Vermieten macht reich „Das Ziel: Einhorn werden“ Exotische Annas

42 FINANZEN
W E LT A M S O N N TA G N R . 2 6
2 8 . J U N I 2 015
RUHIGER SCHLAFEN, MEHR KASSIEREN
Bandbreiten der jährlichen Gesamtrenditen,
Angaben in Prozent
Min
Mittelwert
Gesamtrendite Wohnimmobilien vs. Dax,
Angaben in Prozent
Gesamtrendite Wohnimmobilien A-Städte
Max
Mietrenditen vs. Anleiherenditen,
Angaben in Prozent
Mietrendite von Wohnimmobilien in A-Städten
Rendite 10-jähriger Bundesanleihen
DAX Wertentwicklung im jeweiligen Jahr
50
2014
40
A-Städte
30
B-Städte
10
ø 127 Städte
0%
-10
Rex
-20
1992
Dax
2014
MSCI World
1999
-40
-20
0%
20
40
0
1
2
3
4
5%
QUELLEN: RIWIS, DEUTSCHE BUNDESBANK, MSCI, RIWIS, EZB
20
WOHNIMMOBILIEN SCHLAGEN AKTIEN
Vermieten macht reich
me aus jährlichen Mieteinnahmen und Wertsteigerungen.
Zwischen 1992 und 2014 kamen Investoren damit auf eine
mittlere jährliche Rendite von 8,1 Prozent. Das ist deutlich
mehr, als sich mit Anlagen in festverzinslichen Anleihen
erzielen ließ, denn der Rentenindex Rex brachte es im
selben Zeitraum auf eine durchschnittliche Steigerung von
6,3 Prozent. Überraschenderweise schnitten Wohnimmobilien aber auch besser ab als internationale Aktien – der
MSCI World Index kam auf eine Rendite von 6,9 Prozent
pro Jahr. Nur der Deutsche Aktienindex (Dax) war mit
rund zehn Prozent jährlicher Steigerung noch besser.
Noch wichtiger dabei: Die Schwankungen fielen bei
Wohnimmobilien weit geringer aus als bei Aktien. Bei den
Dividendenpapieren gab es Jahre mit einem Minus von 40
Prozent und andere mit einem ebenso großen Plus. Wohnimmobilien lagen mit maximal 0,6 Prozent im Minus, der
größte Zuwachs betrug 18,7 Prozent.
Das Problem an der Betrachtung: Die Zahlen für die
vergangenen 23 Jahre sagen nichts über die Zukunft aus.
Umso mehr, als sich seit Längerem private und institutionelle Investoren um Wohnimmobilien reißen und die Preise in die Höhe treiben. Der Hauptgrund für diesen Run ist,
DURCH DIE BANK INFORMIERT
FTSE Athex Banks Index
650
600
550
500
22. Juni
26. Juni 2015
QUELLE: BLOOMBERG
WAS MACHEN DIE GESCHÄFTE, HERR WOLF?
„Das Ziel: Einhorn werden“
Im Schuldenstreit zwischen Griechenland und den Geldgebern konnte man diese Woche schon mal den Überblick
verlieren. Da ist es doch gut, dass es mit dem griechischen
Bankenindex FTSE Athex Banks Index quasi einen unbestechlichen Indikator gibt, der den Gang der Dinge emotionslos abbildet und für jeden auf einen Blick die jeweils aktuelle
Lage aufzeigt. Schon in dieser Woche ließ sich am Auf und Ab
der Kurse der Stand der Verhandlungen erkennen. Der Index
taugt so gut als Krisen-Barometer, weil der Finanzsektor am
empfindlichsten auf die Marktentwicklungen reagiert.
T
homas Wolf ist ein Kosmopolit – und damit viel
unterwegs in der Welt: Er dirigiert die Geschäfte
der in Stuttgart beheimateten RIB Software von
Singapur aus und ist mit einer Schottin verheiratet. Spätestens 2025, so hofft er, wird er wieder nach Europa zurückkehren. Mit ihrer fünfdimensionalen
iTWO 5-D-Software entwirft die im TecDax notierte RIB
Gebäude nicht nur auf einer virtuellen dreidimensionalen
Baustelle. Alle Beteiligten wie Baufirmen, Architekten, Zulieferer oder
Investoren sind über alle Phasen des
3
3
Projekts hinweg gleichzeitig mitKAUFEN
HALTEN
einander vernetzt.
SCHEIN-WELT
Exotische Annas aus Indien
250
tausch genutzt werden. Da jedoch im Verlauf des Ersten Weltkrieges der Silberpreis gestiegen war, entschied man sich,
stattdessen einen Schein über 2,5 Rupien
in Umlauf zu bringen, der die Transaktionen vereinfachen sollte. Das war möglich,
da Wechselkurse damals über längere Zeit
stabil blieben. Auf der Rückseite des
Scheines wird zusätzlich klar, was der
Schein ersetzen sollte. Denn dort steht
sein Nennwert ausgeschrieben als „zweieinhalb Silbermünzen“. Allerdings nicht
auf Englisch, sondern in acht Sprachen,
die im damaligen Kolonialgebiet gesprochen wurden, darunter Urdu.
