Häusliche Gewalt - Warum mit Eltern lernen?

Häusliche Gewalt
Wege aus der Spirale der Gewalt
Gabriele Penzkofer-Röhrl
Ablauf
• Häusliche Gewalt –
Definition, Ausmaß, Formen, Folgen
• Die Gewaltdynamik
• Auswirkungen auf die Kinder
• Warum trennen sich Frauen nicht einfach?
• Umgang mit betroffenen Frauen
• Unterstützungsangebote
• Frauenhaus Nürnberg
Was ist
Ihrer Meinung nach
Häusliche Gewalt?
www.min-style.de/.../kampagne-aachen-gewaltfrei/
Häusliche Gewalt - Merkmale
Der Begriff ‚Häusliche Gewalt‘ beschreibt Gewalt zwischen
Erwachsenen, die in engen sozialen Beziehungen zueinander
stehen oder standen (Partnerbeziehung).
Er benennt ein komplexes Misshandlungssystem, dass
physische, psychische, sexualisierte und ökonomische Gewalt
umfasst und auf Macht und Kontrolle in einer Beziehung zielt.
Häusliche Gewalt ist in der Regel Männergewalt gegen
Frauen und Kinder.
Gewalt hat viele Gesichter
• Körperliche Gewalt
• Sexualisierte Gewalt
• Psychische Gewalt
• Soziale Gewalt
• Ökonomische Gewalt
Schubsen
Treten
Schlagen
Einsatz
zum
von
Waffen..
Sexualobjekt
Kontrolle
degradieren
Kontaktverbot
Nötigung
Isolation…
Vergewaltigung…
Herabsetzen
Einsatz
von Druckmitteln
Terror
Einschüchtern
Erniedrigen
Demütigen
Zwang / Verbot
zu arbeiten
Entzug / Zuteilung
von Geld
Bedrohen
Wer ist von häuslicher Gewalt betroffen? (I)
… findet in allen Schichten und Kulturen statt.
• Es wurde kein signifikanter Zusammenhang zwischen
Gewalthäufigkeit, Bildung und Einkommen gefunden.
… wird gelernt und weitergegeben.
• Frauen, die Gewalt durch den Beziehungspartner erlitten, hatten
doppelt so oft als Kinder Gewalt erlebt oder waren Zeugin von
Gewalt zwischen den Eltern geworden als Nichtbetroffene.
Wer ist von häuslicher Gewalt betroffen? (II)
jede 3. - 4. Frau mindestens einmal in ihrem Leben
• 37% aller Befragten erlebte ab ihrem 16. Lebensjahr mindestens
einmal körperliche Gewalt.
• Jede siebte Frau erlitt sexuelle Gewalt durch Vergewaltigung,
versuchte Vergewaltigung oder Nötigung zu sexuellen Handlungen.
im Alter zwischen 17 und 20 wird sogar jede 4. Frau zu
sexuellen Handlungen gezwungen
• 42% aller befragten Frauen haben psychische Gewalt erlebt.
jede 6. Frau in der Schwangerschaft
„Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“ (n = 10.264)
Folgen der Gewalt
• Geschätzt wird, dass 22% aller Frauen in Deutschland
geschlechtsbezogene Gewalt in einer Ausprägung erleiden, die
Folgen für die Gesundheit hat.
(Hagemann-White/Bohne 2003)
• Neben den körperlichen Folgen der Gewalt, geben sehr viele
Frauen auch an, psychische Folgen durch die Gewalt erlitten zu
haben.
• Sexualisierte und psychische Gewalt führen bei etwa 80% der
Betroffenen zu hohen psychischen und psychosomatischen
Beeinträchtigungen.
Folgen der Gewalt
Gefühl von Ausweglosigkeit
und der Gefangenschaft
in der Beziehung
Kinder sind immer Mitbetroffene häuslicher Gewalt
• Kinder sehen, was passiert, wenn sie im selben Raum sind
• sie hören das gesamte akustische Spektrum der Gewalt,
wenn sie im Nebenraum sind,
• sie spüren die Eskalation, die destruktiven Emotionen
und
• sie denken darüber nach, was das alles zu bedeuten hat.
(B. Kavemann)
Auswirkungen häuslicher Gewalt auf Kinder
Das Erleben der Gewalt bleibt nie ohne
schädigende Wirkungen für die Kinder:
• Traumatische Auswirkungen
• Entwicklungsstörungen
• Unspezifische Symptome
• Aggressivität
• Ängstlichkeit
Häusliche Gewalt ist keine Privatsache !!!
Jeder Mensch:
jedes Kind, jede Frau, jeder Mann hat das
Recht auf ein gewaltfreies Leben!
Gewalt gegen einen anderen Menschen ist eine
Menschenrechtsverletzung und damit
strafbar!
