VW zeichnet Servus aus

Servicerobotik
Nr. 5 / Mai 2015
Seite 10
Rückblick auf die Expert Days on Service Robotics
Kombination aus Leichtbauarm und autonomem Transportroboter
Logistik- und Assistenzroboter
bringen Servicerobotik in die Praxis
Handling und Transport kombiniert
„Roboter werden mehr und mehr
zum alltäglichen Werkzeug“, freut
sich Schunk-Geschäftsführer Henrik
A. Schunk zur Eröffnung der achten Expert Days on Service Robotics. So halte nicht nur die MenschRoboter-Kollaboration verstärkt
Einzug in die Montagelinien der
großen Automobilkonzerne, sondern auch in der Logistik erkenne
man zunehmend das Potenzial.
Unter dem Motto „Service
robotics: Probing new horizons“ präsentierten 17
internationale Referenten
zwei Tage lang neue Technologien, Forschungsprojekte und Anwendungen
Ein Highlight der
Expert Days: Die
Premiere des
neuen Careobot
4 vom Fraunhofer IPA
Das bestätigt Dr. Christian Wurll,
Chief Technology Officer bei Grenzebach Automation. Insbesondere beim
Transportieren von leichten Waren
drängten immer mehr Anbieter auf
den Markt. Als Beispiele verweist er
auf Adepts Lynx-Systeme, den kanadischen Adam Robot, den Weasel des
Logistikriesen SSI Schäfer oder die
Systeme der von Grenzebach übernommenen Snox.
Auch beim Thema Kommissionieren
kommen autonome Fahrzeuge mehr
und mehr in Mode. Der Internetriese
Amazon hat hier beispielsweise den
Spezialisten Kiva geschluckt. Deren
Bots bringen Regale zu den Kommissionier-Mitarbeitern, die dann per
Pick by Light gesteuert die passenden
Waren entnehmen. Wurll: „So sparen
sich die Mitarbeiter viele Kilometer
Laufstrecke pro Tag.“ Bei Amazon
fahren schon Tausende dieser Bots
herum.
Grenzebach hat mit G-Com ein ähnliches System entwickelt, das unter anderem beim Logistik-Dienstkleister
BLG im Einsatz ist, um dort OnlineRücksendungen wieder einzusortieren. Für Wurll steht die Servicerobo-
tik daher im Logistik-Umfeld vor einem Boom: „Es wird definitiv mehr
Fahrzeuge im Einsatz geben. Ein großer Markt ist zudem die Krankenhaus-Logistik.“ Aber auch bei den
großen Automobilkonzernen gibt es
nach Einschätzung von Branchenkennern noch großen Nachholbedarf
bei der Intralogistik.
Weitere Potenziale für die Servicerobotik im Automobilumfeld liegen
in der Endmontage. So hat Audi
jüngst im Stammwerk Ingolstadt die
erste Mensch-Roboter-Kooperation
im VW-Konzern realisiert, die in der
Endmontage zum Einsatz kommt.
Der Roboter Part4you arbeitet dabei
ohne Schutzzaun Hand in Hand mit
dem Menschen, um ihm die Arbeit zu
erleichtern: Er greift in die Materialboxen und reicht dem Mitarbeiter die
Kühlmittelausgleichsbehälter
zur
Montage. Das vermeidet Rückenschäden durch ständiges Bücken.
Das werde kein Einzelfall bleiben, ist
Christoph Strassmair von der Entwicklung Montage bei Audi überzeugt: „In die immer noch sehr manuell geprägte Montage wird zunehmen der Roboter einziehen.“ Oft wer-
den Mitarbeiter und Roboter dabei in
Koexistenz arbeiten. Strassmair: „So
kann der Roboter monotone Tätigkeiten ohne Wertschöpfung übernehmen, etwa Teile aufs Band setzen.
Oder er führt einzelne Prozesse aus,
die viel Präzision erfordern – etwa
das gleichmäßige Aufbringen von
Klebstoff oder Dichtungsmaterial.“
Noch interessanter als die Koexistenz
sei aber die echte Kollaboration wie
bei Part4you, ist Strassmair überzeugt. „Wenn der Roboter als Handreicher eingesetzt wird, spart sich der
Mensch unangenehme Bewegungen
und kann sich auf die Montage konzentrieren.“ Den Roboter umgibt dabei eine weiche Schutzhaut mit integrierter Sicherheits Sensorik, um Gefahren auszuschließen.
Und die Forschung tüftelt hier schon
an den Lösungen von morgen. So hat
Prof. Gordon Cheng an der TU München eine multimodale Haut entwickelt, die vier verschiedene Sensoren enthält: Für Temperatur, Kraft,
Beschleunigung und kapazitive Näherung. Damit kann man einen Roboterarm sogar im wahrsten Sinne des
Wortes wegpusten, wie Chengs Video
auf den Expert Days eindrucksvoll
zeigte.
