Präsentationsfolien

Vorlesung
Psychologie für Designer
Sommersemester 2016
Hochschule Mannheim
Fakultät für Gestaltung
Dipl.-Psych. Dirk Berger
Wissenschaftstheoretische
Grundlagen – Inhalt
1. Das Verhältnis von Theorie und Empirie
1.1 Deduktion und Induktion
1.2 Der Induktivismus
1.3 Kritik am Induktivismus
1.4 Der Falsifikationismus
2. Methoden der empirischen Sozialwissenschaften
2.1 Unterschiedshypothesen
2.2 Die Feldstudie
2.3 Die Überprüfung von Zusammenhangshypothesen
2.4 Das Laborexperiment
2.5 Die Überprüfung von Unterschiedshypothesen
30.03.16
2
Das Verhältnis von Theorie und Empirie
In den Naturwissenschaften ergänzen sich „gedachte“ Konstrukte (Theorie) und beobachtbare bzw. messbare Gegenbenheiten (Empirie)
●
●
Theorien interpretieren empirische Sachverhalte, verleihen ihnen Sinn. Sie erklären
uns, was Beobachtungen bzw. Messungen bedeuten.
Das empirisch Gegeben kontrolliert gewissermaßen theoretische Annahmen. Diese
können sich nämlich im Lichte empirischer Erfahrungen auch als falsch oder untauglich erweisen.
Empirische und theoretische Sachverhalte sind im Forschungsprozess
unauflöslich miteinander verklammert.
Theorie
30.03.16
Empirie
3
Induktion und Deduktion
Induktion ist das abstrahierende Schließen von einzelnen beobachtbaren Sachverhalten auf allgemeine Regeln. Sie stellt eine Verallgemeinerung dar. Im Gegensatz dazu ist Deduktion der logische Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere. Sie stellt eine Konkretisierung dar.
Theorie
allgemein
Induktion
Deduktion
Empirie
speziell
30.03.16
4
Der Induktivismus
Beim Induktivismus steht die Beobachtung (Empirie) am Anfang des Erkenntnisprozesses.
Wurde eine Beobachtung oft genug wiederholt, lässt sie sich als Regel verallgemeinern (Induktion).
Beobachtungen
Induktion
Regel
Deduktion
Vorhersage
Dabei müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
●
●
●
Verallgemeinerungen (Theorien bzw. Gesetze) müssen auf einer großen Anzahl von Aussagen
beruhen.
Die Beobachtungen müssen unter einer großen Vielfalt von Bedingungen wiederholt worden
sein.
Keine Beobachtungsaussage darf im Widerspruch zu dem entsprechenden Gesetz stehen.
Stehen erst einmal Gesetze und Theorien zur Verfügung, können Schlussfolgerungen
abgeleitet werden,die als Vorhersagen zukünftiger, beobachtbarer Sachverhalte dienen.
30.03.16
5
Kritik am Induktivismus
Die Theorie des Induktivismus stellte einen Fortschritt gegenüber einer zuvor
verbreiteten eher deduktiven Herangehensweisen dar. Er blieb lange das bestimmende Wissenschaftsparadigma.
●
●
Sind Beobachtungen auch noch so oft wiederholt worden, sie stellen keine logische Garantie dafür dar, dass sie auch in zukünftigen Situationen zutreffen werden. Aber wie viele Beobachtungen müssen gemacht werden, um eine Regel aufstellen zu können. Machen eine steigende Anzahl theoriekonformer Beobachtungen eine Theorie wahrscheinlicher?
Die Möglichkeit von vollkommen unvoreingenommene Beobachtungen, wie sie der Induktivismus fordert, wird durch wahrnehmungspsychologische Erkenntnisse angezweifelt.
30.03.16
6
Der Falsifikationismus
Die Kritik am Induktivismus führte zu einem wissenschaftstheoretischen Paradigmenwechsel. Beim Falsifikationismus wird versucht, eine bereits bestehende
Theorie durch eine einzelne Beobachtung vorübergehend zu bestätigen, oder
endgültig zu widerlegen (falsifizieren).
Bestätigung (vorläufig)
Theorie
Beobachtung
Widerlegung (endgültig)
●
●
Gute Theorien müssen mutig (widerlegbar) formuliert werden. Die Aussage: „Morgen
regnet es oder nicht.“ ist z.B. nicht widerlegbar.
Es sollte eine Art wissenschaftlicher Evolution einsetzen, die immer wieder neue
Theorien hervorbringt, die der Realität zunehmend angemessener sind.
30.03.16
7
Qualitative Forschung vs.
quantitative Forschung
Quantitative Methoden
●
Verfahren zur Überprüfung von Unterschiedshypothesen:
Mittelwertsvergleichende Methoden, wie t-Test, einfache, multiple und multivariate
Faktorenanalyse
●
Verfahren zur Überprüfung von Zusammenhangshypothesen:
bivariate Korrelation, multiple Regression, kanonische Regression
●
Informationsreduzierende und hyphothesengenerierende Verfahren:
Clusteranalyse, Faktorenanalyse
Qualitative Verfahren (hypothesengenerierend)
Gruppendiskussion, teilnehmende Beobachtung (Wallraffen), unstrukturierte Interviews,
Trendscouts, Sekundärforschung (Desk Research)
30.03.16
8
Die Feldstudie
●
●
●
●
Beobachtung in natürlichen Bedingen mit bewusstem Verzicht auf die Manipulation
abhängiger Bedingungen
Überprüfung nichtkausaler Zusammenhangshypothesen durch Vergleich korrelativer
Beziehungen zwischen verschiedenen Variablen
Kontrolle potentieller Einflußfaktoren durch Merfassung und mathematischer
Bereinigung (Multiple Regression)
Gute externe Validität, schlechte interne Validität
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
1
30.03.16
2
3
4
5
6
7
8
9
10
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
9
Die Überprüfung von
Zusammenhangshypothesen I
25
25
25
20
20
20
15
15
15
10
10
10
5
5
5
0
25
0
0
5
10
15
20
25
25
20
20
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0
5
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0
0
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0
0
5
10
15
20
25
10
Die Überprüfung von
Zusammenhangshypothesen II
x1
x2
x1
x1
y
x2
x2
x1
30.03.16
x2
11
Das Laborexperiment
●
●
●
●
●
Eliminierung aller unerwünschter Einflussfaktoren durch Kontrolle der Bedingungen
Zufällige Zuordnung zu Experimantalgruppe und Kontrollgruppe (Randomisierung)
Überprüfung von Unterschiedshypothesen durch Vergleich von Gruppenmittelwerten
Gewinnung von Kausalaussagen durch Manipulation von unabhängigen Variablen (x)
und Untersuchung der Auswirkungen auf abhängige Variablen (y)
Gute interne Validität, schlechte externe Validität
Treatment
Experimentalgruppe
Vergleich der
Gruppenmittelwerte
Bezüglich eines Kriteriums
Randomisierung
Kontrollgruppe
30.03.16
12
Hypothesenprüfung
Nullhypothese (H0):
Das Treatment (Behandlung) hat keinen Effekt, die Mittelwerte von Experimentalgruppe und Kontrollgruppe weichen nicht signifikant voneinander ab.