Ein langer Weg …
• Vergewaltigung in der Ehe ist erst seit 1997 ein Straftatbestand und
steht im Gesetz (§ 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB)
• Zum Schutz der Opfer vor erneuter Gewalt durch den Partner gibt
es seit 2002 das Gewaltschutzgesetz (§1ff GewSchG)
• Im Jahr 2007 wurde in Deutschland Stalking zur Straftat
(§238 StGb)
Dynamik häuslicher Gewalt
Entscheidung der Frau
Trennung
Bleiben
Weitere Vorfälle,
Eskalation
Trennung
Bleiben
Bleiben
Zuspitzung
Trennung
„In guten wie in schlechten Zeiten...“
„Du musst ein bisschen netter zu ihm sein...“
Was sagt das soziale Umfeld?
„Ich würde mir das nie gefallen lassen...“
„Denk an die Kinder...“
„Du hast ihn bestimmt provoziert...“
„Letztlich hilft mir eh niemand“
„Die wollen, dass die Familie zusammenbleibt“
Was kann ich von Beratung erwarten?
Was sagt das soziale Umfeld?
„Die wollen, dass ich mich trenne“
„Die sagen mir, was ich tun soll“
„Die reden ja eh nur“
Fragen, die sich für Frauen stellen
• Schutz gewährleistet?
Beim Bleiben in der
Beziehung
• Schutz gewährleistet?
• Anzeige
ja oder nein?
• Anzeige
ja oder nein?
• Gerichtliches Vorgehen
ja oder nein?
• Verarbeiten des Erlebten
„warum?“
• Finanzielle Absicherung
wovon leben?
• Verarbeiten des Erlebten
„so nicht mehr“
• Neue Situation gestalten
• Neue Situation
„was wünsche ich mir?“
•Verhaltensänderung
„was tue ich zur
Veränderung?“
•Finanzielle Absicherung
Bei einer Trennung
Was tue ich, wenn ich Verdacht
auf häusliche Gewalt habe?
• Sprechen Sie das Thema Gewalt in Paarbeziehungen
nur an, wenn die Frau alleine ist und niemand unverhofft
dazu kommt
• versuchen Sie, sich vorsichtig dem Thema zu nähern
• achten Sie auf eine empathische, nicht verurteilende
Haltung
• manche Frauen mögen vielleicht den Begriff Gewalt
nicht
• versuchen Sie mit Begriffen zu arbeiten, die die Frau
selbst verwendet („kultursensibel“)
vgl. Handbuch WHO Leitlinien für die Gesundheitsversorgung und Gesundheitspolitik 2013
Was tue ich, wenn ich Gewalt vermute
und die Frau sich nicht offenbart?
• Setzten Sie sie nicht unter Druck
• stellen Sie keine detaillierte Fragen, die sie zwingen
schmerzhafte Ereignisse aufleben zu lassen
• geben Sie ihr Zeit, selbst zu entscheiden, ob und was
sie mitteilen möchte
• weisen Sie auf eventuelle Hilfsangebote hin
• Sie müssen NICHT
sie überzeugen, diese Hilfsangebote aufzusuchen
sie überzeugen, die Gewaltbeziehung zu verlassen
die Probleme der Frau lösen
vgl. Handbuch WHO Leitlinien für die Gesundheitsversorgung und Gesundheitspolitik 2013
Prinzipien und Grundhaltung im Gespräch
(I)
Fragend, unterstützend, klärend, teilweise auch
direktiv = Haltung der anteilnehmenden Neugierde
• was ist passiert, wie ist die Situation ?
• kann sich die Frau auf ein Gespräch
einlassen, kann ich es ? (Zeit, eigene Gefühle...)
• gibt es entlastende Faktoren ?
• gibt es ein soziales Umfeld zur Unterstützung ?
• wie schätzt sie die Gefährlichkeit und ihre
Sicherheit ein ?
• Möchte/kann sie professionelle Unterstützung
annehmen ?
Prinzipien und Grundhaltung im Gespräch
(II)
• Freiwilligkeit und Niedrigschwelligkeit
• Vertraulichkeit
• Gespräch folgt dem subjektiven Erleben der Frau
• Klare Haltung gegen Gewalt
• Eindeutigkeit im Umgang mit Grenzen
• Ergebnisoffenheit – Akzeptanz von Entscheidungen
• Ressourcenorientierung, Unterstützung der
Handlungskompetenz
• Berücksichtigung aller relevanten Lebensbezüge
Gewaltbeziehung und Beratungshemmnisse
• Rasche Trennung
• kurze Beziehung, nach (einmaliger) Eskalation schnelles Ende
• Handlungsfähigkeit der Frau: durchgehend aktiv
• Fortsetzung der Beziehung nur, wenn Partner Voraussetzungen
erfüllt
• kaum Beratungsdruck, fühlen sich nicht angesprochen, suchen
bestenfalls Beratung für Mann, der in eigenem Interesse seine
Probleme bearbeiten sollte.
• Neue Chance
•
•
•
•
Normalität mit Brüchen, ggf. Platzverweis als Zäsur
Handlungsfähigkeit der Frau: (durchgehend) aktiv
Trennung wird aktuell ausgeschlossen
kaum Beratungsbedarf was die eigene Person betrifft
insbesondere nicht auf problemorientierte Beratung, suchen
Beratung für den Partner, denn er macht die Probleme.
