
Die Bundesregierung will im Jahr
2020 eine Million Elektroautos
auf der Straße haben. Ist das zu
schaffen?
Wir sollten uns nicht darauf kaprizieren, ob nun die eine Million bis 2020
zu schaffen ist oder nicht. Das ist unerheblich. Die Kernfrage ist doch
15
vielmehr: Hat die Automobilindustrie
die Elektromobilität als Investition
auf der Agenda?
Hat sie? Oder alles nur Marketing?
Sie hat das Thema auf der Agenda.
Mit einem ganz dicken Ausrufezeichen. Schauen Sie sich zum Beispiel
unser Rekordinvestitionsprogramm
von 24 Milliarden Euro in fünf Jahren
an. Jetzt ist die Frage, ob auch die
Kunden positiv darauf reagieren.
Dazu müssen sie Elektromobilität erst
einmal selbst erleben. Die, die es erlebt haben, sagen: Mensch, das ist
cool! Ich bin überzeugt, in den nächsten ein bis zwei Jahren wird das Produktangebot so groß sein, dass eine
nicht unwesentliche Einflussgröße an
Bedeutung gewinnen wird: die Begehrlichkeit. Und dann werden wir
sehen, wo wir 2020 landen werden.
Die genaue Zahl ist mir nicht so wichtig. Hauptsache, die Richtung stimmt.
Tut denn die Bundesregierung
genügend, um den nötigen Schwung
zu erzeugen?
Sammelt Audi bereits derartige
Daten?
Es gibt Milliarden von Daten. Aber
die sind sauber verwahrt. Wir sind
überzeugt: Diese Daten gehören in die
Privatsphäre des Kunden, sind sein
Privateigentum – er entscheidet
darüber, welche Art von Daten er bereit ist zu teilen und welche nicht.
Gibt es da bereits gemeinsame
Plattformen der Hersteller zum
Austausch?
So etwas muss sich erst entwickeln.
Nur wenn ein Kunde bereit ist, für
den Mehrwert etwa eines besseren
Navigationsgeräts, einer besseren
Information, einer besseren Vernetzung zu bezahlen, wird die notwendige Dynamik entstehen.
Wenn Sie mich als Unternehmer fragen, sage ich: Es ist nie ausreichend.
Der freie Parkplatz in der Innenstadt
für Elektroautos alleine wird es nicht
richten. Wir brauchen massive Investitionen in eine Lade-Infrastruktur.
Da sind Bund und Länder gefordert.
Wenn wir das schaffen, ist der größte
Schritt getan.
Müssen Sie das in Berlin und
München regelmäßig anmahnen?
Steter Tropfen höhlt den Stein.
Welchen Einfluss hat denn nun die
digitale Welt auf den AutomobilBereich?
Wir werden sehen, dass beide Produkt-Welten miteinander verschmelzen. Die neue junge Generation wird
permanent online sein. Zudem werden
Freizeit und Arbeitszeit immer flexibler und miteinander verschmelzen.
Das müssen wir im Auto der Zukunft
abbilden.
Das betrifft hauptsächlich die Kommunikation. Welche Daten spielen in
der Automobilwelt sonst eine Rolle?
Stellen Sie sich folgende Situation
vor: Bei einem Fahrzeug greift das
Elektronische Stabilisierungsprogramm (ESP) ein, weil an einer Stelle
der Straße eine Eisfläche war, und
das Fahrzeug gibt diese Information
an ein zentrales Verkehrsleitsystem
„DATEN SIND
DAS EIGENTUM
DER KUNDEN“
weiter, das die vernetzten nachfolgenden Verkehrsteilnehmer warnt. So
werden durch datenbasierte StreckenFahrassistenten Unfälle vermieden,
mehr Sicherheit entsteht und die
Kunden erleben mehr Komfort in ihrem Automobil. Das ist eine neue,
moderne Form von Daten-Sharing.
16
Welchen Wert haben digitale Daten?
Es heißt, das sei der neue Rohstoff von
morgen. Ich sage: Erst die intelligente
Analyse der Daten und die Umsetzung
der Erkenntnisse schaffen Mehrwert.
Die Analyse ist das Geschäftsfeld von
Unternehmen wie Google und Apple.
Aber die Umsetzung der Erkenntnisse
geht nur mit uns.
Keine Angst vor einem Google- oder
Apple-Automobil?
Ach was. Das passt nach meiner Einschätzung nicht in deren Geschäftsmodell. Zumal es technologisch ein
sehr komplexes Unterfangen ist, ein
Automobil zu bauen. Apple ist ja
auch nicht in die Produktion von Musik eingestiegen, sondern in die Vermarktung. Und ich denke, hier wird
es sich ähnlich verhalten. Das heißt
unter dem Strich: Es wird Themenfelder geben, in denen eine Kooperation
intelligent ist. Und es wird Themenfelder geben, da sagen wir: Sorry, wir
sind Wettbewerber. Das machen wir
alleine.
Kehren wir der globalen Welt den
Rücken und schauen mal auf den
INTERVIEW
Standort Bayern: Ministerpräsident
Horst Seehofer will, dass der Freistaat in der digitalen Welt ganz vorne mitspielt. Ist das zu schaffen?
Grundsätzlich halte ich das für einen
richtigen und wichtigen Weg, aber
nicht für den einzigen und ausschließlichen Weg. Ein Land wie Bayern ist gut beraten, dafür zu sorgen,
dass Industriearbeit eine stabile Größe ist. Wenn Bayern nun die digitale
Welt hier verstärken möchte, dann
muss vor allem eine Start-up-Szene
geschaffen werden, die die richtigen
Menschen anlockt. Arbeitsumfeld und
Struktur müssen für die Gründer-Szene attraktiv sein. Ich glaube, da hat
Bayern noch ein ordentliches Stück
Weg zu gehen. Wir haben hier zwar
hervorragende Technologie-Cluster
und ein herausragendes universitäres
Umfeld. Aber um ein neues, kleines
Silicon Valley zu schaffen, muss man
das Silicon Valley verstehen. Dieses
Denkmodell ist in Bayern noch nicht
überall angekommen.
Was ist nötig?
Bayern muss sich tief vernetzen mit
dem Gedankengut, wie das Silicon
Valley wirklich tickt, wie dort die
Gründerszene entsteht, wie aus Studentennetzwerken Produktideen umgesetzt werden. Dafür braucht es zum
Beispiel schlicht und einfach Verhältnisse, in denen sich die Gründer
wohlfühlen. Darin ist Berlin schon
gut – vielleicht besser als München.
Geht Bayern zu technokratisch an
das Thema heran?
Dieser Sorte Mensch, die für eine
Gründerszene interessant ist, müssen
sie unheimlich viel Freiheit einräumen. Freiheit und unkomplizierte
Strukturen – etwa, wenn es um Venture Capital geht, und um die Frage,
ob man auch einfach mal den Mut
hat, Geld risikoreich einzusetzen.
Dazu braucht es eine Mentalität, die
das möglich macht – das ist nicht mit
konservativen Finanzvermögensverwaltungsstrukturen zu organisieren.
In den USA ist unternehmerisches
Scheitern kein Makel, eher eine
Empfehlung im Lebenslauf. Es wird
honoriert, dass jemand etwas riskiert
hat, auch wenn es beim ersten Mal
nicht geklappt hat. Bei uns ist es oft
ein Ausschlusskriterium bei einer
Bewerbung. Wir haben in Deutschland selten ein Erkenntnisproblem,
sondern meistens ein Umsetzungsproblem.
Was bedeutet der Standort Bayern
für Ihr Unternehmen?
Heimat zu spüren und zu fühlen ist
für jedes Unternehmen von immens
großem Wert. Zu wissen, wo man seine Wurzeln hat, die DNA der Menschen, die zusammen das geschaffen
„MÜSSEN LERNEN,
DAS SILICON VALLEY
ZU VERSTEHEN“
haben, was Audi heute ist, das ist ein
Wert, den wir niemals aufs Spiel setzen werden. Audi hat hier in Bayern
und in Baden-Württemberg seine
Heimat – und wird sie auch in Zukunft haben. Das ist meine feste
Überzeugung.
Audi ist auch mit eigener Produktion traditionell sehr stark im asiatischen Raum, vor allem in China. In
China stagniert das Wachstum. Ein
Problem?
Nein, da das Wachstum nicht stagniert, sondern langsamer abläuft. Wir
wissen, dass wir dort nicht weiter so
wachsen werden wie in den letzten
zehn, fünfzehn Jahren. Das wäre auf
Dauer ungesund. Auch sieben oder
acht Prozent Wachstum, wie jetzt prognostiziert, ist noch ein guter Wert bei
einer aktuellen Größenordnung von
580.000 Einheiten im Jahr.
17
Zugleich ist Audi in den USA deutlich weniger präsent. Eine Baustelle
der Zukunft?