Alternativhypothese (H1):
Das Treatment (Behandlung) hat einen Effekt, die Mittelwerte von Experimentalgruppe und Kontrollgruppe weichen signifikant voneinander ab.
Alpha-Fehler:
Die Alternativhypothese wird angenommen, obwohl die Nullhypothese richtig wäre.
Beta-Fehler:
Die Alternativhypothese wird fälschlicherweise abgelehnt.
30.03.16
13
Die Überprüfung von
Mittelwertsdifferenzen I
30.03.16
14
Hypothesenprüfung
Um die Alternativhypothese annehmen zu können (Nullhypothese wird verworfen),
muss das Risiko eines Alpha-Fehler unter 5% liegen.
30.03.16
15
Integration beider Ansätze
Bestätigung
Formulierung
von Hypothesen
Prüfung
Induktiv
Hypothesengenerierende
Verfahren,
qualitativ oder quantitativ
30.03.16
Falsifikation
Hypothesenprüfende,
quantitative Verfahren
16
Lernen – Einleitung
Definitionen von Lernen:
1. Lernen ist eine relativ überdauernde Verhaltensänderung auf der Basis von
Erfahrungen.
Zeitpunkt 1 Situation A0
Reaktion x
Zeitpunkt 2 (identische) Situation A1
Reaktion y
A0 ≈ A1; x ≠ y
2. Lernen ist der Erwerb von Verhaltenspotential.
30.03.16
17
Lernen – Pawlows Hund
30.03.16
18
Lernen – Das Paradigma
des Klassisches Konditionieres I
1. Vor der Konditionierung löst ein neutraler Reiz (S) noch keine Reaktion (R) aus. Ein
unkonditionierter Reiz (UCS) löst hingegen eine unkonditionierte (angeborene)
Reaktion aus.
S
R
UCS
UCR
2. Während der Konditionierung wird S wiederholt in zeitlicher Nähe mit UCS
präsentiert. Dabei wird er zum konditionierten Reiz (CS), dem Stellvertreter von UCS.
UCS, CS
UCR
3. Ist der Konditionierungsprozess abgeschlossen, kann der CS selbst und alleine die
Reaktion UCR auslösen, die in diesem Fall als CR (konditionierte bzw. erlernte
Reaktion) bezeichnet wird.
CS
30.03.16
CR
19
Lernen – Das Paradigma
des Klassisches Konditionieres II
Das Paradigma des klassischen Konditionierens
UCS
Darbietung in
zeitlicher Nähe
CS
UCS
R
CS
30.03.16
=
=
=
R
nach
wiederholter
Darbietung
unkonditionierter Reiz
Reaktion
konditionierter Reiz
≈
≈
≈
Futternapf
verstärkter Speichelfluss
Glockenton
20
Lernen – Das Paradigma
des Klassisches Konditionieres III
UCS + CS
Pause
Reaktionsstärke
nur CS
Zeit
30.03.16
21
Lernen – Klassisches Konditionieren II
Phobien sind konditionierte (erlernte) Furchtreaktionen auf eigentlich harmlose
Reize (s.kleiner Albert).
Reizgeneralisierung:
Reize die dem CS ähneln, können die CR ebenfalls auslösen. Umso unähnlicher sie
dem CS sind, umso schwächer fällt die Reaktion aus.
Reizdiskrimination:
Ein Subjekt lernt auf Reize, die sich vom CS in irgendeiner weise zu unterscheiden,
anders zu reagieren.
Blockierung:
Wird, nach einer erlernten Reaktion auf einen konditionierten Reiz CS0 (Glockenton),
ein weiterer CS1 (z.B. rotes Licht) hinzugefügt, so kann dieser neue Reiz später die
Reaktion alleine nicht auslösen. Er stellt keine neue Information dar.
30.03.16
22
Lernen – Varianten des
Klassisches Konditionieren
CS
verzögert
UCS
CS
UCS
simultan
CS
rückwärts
UCS
Zeit
30.03.16
23
Lernen – Klassisches Konditionieren III
Kontiguität bedeutet gleichzeitige Auftreten von CS und UCS während des
Konditionierungsprozesses.
Kontingenz bezieht sich auf dem Informationsgehalt den der CS bezüglich des UCS
hat. Kontingenz ist die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass der UCS auftritt, wenn der CS
gegeben ist. Der CS kündigt den UCS gewissermaßen an.
A. Zufallsgruppe
CS
CS
UCS
UCS
CS
CS
UCS
CS
CS
UCS
UCS
CS
UCS
UCS
Zeit
B.Kontingenzgruppe
CS
CS
CS
CS
UCS
UCS
UCS
UCS
30.03.16
24
Lernen – Signallernen
P (UCS ∣ CS )>P (UCS ∣ ¬CS )
Produkt Produkt
Produkt Produkt
Musik
40
40
80
Musik
50
30
80
Musik
10
10
20
Musik
00
20
20
50
50
100
50
50
100
30.03.16
25
Lernen – Klassisches Konditionieren
in der Werbung I
Für den Einsatz von klassischen Konditionierungstechniken in der Werbung
bestehen folgende Bedingungen:
1) Konditionierte Reize, wie Produkte, Markennamen, Firmenlogos etc., sollen zeitlich
kurz vor den unkonditionierten Reizen wahrgenommen werden.
2) Ein CS, der durch Konditionierung mit positiven emotionalen Reaktionen
„aufgeladen“ werden soll, muss von anderen Reizen gut unterscheidbar sein
(Reizdiskrimination). Er sollte nicht ohne UCS dargeboten werden (Kondingenz).
3) Der dabei benutzten UCS (schöne Menschen, Landschaften, Musik ) sollte nicht
ohne den CS dargeboten werden (Kondingenz).
All diese Bedingungen scheinen für evaluatives Lernen keine Voraussetzung zu
sein.
30.03.16
26
Lernen – Evaluatives Konditionieren
in der Werbung II
Beim evaluativen Lernen dient der CS nicht als Signal, der das Eintreffen des uCS
ankündigt. Vielmehr überträgt sich die eindeutige Bewertung des UCS durch
gleichzeitige Darbietung auf den CS.
●
Gesichter mit emotionalem Ausdruck gelten als besonders geeignete UCS.
●
Es konnte gezeigt werden das bisher neutral bewertete Objekte (z.B. Schuhe) nach
nur sechsmaliger Darbietung mit freundlichen Gesichtern deutlich positiver bewertet
werden.