Interessanterweise ist Hindi nicht darin
enthalten. Allerdings sind Urdu und Hindi
zwei fast identische Varianten der gleichen Sprache. Urdu, das mit arabischen
Schriftzeichen geschrieben wird, galt damals jedoch noch als die Standard-Varietät. Erst mit der Unabhängigkeit und der
Trennung Indiens von Pakistan änderte
Frank Stocker
sich dies.
Wenn das Geschäft hierzulande brummt, warum befinden sich dann drei Viertel Ihrer Büros außerhalb
Deutschlands?
In Deutschland werden 2015 nur vier Prozent der Weltbauleistung erbracht.
Wie stark hängt Ihr Geschäft an der Konjunktur?
RIB ist Weltmarktführer in neuen fünfdimensionalen Technologien für das Bauwesen. Wir sind sparsame Schwaben und
exportieren unsere Technologie rund um den Globus. Unser
Wachstum generieren wir aus dem technologischen Wandel
und dem Wachstum der weltweit zwei Milliarden kaufkräftigen Konsumenten, die sich in den nächsten Jahren auf vier
Milliarden verdoppeln werden. Das benötigt mehr Infrastruktur, Energie und vor allem größere Städte. Bis 2025 sehe ich
daher unsere Entwicklung positiv.
ANDREAS DALFERTH
D
Eine Rupie und acht Annas entsprachen vor knapp 100 Jahren also genau
zweieinhalb Rupien. Doch warum druckten die britischen Kolonialbehörden einen Schein mit einem derart seltsamen
Wert? Zuvor hatte es nur Rupien-Scheine
mit runden Werten gegeben, und auch
später war dies wieder so.
Der Grund liegt in der wirtschaftlichen
Bedeutung des Kolonialgebietes, zu dem
damals auch die heutigen Staaten Pakistan, Bangladesh und Birma gehörten.
Rund 15 Prozent des Welthandels gingen
über die Häfen von Kalkutta, Bombay
oder anderen Städten, Partner waren
Großbritannien, aber auch die USA. Der
Wert der Rupie war dabei mit 15 zu eins
gegenüber dem Pfund Sterling festgelegt,
der Umtausch in diese Währung konnte
also leicht mit Scheinen zu fünf und zehn
Rupien erfolgen. Im Vergleich zum USDollar entsprachen jedoch 2,5 Rupien einem Dollar. Hier mussten daher stets
auch Anna-Silber-Münzen für den Um-
Beim Gewinn streben wir mittelfristig weiterhin 30 Prozent
Umsatzrendite an.
Aktuell liegt der Börsenwert von RIB noch bei rund 650
Millionen Dollar ...
Unsere Aktie wurde 2010 für rund einen Euro im Freiverkehr
in Hamburg gehandelt, heute stehen wir über 13 Euro. Ein
Unicorn werden wir mit 20 Euro. Der schwierigste Teil liegt
also hinter uns. Nun müssen wir weiterhin
80 Prozent mehr iTWO-Großaufträge pro
Jahr abschließen – genau wie in den ver–
gangenen vier Jahren. Dann können wir das
VERKAUFEN
Ziel nicht verfehlen.
ANALYSTENSCHÄTZUNGEN
WELT AM SONNTAG: Herr Wolf,
RIB
TecDax
steht die deutsche Baubranche
150
noch auf solidem Fundament oder
befinden wir uns schon in einer
50
Blase?
0
THOMAS WOLF: Die niedrigen
Juni 2012
Zinsen und die hohen Aktienkurse
fördern die privaten Bauinvestitionen.
Der Umbau der deutschen Industrie
in Richtung Industrie 4.0 und die Auswirkungen auf den
Städtebau und die Infrastruktur werden die Bauwirtschaft
stark stimulieren. Profitieren werden davon vor allem die
Aktionäre der regionalen Bauunternehmen und Baustoffproduzenten.
Rupien-Note:
Was nicht passte,
wurde passend
gemacht
as aufstrebende Indien wird für
den Weltmarkt zunehmend wichtiger. Dabei war das Land vor 100
Jahren schon mal ein „big player“ im globalen Handel. Und damit erklärt sich
auch, warum die britische Kolonialverwaltung im Januar 1918 die wohl seltsamste Rupien-Banknote in Umlauf
brachte, die es je gab.