Der US-Markt ist für uns eine Riesenaufgabe – und eine Riesenchance. In
den letzten acht Jahren haben wir dort
unheimlich investiert – in die Mannschaft, in ein neues Händlernetz, in
eine komplette Restrukturierung des
Marktes. Wir haben unser Volumen in
diesem Zeitraum mehr als verdoppelt.
Unsere Wettbewerber sind früher in
den Markt eingestiegen als wir und
waren mit den SUVs, die dort sehr begehrt sind, etwas früher dran. Aber
Audi hat in den nächsten Jahren ein
super Potenzial. Das sagen mir unsere
Händler in den USA.
Wo wird Audi in zehn Jahren in den
USA stehen?
Wir sind Premium-Marktführer in Europa, in China. Warum sollen wir das
nicht auch in den USA können? Audi
ist dort hip, ist eine coole Marke. Wir
sind bei jungen Menschen sehr attraktiv, haben das jüngste Kundenprofil
unter den Premiummarken. Wir stehen
für einen modernen, zurückhaltenden
Luxus – was in den USA sehr gut ankommt. Zudem haben wir unser ganzes
Produktprogramm strategisch stärker
auf die USA ausgerichtet. Audi ist in
den USA weiter auf dem Vormarsch.
Qualität und die richtigen Produkte
zählen in diesem wichtigen Markt.
Zum Abschluss: Audi-Chefs werden
entweder VW-Aufsichtsratsvorsitzende – wie Ferdinand Piëch – oder
VW-Vorstandsvorsitzende – wie
Martin Winterkorn. Was ist Ihnen
lieber, Herr Stadler?
Ich möchte Audi zur Nummer eins im
Premiumsegment machen. Ich fühle
mich in dieser Rolle unheimlich wohl.
Rupert Stadler ist seit 2007
Vorstandsvorsitzender der Audi AG
und Mitglied des Vorstands der
Volkswagen AG. 왗
Fotos: ASFiNAG
Wer kein Pickerl hat, zahlt: Seit 1997 gilt in Österreich Vignettenpflicht.
Die ASFiNAG kontrolliert regelmäßig.
Zusätzlich zur Vignetten-Maut zahlen
die Verkehrsteilnehmer an vielen
weiteren Stellen – etwa für die Nutzung
einiger Tunnel oder der Europabrücke.
DISKUSSION
Die Kaiserin
der Autobahnen
Ab 1. Januar 2016 startet in Deutschland die Pkw-Maut. Die Einnahmen sollen helfen, notwendige
Straßeninvestitionen zu stemmen. Österreich hat das „Pickerl“ schon lange – und finanziert so nicht nur seine
Schnellstraßen. Die Betreibergesellschaft ASFiNAG macht sogar Gewinne. Ein Blick über die Grenze.
W
enn die Urlaubermassen anrollen, ein
Unfall oder dichter
Schneefall eine Autobahn lahmlegt oder ein Geisterfahrer
unterwegs ist – die Mitarbeiter der
Verkehrsmanagementzentrale der
österreichischen ASFiNAG in WienInzersdorf haben Österreichs Autobahnen rund um die Uhr im Blick. Auf 96
Monitoren und 32 Bildschirmen ist der
Verkehr live mitzuverfolgen. Zusammen mit acht weiteren regionalen
Steuerungszentralen werden 2.200 Kilometer Straße und mehr als 300 Kilometer Tunnel – allein hier sind 5.000
Kameras installiert – überwacht. Doch
die ASFiNAG ist noch mehr als die
Managerin des Verkehrsflusses, sie ist
die Herrin der Schnellstraßen, auf gut
Österreichisch: „Die Kaiserin der
Autobahnen“. Und Eintreiberin der
Maut- und Vignettengebühren – ein
Millionengeschäft, mit dem Österreich
ausschließlich den Erhalt und Ausbau
seiner Autobahnen und Schnellstraßen
finanziert. Das Modell und die Zweckwidmung der Einnahmen stoßen – gerade in Zeiten klammer öffentlicher
Kassen – auf internationales Interesse.
Doch wie genau funktioniert es und ist
die ASFiNAG wirklich so ein Erfolgsmodell?
Die Autobahnen- und SchnellstraßenFinanzierungs-Aktiengesellschaft,
kurz ASFiNAG, wurde 1982 gegründet, um die Kredite zentral für alle
Straßenbauprojekte abzuwickeln.
Doch erst zehn Jahre später wurden
die bis dato sechs Autobahngesellschaften zusammengeführt, erst weitere 13 Jahre später gingen sie vollständig im Konzern ASFiNAG auf. Die Infrastrukturgesellschaft unterhält jetzt
fünf Tochtergesellschaften mit insgesamt 2.600 Mitarbeitern für die Erledigung ihrer Aufgaben: Sie plant, finanziert, baut aus, erhält, betreibt und
bemautet das Autobahnnetz. Sie ist
vollständig im Eigentum der Republik
Österreich, bekommt jedoch kein
Geld aus dem Staatsbudget – im
Gegenteil, sie liefert Dividende an die
Republik ab, im vergangenen Jahr
wurde sie auf 200 Millionen Euro verdoppelt. Die Geschäfte laufen gut: Der
Jahresüberschuss konnte 2014 um 24
Prozent auf 519 Millionen Euro verbessert werden. „Wir sind ein wirtschaftlich gut funktionierendes Unternehmen“, so Vorstand Klaus Schierhackl. Er nennt weitere Zahlen: Die
gesamten Einnahmen inklusive NettoNeuverschuldung machten 2,035
Milliarden Euro aus. Davon entfielen
1,825 Milliarden Euro auf Mauterlöse,
19
ein Plus von 8,1 Prozent – hier macht
sich die besser laufende Wirtschaft
bemerkbar. Mehr Aufschwung, mehr
Transport, mehr Lkws, mehr Mauterlöse. Die Frächter bringen das meiste
Geld: Auf sie allein fielen 1,42 Milliarden Euro der Gesamterlöse. Die
Pkw-Maut machte 583 Millionen Euro
aus, davon waren 428 Millionen Euro
Vignetteneinnahmen, 155 Millionen
Euro Sondermaut und 28 Millionen
Euro Strafen für Mautsünder. Übrigens: Laut ASFiNAG-internen Schätzungen kommt nur ein Drittel der Vignetten-Einnahmen von ausländischen
Autofahrern. Das Vignettensystem ist
effizient: Die Kosten für die Einhebung machen in etwa nur fünf Prozent
der Einnahmen aus.
Das landläufig genannte „Pickerl“
wurde zum 1. Januar 1997 eingeführt.
Hatte die Regierung erst eine kilometerabhängige Abgabe und ein elektronisches Bemauten überlegt, verwarf
sie die Pläne schließlich als zu kompliziert und aufwendig – und nahm
sich ein Beispiel an der Schweiz, die
damals schon ein zeitabhängiges System hatte. Der Aufschrei war anfangs
groß: Die Autofahrerclubs sahen ein
Budgetloch-Stopfen auf Kosten der
Autofahrer, die Opposition warnte vor
Wirtschaftseinbußen, Fernbleiben der
Für Lkw
ü
gibt es d ber 3,5 Tonnen
ie GO-Ca
rd und -B
ox.
Auf 96 Monitoren und 32 Bildschirmen haben Mitarbeiter in der Verkehrsmanagementzentrale
die Autobahnen der Nation rund um die Uhr im Blick.
Touristen und einer Verkehrsverlagerung auf die Landes- und Gemeindestraßen. Und es gab Startschwierigkeiten: Denn an den Grenzübergängen,
die von Skiurlaubern stark genutzt
werden, gingen die Kurzzeit-Vignetten
prompt aus.
anz verstummt ist die
Kritik nie. Die Lenker,
die allerdings mittlerweile zu 99 Prozent brav und
korrekt „kleben“, jammern über die jährlich steigenden
Preise: Im Jahr 2001 verdoppelte das
Verkehrsministerium den Preis – seitdem ist er an die Inflation gekoppelt.
Heuer kostet die Jahresvignette 84,40
Euro fürs Auto, 33,60 Euro fürs Motorrad. Für Wenigfahrer und Urlauber
gibt es die 10-Tages-Vignetten um
8,70 Euro (5 Euro) und 2-Monats-Vignetten um 25,30 Euro (12,70 Euro).
Und damit noch nicht genug: Für einzelne Autobahnen und Tunnel, wie
beispielsweise für die viel befahrene
Brenner- und Tauernautobahn, werden
noch zusätzliche Sondermauttarife
eingehoben. Der Autofahrerclub
ÖAMTC forderte angesichts der hohen
Einnahmen erst kürzlich eine Halbierung des Vignettenpreises. Österreichische Verkehrsexperten würden
selbst nach 18 Jahren immer noch
eine höhere Mineralölsteuer befürworten. Denn die Pkw-Vignette unterscheidet nicht, ob jemand viel oder
wenig, mit einem Kleinwagen oder
SUV fährt. Die ASFiNAG hält dagegen: Nur diejenigen, die die Autobahnen und Schnellstraßen benützen,
kommen auch dafür auf. Nur so werde
G
sichergestellt, dass jeder Autofahrer
auch gleich behandelt werde. Dabei
spiele es keine Rolle, ob es sich um
einen in- oder ausländischen Verkehrsteilnehmer handelt, betont man
gerne bei jeder Gelegenheit.
