Vortrag anlässlich der JHV vom 30.05.2015 Dr. jur. Hans Scholzen

Vortrag anlässlich der JHV vom 30.05.2015
Dr. jur. Hans Scholzen
1.
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Blockierpflicht
Im Jahre 2003 führte der Gesetzgeber die Blockierpflicht für Erbwaffen ein, die
aber nicht sofort in Kraft treten konnte, da Blockiersysteme noch nicht auf dem
Markt waren.
Die Blockierverpflichtung wurde somit für 5 Jahre zunächst ausgesetzt.
Ausnahmen von der Blockierpflicht:
1. Erbe erbt eine genehmigte Waffensammlung
2. Es besteht kein Blockiersystem für die geerbten Waffen
(§ 20 Abs. 7 WaffG)
3. Erbe ist bereits anderweitig Waffenbesitzer
Das Hauptproblem bestand nachfolgend in der Praxis, ob auch Erbwaffen blockiert werden müssten, die vor Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung (2003)
geerbt worden waren.
Fall:
Eine Witwe erbte ca. 50 Waffen aus dem Bestand ihres verstorbenen Ehemannes. Ein Großteil der Waffen war nicht zu blockieren, da noch keine Blockiersysteme existierten. Ca. 35 Waffen allerdings unterlagen generell der Blockierpflicht. Die Klägerin wandte aber ein, dass sie nicht verpflichtet sei, weil sie die
Waffen vor 2003, also vor Inkrafttreten der gesetzlichen Änderung geerbt
habe.
Den Prozess führte die Witwe bis zum Bundesverwaltungsgericht (Verfahrensdauer: 6 Jahre). Am 15. Mai 2015 erging das Urteil des Bundesverwaltungsgericht zu dieser Problematik, welches vorab gesagt dürftig begründet ist. Weder
sah das Bundesverwaltungsgericht den verfassungsrechtlich geschützten
Grundsatz des Vertrauensschutzes als verletzt an, noch ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die Blockierverpflichtung für Fälle vor 2003 eine
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gesetzliche Rückwirkung darstelle. Eine solche liegt nämlich vor, wenn eine
Norm in gegenwärtige und noch nicht abgeschlossene Sachverhalte eingreift
und damit die Rechtsposition nachträglich entwertet wird. Auch wurde der gesetzgeberische Wille bei Zustandekommen des Gesetzes durch das Bundesverwaltungsgericht nach meiner Auffassung nicht hinreichend berücksichtigt. Insbesondere Unverständlich ist in der Begründung, dass von einer gewissen Gefährlichkeit geerbter Schusswaffen für den nicht im Umgang mit Schusswaffen
geübten Erben die Rede ist. Dabei wird aber nicht berücksichtigt, dass gerade
im Fall einer Waffensammlung, wo bekanntlich eine größere Anzahl von
Schusswaffen in das Erbe fallen als bei Erbfällen von Jägern oder Sportschützen,
gerade dieser Gedanke durch die Ausnahmeregelung des § 20 und § 17 WaffG
nicht gelten soll.
Schließlich hat der Gesetzgeber ja auch in § 58 WaffG im Rahmen der Übergangsvorschriften für den Altbesitz gezeigt, dass er grundsätzlich den Vertrauensgrundsatz respektiert. Dem gegenüber gewährt das Bundesverwaltungsgericht in seinem jetzigen Urteil bedürfnislosen Erben diesen Vertrauensschutz
nicht.
2. Führen und Transport von Schusswaffen
Gerade der Bereich des Transportes von Waffen und die Abgrenzung zum
nichterlaubnisfreien Führen einer Waffe findet in der Praxis wenig Verständnis.
Grundsätzlich gilt, dass jedes Führen einer Waffe, also das zugriffsbereite Beisich-tragen außerhalb des befriedeten Besitztums eines Waffenscheins bedarf.
Ausnahmeregelungen sieht das Waffengesetz für den Transport von Waffen
vor. Diese dürfen im Rahmen eines Transportes nicht zugriffsbereit sein und
auch nicht geladen sein.
Der Begriff „nicht zugriffsbereit“ ist leider nicht näher definiert. Dieser gilt
dann, wenn man an die Waffe nicht unmittelbar gelangen kann sondern mehr
als 3 Handgriffe erforderlich sind. Am einfachsten ist es jedoch, die Waffe in einem verschlossenen Behältnis zu befördern. Ein geschlossenes Behältnis reicht
nicht aus. Es muss ein Verschlussmechanismus vorhanden und betätigt sein. Es
kommt dabei nicht auf die Leichtigkeit der Öffnung dieses Mechanismus an
(kleines Vorhängeschloss oder Kabelbinder).
