Lieber Bern- hard Pulver

r
hle
Die Rothenbü
Kolumne
Lieber Bernhard Pulver
Zum Glück haben Sie als Berner Erzie­
hungsdirektor das von den Erziehungs­
bürokraten des Lehrplans 21 ausge­
dachte Bewertungsschema der «perso­
nalen und sozialen Kompetenzen» der
Schüler wieder schubladisiert. Aller­
dings erst nach energischem Protest
von Praktikern, die es absurd finden,
Schüler auf einer Skala von 1 bis 10 im
Charakter zu «vermessen» und Quali­
täten wie Selbstreflexion, Eigenständigkeit, Dialog- und Konfliktfähigkeit,
Pünktlichkeit, Ordnungssinn und Um­
gangsformen zu beurteilen sowie den
«Umgang mit Vielfalt» einzuschätzen.
Vielfalt in der Kunst, in Fauna und Flo­
ra? Oder war das etwa migrationspoli­
tisch gemeint? Heikel, heikel. Da waren
wieder mal neunmalkluge Gutmen­
Bernhard Pulver, 50,
ist Regierungsrat
des Kantons Bern
und Mitglied der
Grünen Partei.
schen am Werk. Bedenklich auch, dass
diese Charakterbewertung offenbar
von der Wirtschaft gewünscht wird,
wo ja diverse Human-Resources-Direk­
toren längst die Mode der Personal­-
«Da waren
neunmalkluge
Gutmenschen
am Werk»
PETER ROTHENBÜHLER
be­
wertungsblätter eingeführt haben,
die jeden Chef verpflichten, Mitarbeiter
nach pseudopsychologischen Kriterien
zu katalogisieren, fast so wie einst die
Bundespolizei unbedarfte Polizisten
Fotos HO, Keystone, RDB
Rose
er
Wendy Holden
Ihr Vorname ist zwischen den Slalomstangen Programm: Kaum
eine ist so wendig wie die Skirennfahrerin aus Oberiberg SZ.
Erst 22 Jahre alt und schon seit fünf Jahren im Weltcup dabei,
hat die fröhliche Innerschweizerin nun die oberste Stufe des Siegerpodests erreicht: Beim City-Event in Stockholm gewann sie
erstmals auf höchstem Niveau. Und beglückte dabei auch eine
Teamkollegin: Bei dem Parallelrennen schaltete sie gleich zum
Auftakt Lara Guts Weltcup-Rivalin Lindsey Vonn aus. Wir teilen
uns auf: Die Rose von uns, die Vase aus dem Tessin. Okay, Lara?
aussandte, unbescholtene Bürger auf
der Skala Mitte bis linksextrem zu taxie­
ren. Nein, so geht es nicht. Die Schule
soll den Schülern Lesen, Schreiben und
Rechnen beibringen, die Leistung för­
dern und diese auch abfragen und beno­
ten. Nicht mal ein Psychiater ist in der
Lage, den Charakter seiner Kunden zu
«vermessen».
Geschweige denn all die guten Lehrer,
die in meiner Erinnerung zu zwei Drit­
teln charakterlich auf der Skala von 1 bis
10 knapp auf eine 6 kamen, aber den
Lehrstoff einfach saugut rüberbrachten.
Ganz ohne Schema.
Mit freundlichen Grüssen
Peter Rothenbühler
Kaktus
at
Christian Levr
Sollte das witzig sein? SP-Präsident Christian Levrat nannte
Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann vergangene
Woche «Schneider-en-panne». Dieser schaue untätig zu, wie
man in der Schweiz Arbeitsplätze abbaue. Wieso so respektlos,
Herr Levrat? Bieten Sie besser Ihre Hilfe an, schliesslich sind Sie
hochkompetent. Ihnen läuft die Arbeiterschaft ja auch seit Jahren
davon. Wobei, da fällt uns gerade ein: Sie tun ja auch nichts da­
gegen. Müde schwenken Sie die rote Rose der Sozialdemokratie,
aber das reicht nicht. Deshalb schwenken wir mit unserem Kaktus!
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 11