Der Löwenanteil der Einnahmen
kommt von den Speditionen – national
wie international: In den vergangenen
zehn Jahren fuhren die Laster auf
Österreichs Autobahnen nicht nur
eine Strecke von 100-mal von der
Erde bis zur Sonne und zurück, das
sind 30 Milliarden Kilometer, sondern
spülten in dieser Zeit 9,8 Milliarden
Euro in die ASFiNAG-Kassen. Bis zur
Einführung der Lkw-Maut GO im Jahr
2004 für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen
galt die Vignette auch für den Schwerverkehr. Damals wurde in einer Rekordzeit von knapp 18 Monaten für
rund 200 Millionen Euro ein auf
Mikrowellentechnologie basierendes,
flächendeckendes Mautsystem errichtet. Die Abrechnung erfolgt über die
sogenannte GO-Box, eingebaut im
Fahrzeug. Die Tarife für Lkws, Busse
und schwere Wohnmobile hängen unter anderem von der Anzahl der Achsen, den zurückgelegten Kilometern
und – seit 2010 – der Euro-Emissionsklasse ab. Die vollelektronische,
fahrleistungsabhängige Berechnung
funktionierte nach Angaben der
ASFiNAG von Anfang an fehlerfrei.
2018 könnte eine Modernisierung des
Systems in Österreich anstehen, denn
die Verträge mit dem Technologielieferanten Kapsch TrafficCom und ITPartner Raiffeisen International laufen
aus. Jetzt wird auch in Österreich über
20
ein Satellitennavigationssystem wie in
Deutschland diskutiert. Und: Es gibt
Überlegungen der Bundesländer, auch
auf den von ihnen betreuten 11.100
Kilometern Bundesstraßen eine Maut
einzuführen.
Die ASFiNAG kassiert aber nicht nur
– sie hat auch einiges finanziell zu
stemmen. Die Holding investierte im
Vorjahr 909 Millionen Euro in den
Streckenausbau – 205 Millionen Euro
mehr als im Vorjahr. Heuer sollen es
sogar 1,05 Milliarden Euro werden.
Und: Jeder zweite Euro wird in die
Erhöhung der Verkehrssicherheit gesteckt: Bis zum Jahr 2019 läuft etwa
ein ambitioniertes Tunnelsicherheitsprogramm mit einem Volumen von
1,5 Milliarden Euro.
er Neubau von Autobahnen und Schnellstraßen
ist über das Bundesstraßengesetz geregelt – dort
sind die bestehenden
und noch zu bauenden Streckenabschnitte definiert. Für die Umsetzung
gibt es in diesem Gesetz jedoch keinen Zeitplan. Diese werde nach verkehrlichem Bedarf und entsprechend
der Finanzsituation in Abstimmung
mit dem Eigentümer, sprich dem
Bund, getätigt, heißt es seitens der
ASFiNAG. Eine reine politische Entscheidung des Verkehrsministeriums
schließt man hier aus.
Die ASFiNAG finanziert sich zwar aus
eigener Kraft und ohne Subventionen.
Doch der Invest-Bedarf ist enorm: Die
Holding plant bis 2020 weitere sieben
Milliarden Euro. Ohne Fremdkapital
ist das nicht möglich. Derzeit beträgt
D
DISKUSSION
der Schuldenstand 11,6 Milliarden
Euro. Doch im Unternehmen ist man
von der guten Balance zwischen Ertragskraft und Verschuldung überzeugt: „Würde die ASFiNAG den
Neubau stoppen, könnte sie aus eigener Kraft innerhalb von 20 Jahren alle
Schulden tilgen“, so ASFiNAG-Vorstand Schierhackl. In Relation gesetzt:
Die durchschnittliche Lebensdauer einer Autobahn beträgt 30 Jahre. Im
Oktober will die ASFiNAG eine neue
Anleihe auflegen. Geplant ist die Refinanzierung von dann fällig werdenden 1,8 Milliarden Euro. Schierhackl
rechnet aufgrund des „sehr guten
Rufs“ und der „stabilen Einnahmen“
mit einem Zinssatz zwischen null und
einem Prozent. Im Vorjahr hatte die
ASFiNAG eine siebenjährige Anleihe
über 750 Millionen Euro zu einem
Zinssatz von 1,375 Prozent auf den
Markt gebracht. Wären das Modell
Österreich und die ASFiNAG nicht
auch eine Lösung für Deutschland –
und seine ohnehin chronisch unterfinanzierten Straßen und Brücken? Der
Bayerische Bauindustrieverband hat
vor geraumer Zeit eine Studie in Auftrag gegeben, die zu erstaunlichen Ergebnissen kommt: Mit der Infrastruktur ließe sich die Rente sichern. In
dem Modell bliebe das Eigentum an
den Straßen beim Bund – „damit er
auf die Entwicklung des Netzes Einfluss nehmen kann (volkswirtschaftliche Verantwortung des Staates)“.
Innerhalb von anderthalb Jahren könnten regional eigenständige Netzgesellschaften im Eigentum des Bundes beziehungsweise der Länder nach dem
Vorbild der ASFiNAG in Deutschland
aufgebaut werden – die bis etwa zum
Jahr 2040 schuldenfrei sein könnten.
Sie wären dann „ein hervorragendes
Anlageobjekt für das künftig verstärkt
kapitalbasierte Rentensystem
Deutschlands“, heißt es in der Studie.
Die Idee ist längst in der deutschen
Politik angekommen. Indizien dafür,
dass irgendwann einmal eine deutsche ASFiNAG entstehen könnte, gibt
es: 2005 startete die deutsche LkwMaut, zum 1. Januar 2016 kommt die
Pkw-Maut. Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt (CSU) hat angekündigt, er werde „privates Kapital
für Investitionen in große Straßenbauprojekte aktivieren und stärker
einbinden als in der Vergangenheit“.
Zudem sollen alle Einnahmen aus
Pkw- und Lkw-Maut sowie die Haushaltsmittel für die Straßen über die
2003 gegründete und im Bundesbesitz befindliche Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG)
abgewickelt werden. „Damit wären
die Voraussetzungen geschaffen,
dass man weitere Einnahmen über
dieses Instrument abwickeln kann“,
hieß es kürzlich aus dem Bundestag. 왗
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Fotos: Hatz
Auf Gut Reichhausen in Siegsdorf haben
Claudia und Michael Jahn mithilfe von Quarter
Horse Shiny und anderen Stallgenossen schon
einigen „alten Hasen“ aus Führungsetagen zu
überraschenden Selbsterkenntnissen verholfen.
BILDUNG
Selbstreflexion
am
Führstrick
Selten geht es so schnell ans Eingemachte: Pferde helfen bei der Selbstreflexion
und fördern emotionale Intelligenz
E
r ist 24 Jahre alt, gebürtiger Amerikaner
und hinterlässt einen
bleibenden Eindruck. Über seinen
Charakter haben sich einige Chefs
den Kopf zerbrochen. Die Beschreibungen könnten kaum widersprüchlicher sein. Während die einen sagen,
er verrichte seine Aufgaben stoisch,
meinen die anderen, er tue doch nur,
was er will. Alle nennen ihn Shiny. Er
ist ein Quarter Horse. Sein richtiger
Name: Silent Gold.
Am liebsten durchgrast Shiny die
Koppel auf Gut Reichhausen nahe der
A 8 bei Siegsdorf. Der Wallach eignet
sich gut zur Dressur, ist an den Westernsattel gewöhnt. Zudem hat Shiny
einen wichtigen Job: Er bildet zusam-
men mit Trakehner-Stute Laska und
dem Haflinger Nirko das Co-TrainerTeam der Seminare „EQuus – Emotional intelligent führen“ des Bildungswerks der Bayerischen Wirtschaft –
bbw, Rosenheim.
Shiny gehört der Gutsbesitzerin Ute
Flores. Ein fescher Kerl. Zur blonden Mähne trägt er ein Halfter mit
Burberry-Karo. Fremde Menschen
begleiten ihn abwechselnd durch die
Longierhalle. Es sind Führungskräfte,
für die Michael Jahn und seine Frau
Claudia die Seminare speziell vorbereiten. Zum Warming-up sollen die
Teilnehmer mit dem Pferd am Strick
mal langsam eine Runde drehen, mal
flotter marschieren, mal stehen bleiben. Shiny gehört mit seinen 1,59 Metern nicht unbedingt zu den ganz gro-
23
ßen Tieren. Wenn er aber mit seinen
rund 420 Kilo auf stur schaltet, bedarf
es einiges an Überredungstalent, möglicherweise auch einer durchdachten
Strategie, wenn ein gemeinsames
Fortkommen oder ein Richtungswechsel gelingen soll.