Gewaltbeziehung und Beratungshemmnisse
• Fortgeschrittener Trennungsprozess
• Mit zunehmender und eskalierender Gewalt zunehmende Ablösung der
Frau aus der Beziehung
• Handlungsfähigkeit der Frau: aktuell aktiv, bzw. von Beginn an stark
• Psychische Ablösung vom Partner ist weit vorangeschritten, bzw.
Trennung ist bereits vollzogen
• fühlen sich von Beratung nicht angesprochen wenn sie annehmen, dass
in Richtung Aufrechterhaltung der Beziehung beraten wird oder
psycholog. Themen im Vordergrund stehen, wollen neue
Herausforderungen meistern
•
Ambivalente Bindung
•
•
•
•
Auf und ab, Teufelskreis
Handlungsfähigkeit der Frau: nicht aktiv, eig. Handeln nicht erklärbar
psychische Ablösung vom Partner nicht möglich
wollen Beratung und scheuen sie gleichzeitig, sind über Beratung
informiert, betonen aber, alles würde nichts nützen und könne nichts
ändern, haben Sorge nicht verstanden u. zur Trennung gedrängt zu
werden.
Häusliche Gewalt - Hilfsangebote
Das bundesweite Hilfetelefon
des Familienministeriums
Verein „Hilfe für Frauen in Not e.V.“
Trägerverein
Frauenhaus Nürnberg seit 1979
• Wohnmöglichkeit und weitreichende Unterstützung
• Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
• Beratung nach dem Frauenhausaufenthalt
Beratungsstelle des Frauenhauses
Kooperationsprojekt „Nürnberger Weg“
Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt
Das Frauenhaus Nürnberg stellt sich vor:
• Im Frauenhaus stehen von Gewalt betroffenen Frauen
vielfältige Beratungsangebote und Informationen zur
Verfügung
• Hier ist der Ort an dem sie über ihre Verletzungen und
Erfahrungen sprechen können und ihre
Ängste verarbeiten können
• So entwickeln sie Stärken für die Zukunft
und können die Chance für einen
selbstbestimmten und gewaltfreien
Neuanfang ergreifen
Frauenhaus Nürnberg
Zielgruppe
• Frauen ab 18 Jahren und deren Kinder,
die von körperlicher/psychischer/sexueller Gewalt
durch den Partner (oder Familienangehörige)
betroffen bzw. bedroht sind
Ausschlusskriterien
• akute Suchtmittelabhängigkeit
• nicht behandelte psychische Erkrankung
• Wohnungslosigkeit und andere Krisensituationen ohne
Gewalthintergrund
Leistungen des Frauenhauses
• Zuflucht und Sicherheit / Anonymität
• Aufnahme rund um die Uhr
• vorübergehende Wohnmöglichkeit
• weitreichende Beratung und Unterstützung
• spezielle Unterstützung der Kinder und Jugendlichen
• weitere Beratung nach dem Frauenhausaufenthalt
Ein Frauenhaus ist auch immer ein Kinderhaus!
Ein Frauenhaus ist auch immer ein Kinderhaus!
• Bedeutung des Frauenhausaufenthaltes
für die Kinder/Jugendlichen
• Auswirkungen der Gewalt
• pädagogische Angebote
• Zielsetzung
• Kooperation mit Institutionen, Fachdiensten
Kontakt
0911 / 33 39 15
[email protected]
http://www.frauenhaus-nbg.de/
Die Beratungsstelle seit 2003
0911 / 378 88 78
[email protected]
Frauenholzstr. 1,
90419 Nürnberg
Die Beratungsstelle
Wir beraten betroffene Frauen/Angehörige/Dritte zu:
• den verschiedenen Schutz- und Unterstützungsmöglichkeiten
(Frauenhaus, Schutzanordnung, Jugendamt etc.)
• Fragen des Kindeswohls
• Trennung und Scheidung
• Finanzieller Unterstützung
• Zur Hinzuziehung einer Rechtsanwältin für Familienrecht
• Zum Gewaltschutzgesetz
• grundsätzlichen rechtlichen Fragen (Aufenthaltsstatus, Sorgerecht,
Umgangsrecht etc.)
• polizeilichen Maßnahmen, Anzeige etc.
• Stalking
Rechtliche Möglichkeit bei Gewalt
• Anzeige bei der Polizei
(z.B. Körperverletzung, Bedrohung, Freiheitsentzug, Stalking u.ä.)
• Platzverweis und Kontaktverbot durch die Polizei
• Gewaltschutzgesetz
Vielen Dank
für Ihre
Aufmerksamkeit!
Statistik
• Pro Jahr kommen ca. 165 Frauen und 130 Kinder ins Frauenhaus
•
•
•
•
45% sind unter 35 Jahre
75% sind unter 40 Jahre
50% kommen mit Kindern
50% sind Migrantinnen
• ca. ¼ geht zum Partner zurück
• ca. ¼ wagt den Neuanfang ohne Partner
Backup