Diese Haut wird unter anderem im
Forschungsprojekt Factory in a Day
eingesetzt, um einen Roboter von
Universal Robots in einen nachgiebigen Roboterarm zu verwandeln. Zirka 10 000 solcher Sensor-Zellen seien
notwendig, um einen Roboter mit feiner Auflösung komplett zu ummanteln, berichtet Cheng. „Wir arbeiten
aber an der Massenproduktion und
wollen in fünf Jahren MillionenStückzahlen produzieren können.“
www.expertdays.schunk.com
VW hat Schunk und Servus Intralogistic als Nominated Supplier für
die Produktionslogistik ausgezeichnet. Deren Kombination aus Leichtbauarm und Mobilroboter siegte in
der Kategorie Materialhandling: ergonomisch und qualitätsorientiert.
Bei Thyssen Krupp ist eine solche
Kombination bereits im Einsatz.
das Bauteil zusätzlich beispielsweise
veredelt oder Prüfprozeduren unterzogen werden. „Verschwenderische
Transporte von A nach B können damit zu wertschöpfenden Prozessen
werden. Nämlich dann, wenn während der Fahrt Teile vom Knickarmroboter kommissioniert oder veredelt
werden“, sagt Christian Beer, Inhaber
Schienengeführte intelligente Transportshuttles
verfahren die Leichtbauarme inklusive der Trays
flexibel zwischen KanbanLager, Kommissionierung
sowie den Fertigungsstationen
Bei der von Volkswagen prämierten
Lösung handelt es sich um ein mobiles
Handhabungs- und Transportsystem,
das Lager, Fertigung und Montage automatisiert verkettet. Zentrale Elemente sind die Leichtbauarme Powerball
Lightweightarm LWA 4P aus Lauffen
(die sowohl die Bauteile als auch komplette Trays handhaben können) und
die schienengeführten intelligenten
Transportshuttles ARC3. Diese Autonomous Robotic Carrier 3 verfahren
die Leichtbauarme inklusive der Trays
flexibel zwischen Kanban-Lager, Kommissionierung sowie den Fertigungsstationen und versorgen die Roboter
mit Energie und Daten.
Das System ermöglicht dabei die Integration von Handling- und Transportaufgaben in einen einzigen Prozessschritt. Während des Transports kann
und Geschäftsführer der IntralogistikSpezialisten aus dem österreichischen Dornbirn.
Im Einsatz ist eine solche Lösung bereits seit Jahren in den Zementprüflaboren von Thyssen Krupp Industrial Solutions. Dabei verkettet ein
ARC3-Transportroboter, bestückt mit
einem Leichtbau-Roboter Probenvorbereitungsmaschinen und Analysatoren rund um die Uhr und in variabler
Abfolge. „Insgesamt sechs Prüflabore
in Deutschland, Frankreich und Thailand wurden zwischenzeitlich erfolgreich mit dem System ausgestattet“,
berichtet Beer.
Schunk GmbH & Co. KG
www.schunk.com
Servus Intralogistics GmbH
www.servus.info
Gesicht als international verständliches Kommunikationsinterface
Zwei-Arm-Robo aus dem Webshop
pi4 treibt weiter die Entwicklung von
dem Menschen nachempfundenen
Robotern voran. „Wir bieten den
Workerbot, den weltweit ersten funktionsfähigen humanoiden Fabrikarbeiter, nun erstmals auch im Webshop an“, unterstreicht Geschäftsführer Matthias Krinke. „Durch Kooperation mit internationalen Leasing-
Durch ihre Flexibilität sind
die Workerbots universell
einsetzbar
banken, kann der Roboter für weniger als ein Monatsgehalt geleast werden.“ Der aufgaben- und ortsflexible
Roboter sei die Antwort auf die Anforderungen an eine hochflexible Fertigung und damit gelebte Industrie-4.0-Philosophie.
Der Workerbot verfügt über eine integrierte Sicherheitstechnik der höchsten Kategorie.
Sein Gesicht als
international
verständliches
Kommunikationsinterface
lässt Bediener
intuitiv den Roboterzustand
erkennen, ohne
aufwändiges
Studium
von
Bedienungsanleitungen.
Das mobile Gerät könne schnell wie
ein Springer zu einem neuen Arbeitsplatz gebracht werden. Er verfügt dazu über eine mobile Plattform, in der
die komplette Steuerungstechnik integriert ist. Workerbots können mit
ihren zwei Armen auch komplexe Bewegungsaufgaben sehr wirkungsvoll
ausführen, auch solche, die ein hohes
Maß an Vorsicht und Präzision verlangen.
pi4_robotics GmbH, www.pi4.de