●
Nicht nur neutrale Zielobjekte können durch Exposition mit einem UCS evaluativ
aufgeladen werden, sondern auch weitere Objekte, die zwar mit dem Zielobjekt
assoziiert sind, aber nie mit dem UCS zusammen dargeboten werden.
30.03.16
27
Klassisches Konditionieren –
Evaluatives Lernen und Signallernen
Da das evaluative Lernen deutlich voraussetzungsloser ist, als das tatsächliche
Signallernen, ist sein Einsatz in der Werbung viel unkomplizierter.
30.03.16
Signallernen
Evaluatives
Lernen
Wirkprinzip
CS kündigt UCS an
UCS färbt auf CS ab
Voraussetzung
Kontingenz
Kontiguität
modifiziert
werden:
körperliche
Reaktionen,
Verhalten,
Emotionen
Einstellungen und
Werthaltungen
Nutzen
Organismus lernt in
bestimmten
Situationen schneller
zu reagieren.
Organismus lernt
Situationen generell
zu bewerten.
28
Lernen – Thorndike's Katze
30.03.16
29
Lernen – Operantes Konditionieren I
Operantes Konditionieren bedeutet „Lernen am Erfolg“; Verhalten, dass mit positiven Konsequenzen verbunden ist, wird in vergleichbaren Situationen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit wieder auftreten, während alternatives aber erfolgloses
Verhalten sukzessive verschwindet (s.Thorndike's Katze).
Situation A0
Reaktion 1
Reaktion 1
Reaktion 2
Reaktion 2
Reaktion 3
Reaktion 3
Reaktion 4
Reaktion 4
Reaktion 5
Reaktion 5
= Erfolg
30.03.16
A1
An
Reaktion 5
= Erfolg
30
Lernen – Operantes Konditionieren II
Nach dem Paradigma des operanten Konditionierens kann die Auftretenswahrscheinlichkeit eines bestimmten Verhaltens ausschließlich durch Verstärkung
erhöht und nur durch Bestrafung gesenkt werden.
Verstärker- und Bestrafungstypen
Verhaltenswahrscheinlichkeit
angenehmer
Reiz wird
zugeführt
Verhaltenskonsequenz
sinkt
Positiver
Verstärker
-
aversiver Reiz
wird zugeführt
aversiver Reiz
wird
weggenommen
angenehmer
Reiz wird
weggenommen
30.03.16
steigt
Positive
Bestrafung
Negativer
Verstärker
Negative
Bestrafung
31
Lernen – Operantes Konditionieren III
Konditionierte (sekundäre) Verstärker sind neutrale Reize, die durch Assoziation mit
primären (natürlichen) Verstärkern selbst verstärkende Wirkung erlangen.
Mit Verstärkerplänen untersucht man die Wirkung partieller Verstärkung. Generell kann
man sagen, dass bei stetiger und Belohnung schneller gelernt wird. Partielle Belohnung
dagegen führt zu höherer Löschungsresistenz.
Beim Shaping kann man durch gezieltes Ein-und Aussetzen der Verstärkung
schrittweise komplexes Verhalten trainieren (z.B. Tierdressur). Beim Autoshaping
werden durch zufälliges Verstärken völlig unvorhersehbare und oft hochkomplexe
Verhaltensmuster generiert (s. Skinners Tauben).
30.03.16
32
Operantes Konditionieren –
Verstärkerpläne
Bei fixierten Quotenplänen wird stets nach einer festgelegten Anzahl von Reaktionen
verstärkt. Dies führt zu einer erheblichen Auftretenswahrscheinlichkeit der Reaktion.
Variable Quotenpläne führen zu den höchsten Reaktionsraten und sind besonders
löschungsresistent. Es wird nach einer durchschnittlich festgelegten Anzahl von
Reaktionen belohnt.
Bei einem fixierten Intervallplan erfolgt die Verstärkung nach einem festgelegten
Zeitintervall. Es wird langsamer gelernt und die Verhaltenswahrscheinlichkeit steigt am
Ende des Intervalls stark an.
Bei Variablen Intervallplänen wird die Dauer des Intervalls durchschnittlich festgelegt.
Es wird besonders langsam, aber löschungsresistent gelernt.
30.03.16
33
Das S-O-R-C – Modell
Klassisches und opernates Konditionieren lassen sich im SORC-Modell integrieren.
Reiz (S)
Organismus (O)
Reaktion(R)
Konsequenz (C)
Konditionierter Reiz (CS)
30.03.16
34
Lernen am Modell
Das beobachtete Verhalten eines Modells wird dann am einflussreichsten sein,
wenn:
●
beobachtet wird, dass es verstärkt wird;
●
das Modell positiv wahrgenommen wird, d.h. mit hohem Status, beliebt, respektiert;
●
es wahrgenommene Ähnlichkeiten zwischen Eigenschaften und Charakteristika des
Modells und des Beobachters gibt;
●
Verstärkt wird, dass der Beobachter dem Modell Aufmerksamkeit schenkt;
●
Das Verhalten des Modells sichtbar und auffällig ist – sich klar vor dem Hintergrund
konkurrierender Modelle abhebt;
●
Und es im Bereich der Kompetenz des Beobachters liegt, das Verhalten zu
übernehmen
30.03.16
35
Lernen und Kognition I
Kognitionen (höhere geistige Aktivitäten) spielen bei der Entwicklung von Verhaltensweisen ebenfalls eine wichtige Rolle. Dies zeigt sich exemplarisch bei der Erforschung sogenannter Kognitiver Landkarten bei Tieren.
●
Plötzliche, zielgerichtete Verhaltensänderungen können nicht durch eine mechanische Eins-zu Eins-Verbindung zwischen Reiz und Reaktion erklärt werden.
●
Kognitive Landkarten sind mentale Repräsentationen (Modelle) der Umwelt.
●
Tiere nutzen ihr räumliches Gedächtnis um Merkmale ihrer Umgebung wiederzuerkennen, um Zielobjekte zu finden und um ihren Weg durch die Umgebung zu planen
(s. Tolman's Ratten).
30.03.16
36
Lernen und Kognition II
Lernergebnis:
Weg1 vor Weg2
vor Weg3
Versuchsergebnis:
Ist Weg1 durch Sperre B
blockiert, wird aber sofort
Weg3 gewählt.
30.03.16
37
Gedächtnis – Einteilung nach Inhalten
Gedächtnisinhalte werden hinsichtlich zweier Dimensionen unterschieden:
1. Unterteilung in implizites Wissen (können) und explizites Wissen (bewusstes Wissen)
Beispiel: Grammatikkompetenz bei Muttersprachlern gegenüber Sprachwissenschaftlern
Explizite Inhalte können implizit werden (in Fleisch und Blut übergehen).