Nach ein paar Runden ist der Zweibeiner am Ende des Führstricks mittendrin in der Selbstreflexion. Selten
geht es so schnell ans Eingemachte.
Selten ist der Mensch so schnell bereit, sich so grundsätzlichen Fragen
zu stellen.
Wie reagiert das Pferd und warum?
Wie nimmt mich das Pferd wahr?
Ist das auch bei Mitarbeitern, bei Kollegen so?
Werde ich so verstanden, wie ich verstanden werden möchte? Wie versu-
BILDUNG
ganz unverfälscht. Es geht um
Körpersprache, macht viel
Freude und hat viel gebracht.
Tatsächlich stellen sich Erkenntnisse unmittelbar ein.
Möglich:
– Meine Stimme war nicht
fest genug.
– Ich war selbst nicht ganz
sicher, was zu tun ist.
– Ich habe versucht, alle
Aufgaben möglichst
schnell zu erledigen.
– Und: Ich habe vergessen zu loben.
Shiny jedenfalls reagiert
mal langsamer, mal
schneller und mal gar
nicht. Mitten im Parcour
hebt er den Kopf Richtung Fenster, bläht die
Nüstern, schnaubt und
wiehert. Ein Gruß offenbar an den Stallgenossen, der draußen
Richtung Weide
er
on Co-Train
v
n
e
schreitet.
ft
a
h
sc
igen
einungen.
harakter-E
M
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Zusammen mit den
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c
b
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Ü
es widersp
Seminarleitern gelangen die
Shiny gibt
Teilnehmer nach ersten Übungen und
che ich das Pferd zum Mitmachen zu
im Vergleich mit anderen rasch in
bewegen?
medias res: Wie könnte ich mein AufFormuliere ich die Aufgaben wie
treten so ändern, dass es besser verWünsche, Vorstellungen wie Anordstanden wird? Wie kann ich mein
nungen oder Befehle?
Verhalten optimieren? Wie sollte ich
keptisch bis argwöhnisch
dem Pferd begegnen, damit es gestellkommen viele der Chefinte Aufgaben bereitwilliger, vielleicht
nen und Chefs zum Termin.
sogar mit Freude erfüllt?
Die Personalabteilung
Im Fokus des Konzepts stehen Mitarschickt sie. Sie können sich
beiter, die andere führen, die Konflikschlecht vorstellen, was ihnen die Be- te lösen müssen, Führungskräfte in
gegnung im Rossstall bringen soll.
veränderten Situationen sowie erfahDoch die Resonanz, die das Bildungs- rene Führungskräfte, die sich auf den
werk bekommt, ist durchwegs positiv.
Prüfstand stellen und wieder „erden“
Resümee: Das Training ist gut für die
wollen. „Oft wird der Beste im Team
Kommunikation, die Reaktion der
zum Chef ernannt. Er ist auf diese
Pferde erstaunlich, man bekommt ein
Aufgabe kaum vorbereitet“, sagt
direktes Feedback. Oder: Der TransMichael Jahn, der seit zwölf Jahren
fer ins Berufsleben ist zu 80 bis 90
beim Bildungswerk Firmen unter anProzent möglich. Oder: Man bekommt derem bei der Personalentwicklung
sein eigenes Verhalten gespiegelt,
berät.
S
24
Genauso gebe es „alte Hasen“, die
beinahe jede Art von LeadershipKurs kennen, die dann im Stall dennoch überrascht waren, wie schnell
sich neue Ideen und Impulse einstellten. Oft seien es Kleinigkeiten, die
die Zusammenarbeit optimieren. Im
Umgang mit den Pferden gibt es sehr
schnell ein Aha-Erlebnis, durch das
Teilnehmer ihr Verhalten ändern und
sich weiterentwickeln können.
„In vielen Workshops verfolgen etwa
Rollenspiele das gleiche Ziel. Aber
das dauert viel länger“, meint Claudia
Jahn. Die Arbeit mit dem Pferd sei
tausendmal effektiver.
Das Erlebte wirkt nach. Shinys Reaktion hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Dieses Bild vergisst der
Mensch nicht so schnell.
ie Bedeutung von Werten
wie Vertrauen, Zuverlässigkeit, Authentizität,
Ehrlichkeit und Offenheit, Respekt und Toleranz, Wertschätzung für den Umgang
miteinander sind unumstritten. Das
Überdenken der sozialen Kompetenzen kommt im Alltag zu kurz. In der
speziellen Auszeit mit den Pferden
sollen Seminarteilnehmer sich selbst
wahrnehmen, persönliche Weiterentwicklungspotenziale erkennen und
nutzen.
Der Wissenschaftler, Psychotherapeut
und Philosoph Paul Watzlawik formuliert es so: Kommunikation ist nicht
das, was man sagt, sondern das, was
verstanden wird. Was eine Person
sagt, wird möglicherweise vom Gegenüber anders aufgenommen. Es kann
sehr nützlich sein, sein Auftreten auf
den Prüfstand zu stellen. Das Pferd
ist ein guter Spiegel, es hat keine
Maske, keine Vorurteile und gibt
schnell ein offenes und ehrliches
Feedback.
Weitere Informationen und Schnuppertermine zu „EQuus – Emotional
intelligent führen“ gibt es unter
www.bbwbfz-seminare.de 왗
D
Stark für Bayern – der vbw champ
Unter dem Motto Leben und Arbeiten in den bayerischen
Regionen engagiert sich die vbw bei der BR-Radltour
2015 als einer der Hauptsponsoren. Wir zeichnen an jedem Tourabend Menschen, die sich für ihre bayerische
Region stark machen, mit dem vbw champ aus.
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Die Preisverleihung findet an allen Tourtagen zwischen
18.00 und 20.30 Uhr statt. Im Anschluss erwarten Sie
Konzerte mit international bekannten Top Acts.
Termine
Top Acts
02.08. Weilheim in OB / Auftakt
Zum Redaktionsschluss
standen die Künstler an
den jeweiligen Terminen
noch nicht fest. In Kürze
erfahren Sie alle Details
zum Rahmenprogramm
auf unserer Website.
03.08. Friedberg
04.08. Wemding
05.08. Heilsbronn
06.08. Höchstadt a. d. Aisch
07. 08. Volkach
08.08. Mellrichstadt / Tourfinale
Die Teilnahme an der Preisverleihung und der Besuch
der Konzerte sind kostenfrei.
Weitere Informationen
finden Sie unter
www.vbw-champ.de
Die vbw ist ein Hauptsponsor der
STANDPUNKT
Bayern braucht
starke und
funktionsfähige
Städte
Von Dr. ULRICH MALY, Präsident des Bayerischen und
Deutschen Städtetages
Gewerbesteuer leistet hier einen unerlässlichen Beitrag und knüpft ein festes Band zwischen Unternehmen und
Standortgemeinde. Die Kommunen
brauchen Geld für dauerhafte Investitionen in Straße, Schiene, Kinderbetreuung, Schulwesen und Wohnungsbau. Und sie brauchen
Spielraum zur Gestaltung
des urbanen Lebens.
Die Rahmenbedingungen für gedeihliche
Voraussetzungen in
den Kommunen setzen Bund und Freistaat mit komplizierten
Mechanismen: Auf
Bundesebene warten die
Kommunen dringend auf eine
Verlängerung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes: Ohne Förderung des Bundes lassen sich auf kommunaler Ebene keine Großprojekte
mehr realisieren, etwa mit U-BahnBauten in München und Nürnberg,
mit der Mobilitätsdrehscheibe am
Augsburger Hauptbahnhof oder der
Stadt-Umland-Bahn Nürnberg-Erlangen-Herzogenaurach. Doch es geht
nicht nur um den Neubau von Ver-
26
kehrswegen: Die komplexe Verkehrsinfrastruktur ist in ganz Deutschland
in die Jahre gekommen, wir leben
schon zu lange von der Substanz. Dies
hemmt die Mobilität der Menschen
und behindert den Wirtschaftsstandort.
Und was braucht es auf bayerischer
Ebene? Der kommunale Finanzausgleich muss allen Kommunen die notwendigen Mittel für ihre Aufgaben bereitstellen. Das Landesentwicklungsprogramm muss mit überörtlichem
Gestaltungswillen einen Rahmen
spannen, damit dieses über Jahrhunderte gewachsene und prosperierende
Land mit seinen Städten und zentralen
Orten sich gedeihlich weiterentwickeln kann. Bayern braucht in der
Landesentwicklung überfachlichen
Planungswillen und überörtlichen Gestaltungswillen. Herausforderungen,
die sich zum Beispiel mit der Globalisierung oder der Energiewende stellen, lassen sich mit einer gut geplanten Infrastrukturpolitik von Freistaat
Bayern und Kommunen lösen.
