Periphere und Zentrale Leitungen

Periphere und Zentrale Leitungen
6. Bündner Hygienesymposium 5.11.2015
Dr. med. Alexia Cusini
OAe Infektiologie und Spitalhygiene
Infusion Geschichte
1660 J.D. Major erste Infusionsversuche beim Menschen
„Chirurgia infusoria“
1851 erste Spritze aus Glas
Little Plastic Tubes revolutionized Medicine
1950 David J. Massa entwickelt die erste Venenverweilkanüle
an der Mayo Clinic, Rochester
Jeder Katheter ist eine potentielle Infektquelle
Praktische Krankenhaushygiene und Umweltschutz, 2. Aufl. Heidelberg: Springer 1997
Periphere Leitungen
Subcutane
Butterfly
Venenverweilkanüle
Subcutane Infusionen
in die Unterhaut von Bauch oder Oberschenkel
seltener Oberarmregion oder unterhalb des Schlüsselbeins
Infusion: 0.9% NaCl oder 5% Glukose, 500ml über 2-4h
Vorteile:
wenig Komplikationen, wenig schmerzhaft, venenschonend, sicherer
Anwendung:
Flüssigkeitszufuhr in Geriatrie und Palliativpflege, häusliche Krankenpflege
Kontraindikationen:
Schwere Dehydratation oder Schockzustand
 falls Volumenbedarf mehr als 3l/24h
Ausgeprägte Ödeme
Intravenöse Infusionen mit
„Butterfly“
Indikationen:
- Blutentnahme
- einmalige Kurzinfusion
Wegen steckender Nadel
ungeeignet zum Verweilen
Venenverweilkanüle
Zentrales Element der modernen Medizin
Häufigste invasive Massnahme
Indikation: Infusionstherapie mit isotonen Lösungen
Insertionsstelle:
- Handrücken (weniger Phlebitiden)
- Unterarm (weniger Obstruktionen)
NICHT an untere Extremität, Ellenbeuge oder Oberarm
Legen von Venenverweilkanülen
Nur durch geschultes Personal
1. Händedesinfektion
2. Stauschlauch anziehen
3. Einstichstelle desinfizieren
4. unsterile Handschuhe anziehen
5. Vene NICHT mehr palpieren
6. Punktion
Verband
• Punktionsstelle muss steril abgedeckt sein
• Tägliche Kontrolle:
– Funktion
– Inspektion
– Schmerz?
• Verbandwechsel alle 7d und
bei Verschmutzung, Durchfeuchtung oder
Ablösung
Ist ein durchsichtiger Verband besser?
Marsh et al. Cochrane-Review 2015
Ist ein durchsichtiger Verband besser?
Marsh et al. Cochrane-Review 2015
Liegedauer
• So lange wie nötig
• Bis keine Komplikationen auftreten
• Täglich Indikation prüfen!
• Ausnahme: in Notfallsituationen gelegte
Venflon müssen sobald wie möglich
gewechselt werden
Komplikationen
• Obstruktionen
• Paravenöse Infusionen
• Phlebitis (physikochemische Faktoren)
– 30% nach 5d
• Weichteilinfektionen
• Bakteriämien < 2%
Venflon abstöpseln?
• keine wissenschaftlichen Daten über „Venflon-Verschlüsse“
Gefahr: Phlebitis, Lokaler Infekt, Bakteriämie
 deshalb nur in Ausnahmefällen
Vor dem „Abstöpseln“ Venflon mit NaCl 0,9% spülen
• die maximal zulässige Liegezeit ist nicht klar definiert
 Falls Venflon über 24h nicht gebraucht wird  Entfernung
Glück im Unglück bei gerötetem Venflon
73 jähriger Patient mit Epistaxis eingetreten
Nach 5d wird Venflon wegen Rötung der Einstichstelle gezogen
Am nächsten Tag Fieber 39.6° und Schüttelfrost
 Positive Blultkulturen mit Staphylococcus aureus
 Da der Patient eine künstliche Aortenklappe hat, besteht die
Gefahr einer Kunstklappen-Endokariditis
 Folge: parenterale antibiotische Therapie mit Floxapen 2gr
alle 4 h für 2 Wochen
Teaching Points
• Venflon ziehen, sobald er nicht mehr gebraucht wird
• Venflon-bedingte Bakteriämie/Sepsis kommt vor
• Bei Phlebitis und Fieber  Blutkulturen abnehmen und
antibiotisch behandeln
Zentralvenenkatheter (ZVK)
Nicht tunnelierte ZVK
Tunnelierte ZVK
(z. B. PermCath)
Port a cath
Peripherally Inserted Central Catheter (PICC)