2. Unterteilung in deklaratives Wissen (Faktenwissen) und prozedurales Wissen
(Fertigkeiten)
Beispiel: Schnelles Aufsagen des Alphabets oder Telefonnummern vs. Buchstabieren
von Wörtern
Das Deklaratives Wissen wiederum wird in episodisches (persönliche Erlebnisse) und
semantisches (enzyklopädisches) Wissen unterteilt.
30.03.16
38
Gedächtnis –
Einteilung nach Funktionen
Das Drei-Speicher-Modell des Gedächtnisses besteht aus drei Systemen mit
unterschiedlichen Funktionen:
Arbeitsgedächtnis
Ultrakurzzeitgedächtnis
Kurzzeitgedächtnis
Langzeitgedächtnis
Das Drei-Speicher-Modell des Gedächtnisses. Die Pfeile symbolisieren den
Informationsfluss zwischen den verschiedenen Gedächtnissystemen.
30.03.16
39
Das Ultrakurzeitgedächtnis (UKZ)
Das auch als sensorisches Register bezeichnete Gedächtnissystem bewahrt für
kurze Zeit flüchtige Impressionen sensorischer Reize.
●
Unterteilung nach Sinnesmodalitäten in echotisches Gedächtnis für akustische
Impressionen und ikonisches Gedächtnis für optische Impressionen.
●
sehr große Speicherkapazität (s.Teilberichtsmethode)
●
kurze Behaltensdauer (je nach Sinnesmodalität ca. 200 ms - 2 s)
●
Herstellung von Kontinuität von Augenblick zu Augenblick
●
Überführung von Information ins Kurzeitgedächtnis durch selektive Aufmerksamkeit
30.03.16
40
Das Ultrakurzeitgedächtnis
Bei der Teilberichtsmethode wird Probanden 50 ms lang eine Buchstabenanordnung (Abb. links) gezeigt. Direkt danach erscheint ein Zufallsmuster (Abb.
rechts). Ein akustisches Signal zeigt an, welche der drei Zeilen reproduziert werden soll.
T
D
R
S
R
N
F
Z
R
Den Versuchspersonen gelingt es sich an wesentlich mehr Buchstaben zu erinnern, als
bei einem Ganzbericht.
30.03.16
41
Das Kurzzeitgedächtnis (KZG)
Im KZG wird Information, die aus dem Ultrakurzzeitgedächtnis bzw. dem Langzeitgedächtnis ausgewählt wurde, bewusst weiterverarbeitet.
●
●
●
●
sehr begrenzte Speicherkapazität (ca. 7 voneinander unabhängige Sinneinheiten,
wie z.B. Zahlen oder Buchstaben)
kurze Behaltensdauer (abhängig von der Aufmerksamkeit)
Verknüpfung der kleinsten Sinneinheiten zu größeren Sinneinheiten durch „Chunking“
Informationstransfer z.B. durch Wiederholen ins Langzeitgedächtnis
30.03.16
42
Das Arbeitsgedächtnis
In vielen Zusammenhängen werden die Begriffe KZG und Arbeitsgedächtnis
synonym verwandt.Im Vergleich stellt das Arbeitsgedächtnis aber das präzisere
Konzept dar. Es wird als eine Ansammlung interagierender Subsysteme verstanden:
●
Die phonologische Schleife
●
Der visuell Räumliche Notizblock
●
Die zentrale Exekutive
●
Der Episodische Puffer
30.03.16
43
Das Langzeitgedächtnis (LZG)
Das LZG wird auch permanentes Gedächtnis genannt, da es eine sehr lange
Behaltensdauer aufweist.
●
●
●
●
●
praktisch unbegrenzte Speicherkapazität
Einteilung in:
- prozedurales vs. deklaratives Gedächtnis (episodisch und semantisch)
- Explizite vs. implizites Gedächtnis
Speicherung der Information im semantischen Gedächtnis in Form von Propositionen
Nicht die genaue Struktur des erinnerten Ereignisses wird bewahrt, sondern nur
dessen Bedeutung.
Propositionen bilden semantische Netzwerke mit einer hierarchischen Grundstruktur
30.03.16
44
Das Langzeitgedächtnis –
Aktivitätsausbreitung und Priming
30.03.16
45
Das Langzeitgedächtnis –
Was trinkt die Kuh?
fest
kalt
Winter
farblos
Wasser
Schnee
flüssig
Kuh
weiß
Brautkleid
Pflanze
Milch
Gras
Schwan
Vogel
30.03.16
grün
Gans
46
Langzeitgedächtnis – Episodisches
vs. Semantisches Gedächtnis
Das Episodische Gedächtnis bewahrt individuelle, spezifische Ereignisse, die
man persönlich erlebt hat.
●
●
●
●
Alles Wissen ist ursprünglich episodisch.
Um Informationen aus dem episodischen Gedächtnis abzurufen benötigt man Hinweisreize (inhalts- oder kontextspezifisch).
Informationen, die uns in vielen verschiedenen Zusammenhängen begegnen,
benötigen keine Hinweisreize zum Abruf mehr. Sie sind Teil des semantischen
Gedächtnisses (s. Sleeper-Effekt).
Entfallene semantische Information kann aber über spezifische Hinweisreize
abgerufen werden (s. Enkodierungsspezifität)!
30.03.16
47
Langzeitgedächtnis – Duale Kodierung I
30.03.16
48
Langzeitgedächtnis – Duale Kodierung II
Kreis
Dreieck
Quadrat
Kreis
Kreis
Dreieck
Kreis
Quadrat
30.03.16
Dreieck
Dreieck Quadrat
Kreuz
49
Das Langzeitgedächtnis –
Propositionen I
Die folgenden vier Sätze haben alle die gleiche Bedeutung:
1. Nixon schenkte Breschnew, dem Staatschef der UdSSR, einen schönen
Cadillac.
2. Der Staatschef der UdSSR, Breschnew, bekam von Nixon einen Cadillac
geschenkt, der sehr schön war.
3. Der schöne Cadillac wurde Breschnew, dem Staatschef der UdSSR, von
Nixon geschenkt.
4. Das Staatsoberhaupt der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken,
Breschnew, bekam von Nixon ein Präsent in Form eines schönen Cadillacs.
30.03.16
50
Das Langzeitgedächtnis –
Propositionen II
schenken
Relation
Nixon
Agens
Vergangenheit
Zeit
1
Objekt
Cadillac
Empfänger
Subjekt
Breschnew
3
Subjekt
Relation
Staatschef
30.03.16
2
Relation
schön
Objekt
UdSSR
51
Das Langzeitgedächtnis –
Propositionen III
30.03.16
52
Das Langzeitgedächtnis –
Hierarchische Organisation
30.03.16
53
Das Langzeitgedächtnis –
Die Vergessenskurve von Ebbinghaus
30.03.16
54
Das Langzeitgedächtnis –
Erinnern und Vergessen I
Erinnern ist ein aktiver konstruktiver Prozess. Bei serieller oder wiederholter Reproduktion einer Geschichte wird diese verzerrt:
●
●
●
Nivellierung - die Geschichte wird vereinfacht;
Akzentuieren - Bestimmte Details werden hervorgehoben und überbetont.