Dr. Ulrich Maly ist Oberbürgermeister von Nürnberg. 왗
Foto: Bayerischer Städtetag
D
er wirtschaftliche Erfolg
Bayerns beruht auf dem
Erfolg der bayerischen
Städte. Die Städte und zentralen Orte
sind prosperierende Wirtschaftsstandorte, die Bayern als Ganzes erst attraktiv machen. In Zeiten der Globalisierung kommt es auf das Funktionieren größerer Wirtschaftsräume an –
daher wurden auf Ebene der Europäischen Union die europäischen Metropolregionen ins Leben gerufen: Ein
Netz aus starken Metropolregionen
hält Europa im globalen Wettbewerb
konkurrenzfähig. Was im globalen und
europäischen Wettbewerb funktioniert,
gilt auch für den Freistaat: Die Stärke
der zentralen Orte – und das sind
nicht nur die Großstädte, sondern gerade auch die kleineren Städte in den
ländlichen Räumen – macht den dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg Bayerns erst möglich. Daher hat Ministerpräsident Horst Seehofer durchaus
recht, wenn er sagt: „Wer die Starken
schwächt, stärkt nicht die Schwachen.“ Dieser Satz gilt auch für Bayern: Wer die Städte und zentralen
Orte schwächt, schwächt den
gesamten Freistaat. Städte
und Gemeinden müssen
funktionsfähig sein, sie
brauchen eine nachhaltig gepflegte Infrastruktur – gerade die
Wirtschaft legt darauf
Wert.
Städte und Gemeinden
geben Bayern ein Gesicht:
Sie prägen den Wirtschaftsstandort, sie bestimmen die Bildungslandschaft und sie setzen kulturelle
Akzente im gesamten Land. Bayerns
Kommunen machen die Attraktivität
Bayerns aus. Nur wenn die Kommunen in ihre Infrastruktur investieren
können, bleiben Bayern, Deutschland
und die Europäische Union stark.
Ohne auskömmliche Finanzmittel für
die Kommunen könnte Bayerns Infrastruktur nicht unterhalten werden. Die
Das ganze
Programm.
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Fotos: Schmidhuber
Beruhigend: Der Chiemsee in der Nebensaison.
Lebensqualität: Von der Schreibtischarbeit zum Stehpaddeln hat Stephan Eder
am Tegernsee nur ein paar Meter.
AUSBLICKE
Wenn ich den
See seh’…
Von einer mit Idylle gesegneten Region, die man sich aber leisten können muss
,,W
enn ich den See
seh’, brauch’ ich
kein Meer
mehr“, besagt
eine SpontiWeisheit. Das
ist witzig und gilt vor allem in Bayern.
Denn Meer gibt es im Norden, während Süddeutsche zwar kein echtes
Meer haben, dafür riesige Seen und
dazu die Berge, was zusammen eine
Idylle ergibt, um die der Süden zurecht beneidet wird.
Und dann ist auch noch die bayerische Landeshauptstadt nur einen
Steinwurf entfernt. Das ist gefragt,
heißt, hier wird’s teuer: Chiemgau,
Tegernseer Tal oder Starnberg sind
begehrte Luxusadressen. Gerade erst
japste die Facebook-Gemeinde auf,
als jemand sein Traumhaus postete:
„Puristische Architektur“ am Starnberger See; 240 Quadratmeter, 4.590
Euro Miete, kalt, versteht sich.
Mindestens ebenso nobel, sprich teuer,
geht’s am benachbarten Tegernsee
mit höchster Promidichte zu: Philipp
Lahm, Uli Hoeneß, Verleger Dr.
Hubert Burda. Metro-Gründer Otto
Beisheim wurde oft auf dem Elektroradl gesichtet.
Dazu kommt eine halbe Million Touristen jährlich zum Urlauben, Tagen
oder Kuren zum See, weshalb man
sich bemüht, sich als „ganz normale“,
also bezahlbare Urlaubsregion zu prä-
sentieren. „Wo’s schön ist, sind natürlich die Reichen“, sagt Claudia Schuh
von der Pressestelle der Tegernseer Tal
Tourismus GmbH, „in Sylt ist das genauso.“ Doch preist Claudia Schuh die
vielen Möglichkeiten für weniger hohe
Ansprüche an: Pensionen, Urlaub auf
dem Bauernhof, Bed & Breakfast,
Ferienwohnungen, „wir sind eine familienfreundliche Region“, betont sie.
Der schönste Fleck am Tegernsee?
„Mein Arbeitsplatz.“ Wer wie Stephan
Eder das behaupten kann, muss sich
manchmal fast selbst daran erinnern,
in welchem Paradies er lebt und arbeitet. Eder verkörpert etwas, was am Tegernsee weniger vorhanden ist – von
den Bayern-Youngsters vielleicht abgesehen. Die Generation Jung sucht
naturgemäß weniger Landschaft als
turbulentes Nachtleben der Großstadt.
Stephan Eder ist 37 und gehört zu jenen Rückkehrern aus München und
der Welt, in die ihn sein Sport, das Segeln, führte. Eder war Regatta-KaderSegler im 49er, ist aber obendrein
Diplom-Wirtschaftsingenieur und
Bankkaufmann und übernahm 2009
mit einem Freund aus frühen Yachtclub-Tagen das Sailingcenter Tegernsee in Gmund. Der Großonkel von Miteigentümer Florian Hornsteiner,
Lorenz Hornsteiner, erkannte schon
1929 die Chance, Geschäft mit erholungssuchenden Großstädtern zu machen und gründete den ersten Boots-
29
verleih am Tegernsee, damals noch in
Bad Wiessee. Heute gondeln die einen
auf der acht Meter langen Profiyacht,
andere mieten sich ein Drachenboot
oder lernen die Grundzüge des Segelns. Neuester Trend: Stehpaddeln –
SUP (Stand-up-Paddling). Und im
Winter: „Da bin ich Skilehrer“, lacht
Eder, über den anderen nahen Arbeitsplatz. Jetzt, in der wärmeren Jahreszeit, kommt er gern bei schönem
Wetter übern See zum Bootshaus. Und
wenn er all das erzählt, erkennt der gut
gelaunte Sportler: „Nein, besser geht’s
eigentlich nicht.“
Den Reiz von Landschaft und Lage
entdeckten schon im Jahr 746 die Benediktinermönche, die in Tegernsee
ihr Kloster gründeten. Über die Gründung der dazugehörenden Brauerei
gibt es keine klaren Hinweise. Jedenfalls erwarb 1817 der bayerische König Max I. Joseph das säkularisierte
Benediktinerkloster samt Brauerei,
heute „Herzoglich bayerisches Brauhaus“. Noch heute ist die Brauerei im
Besitz der Familie Wittelsbach und
wird von Maria Anna in Bayern geleitet.
Und trotzdem: „Es gibt überall rund
um den See kostenlose Badestellen“,
betont Claudia Schuh von der Tourismus GmbH. Klar, nirgendwo „funkeln so viele Sterne wie hier“, nämlich
Michelin-Sterne, mit drei Ein-SternHäusern und Drei-Sterne-Koch
AUSBLICKE
Journalist Thomas Schneider hat am Starnberger See ein kleines Lokal eingerichtet.
Sehnsuchts-Panorama: Starnberger See mit Blick Richtung Zugspitze.
Christian Jürgens, es dürfe aber auch
gern bodenständig sein, verweist sie
auf Hofläden, kleine, urige Gasthäuser, Biergärten. „Und die schönen Seeund Waldfeste – nicht so SchickiMicki wie das Oktoberfest“, schwärmt
die Touristikerin, „richtig zünftig.“
Wer See- mit Alpenpanorama als Blick
vom Eigenheim aus genießen möchte,
kommt jedoch mit dem HäuslebauerKredit nicht weit. 4.450 Euro pro Quadratmeter muss der Kaufwillige in Tegernsee ausgeben, ist bei immobilienscout24.de zu erfahren. Wer sich
durch die Internet-Angebote blättert,
sieht Traumhäuser, beste Lagen, beeindruckende und Alpenschick-Architektur. Gemeinsam haben sie eines:
Sie sind teuer. Wer so etwas sein Eigen
nennen möchte, sollte einen sehr gediegen siebenstelligen Betrag mitbringen. 1,115 Millionen Euro kostet die
„Durchschnittsimmobilie“ in Tegernsee, sagt die Statistik, die die Pressestelle von immobilienscout.de übermittelt. Der Ort, der dem See den Namen gibt, ist hier mit Abstand der
teuerste im Seenvergleich. Wobei die
Rendite, also Preissteigerung, in den
vergangenen Jahren eher moderat ausfiel, nämlich 19 Prozent von 2009 bis
2014.
