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Position
Mutterschutz nicht überregulieren
Stand: August 2016
www.vbw-bayern.de
Position – Mutterschutz nicht überregulieren
vbw – August 2016
Vorwort
Vorwort
Neue Bürokratie im Mutterschutzrecht verhindern
Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine Neuregelung des Mutterschutzrechts geeinigt um umfassenden Schutz, mehr Transparenz und weniger
Bürokratie zu erreichen.
Der vom Bundesfamilienministerium Anfang des Jahres 2016 vorgelegte Gesetzentwurf enthält jedoch unverhältnismäßige Vorgaben, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber
mit erheblicher Rechtsunsicherheit belasten. Er geht weit über die europäische Mutterschutzrichtlinie hinaus und verhindert sinnvolle Lösungen für den Arbeitsschutz werdender Mütter und stillender Frauen. Darüber hinaus bedeutet der Entwurf einen erheblichen Zuwachs an Bürokratie für die Unternehmen.
Ein wirksamer Mutterschutz ist ein wichtiges Anliegen. Entgegen den Ankündigungen
im Koalitionsvertrag führt der Gesetzentwurf aber zu weniger Transparenz und mehr
Bürokratie. Er leistet keinen Beitrag dazu, Frauen in Beschäftigung zu halten und verschärft damit zugleich den Fachkräftemangel.
Bertram Brossardt
05. August 2016
Position – Mutterschutz nicht überregulieren
vbw – August 2016
Inhalt
Inhalt
1
Vorhaben für eine Neuregelung ................................................................. 1
1.1
Koalitionsvertrag ........................................................................................... 1
1.2
Verfahrensstand ........................................................................................... 1
2
Position der vbw ......................................................................................... 3
2.1
2.1.1
2.1.2
2.1.3
2.1.4
Ausweitung der Gefährdungsbeurteilung nach §§ 9 ff. MuSchG-RefE .......... 3
Überschreitung EU-rechtlicher Vorgaben ...................................................... 3
Systembruch ................................................................................................. 4
Bürokratieaufbau .......................................................................................... 4
Fehlgesetzte Sanktion „pauschales Beschäftigungsverbot“ .......................... 4
2.2
Ausweitung der Beschäftigungsverbote auf getaktete Arbeit ......................... 4
2.3
Ausweitung des Anwendungsbereichs .......................................................... 5
2.4
Ausweitung des Kündigungsverbots ............................................................. 5
Ansprechpartner / Impressum ....................................................................................... 7
Position – Mutterschutz nicht überregulieren
vbw – August 2016
1
Vorhaben für eine Neuregelung
1
Vorhaben für eine Neuregelung
Vereinbarung zur Überarbeitung des Mutterschutzrechts im Koalitionsvertrag
1.1
Koalitionsvertrag
Im Koalitionsvertrag von Union und SPD wurde vereinbart, dass eine Reform des Mutterschutzgesetzes erarbeitet wird. Die Ziele sollten umfassender Schutz, mehr Transparenz und weniger Bürokratie sein. Dazu beabsichtigt man, die mutterschutzrechtlichen Regelungen an den neuesten Stand der Erkenntnisse über Gefährdungen für
Schwangere und stillende Mütter am Arbeitsplatz anzupassen.
1.2
Verfahrensstand
Im Januar 2016 hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts veröffentlicht.
Am 04. Mai 2016 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Neuregelung des
Mutterschutzrechts beschlossen, wobei einige Verschärfungen des ursprünglichen
Entwurfs wieder entfallen sind. Nichtsdestotrotz besteht bei zahlreichen Regelungen
Nachbesserungsbedarf.
Position – Mutterschutz nicht überregulieren
vbw – August 2016
2
Position der vbw
3
Position der vbw
Erhebliche Rechtsunsicherheit und Bürokratie
Der Gesetzentwurf zur Neuregelung des Mutterschutzrechts enthält unverhältnismäßige Vorgaben, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit erheblicher Rechtsunsicherheit
belasten. Er geht weit über die europäische Mutterschutzrichtlinie hinaus und verhindert sinnvolle Lösungen für den Arbeitsschutz werdender Mütter und stillender Frauen.
Darüber hinaus bedeutet der Entwurf einen erheblichen Zuwachs an Bürokratie für die
Unternehmen.
Ein wirksamer Mutterschutz ist ein wichtiges Anliegen. Entgegen den Ankündigungen
im Koalitionsvertrag führt der Gesetzentwurf aber zu weniger Transparenz und mehr
Bürokratie. Er leistet keinen Beitrag dazu, Frauen in Beschäftigung zu halten und verschärft damit zugleich den Fachkräftemangel. Die bestehenden Regelungen zum
Schutze von werdenden oder stillenden Müttern am Arbeitsplatz sind ausreichend.
2.1
Ausweitung der Gefährdungsbeurteilung nach §§ 9 ff. MuSchG-RefE
Bei der Einrichtung eines Arbeitsplatzes soll der Arbeitgeber verpflichtet werden, für
jede Tätigkeit eine Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich einer Gefährdung für Schwangere und Stillende vorzunehmen. Die generelle Beurteilung der Arbeitsbedingungen im
Hinblick auf schwangerschaftsrelevante Gefährdungen hat nach der avisierten Neuregelung im Referentenentwurf grundsätzlich auch dann zu erfolgen, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Prüfung keine weiblichen Beschäftigten hat (vgl. § 9 Abs.1 Nr.1
MuSchG-RefE). Ferner soll die (Weiter-)Beschäftigung einer schwangeren oder stillenden Frau davon abhängen, dass der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen hat.
Die geplante Neuregelung ist als unverhältnismäßig abzulehnen.
