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Arbeit & Soziales
Dieser Artikel ist in der Ausgabe erschienen: Nr. 45/15 | 27.11.2015
Vorhaben – Ministerrat beschließt Neuordnung der Strafen bei Nichtbeachtung der Normen zur
Verhinderung der Geldwäsche
Geld statt Gefängnis
Wer zur Beachtung der Bestimmungen über die Geldwäsche verpflichtet ist, aber die vorgesehenen
Registrierungen und Meldungen unterlässt, muss in Zukunft nicht mehr bis zu einem Jahr ins Gefängnis,
wird dafür aber mit Geldbußen von bis zu 30.000 Euro belegt.
Rom/Bozen – Bereits mit dem gesetzesvertretenden Dekret Nr. 56 vom 20. Februar 2004 hat die italienische Regierung
Maßnahmen zum Schutze ihres Finanzwesens vor illegalen Geldgeschäften erlassen. Zwei Jahre später wurden die
Normen erstmals abgeändert, und die derzeit geltenden Bestimmungen sind im gesetzesvertretenden Dekret Nr.
231/2007 enthalten. Jetzt hat die Regierung Renzi das Thema mit einem am 13. November 2015 verabschiedeten
Änderungsentwurf erneut aufgegriffen. Die wichtigste geplante Neuerung davon besteht darin, dass Vergehen gegen die
Bestimmungen – von schweren Fällen abgesehen – keine strafrechtliche Relevanz mehr haben sollen. Im Gegenzug
werden die Geldstrafen drastisch erhöht. Das Regierungsvorhaben muss noch im Parlament abgesegnet werden. Im
Folgenden ein Kurzüberblick zum Thema.
Ein Kernpunkt der Bestimmungen zur Verhinderung der Geldwäsche (italienisch „antiriciclaggio“) ist, dass die im
juridisch‐wirtschaftlichen Bereich tätigen Freiberufler, die Vermittler in Finanzgeschäften, die Revisoren von
Gesellschaften sowie alle, die ähnliche Tätigkeiten ausüben, dabei bestimmte Vorsichtsmaßnahmen treffen und
besondere Bestimmungen beachten müssen, wenn damit Geldbewegungen ihrer Kunden von über 15.000 Euro
verbunden sind. In den Artikeln 10 und 14 des Dekretes Nr. 231/2007 sind als „ähnliche Tätigkeiten“ die
Schuldeintreibungen, Bargeldtransporte, Führung von Spielcasinos, Immobilien‐Vermittlungsagenturen,
Versteigerungstätigkeiten und weitere aufgelistet. Auch die wirtschaftlichen Tätigkeiten, welche von den
Antigeldwäschenormen betroffen sind, sind im erwähnten Dekret wie folgt festgehalten:
Übertragung von Eigentumsrechten oder wirtschaftlichen Tätigkeiten jeglicher Art;
Verwaltung von Geldern oder anderer finanzieller Instrumente;
Eröffnung von Bankkonten, Sparbüchern, Verwaltung von Wertpapieren sowie
Tätigkeiten zur Gründung und Führung von Gesellschaften, Körperschaften, und analoger Strukturen.
Bei Durchführung solcher Tätigkeiten entstehen für die angeführten Kategorien von Freiberuflern erhebliche
Verpflichtungen; diese sind wie folgt festgelegt:
Identifikation der Auftraggeber;
Registrierung der Geschäfte und
Meldung verdächtiger Aktivitäten, welche zum Zwecke der Verschleierung von möglicherweise illegaler Herkunft
von Finanzmitteln gesetzt werden.
Auch Beihilfe, Beratung und Erleichterung zu solchen Aktivitäten fallen unter den strafrechtlich relevanten Tatbestand
der Geldwäsche.
Die Verpflichtungen zur Identifikation der Kunden/Auftraggeber: Die angeführten Personen, Gesellschaften,
Institutionen müssen bei Annahme entsprechender Aufträge die genaue Identität der Kunden feststellen und in einem
eigenen Archiv festhalten. Ist der Auftraggeber eine Gesellschaft, dann müssen außer den Daten der Gesellschaft auch
jene der physischen Person bzw. Personen festgehalten werden, welche den Auftrag gibt bzw. geben (meist der/die
gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft). Das Archiv kann in Papierform oder elektronisch angelegt und geführt werden,
und es muss zehn Jahre lang aufbewahrt werden.