Das Besondere an diesem Schein ist
sein Wert: Der beträgt zwei Rupien und
acht Annas. Doch mit den Banknoten
wurden nicht etwa Frauen gehandelt –
Anna ist hier kein weiblicher Vorname,
sondern die Bezeichnung für eine Untereinheit der Rupie. 16 Annas entsprachen dabei einer Rupie, ein Anna wiederum war in vier Paise unterteilt. Diese Unterteilung der Währung galt auch
nach der Unabhängigkeit Indiens noch
bis 1957, dann wurde auf das Dezimalsystem umgestellt. Eine Rupie entspricht heute 100 Paise, Annas sind
verschwunden.
dass sich mit Zinsanlagen kein Geld mehr verdienen lässt.
Die durchschnittliche Mietrendite ist inzwischen rund drei
Prozentpunkte höher als der Zins für zehnjährige Bundesanleihen. Daher sind viele Investoren auch bereit, immer
höhere Preise für Immobilien zu zahlen. Denn selbst wenn
die Mietrendite dadurch sinkt, so ist sie immer noch höher
als am Anleihenmarkt. Eine mögliche Zinswende allerdings
könnte die Ausgangslage deutlich verändern. Wohnimmobilien wären dann vielen zu teuer, die ausbleibende Nachfrage könnte einen Preisverfall auslösen. Viele, die Wohnfhs
raum zur Eigennutzung suchen, würde es freuen.
Wie schlägt sich das in Ihren Gewinn- und Umsatzzielen
nieder?
Spätestens im Jahr 2025 wollen wir in der ersten Liga spielen.
Unser kurzfristiges Ziel ist es, ein sogenanntes Unicorn- (zu
Deutsch: Einhorn, Anm. d. Red.) -Unternehmen zu werden.
Das sind Technologieunternehmen mit einer Marktkapitalisierung von mindestens einer Milliarde US-Dollar. Im Umsatz wollen wir 2016/17 die 100-Millionen-Euro-Grenze überspringen gegenüber 70 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
QUELLE: BLOOMBERG
E
ine Wohnung kaufen, um sie zu vermieten –
lohnt das? Vor dieser Frage stehen derzeit viele,
die für ihre Ersparnisse auf dem Tagesgeldkonto
praktisch keine Zinsen mehr bekommen. Aber
auch Profi-Anleger stellen entsprechende Überlegungen an. Grund genug für den Immobilieninvestor
Wertgrund, zu berechnen, wie sich verschiedene Anlageformen seit der Wiedervereinigung in Deutschland entwickelt
haben und wie dabei Wohnimmobilien abschnitten.
Dazu wurden die Gesamtrenditen vermieteter Wohnungen in 127 deutschen Städten berücksichtigt, also die Sum-
Juni 2015
Ist das realistisch?
Im vergangenen Jahr haben wir 14 Großaufträge abgeschlossen. Unser Ziel für das
laufende Jahr sind 25 Großaufträge. Bisher
haben wir zehn gemeldet und sind sehr
zuversichtlich, in diesem Jahr wieder eine
Steigerung um 80 Prozent gegenüber 2014 zu
erreichen.
Welche Auslandsmärkte außer Asien stehen bei Ihnen
im Fokus? Wollen Sie weitere Länder erschließen?
Die USA sind einer unserer wichtigsten Zukunftsmärkte.
Dazu haben wir sehr gute Aktivitäten im Mittleren Osten.
China entwickelt sich derzeit dynamisch und Indien wird
sicher auch sehr interessant. Auch in Australien und Südostasien gibt es viel positive Bewegung. Nach den nordischen
Ländern in 2014 und unserer Investition in Kopenhagen
möchten wir jetzt den spanischsprachigen Markt in Europa
und in Lateinamerika angehen.
Hat sich aus den vier möglichen Übernahmezielen mittlerweile ein Kandidat herauskristallisiert?
Derzeit interessieren wir uns für Unternehmen aus der
westlichen EU inklusive Deutschland. Hier können wir hoch
qualifizierte Mitarbeiter mit der richtigen Einstellung gewinnen. Zudem sind die Bewertungen nur etwa halb so hoch
wie bei vergleichbaren amerikanischen und chinesischen
Unternehmen.
Der Softwarekonzern SAP hält knapp fünf Prozent der
Aktien. Können Sie sich eine Übernahme durch die Walldorfer vorstellen?
Die RIB AG hat erstklassige Aktionäre und besitzt die weltweit führende iTWO-Technologie. Wir internationalen
Schwaben verfolgen das Ziel, die Bauwirtschaft von einer
traditionellen zu einer führenden Industrie wie die Automobilindustrie zu entwickeln. Dazu wollen wir mit unserer
Software die Städte und Infrastruktur für das 21. Jahrhundert für unsere Kinder und Enkelkinder entwickeln. Jeder
Aktionär, der dieses Ziel unterstützt, ist uns natürlich willkommen.
Das Gespräch führte Christian Euler