Assimilieren - Einzelheiten werden so verändert, dass sie besser zum Hintergrund der
Person oder zu ihrem Wissen passen.
Die Informationen des Langzeitgedächtnisses können mit zwei verschiedenen Methoden
abgerufen werden:
●
●
Freie Reproduktion (recall) bedeutet, dass die Inhalte selbständig wiedergegeben werden
müssen;
Wiedererkennen (recognition) bedeutet, dass man Informationen als bereits erfahren
identifiziert.
Man geht davon aus, dass den beiden Abrufmethoden unterschiedliche kognitive Prozesse
zugrunde liegen.
30.03.16
55
Das Langzeitgedächtnis –
Erinnern und Vergessen II
Als Ursachen des Vergessens sind zu nennen:
●
●
●
Verfall von Gedächtnisspuren. Werden Inhalte des LZG eine Zeit lang nicht mehr
abgerufen, wird die entsprechende Gedächtnisspur immer schwächer.
Misslingen des Abrufs. Inhalte, die aus bestimmten Gründen nicht abgerufen
werden können, sind trotzdem gespeichert und gehen nicht verloren. Oft reichen
kleine Gedächtnisstützen, um diese wieder zugänglich zu machen (s. o. freie
Reproduktion vs. Wiedererkennen).
Proaktive und retroaktive Interferenz. Wenn bereits gespeicherte Information die
Aufnahme neuer Information behindert, spricht man von proaktiver Interferenz.
Wenn neue Informationen bereits gespeicherte Informationen verdrängen, spricht
man von retroaktiver Interferenz.
30.03.16
56
Der serielle Positionseffekt
Inhalte am Anfang und am Ende einer Liste werden besser erinnert, als Inhalte
mittlerer Position.
●
●
●
Oft wurde der serielle Positionseffekt als Beleg für die Drei Speicher-Theorie des
Gedächtnisses herangezogen. Dabei ging man davon aus, dass die Inhalte am Anfang bereits im Langzeitgedächtnis aufgenommen sind, während Inhalte am Ende
noch im Kurzzeitgedächtnis verbleiben. Für die Inhalte in der Mitte trifft weder noch
zu.
Ein alternativer Ansatz versucht das Phänomen mit Hilfe der proaktiven bzw. retroaktiven Interferenz (s. o.) zu erklären. Inhalte in der Mitte einer Liste werden
gleichermaßen proaktiv wie auch retroaktiv gehemmt. Dies führt dazu, dass sie
schlechter erinnert werden, als Inhalte am Anfang, die nur retroaktiv gehemmt werden und Inhalte am Ende, die nur proaktiv gehemmt werden.
Der klinische Fall H.M. ist ein plausiblerer Beleg für das Drei Speicher-Modell.
30.03.16
57
Denken als internes Probehandeln
Denken kann als internes Probehandeln, bei dem risikolose mentale Verhaltenssimulationen konkrete Erfahrungen ersetzen, aufgefasst werden.
●
●
●
Wenn Menschen mit mentalen Vorstellungsbildern operieren, scheinen sie Prozesse zu vollziehen, die tatsächlichen Handlungen an realen Objekten analog sind.
Mit Hilfe anschaulicher verbaler Beschreibungen können visuelle Vorstellungen entstehen. In diese räumlichen mentale Modelle projiziert sich der Leser bzw. Hörer
gewissermaßen selbst hinein.
Wenn Menschen sich Handlungen nur Vorstellen sollen, sind Reaktionen der Muskelgruppen messbar, die auch für das tatsächliche Ausführen der Handlungen verantwortlich wären.
30.03.16
58
Denken als Problemlösen –
Dunkers Kerzenproblem I
Problemstellung: Es soll eine brennende Kerze so an einem Korkbrett befestigt
werden, dass kein Wachs auf dem Boden tropft.
30.03.16
59
Denken als Problemlösen –
Dunkers Kerzenproblem II
30.03.16
60
Denken – Der Problemraum I
Da Denken stets zielgerichtet ist, lässt es sich als Problemlöseprozess verstehen, bei dem ein gegebener Ausgangszustand in einen gewünschten Zielzustand
überführt werden soll.
●
●
●
●
Das Problemlösen kann als ein Gang Durch ein Labyrinth (Problemraum) aufgefasst
werden. Dabei müssen eine Reihe von Richtungsänderungen bzw. Umwege
(Operatoren) gemacht werden.
Die Methode der Unterschiedsreduktion besteht darin, die Teilziele so zu wählen,
dass sich der Unterschied zwischen dem jeweils erreichten Zwischenzustand und
dem Zielzustand verringert.
Bei der Methode der Rückwärtssuche wird das Ziel in Teilziele zerlegt, die sich sukzessive dem Ausgangszustand annähern.
Ausgangszustand, Zielzustand und Operatoren können unterschiedlich gut definiert
sein.
30.03.16
61
Denken – Der Problemraum II
Klarheit der Zielkriterien
+
-
Interpolationsbarriere
dialektische
Barriere
SyntheseBarriere
Synthese und
dialektische
Barriere
+
Bekanntheitsgrad der
Mittel
-
30.03.16
62
Denken als Problemlösen –
Verschiedene Problemtypen
Dunkers Zwei-Seile-Problem als ein weiteres Beispiel für ein Synthese-Problem
und das Neun-Punkte-Problem als Beispiel für ein Interpolations-Problem.
30.03.16
63
Denken und Problemlösen –
Deduktives Schließen I
„Wenn auf der einen Seite der Karte ein R steht, dann befindet sich auf der anderen Seite eine 2“
30.03.16
R
J
2
8
2
2
J
J
64
Denken und Problemlösen –
Deduktives Schließen II
Ergebnisse des Experiments:
Gewählte Karten
Personen in %
---------------------------------------------------------------------R,2
46
R
33
R,2,8
7
R,8
4
andere
10
----------------------------------------------------------------------
Sie werden damit erklärt, dass
●
Menschen große Schwierigkeiten haben, Schlüsse aus der Negation einer Aussage zu
ziehen (Modus Tollens).
●
und Probleme mit abstrakten Aufgabenstellungen haben.