Da nimmt sich Grabenstätt am Chiemsee mit einem Durchschnittspreis von
340.000 Euro pro Immobilie und einer
mageren Rendite von 8,6 Prozent in
fünf Jahren nachgerade als Schnäppchen aus. Dennoch gibt es am „Bayerischen Meer“ beliebte, somit teure Regionen. In Chieming zum Beispiel explodierten laut Aufstellung in den
Jahren 2009 bis 2014 die Preise auf
480.000 Euro pro Durchschnittsimmobilie um 55,4 Prozent.
er Zufall führte vor 30
Jahren Iris Stoff mitten in
den knapp 80 Quadratkilometer großen Chiemsee – auf die Fraueninsel,
ihre künftige Heimat, was sie natürlich
nicht ahnen konnte, als sie als Kunststudentin beim Ausflug vom Studienort
Landshut die Fraueninsel erkundete.
Hier wurde schon vor 1200 Jahren das
erste Kloster gegründet, immer noch
leben Benediktinerinnen dort und
dazu rund 200 Fraueninsulaner. Eine
von ihnen ist mittlerweile Iris Stoff, die
damals beim Rundgang mit einem
Mann ins Gespräch kam, der gerade
an einem alten Boot in seinem Bootshaus werkelte. Heute ist das „Bootshaus“ die Adresse ihrer Homepage
(keramikbootshaus.de) und Frauenchiemsee 21 die der Familie WielandStoff. Der am Boot arbeitende Herr war
der Architekt Georg Wieland, das Anwesen das seiner Familie. Erst vor einigen Jahren verlegte das Paar seinen
Wohnsitz ganz auf die Insel. Wieland
hatte lange Zeit in München sein Architekturbüro, Iris Stoff wiederum ar-
D
30
beitete in Bamberg. In Frauenchiemsee bewohnen sie die historische Villa
Stradal. In dem dazugehörigen Bootshaus präsentiert und verkauft Iris Stoff
ihre Keramiken, und im neuen Atelier
hat die gelernte Keramikerin Raum
und Zeit für ihre eigenen Kunstwerke,
die sie auf diversen Ausstellungen
zeigt. Ein Traum, möchte man meinen.
Doch die schöne Medaille hat eine
Kehrseite, zum Beispiel, wenn Einkaufen zur logistischen Herausforderung wird: „Zwängen Sie sich mal mit
Getränkekästen und vollen Einkaufstaschen im Sommer über den vollen
Bootssteg, wo die Touristen der Ausflugsschiffe Schlange stehen“, reißt
einen die Künstlerin jäh aus der Bilderbuchvorstellung vom Inselleben.
Familie Wieland-Stoff muss jeden
Ausflug, jeden Einkauf gut vorbereiten, bevor man sich ins eigene Motorboot setzt, hinüber nach Gstadt fährt,
wo das Auto in der Garage steht. Arrangieren muss man sich obendrein
mit jeglichen Launen der Natur.
Wenn, wie Ende März, ein Sturmtief
wie Niklas über Bayern fegt, sollte der
Kühlschrank voll und der Terminplan
leer sein. „Freiwillig fährt man da
nicht hinüber“, sagt Iris Stoff. Andererseits gibt es Tage, da möchte sie
mit keiner Wohnadresse dieser Welt
tauschen. An schönen Tagen, wenn
die Sonne scheint und die Alpen,
noch schneebedeckt, die Postkarten-
Fotos: Tourismusverband Starnberger Fünf-Seen-Land, TTT GmbH – Wolfgang Ehn, Schmidhuber
AUSBLICKE
idylle perfekt machen, sie am Ufer
einfach einen Stuhl aufstellt und hinausschaut: „Der See, die Berge und
das Licht ergeben eine einzigartige
Mischung“, macht Iris Stoff schließlich doch wieder neidisch. So muss
Bayern aussehen. Trotzdem: „Ein
Freiluftmuseum sind wir nicht“, betont die Keramikerin.
Vom großen Touristentrubel bekommt
sie vor allem mit, wenn von den Ausflugsdampfern die Blasmusik herüberschallt. Ziel der Schiffe ist aber
in den allermeisten Fällen Herrenchiemsee und das Traumschloss von
Märchenkönig Ludwig II.
Ob die Porsche-Dichte in Starnberg
die höchste Deutschlands ist, wie vielfach behauptet, lässt sich nicht nachweisen. Offiziell führt die Region
Starnberg aber die Hitliste der meisten
Cabrio-Zulassungen in der Republik
an, was auch etwas aussagt über Lebenseinstellung und Wohlstand. See
vor der Haustür, Blick auf die Berge,
München nur 30 Kilometer entfernt.
Diese Attribute sind Preistreiber. „Hier
steht selten lange was leer“, hat
Thomas Schneider beobachtet. Er lebt
und arbeitet in Seeshaupt, der Gemeinde an der Südspitze, die im Immobilienscout-Vergleich ganz oben bei der
Rubrik Preisexplosion steht. Das
Durchschnittshaus kostete im Jahr
2014 mit rund 650.000 Euro glatt 59
Prozent mehr als noch fünf Jahre zuvor.
öllig überzogen, urteilt
Schneider (63) über den
Immobilienmarkt. Vor
fünf Jahren hat er sich
dennoch mit seiner Familie, Ehefrau Katja und den beiden
Töchtern (8 und 10 Jahre alt), genau in
diesem Seeshaupt niedergelassen,
wenn auch nur zur Miete. „Aus Zufall“
entdeckten sie einen leeren Laden
hinter der Kirche, direkt an der
Hauptstraße. Die richtige Adresse für
einen Laden mit italienischen Spezialitäten. Und weil der Raum groß genug
war, wurden die Schneiders, beide ge-
Den See im Alltag
im Blick: Iris
Wieland-Stoff lebt
und arbeitet auf
der Fraueninsel.
lernte Journalisten, auch Wirtsleute
(„Sarto e Sarto“).
Ausgangsbasis war nach einem beruflichen Schnitt bei einem Hamburger
Großverlag, den Thomas Schneider,
promovierter Philosoph, leitete, der eigene Hof in der Toskana. Er wurde zum
Rückzugsort. Und weil der umtriebige
Journalist und Autor nicht nur lesen
oder die Landschaft genießen mochte,
war es ihm gerade recht, was der eigene Olivenhain hervorbrachte. Eine
kleine Manufaktur und ein Shop für
toskanische Spezialitäten zog mit, als
es zurückging nach Deutschland, weil
die älteste Tochter eingeschult wurde.
„Sauwohl“ fühlt sich die Familie hier,
sagt Thomas Schneider, der einmal im
Monat mit dem Pick-up nach Italien
fährt, um neue Waren zu holen, und
sich Gedanken über ein touristisches
Konzept für Seeshaupt macht, „das
fehlt hier“, findet er und wird manchmal den Eindruck nicht los, dass „niemand anderes wissen soll, wie schön
es hier ist.“ Unter dem Motto „Mia san
Süd“ will der Kreativmann nun mit anstoßen, dass Rad- und Wanderwege
herausgeputzt und Events veranstaltet
werden, um so auch Touristen in die
Gemeinde zu locken.
Denn See, Berge, satte Wiesen – „das
ist ein Stück heile Welt, das man kaum
noch findet“, weiß der Familienvater,
der als Kriegsreporter von der unheilen Welt, zum Beispiel in Ruanda, genug mitbekommen hat. Zum Idyll hat
Schneider deshalb ein ambivalentes
Verhältnis, weil es „manchmal ein
bisschen zu viel Bullerbü ist“. 왗
V
Eine Landschaft wie im Bilderbuch: Der Tegernsee von oben.
31
LIFESTYLE
Stil an Bord
Urlaub auf der Yacht erfreut sich zunehmender Beliebtheit.
Wer selbst kein Segelboot hat, der chartert. Fehlt der Segelschein,
wird der Skipper gleich mitgechartert. Bei rund 2.500 Euro
beginnen die Preise für ein Segelboot pro Woche, nach oben gibt
es selbstverständlich kaum Grenzen. Kabinenanzahl, Bootslänge
und Baujahr sind entscheidend. Noch besser: Man wird auf einen
Segeltörn eingeladen. Doch was gilt es zu beachten?
Lektüre zur Einstimmung
Yachting – die Welt des
Wassersports, Verlag Delius
Klasing, 29,90 Euro.
Stars an Bord, Verlag Delius
Klasing, 29,90 Euro.
Foto: cool chap – Fotolia.com
Segeln – Viel Spaß,
Peter Butschkow,
Verlag Lappan, 8,95 Euro.
Yachtsegeln, Basiswissen
für Mitsegler, Verlag
Know-how, 7,90 Euro.