Zentralvenenkatheter
in grosse Vene eingelegt:
• V. jugularis interna
• V. Subclavia
• V. femoralis
• Spitze reicht bis Vena cava
(vor dem rechten Vorhof)
Indikationen:
• Infusion grosser Volumen
• Infusion von gefässtoxischen
Substanzen
• Hämodynamische Messungen
• Lange dauernde Infusionen >10d
Die ZVK-Einlage
• Material mit ZVK Set vorbereiten
• Hygienische Händedesinfektion
• Mund-Nasenschutz, Haube, steriler Kittel, sterile
Handschuhe
• Desinfektion der Einstichstelle mit Chlorhexidin
• Abdeckung mit grossem sterilen Tuch
www.carepractice.net
Die sicherste Lokalisation
Subclavia-Katheter: weniger Infekte und Thrombosen, mehr Pneumothorax
Parienti et al. NEJM 2015; 373:1220-9
Die Pflege des liegenden ZVKs
• Vor jeder Manipulation am ZVK Händedesinfektion
• Tägliche Inspektion der Einstichstelle
• transparenter Filmverband wird alle 7d gewechselt
– Mund-Nasenschutz anziehen
– Desinfektion der Einstichstelle
• Blutentnahme aus ZVK nur in Ausnahmesituation
(danach Katheter mit NaCl 0.9% spülen)
• ZVK sobald wie möglich wieder entfernen
Zentralvenenkatheter Infektionen
Definitionen
Kolonisierter Katheter
– Wachstum relevanter Menge Mikroorganismen in der Katheterspitzenkultur
Phlebitis
– ≥ 2 der folgenden Kriterien: Überwärmung, Induration, Rötung,
Druckdolenz, Schmerz
Exit-site infection
– Erythem, Induration und/oder Schwellung >2cm um KatheterAustrittsstelle oder
– purulente Sekretion um Katheteraustrittsstelle mit Nachweis von
Mikroorganismen mit oder ohne Kathetersepsis
Definitionen
Kathetersepsis ‚Catheter-related‘ (CR-BSI)
Bakteriämie oder Fungämie (≥ 1 pos. Blutkultur peripherer Vene) bei
Pat. mit SIRS und ohne andere Quelle für die Sepsis.
Plus eines der folgenden Kriterien:
- Isolation identischer Keim aus Katheterspitzenkultur
- differential time to positivity (DTP) >2h
‚Catheter-associated‘ (CA-BSI)
Primäre Sepsis (positive BK ohne andere Infektquelle) in Anwesenheit
eines ZVK.
Inzidenz Katheter assoziierter Infektionen
Die Folgen eines Infektes:
Mortalität: 1.8%
Verlängerte Hospitalisation: 12 Tage
Zusatzkosten
Burton et al. JAMA 2009
Blot et.al. Clin Infect. Dis 2005
Die Erreger
Erreger
Klinik von Katheter Infektionen
Lokale Symptome:
Systemische Symptome:
– Fieber, Sepsis
Abwesenheit von lokalen Symptomen schliesst einen Katheter
Infekt nicht aus!
Diagnostik bei Verdacht auf Katheterinfekt
Klinische Untersuchung
BD, Puls?
Inspektion der Katheteraustrittstelle
Labor: CRP? Leukozyten?
Mikrobiologie
Abnahme von Blutkulturen aus Katheter und peripher
Differential Time to positivity
Management
Obligate Entfernung des Katheters
Sofort
– Schwere Sepsis
– Purulentes Sekret aus ZVK-Eintrittsstelle
– Verdacht auf septische Thrombose
Im Verlauf
– Positive Blutkulturen
– Persistierendes Fieber ohne andere Erklärung
Mermel, IDSA-Guidelines 2009
Reduktion der Katheter-Infektionen durch:
• verbesserte Händehygiene
• standardisierte Verbandwechsel
• Minimale Katheter-Manipulationen
• hygienische Infusionszubereitung
W. Zingg et al. Crit.Care Med.2009
• Erfassung aller ZVK-Infekte während 4 Jahre
• Intervention:
– Überarbeitung von Cheklisten
– Zusammenstellung eines „ZVK-Kit“
• Training von
– 146 Ärzte (Simulator-Workshop)
– 1274 Pflegende (e-Learning-Modus)
W. Zingg et al. PLOS ONE April 2014
Spitalweite Intervention reduziert Infektrate
6352 ZVKs
114 Infekte
Infektrate
im ersten Jahr:
2.3 /1000 Kathetertage
im letzten Jahr:
0.7 /1000 Kathetertage
W. Zingg et al. PLOS ONE April 2014
Take Home Message