30.03.16
65
Denken und Problemlösen –
Deduktives Schließen III
„Spirituosen erst ab 18!“
30.03.16
Kauft
Schnaps
Kauft
Limo
21
17
21
21
Kauft
Limo
Kauft
Limo
66
Denken – Entscheiden und Urteilen I
Beispielaufgabe:
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine 40-jährige Frau Brustkrebs hat, liegt bei etwa einem Prozent. Ein Krebsherd
wird mit 90-prozentiger Sicherheit durch eine Mammografie erkannt. Von nicht an Brustkrebs erkrankten
Frauen werden jedoch auch neun Prozent einen falsch-positiven Befund erhalten. Wie hoch ist nun die
Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau mit einem positiven Mammografie-Befund tatsächlich Brustkrebs hat?
1000
990
10
89
9
Die meisten Probanden (Mediziner) schätzten die Wahrscheinlichkeit auf 90%. Tatsächlich liegt sie aber bei
9%!
30.03.16
67
Denken – Urteilen und Entscheiden II
Beim Urteilen und Entscheiden gehen wir oft nicht streng logisch vor, sondern nutzen
meist informelle Faustregeln, die Urteilsheuristiken.
Die Verfügbarkeitsheuristik
Bei der Entscheidungsfindung nutzen Menschen vor allem Informationen, die ihnen besonders
leicht einfallen (recall). Dabei spielt es keine Rolle, ob die ausgewählten Informationen tatsächlich für die Entscheidungsfindung nützlich sind.
Beispiel: „Gibt es mehr Wörter mit k am Anfang oder als dritter Buchstabe?“
Die Repräsentativitätsheuristik
Je ähnlicher eine Person einem typischen Vertreter einer bestimmten Gruppe ist, desto eher
ordnet man die Person dieser Gruppe zu.
30.03.16
68
Denken – Entscheiden und Urteilen III
Kanarienvogel
Strauß
Pinguin
Amsel
30.03.16
69
Denken – Urteilen und Entscheiden IV
Die Rekognitionsheuristik
Die Rekognitionsheuristik wird dann angewendet, wenn Objekte wieder erkannt (recognition)
werden sollen. So ziehen Kunden im allgemeinen Produkte, die sie wieder erkennen (z.B. aus
der Werbung), Produkten die sie nicht kennen, vor.
Die Ankerheuristik
Bei Abschätzen eines wahrscheinlichen Ereignisses bzw. Ergebnisses führt die Orientierung an
einem Ausgangswert zu einer ungenügenden Anpassung nach oben oder nach unten.
Beispiel:
Schätzen Sie das Ergebnis:
1 x 2 x 3 x 4 x 5 x 6 x 7 x 8 = 512
30.03.16
vs.
8 x 7 x 6 x 5 x 4 x 3 x 2 x 1 = 2250
70
Denken – Urteilen und Entscheiden V
Der Rahmungseffekt
Entscheidungen zu treffen verlangt oft die Kosten oder den Gewinn von Alternativen abzuschätzen. Unterschiedliche Beschreibungen einer Wahlsituation führen zu verschiedenen Bezugspunkten, die die Entscheidungsfindung beeinflussen können.
Beispiel 1:
Wird keine Gehaltserhöhung erwartet, so wird eine Gehaltserhöhung von 1000€ im Jahr als Gewinn gewertet
– die Arbeitsstelle wird nicht gekündigt.
Wird dagegen eine Gehaltserhöhung von 10000€ erwartet, wird eine Erhöhung von 1000€ als Verlust
gewertet – die Stelle wird gekündigt.
Beispiel 2:
Unterschiedliche Entscheidungen in der Präferenz- oder Stornierungsversion.
Ort A:
●
durchschnittliches Wetter
●
durchschnittliche Strände
●
Mittelklassehotel
●
mittlere Wassertemperatur
●
durchschnittliches Nachtleben
30.03.16
Ort B:
●
viel Sonne
●
fantastische Strände und Korallenriffs
●
ultramodernes Hotel
●
sehr niedrige Wassertemperatur
●
kein Nachtleben
●
sehr starke Winde
71
Emotion – Einführung
Eigenschaften von Emotionen
●
Sie haben immer eine Valenz.
●
Emotionen drücken sich in spezifischen Verhaltenstendenzen aus.
●
Sie gehen mit deutlichen Physiologischen Reaktionen einher.
●
Die sechs Grundemotionen sind Glück, Trauer, Zorn, Überraschung,
Ekel und Angst.
●
Emotionen werden von reger kognitiver Aktivität begleitet und
●
lassen sich in vielfältiger Weise kombinieren.
●
Das Resultat stellt ein überaus komplexes Erleben von Emotion dar.
●
Emotionen stecken an, s. a. Propriozeption.
●
Emotionen werden subjektiv als Gefühl erlebt.
30.03.16
72
Emotion – Emotionaler Ausdruck
30.03.16
73
Emotion – Entstehung I
Naive Auffassung
Wahrnehmung
eines
Ereignisses
Auslösung einer
Emotion =„Gefühl“
Differenziertes Muster
physiologischer und
kognitiver Erregung
James-Lange
Wahrnehmung
eines
Ereignisses
30.03.16
Differenziertes Muster
physiologischer
Erregung
Wahrnehmung
physiologischer
Erregung
Auslösung einer
Emotion =
„Gefühl“
74
Emotion – Entstehung II
Zwei-Faktoren-Theorie
Wahrnehmung
eines
Ereignisses
Undifferenziertes
Muster physiologischer
Erregung
Kognitive Erklärung
auf der Grundlage
situationsspezifischer
Hinweise
Auslösung einer
Emotion =
„Gefühl“
Kognitive Interpretation
und Bewertung von
Erregung und Ereignis
Veränderung des
Gefühlszustandes
Moderne Auffassung
Wahrnehmung
eines
Ereignisses
30.03.16
Differenziertes
Muster physiologischer
Erregung
75
Emotion – Funktionen von Emotionen
Emotionen haben verschiedene, unterschiedlich bedeutsame Funktionen:
●
Sie lassen uns flexibel reagieren, indem sie starre Reiz-Reaktionsverbindungen
„aufweichen“ . Impulse können dadurch kontrolliert werden.
bewusstes Erleben
Emotion
Reiz
●
●
Impulskontrolle
Handlungstendenz
(Motivation)
Reaktion
Emotionen helfen bei der Entscheidungsfindung, indem sie Kognitionen bewerten.
Sie steuern die gesamte Informationsverarbeitung
30.03.16
76
Einstellung – Einleitung
Einstellung ist eine positive oder negative Bewertung eines Einstellungsobjektes.
●
●
Einstellungsobjekte können Menschen, Objekte, Verhalten, Organisationen,
Vorgänge usw. sein.
Einstellungen äußern sich kognitiv, affektiv und behavioral ( Verhalten).
kognitive Reaktion
Einstellungsobjekt
Einstellung
affektive Reaktion
behaviorale Reaktion
●
Das Einstellungskonzept soll dazu dienen Verhalten zu erklären und
vorherzusagen.