LIFESTYLE
P
Es geht noch
eine Nummer größer
almengesäumte Strände, glasklares, türkis schimmerndes
warmes Wasser, Ruhe, Freiheit
– der Segelurlaub gehört zweifellos zu den schönsten Freizeitvergnügen. Kroatien und
Griechenland etwa bieten traumhafte Destinationen – vergleichsweise nahe gelegen und mit
ordentlicher Infrastruktur, natürlich locken
auch die Seychellen, Karibik und Malediven.
Gesegelt und gechartert wird rund um den Globus. Wer unter dem Stichwort „Yachtcharter“
googelt, wird schnell fündig. Das Beste: Ein eigener Segelschein ist gar nicht notwendig – der
Skipper kann gegen ein Aufgeld gleich mitbestellt werden. Vorteil: Er ist erfahren und kennt
das Revier besser – die schönsten Buchten, die
besten Restaurants, die Unwägbarkeiten des
Wetters. Er schippert seine Gäste, wohin sie
wollen, zieht sich dezent zurück, wenn Ruhe
gewünscht ist.
Längst ist Segeln keine Freizeitbeschäftigung
mehr nur für die Reichen und Schönen, die seit
rund 100 Jahren die sportlichen und erholsamen Aufenthalte auf dem Boot zu schätzen oder
sich in Szene zu setzen wissen. Einblicke gewährt das Buch „Stars an Bord“, das wir zur
Einstimmung empfehlen.
Wer von Freunden oder einem Geschäftspartner
zum Segeln eingeladen ist, sollte allerdings ein
paar Grundregeln beachten: Denn es gibt sie, es
gibt sie: Yachtbesitzer, die Wert auf die Farbe
der Kleidung ihrer Gäste legen. Polo und
Badeanzug sollten dann mit den Deckpolstern
harmonieren, sonst stört das das ästhetische
Empfinden. – Solche Feinheiten also vor einem
Törn abklären. In jedem Fall gilt: Den Dresscode bestimmt der Gastgeber. „Heutzutage geht
es da aber meist sehr leger zu“, meint Julia
Ebele, Sprecherin des Luxusyacht-Charters
SeaCloud. Für das Captain’s Dinner empfiehlt
es sich, neben Outdoor- und Badeklamotten
eine schicke Alternative im Gepäck zu haben.
High-Heels allerdings sind ein No-go. Da
herrscht Übereinstimmung. Schuhe müssen
bequem sein und eine weiße, vor allem saubere
Sohle haben. Auch Mops und Co. sollten lieber
zu Hause bleiben. Denn Tiere machen aus Sicht
routinierter Seebären nur Scherereien. Dabei ist
jede Art von Extrawurst verhasst. Die Crew ist
eine Schicksalsgemeinschaft und auf See
herrscht Gruppenzwang. 왗
Nach oben gibt es bei den Charterpreisen kaum eine
Grenze – dafür kann man statt der sportlichen Segelyacht
für zwei Familien gleich ganze Ozean-Legenden samt
Mannschaft chartern.
Eine Reise mit dem SeaDream Yacht Club versteht sich
als elegantes Privat-Yacht-Erlebnis ohne Kleiderordnung.
Privatyachten auf
Zeit bietet auch
sailing-classics.com.
Die Schiffe bieten
Platz für bis zu 26
Übernachtungsgäste.
33
Fotos: Sea Cloud Cruises GmbH, Sailing-Classics, SeaDream Yacht Club
Für knapp
300.000 Euro
gibt es eine
Karibikreise für
90 Personen
auf einem
Windjammer
von SeaCloud.
2
1
4
3
Austausch auf der Theresienhöhe
Bei der „Bayerischen Wirtschaftsnacht“ brachte die vbw zum achten Mal die
Mitglieder der bayerischen Staatsregierung mit den Entscheidern der Wirtschaft zusammen. 450 Gäste trafen sich in der Alten Kongresshalle auf der
Theresienhöhe. „Bayern – Digital für alle“ war das Motto des Empfangs, dem
zahlreiche Politiker aus allen Parteien gefolgt waren. In ungezwungener, aber
festlicher Atmosphäre brachten nicht nur vbw Präsident Alfred Gaffal und
Ministerpräsident Horst Seehofer ihre Meinung zu aktuellen Themen auf den
Tisch. Gaffal warnte etwa davor, lediglich den Ist-Zustand in einer „WellnessDemokratie“ zu verwalten. „Wir leben von der Substanz, es wird zu wenig investiert in Deutschland. Die Unternehmen halten sich zurück – Unsicherheit
und Belastungen sind zu groß.“ Angesichts der Herausforderungen durch Globalisierung, Digitalisierung und demografischen Wandel sowie Individualisierung des Lebens und Arbeitens forderte Gaffal, „das Ruder herumzureißen“
und die Zukunft jetzt mit Mut und Entschlossenheit zu gestalten.
1 Bertram Brossardt, vbw Hauptgeschäftsführer, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer,
Europaabgeordnete Angelika Niebler und Alfred Gaffal, vbw Präsident.
2 Staatsminister Markus Söder, Karl Freller, stv. Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion, und
Peter Issig, Welt am Sonntag.
3 Alfred Gaffal und Kultusminister Ludwig Spaenle.
4 Professor Dr. Birgit Spanner-Ulmer vom Bayerischen Rundfunk und Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner.
5 CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, Marc Sauber vom Bayernkurier und Spediteur Hans
Wormser.
6 Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf.
7 Sozialministerin Emilia Müller und Andreas Konle, CEO der Grob Aircraft AG.
8 Eike Hallitzky, Landesvorsitzender der bayerischen Grünen, und Bertram Brossardt.
9 Dr. Fritz Kempter, vbw Vizepräsident, und Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml.
10 Parlamentarische Staatssekretärin Dorothee Bär und Bundesverkehrsminister Alexander
Dobrindt.
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Fotos: Obermeier
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SZENE
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11 Festliche Tafel in der Alten Kongresshalle auf der Theresienhöhe.
12 Dr. Otmar Bernhard, Landtagsabgeordneter, und Bertram
Brossardt.
13 Ministerpräsident Horst Seehofer.
14 Alfred Gaffal, vbw Präsident.
15 Am Tisch von Ministerpräsident Horst Seehofer unterhielten sich
Präsidiumsmitglieder von vbw und bayme vbm sowie Verlegerin
Simone Tucci-Diekmann (l.).
16 Johannes Hintersberger, Staatssekretär der Finanzen, Landesentwicklung und Heimat, und Gerhard Eck, Staatssekretär des
Innern, für Bau und Verkehr.
17 Alfred Gaffal und Anton Kathrein.
18 Bertram Brossardt mit Walter Vogg, Hauptgeschäftsführer, und
Dr. Günter von Au, Vorsitzender des Vereins der Bayerischen
Chemischen Industrie.
19 Angelique Renkhoff-Mücke und Konrad Steininger, Präsident
des Fachverbands Schreinerhandwerk.
20 Alfred Gaffal und Markus Rinderspacher.
21 Bernd Sibler, Staatssekretär für Wissenschaft und Kunst.
22 Wiesn-Wirt Wiggerl Hagn mit Roswitha und Dr. Otto Wiesheu.
23 Weinkönigin Kristin Langmann, Bertram Brossardt und Arthur
Steinmann, Präsident des Fränkischen Weinbauverbands.
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SZENE
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4
Bilanz der Großen Koalition
3
Ein bisschen Licht, viel Schatten – so beurteilt vbw
Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt die Ergebnisse
nach 500 Tagen Großer Koalition. Bei einem Kongress zog
die vbw kritische Bilanz zur Arbeit der Bundesregierung
in den letzten eineinhalb Jahren und forderte mehr Wirtschafts- und weniger Sozialpolitik. Die Basis für die Beurteilung bildete dabei der Ordnungspolitische Bericht, den
das IW Köln jährlich für die vbw erstellt und der auf der
Veranstaltung vorgestellt wurde.
5
1 Das Publikum.
2 Professor Dr. Michael Hüther, Direktor des IW Köln, Bertram
Brossardt, vbw Hauptgeschäftsführer, Moderatorin Heike Göbel, FAZ,
Dr. Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen,
und Max Straubinger, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSULandesgruppe.
3 Max Straubinger und Bertram Brossardt.
4 Dr. Anton Hofreiter.
5 Professor Dr. Michael Hüther.
6 Dr. Volker Leib und Sigi Hagl.
6
1
Bildung in der Debatte
Im Rahmen der Reihe „Deutschland hat Zukunft“ ging es
im Hotel Le Méridien München um das Thema „Bildung –
mehr als Fachwissen“. Die vbw stellte dabei das neue
Gutachten „Bildung. Mehr als Fachlichkeit“ vor, das der von
der vbw initiierte Aktionsrat Bildung erstellt hat. Im Rahmen
einer Podiumsdiskussion diskutierten Vertreter aus Politik,
Wissenschaft, Bildungspraxis und Wirtschaft zentrale Ergebnisse der Studie und die in ihr formulierten Handlungsempfehlungen.