Komplizierter wird es beim Führen von Waffenteilen.
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Befördert also jemand eine Pistole ohne Verschluss oder einen Revolver ohne
Trommel oder nur die Trommel des Revolvers befördert er damit wesentliche
Teile einer Schusswaffe. Nach der gesetzlichen Regelung stehen wesentliche
Teile den Waffen gleich. Dies würde bei Auslegung der Vorschrift alleine auf
ihren Wortlaut hin bedeuten, dass auch für das Führen eines Laufs oder einer
Trommel einer Schusswaffe, ein Waffenschein erforderlich wäre. Dies widerspricht aber dem Sinn des Gesetzes. Allenfalls, wenn alle wesentlichen Teile einer Schusswaffe vorhanden sind und diese zu einer Waffe zusammengesetzt
werden können, käme ein Führen in Betracht, nicht wenn es sich um Einzelexemplare handelt. Sinn der Waffenscheinpflicht ist das allgemeine Sicherheitsinteresse. Ein Führen von einzelnen Waffenteilen gibt gar nicht die Möglichkeit,
diese als Angriffsmittel zu verwenden.
3. Strafvorschriften aus dem Waffengesetz
Strafvorschriften unterliegen einem gesetzlich geschützten und durch die
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestätigten Klarheitsgebotes.
Dieser Bestimmtheitsgrundsatz ist in Art. 103 Abs. 2 GG enthalten.
Verwiesen sei auf die Vorschriften der § 223 Strafgesetzbuch (Körperverletzung) und § 242 Strafgesetzbuch (Diebstahl)
„Wer einer anderen Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft.“
„Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen.“
Diese Vorschriften sind dem Laien ohne weiteres verständlich. Im Einzelfall enthalten Spezialgesetze auch nicht ganz so leicht verständliche Regelungen. Übertroffen werden sie aber durch die Strafvorschriften des Waffengesetzes, die
etwa wie folgt lauten:
§ 52 Abs. 3 WaffG
„mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
entgegen
§ 2 Abs. 1 oder 3 jeweils in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1
Nr. 1.2.2 bis 1.2.5, 1.3.1 bis 1.3.3, 1.3.5, 1.3.7, 1.3.8, 1.4.1 Satz 1,
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Nr. 1.4.2 bis 1.4.4 oder 1.5.3 bis 1.5.7 einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handelt treibt.“
Wenn man in der Handhabung dieses Gesetzes nicht auf die entsprechenden
Anlagen zurückgreifen kann, ist man nicht nur als Laie überfordert sondern
muss auch als Jurist beim Lesen dieses Straftatbestandes zwischen Gesetz und
Anlagen hin und her pendeln.
Das Bundesverfassungsgericht musste bisher noch nicht über die Gültigkeit einer solchen Strafnorm und der Konformität mit dem Bestimmtheitsgebot entscheiden.
Zur Abrundung noch ein Zitat aus einem Urteil des Amtsgerichts Gelnhausen,
das die nicht immer vorurteilsfreie private Meinung mancher Richter zu Schusswaffen zum Ausdruck bringt.
Dem lag der Fall eines Jägers zu Grunde, der eine verbotene Vorderschaftsrepetierflinte sein eigen nannte. Das Verbot dieser Art von Schusswaffe resultierte
wiederum anlassbezogen aus dem Amoklauf des Schülers in Erfurt.
Das Urteil führte zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten mit dem
nachfolgenden Verlust der waffenrechtlichen und jagdrechtlichen Zuverlässigkeit des Jägers. In der Konsequenz musste die Eigenjagd mit hohem finanziellem Verlust aufgegeben werden und eine Sperre des Jagdscheins für 5 Jahre
und eine Unzuverlässigkeit, resultierend aus § 5 WaffG, von 10 Jahren akzeptiert werden.
Zitat aus der Urteilsbegründung:
„So mag die Umbaumaßnahme und Rückänderung der Vorderschaftsrepetierflinte mit Schrauben relativ einfach zu handhaben sein. Doch gerade dies zeigt die erhöhte Gefährlichkeit. Durch einfaches Abschrauben
lassen sich Griffe wechseln, wird eine ohnehin gefährliche Waffe zu einem kaum mehr beherrschbaren Instrument. Ebenso wie der leichte Umbau wird der tödlich zerreißende Schuss mit der Pumpgun für jedermann
ein Kinderspiel“
Danke für das Interesse
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