Die Pflicht zur Registrierung: Im erwähnten Archiv müssen die erwähnten Geschäftsoperationen in chronologischer
Reihenfolge vermerkt werden; dies trifft auch dann zu, wenn bei Auftragsannahme die genaue Summe der
SWZ ­ Südtiroler Wirtschaftszeitung ­ 45­15­geld­statt­gefaengnis ­ 1 / 2 Geldbewegung nicht feststeht oder nicht feststellbar ist, dass sie das Limit von 15.000 Euro übersteigt. Im Archiv sind
folgende Daten zu vermerken:
a) die genauen Personaldaten des/der Auftraggeber/s (Kunden);
b) die vom Auftraggeber ausgeübte Tätigkeit;
c) das genaue Datum der Identifikation und des Beginns der freiberuflichen Tätigkeit und
d) der festgestellte oder auch vermutete Wert der durch die Auftragsabwicklung entstehenden Geldbewegungen.
Wenn für diese Aufzeichnungen ein Papierregister geführt wird, so muss dieses fortlaufend nummeriert und auf jeder
Seite paraphiert werden, und auf der letzten Seite muss die Gesamtseitenzahl aufscheinen. Die Führung des
Archivs/Registers kann auch nach entsprechender Beauftragung Dritten (z.B. Freiberuflern, Revisionsgesellschaften u.
dgl.) anvertraut werden.
Meldepflicht bei verdächtiger Operationen: Grundsätzlich sind die erwähnten Personen, Gesellschaften, Institutionen
gehalten, Operationen, bei welchen der Verdacht auf illegale Herkunft von Geldern besteht, unverzüglich zu melden.
Dafür gib es ein eigenes Amt, das „Ufficio di Informazione Finanziaria“ (UIF), welches bei der Banca d’Italia angesiedelt
ist. Das gesetzesvertretende Dekret Nr. 231/2007 besagt aber auch, dass verdächtige Finanztransaktionen auch bei den
Berufsalben der einzelnen Freiberuflerkategorien zu melden sind.
Die Position der Lohn‐ und Arbeitsrechtsberater – Diese sind von den angeführten Verpflichtungen befreit, sofern sie nur
ihre eigentliche Kerntätigkeit von Personalverwaltungen und damit zusammenhängende Tätigkeiten ausüben. Die
Ausnahme gilt auch für Tätigkeiten, bei welchen diesbezügliche Geldbewegungen vorkommen, wie beispielsweise die
Zahlung der Sozialbeiträge und der Lohnsteuern. Wenn die Arbeitsrechtsberater aber auch Tätigkeiten außerhalb des
erwähnten Kerngebietes durchführen, so müssen auch sie für solche Aktivitäten die angeführten Normen zur
Verhinderung der Geldwäsche – wie oben angeführt – beachten.
Das Strafsystem bei Nichtbeachtung der Bestimmungen über die Verhinderung der Geldwäsche: Wie eingangs
angeführt, hat der Ministerrat am 17. November ein Dekret beschlossen, welches die ziemlich drakonischen Strafen bei
Nichtbeachtung der Bestimmungen insofern etwas abmildert, als in verschiedenen weniger schweren Fällen von einer
Gefängnisstrafe abgesehen wird; dafür werden deutlich höhere Geldbußen eingeführt. Konkret ist vorgesehen, im Falle
der nicht erfolgten Identifikation, der nicht durchgeführten Registrierung und der nicht vorgenommenen Meldung eine
Geldbuße von 5.000 bis 30.000 Euro zu verhängen (derzeit Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr und Geldbuße von
2.600 bis 13.000 Euro).
Ähnlicher Plan bei nicht eingezahlten Sozialbeiträgen – Ähnliche Pläne gibt es bezüglich der Nichteinzahlung der
Sozialbeiträge zulasten der Arbeitnehmer; auch sie soll in Zukunft kein strafbarer Tatbestand mehr sein, dafür gibt es
aber erhöhte Geldstrafen.
Die Beiträge zur Sozialversicherung der Arbeitnehmer setzen sich zum Teil auch von den Arbeitnehmern im Abzugsweg
zu entrichtenden Beiträgen zusammen (etwa 9% der Entlohnung). Wenn Arbeitgeber diese Beiträge nicht einzahlen, so
erfüllt dies den Straftatbestand des Diebstahls und kann nach zurzeit geltendem Recht mit Gefängnisstrafen von bis zu
drei Jahren geahndet werden. Mit dem gleichen vom Ministerrat beschlossenen Entwurf wie dem betreffend die
Aussetzung des Straftatbestandes bei Nichtbeachtung der Bestimmungen über die Geldwäsche soll auch im Falle der
Nichteinzahlung der Sozialbeiträge zulasten der Arbeitnehmer keine Gefängnisstrafe mehr vorgesehen werden. Dafür
sollen aber drastische Verwaltungsstrafen von bis zu 50.000 Euro zur Anwendung kommen.
Helmut Weißenegger
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