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5
1 Vortragende und Podiumsteilnehmer: Professor Dr. Rudolf Tippelt (v. l.),
Mitglied Aktionsrat Bildung, Ursula Lay, Präsidentin Arbeitsgemeinschaft
Bayerischer Lehrerverbände, Professor Dr. Dieter Lenzen, Vorsitzender
Aktionsrat Bildung, Alfred Gaffal, vbw Präsident, Michael Töpler,
Vorsitzender Bundeselternrat, Ulrike Plewnia, Moderatorin, FOCUS Magazin,
Christoph Zander, Landesschülersprecher Fachoberschulen/Berufsschulen,
Dr. Christof Prechtl, Leiter und Geschäftsführer Abteilung Bildung, vbw.
2 Blick ins Publikum: Rund 200 Gäste kamen zur Veranstaltung.
3 Dr. Ludwig Spaenle, Mitglied des Präsidiums der Kultusministerkonferenz, Berlin, Bayerischer Staatsminister für Bildung und Kultus, Wissenschaft
und Kunst, München.
4 Übergabe des Gutachtens an Kultusminister Dr. Spaenle. Professor Dr.
Dieter Lenzen, Professor Dr. Rudolf Tippelt, Dr. Ludwig Spaenle, Alfred
Gaffal (v. l.).
5 Alfred Gaffal, vbw Präsident, eröffnete die Veranstaltung.
1
Zukunft der Medien
Bayerns Medienministerin Ilse Aigner,
vbw Hauptgeschäftsführer Bertram
Brossardt und Medienvertreter trafen sich
zum zweiten Spitzengespräch der Medienwirtschaft im Haus der Bayerischen Wirtschaft. Die Teilnehmer diskutierten über
die Frage, wie der Medienstandort Bayern
in einer digitalisierten und globalisierten
Welt fit gehalten werden kann.
1
Besser erben
Auf der Konferenz „Erbschaftsteuer – Vorfahrt für Wachstum
und Arbeitsplätze“ hat die vbw die Bedeutung der Erbschaftsteuer für Familienunternehmen betont. Allein in Bayern stehen jedes Jahr rund 5.000 Unternehmen vor einem Generationenwechsel, von denen über 60.000 Arbeitsplätze abhängen.
2
1 Martin Moszkowicz, Vorstandsvorsitzender der
Constantin Film AG.
2 Bayerns Wirtschafts- und Medienministerin Ilse
Aigner.
3 Conrad Albert, Vorstandsmitglied ProSiebenSat1 Media AG.
4 Medienrunde: Experten tauschten sich mit der
Politikerin aus.
1 Auf dem Podium: Professor Dr. Karl-Georg Loritz, Philipp Graf von
und zu Lerchenfeld, MdB, CSU, Lothar Binding, MdB, SPD, Bertram
Brossardt, vbw Hauptgeschäftsführer, Moderator Martin Greive, Die Welt,
Antje Tillmann, MdB, und Dr. Thomas Gambke, MdB (v. l.).
2 Professor Dr. Karl-Georg Loritz, Ordinarius und Leiter der Forschungsstelle für deutsches und internationales Unternehmenssteuer- und Kapitalanlagerecht, Universität Bayreuth.
3 Thomas Kaeser, Vorstandsvorsitzender, Kaeser Kompressoren AG.
4 Antje Tillmann, MdB, Vorstand und finanzpolitische Sprecherin der
CDU/CSU Bundestagsfraktion.
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„Von TTIP profitieren alle“
Auf einer Veranstaltung zur Transatlantischen Handels- und
Investitionspartnerschaft hat Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der vbw, auf die engen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen dem Freistaat und den USA hingewiesen und
eine Versachlichung der Diskussion um TTIP gefordert. Die
USA seien, so Brossardt, der wichtigste Handelspartner des
Freistaats und der wichtigste ausländische Investor in Bayern.
Ein erleichterter Warenaustausch gebe Wachstumsimpulse
für die Wirtschaft und: „Mehr Handel schafft mehr Arbeitsplätze. Von TTIP profitieren alle.“ Die vbw sieht die TTIPVerhandlungen auf einem guten Weg. Ein Knackpunkt ist laut
Brossardt aber der Erhalt geografischer Herkunftsangaben.
„Die Regionalität ist ein entscheidendes Kaufkriterium für
deutsche Produkte. Daran hängen nicht nur Unternehmen
und Arbeitsplätze, es geht auch um regionale Identität und
Kulturgut.“
1 Lutz Güllner, Europäische Kommission, Gabriel Felbermayr (LMU) und
Moderator Marcus Bornheim, Bayerisches Fernsehen.
2 Viele Fakten, sachlicher Austausch.
3 Michael Koller, Präsident, MMM Münchener Medizin Mechanik GmbH.
4 Bertram Brossardt.
5 Die Gäste stellten Fragen und diskutierten mit: Isabella Timm-Guri,
Bayerischer Bauernverband.
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3
4
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LETZTE SEITE
Eine Frage noch ...
... HERR WECHSLER, treibt der letzte Tarifabschluss mit der Bayerischen Metall- und
Elektroindustrie die Unternehmen nicht in die Tarifflucht?
gefährden, ist in jeder Hinsicht ein
Spiel mit dem Feuer. Die meisten
Unternehmen der bayerischen Metallund Elektroindustrie wissen das sehr
gut, vermutlich deshalb hat es bislang
seit dem Abschluss im Februar keinen
entsprechenden Versuch gegeben.
In der Vergangenheit war dies biswei-
len anders. In der Regel merkten die
betreffenden Unternehmen aber
schnell, dass sie sich auf dünnes Eis
begaben und kehrten auf den festen
Boden der Tarifbindung zurück.
In diesem Zusammenhang ist die
IG Metall übrigens vernünftigen Argumenten wie immer zugänglich: Wo
38
im Einzelfall plausible wirtschaftliche
Gründe für Abweichungen vom Manteltarif vorliegen, lassen sich maßgeschneiderte Anpassungen in Ergänzungstarifverträgen vereinbaren. Kein
Unternehmen wird durch die Tarifbindung in wirtschaftliche Not getrieben!
Über diese Aspekte hinaus hat die
leider branchenübergreifend nach wie
vor zunehmende Tarifflucht auch gesellschaftlich bedenkliche Folgen.
Eine Studie der Bertelsmann
Stiftung in Zusammenarbeit
mit dem ifo-Institut – beide
nicht eben gewerkschaftsnah – warnte im März
2015 vor wachsender
Lohnungleichheit in
Deutschland und nannte Tarifflucht als Hauptursache für das daraus
resultierende „race to
the bottom“.
Die IG Metall wird gemeinsam mit den Beschäftigten weiter dafür sorgen,
dass dieses riskante Rennen
nicht in ihrem Wirkungsbereich stattfindet. Unser gemeinsames Ziel sollte vielmehr sein, die
Tarifbindungsquote wieder für alle
Beschäftigten über 90 Prozent zu
steigern. Das wäre ein Beitrag zur
Tarifautonomie und -einheit und
würde gesetzliche Mindestlöhne
überflüssig machen.
Jürgen Wechsler ist seit 2010
Bezirksleiter der IG Metall
Bayern. 왗
“
Foto: IG Metall
„D
er Tarifabschluss 2015
für die Metall- und
Elektroindustrie taugt
ganz gewiss nicht als
Vorwand für Unternehmen, sich aus
der Tarifbindung zu stehlen oder womöglich gleich komplett aus dem Arbeitgeberverband zu verabschieden.
Mag er auch bei den Arbeitgebern
nicht auf ungeteilte Begeisterung
stoßen, sind seine Eckpunkte – 3,4
Prozent mehr Entgelt, Regelung
der Altersteilzeit und Anspruch
auf Weiterbildung – für beide
Seiten angemessen.
Es ist kein Zufall, dass dieser Abschluss in der Öffentlichkeit wie bei der
Politik und nicht zuletzt
bei vielen Ökonomen
breite Zustimmung hervorgerufen hat. Zeit- und
kostenträchtige Arbeitskampfmaßnahmen zulasten der Unternehmen wurden vermieden, der Frieden
in den Betrieben und zwischen
den Tarifparteien ebenso gesichert wie die Motivation der Beschäftigten. Letztere erhalten real
mehr Kaufkraft, ein positiver Impuls
für das ganze Wirtschaftssystem.
Tarifbindung bedeutet weitaus mehr
als Entgelterhöhungen. Sie sichert
eine stabile Sozialpartnerschaft, die
wiederum Voraussetzung für Produktivität, Innovationskraft und damit letztlich für Wettbewerbsfähigkeit ist. Solche Vorteile ohne äußerst schwerwiegenden Anlass durch Tarifflucht zu
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