2.1.1
Überschreitung EU-rechtlicher Vorgaben
Die Ausweitung der Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf spezifische Gefährdungen
für werdende, jüngst entbundene und stillende Mütter auf alle Arbeitsplätze – unabhängig davon, ob im Betrieb überhaupt ein Anlass gegeben ist – geht insbesondere
über die europarechtlichen Vorgaben der MutterschutzRiLi hinaus. Dort ist nur eine
konkrete (anlassbezogene) Gefährdungsbeurteilung vorgesehen, abhängig vom Gefährdungspotential der jeweiligen Tätigkeit und unter der Voraussetzung, dass im Betrieb überhaupt Frauen beschäftigt werden.
4
2.1.2
Position der vbw
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Systembruch
Die Pflicht zur Ermittlung und Beurteilung hypothetischer, schwangerschaftsspezifischer Gefährdungsfaktoren widerspricht auch dem Wesen der Gefährdungsbeurteilung. Sinn und Zweck der Gefährdungsbeurteilung ist es, tätigkeitsbezogene objektive
Gefährdungen zu ermitteln. Nach der Gesetzesbegründung müssen zudem auch individuelle Eigenschaften und Bedürfnisse einer schwangeren oder stillenden Frau im
Rahmen einer konkretisierenden Beurteilung Berücksichtigung finden. Dies würde einen Paradigmenwechsel in der Systematik des betrieblichen Arbeitsschutzes bedeuten, weil sich der Fokus von der zu betrachtenden Tätigkeit auf die zur Ausführung
bestellte Person verlagert.
2.1.3
Bürokratieaufbau
Die Regelung würde zudem einen deutlichen bürokratischen Mehraufwand bedeuten.
Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil § 13 MuSchG-RefE dem Arbeitgeber weitergehende Dokumentations-und Informationspflichten abverlangt. Nach bislang geltendem
Recht ist eine formlose Unterrichtung der Beschäftigten über die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung und der daraus resultierenden Maßnahmen ausreichend (vgl. § 2
S. 2 MuSchArbV). Darüber hinaus dürfen dem Arbeitgeber keine weitergehenden
Pflichten auferlegt werden.
2.1.4
Fehlgesetzte Sanktion „pauschales Beschäftigungsverbot“
Abzulehnen ist weiter das Ansinnen des Gesetzgebers, die Nichtdurchführung der Gefährdungsbeurteilung nach § 9 Abs.3 MuSchG-RefE pauschal mit einem Beschäftigungsverbot zu sanktionieren. Maßgebend für ein solches Beschäftigungsverbot als
„ultima ratio“ ist nicht die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung an sich, sondern
nachweisbare Gefährdungen für Sicherheit oder Gesundheit von Mutter oder Kind (vgl.
§ 4 Abs.1 MuSchArbV). Mit der vorgeschlagenen Regelung stellt der Gesetzgeber die
Unternehmen unter den Generalverdacht, die arbeitsschutzrechtlichen Pflichten nicht
einzuhalten. Eine Durchsetzung dieser Regelung auf breiter Basis hätte außerdem zur
Folge, dass die Aufwendungen für das Umlageverfahren U2 (Mutterschaftsaufwendungen) ansteigen würden.
2.2
Ausweitung der Beschäftigungsverbote auf getaktete Arbeit
Der Entwurf erweitert den Katalog unzulässiger Arbeiten für Schwangere und Stillende
auf getaktete Arbeit mit vorgeschriebenem Zeittempo. Insbesondere im Produktionsbereich kann diese Ausweitung zu einem faktischen Beschäftigungsverbot aller Schwangeren und Stillenden führen.
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2.3
Position der vbw
5
Ausweitung des Anwendungsbereichs
Der Entwurf knüpft nicht mehr an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses an, sondern
stellt auf das Beschäftigungsverhältnis ab, was Rechtsunsicherheit mit sich führt. Auch
arbeitnehmerähnliche Personen sollen in den Anwendungsbereich des Gesetzes
fallen, z. B. Heimarbeiter, Handelsvertreter und ggf. auch Freie Mitarbeiter. Diese
zeichnen sich nach deutschem Recht dadurch aus, dass sie von ihrem Auftraggeber
wirtschaftlich abhängig sind; bei ihnen fehlt es aber gerade an der für Arbeitnehmer
typischen persönlichen Abhängigkeit. Die generelle Aufnahme arbeitnehmerähnlicher
Personen ist nicht praktikabel. Dem Arbeitgeber ist es nicht möglich, die Einhaltung
mutterschutzrechtlicher Vorschriften bei arbeitnehmerähnlichen Personen zu kontrollieren und zu gewährleisten: Es ist beispielsweise gerade das Recht der Betroffenen,
über die Lage der eigenen Arbeitszeit und die Bestimmung des Arbeitsortes frei zu
entscheiden.
2.4
Ausweitung des Kündigungsverbots
Das Kündigungsverbot soll nach dem Entwurf erheblich ausgeweitet werden. Insbesondere sollen die Kündigungsfristen entsprechend für Vorbereitungsmaßnahmen gelten, die der Arbeitgeber im Hinblick auf eine Kündigung trifft. Es ist völlig unklar, was
unter den Begriff der Vorbereitungsmaßnahmen fallen soll.
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Ansprechpartner / Impressum
Ansprechpartner
Karolina Bihler
Grundsatzabteilung Recht
Telefon 089-551 78-236
Telefax 089-551 78-233
[email protected]
Impressum
Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl
auf die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren
Lesbarkeit wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher
Form verzichtet.
Herausgeber:
vbw
Vereinigung der Bayerischen
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80333 München
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