30.03.16
77
Einstellung und Verhalten
Die Einstellung gibt Hinweise für das tatsächliche Verhalten. Dieses lässt sich
besser vorhersagen bei:
●
●
●
Besserer Verfügbarkeit (Stärke der Assoziation zwischen Objekt und Bewertung )
durch:
- persönliche Relevanz, unmittelbare Erfahrung
- Wiederhohlung
Erhöhte Spezifität
Miteinbeziehung anderer Verhaltensdeterminanten, z.B. in Erwartungs x Wert
-Modellen wie der REACT- und PLABE-Theorie.
30.03.16
78
Einstellung – Die PLABE-Theorie
Meinungen und
Überzeugungen
Einstellung
Bewertungen der
Meinungen und
Überzeugungen
Verhaltensabsicht
Normative
Erwartungen
Willfährigkeit
Verhalten
Subjektive
Norm
Wahrgenommene
Verhaltenskontrolle
30.03.16
79
Einstellung – Entstehung u. Veränderung
Einstellungsänderung durch einstellungskonträres Verhalten
●
●
Kognitive Dissonanz: Einstellungskonträres Verhalten erzeugt aversiv erlebte
Dissonanzen, die durch Einstellungs- oder Verhaltensänderung reduziert werden.
Selbstwahrnehmung: Neue Einstellungen werden durch Beobachtung des eigenen
Verhaltens entwickelt.
Einstellungskonträres Verhalten (Compliance) läßt sich durch:
●
Reziproität (Face-in-the-door),
●
Verbindlichkeit (Foot-in-the-door) und
●
Knappheit
erzielen.
30.03.16
80
Einstellung – Persuasive Kommunikation
Überredung kann zwei verschiedene Wege der Informationsverarbeitung nutzen:
Die zentrale Route der Überredung
●
●
●
●
hoher Elaborationsgrad
Intensive Auseinandersetzung mit Argumenten der Botschaft
systematisch-rationale Entscheidungsfindung
hohes persönliches Involvement der Zielperson
Die periphere Route der Überredung
●
●
●
●
Niedriger Elaborationsgrad
keine sorgfältige Überprüfung der Argumente
Heuristische Entscheidungsfindung
geringes persönliches Involvement der Zielperson
30.03.16
81
Aufmerksamkeit – Einleitung
Aufmerksamkeit stellt die Fähigkeit dar, seine kognitiven Ressourcen (Bewusstsein) auf einen oder mehrere Inhalte zu verteilen.
Aufmerksamkeit kommt in der Werbepsychologie eine besondere Bedeutung zu, da
viele Theorien zur Werbewirksamkeit sie als Grundvoraussetzung zum Start eines
Werbewirkungsprozesses annehmen. Ein bekanntes Beispiel ist das AIDA-Modell,
welches, wenn auch inzwischen wissenschaftlich überholt, in der werbewirtschaftlichen Praxis immer noch zur Anwendung kommt.
Attention
30.03.16
Interest
Desire
Action
82
Aufmerksamkeit – begrenzte Kapazität I
Sich Konzentrieren bedeutet, die Menge zu verarbeitender Informationen
gegenüber der Menge verfügbarer Informationen klein zu halten. Man
unterscheidet dabei:
●
●
willkürliche (selektive) Aufmerksamkeitssteuerung durch gezielte
Unterdrückung irrelevanter Information (s. z.B. Cocktailparty-Effekt) von
unwillkürlicher Aufmerksamkeitssteuerung, die durch automatische
Orientierungsreaktionen erfolgt.
30.03.16
83
Aufmerksamkeit – begrenzte Kapazität II
Je mehr Inhalte unsere Aufmerksamkeit gleichzeitig in Anspruch nehmen, umso
weniger Aufmerksamkeit kommt jedem einzelnen dieser Inhalte zu.
Beispiel:
Heute erfordern die meisten beruflichen Tätigkeiten die gleichzeitige Bearbeitung
verschiedener Tätigkeitsinhalte („Multitasking“). Dies führt zu einer zunehmend
oberflächlicheren und damit fehlerintensiveren Bearbeitung der einzelnen Aufgaben.
Inhalte oder Tätigkeiten, die sich sehr ähnlich sind, beeinträchtigen die
Aufmerksamkeit besonders stark.
Beispiel:
Es gelingt uns leichter beim Autofahren mit dem Beifahrer zu sprechen, als zu
telefonieren und gleichzeitig einer anderen Person zuzuhören.
30.03.16
84
Aufmerksamkeit – Vermittlung von
(Werbe-) Botschaften
Ein zu niedriges Aufmerksamkeitsniveau führt zu keiner ausreichenden
Verarbeitungstiefe. Die Botschaft kann keine Wirkung erzielen.
Ein zu hohes Aufmerksamkeitsniveau führt zu einer intensiven und damit
auch kritischen Analyse der Botschaft. Schwache Argumente werden als
solche identifiziert und ablehnend bewertet.
Ein mittleres Aufmerksamkeitsniveau scheint für die Vermittlung der
meisten Werbebotschaften besonders günstig! Dies gilt in besonderem Maße
bei schwachen Argumenten.
30.03.16
85
Wahrnehmung – Einleitung
"Dem Menschen, der unbefangen um sich schaut, kommen seine eigenen Augen wie
eine Art Fenster vor. Öffnet er die Vorhänge, die Lider, so „ist“ da draußen die sichtbare
Welt der Dinge und der anderen Wesen. Nichts könnte den Verdacht erwecken, dass
irgendeine der daran erkennbaren Eigenschaften ihren Ursprung im Betrachter habe
oder nur von seiner Natur bestimmt sei ..." (Metzger, 1975)
Naive Auffassung von Wahrnehmung:
Der Mensch nimmt seine Umwelt passiv und objektiv wahr; Realität und Wahrnehmung
sind identisch.
Wahrnehmung aus psychologischer Sicht:
Wahrnehmung "geschieht“ nicht einfach, sondern stellt einen aktiven und subjektiven
Informationsverarbeitungsprozess dar. Wahrnehmung wird daher sowohl von der Umwelt wie auch vom wahrnehmenden Menschen bestimmt.
30.03.16
86
Wahrnehmung – Täuschungen
30.03.16
87
Wahrnehmung – Definition
Wahrnehmung ermöglicht uns die Entwicklung einer mentalen Repräsentation der
Umwelt, die uns einerseits die stetige Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen erlaubt und uns andererseits die Möglichkeit eröffnet, planvolle Eingriffe in unserer
Umgebung vorzunehmen.
Definition von Wahrnehmung:
Wahrnehmung umfasst alle psychischen Prozesse, die der Orientierung in der Umwelt
dienen.
Wahrnehmung ist an Modalitäten geknüpft.
Die Wahrnehmung wird durch Sinnesorgane und damit verknüpfte Verarbeitungsmechanismen vermittelt. Die Eigenschaften des Sinnesorgans bestimmen daher die
Möglichkeiten der Wahrnehmung.
30.03.16
88
Wahrnehmung – Empfindung
Empfindung und Wahrnehmung
"Der Begriff Empfindung wird im Allgemeinen für die unmittelbaren Effekte des Reizes
benutzt, der auf ein Sinnesorgan einwirkt, und beinhaltet die Aktivität des Sinnesorqans
selbst. Im Gegensatz dazu wird der Begriff der Wahrnehmung für die Nachwirkungen
der Rezeptoraktivität verwendet, d. h. für Prozesse, die der Reizung folgen und die
zentraleren kognitiven Funktionen des Organismus in Anspruch nehmen."
Häufig spricht man bei einfachen Wahrnehmungsphänomenen von Empfindungen, aber
Empfindung ist eine Abstraktion von Wahrnehmung!
Wenn wir eine Tomate sehen, dann ist sie ganzheitlich Gegenstand der Wahrnehmung
und ihre rote Farbe, als isolierter Aspekt der Wahrnehmung, eine Empfindung.
30.03.16
89
Wahrnehmung – Physiologie I
30.03.16
90
Wahrnehmung – Physiologie II
30.03.16
91
Wahrnehmung – Psychophysik
Psychophysik am Beispiel des Weberschen Gesetzes
Ein Sinnesorgan registriert ab einem bestimmten Intensitätsbetrag eine Veränderung, die als
Unterschied ΔR zum vorangehenden Reiz R in einem bestimmten, gleich bleibenden Verhältnis k
zu diesem steht:
ΔR
k=
R
Beispielsweise erkennt man einen relativen Gewichtsunterschied von ungefähr 2 Prozent eines in
der ruhenden Hand gehaltenen Gegenstands. Man nimmt die Gewichtszunahme eines Gegenstands von zunächst 50 g (Gramm) erst wahr, wenn das Gewicht um 1 g auf 51 g angewachsen ist.
Entsprechend muss 5000 g Gewicht um 100 g anwachsen, um schwerer zu wirken.
Weitere Beispiele:
Tastsinn: 2%
Helligkeitssehen: 1-2%
Geschmack: 10-20%
30.03.16
92
Wahrnehmung – Kognitive Psychologie
30.03.16
93
Helligkeit und Farbe – Physik des Lichts
30.03.16
94
Helligkeit und Farbe –
Tageslichtschwankungen
30.03.16
95
Helligkeit und Farbe – künstliches Licht
30.03.16
96
Helligkeit und Farbe –
monochromatisches Licht
30.03.16
97
Helligkeit und Farbe – Reflektanz I
Schnee
Gletschereis
klares
Wasser
30.03.16
Wasser
mit
Algen
nackter
Boden
grüne
Pflanzen
98
Helligkeit und Farbe – Reflektanz II
30.03.16
99
Helligkeit und Farbe – Reflektanz III
30.03.16
100
Helligkeit und Farbe –
Subtraktive Farbmischung
30.03.16
101
Helligkeit und Farbe –
Additive Farbmischung
30.03.16
102
Helligkeit und Farbe –
Rezeptorenempfindlichkeit I
30.03.16
103
Helligkeit und Farbe –
Rezeptorenempfindlichkeit II
30.03.16
104
Helligkeit und Farbe –
Antwortmuster der Zapfen I
30.03.16
weiß
schwarz
grau
blau
grün
rot
violett
gelb
türkis
orange
braun
hellblau
105
Helligkeit und Farbe –
Antwortmuster der Zapfen II
580
530+620
1
30.03.16
5
8
1
5
8
106
Helligkeit und Farbe – Adaptation
30.03.16
107
Helligkeit und Farbe – Simultankontrast I
30.03.16
108
Helligkeit und Farbe – Simultankontrast II
30.03.16
109
Helligkeit und Farbe – Laterale Inhibition
1. Verabeitungsebene
2. Verabeitungsebene
+100%
30.03.16
-10%
110
Helligkeit und Farbe –
Theorienintegration
K
M
L
+
+
+
+
-
+
30.03.16
-
-
+
+
+
-
+
-
111
Helligkeit und Farbe – Normfarbtafel
30.03.16
112
Helligkeit und Farbe – RGB-Farbraum
30.03.16
113
Helligkeit und Farbe – LAB-Farbraum
30.03.16
114
Raumwahrnehmung –
Monokulare Hinweisreize
Monokulare Hinweisreize können bei einäugigem Sehen Informationen über die räumliche Situation enthalten.
• Relative Größe im Blickfeld
• Gewohnte Größe von Gegenständen
• Relative Höhe im Blickfeld
• Atmosphärische Perspektive
• Lineare Perspektive
• Texturgradient
●
Bewegungsinduzierte Hinweisreize (Bewegungsparallaxe, Verdeckung und
Aufdeckung)
30.03.16
115
Raumwahrnehmung – Ames' scher Raum
30.03.16
116
Raumwahrnehmung – Mondillusion
30.03.16
117
Raumwahrnehmung – Horopter
30.03.16
118
Raumwahrnehmung – Querdisparation
30.03.16
119
Raumwahrnehmung – Stereogramme I
30.03.16
120
Raumwahrnehmung – Stereogramme II
30.03.16
121
Raumwahrnehmung – Stereogramme III
30.03.16
122
Raumwahrnehmung –
Autostereogramme
30.03.16
123
Raumwahrnehmung –
Objektwahrnehmung
30.03.16
124
Visuelle Aufmerksamkeit –
Orientierung I
Was sieht den T ähnlicher, das gekippte T oder das L?
T TT T T T T
T T
T
T
T
T T TT T TT
T T T TT T TT
T
T
L LL LL LLTTTTTT T
L L LL L TT TT
L L LT T T
L
T
L LL
T
L
L L TTT T
L L L L TT T T
L L L LT T T T
30.03.16
125
Visuelle Aufmerksamkeit –
Orientierung II
\\\\\\\\\\\\\\\
\\\\\/////\\\\\
\\\\///////\\\\
\\\/////////\\\
\\\/////////\\\
\\\\///////\\\\
\\\\\/////\\\\\
\\\\\\\\\\\\\\\
30.03.16
126
Aufmerksamkeit –
Pop-Out-Effekt I
30.03.16
127
Aufmerksamkeit –
Pop-Out-Effekt II
30.03.16
128
Aufmerksamkeit – Merkmalsintegration I
30.03.16
129
Aufmerksamkeit – Merkmalsintegration II
30.03.16
130
Aufmerksamkeit – Merkmalsintegration III
30.03.16
131