Traumatisierte junge Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe Traumatisierung, Traumafolgen, Traumapädagogik Jahrestagung Jugendsozialarbeit des Deutschen Roten Kreuzes Herbert Winkens 2 • • • • • • • • • • Sozialpädagogik Sonderpädagogik Gesprächstherapie Gestalttherapie Supervision Familientherapie Betriebswirtschaft Coaching Psychotraumatologie (z.Z. Supervision MSc) • • Jugendhilfe (Pädagogik, Therapie, Beratung…) Päd.Leitung • • Praxis für Supervision, Coaching und Tr a i n i n g K ö l n Trainer Institut Gestalttherapie Jugendhilfe und Traumapädagogik 3 Grundlagen Trauma und Bindung Trauma und Neurobiologie Trauma und Lernen Trauma und Migration / Flucht Trauma und Familiendynamik Indirekte Traumatisierung / Cotraumatisierung Speisekarte (Rostocker Tageskarte) 4 Prävalenz Traumata in der Jugendhilfe Traumatheorie (homöopathisch) Traumafolgen Traumapädagogik Selbstfürsorge Exkurs Migration & Trauma Empfehlungen 5 Übung in Freiwilligkeit - das mitnehmen, was brauchbar ist und den Rest einfach hier lassen Bei Bedarf Nichtmitmach-Räume nutzen Weniger Fürsorge für die Anderen … eher Übung in Selbstfürsorge Ver-Sichern – achtsam umgehen mit den eigenen Gefühlen und Grenzen Ein paar soziometrische Turnübungen 6 1 – Eigene Praxiserfahrungen mit traumatisierten Kindern / Jugendlichen 2 – Stand der Auseinandersetzung mit der Thematik in der eigenen Institution 3 – Relevanz des Themas für eigenen beruflichen Kontext 4 – Eigene Motivation (hier & jetzt) sich mit diesem Thema auseinandersetzen Häufigkeit traumatogener Erfahrungen – Erziehungshilfe 7 Es gibt keinen Bereich, außer der Kinder- und Jugendpsychiatrie, in dem so viele traumatisierte Kinder betreut werden wie in der Erziehungshilfe Alle Studien zum Ausmaß der Traumatisierung von Heimkindern zeigen sehr hohe Raten traumatogener Erfahrungen (z.B. Jaritz et.al. 2008 – 75 %) Mehrzahl hat mehrfache und/oder chronische Traumatisierungen durchlebt Formen von Traumata in der stationären Jugendhilfe – Vergleichbarkeit? 8 Emotionale Vernachlässigung 72% Vernachlässigung (Basics) 31% Körperliche Misshandlung 35% Emotionale Misshandlung 31% Sexueller Missbrauch 15% Zeuge von körperlicher / sexueller Gewalt 50% Schwere Unfälle 5% Risikofaktoren u.a. Armut, Trennung der Eltern, Migration, psychisch kranke Eltern … (Jaritz, Wiesinger, Schmid, 2008) Häufigkeit traumatogener Erfahrungen in der ‚Normalbevölkerung‘ 9 Eine posttraumatische Belastungsstörung ist im Kindesalter so häufig wie ADHS (Steil, Rosner, 2009) 22% der 1035 befragten Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren gaben an, bereits ein traumatisches Ereignis erlebt zu haben (Bremer Jugendstudie (1999) von Essau et. Al.) Prognose – Ausweitung auf allen Etagen 10 Zunehmende diagnostische Differenzierung = ansteigende Fallzahlen Mehr staatliche Kontrolle (Kinderschutz) = ansteigende Fallzahlen bei z.B. Misshandlung von Kindern Ausweitung der Zielgruppe wie „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ = sehr deutlicher Anstieg Ausweitung der Aufgaben - durch Inklusion deutlicher Mehrbedarf an Fachwissen zur Verstehbarkeit / Förderbedarf traumatisierter Kinder Zwischenresümé 11 Ziel – Klienten und Profis erkennen gemeinsam Ursachen und Wirkungen von traumatogenen Erfahrungen und finden gemeinsam Lösungen „Plötzlich ist nichts mehr so, wie es war“ 12 Was ist ein Trauma? 13 5 Minuten Murmelrunde mit Ihrer / Ihrem NachbarIn 3 Kriterien auf 3 Karten Was ist ein Trauma? 14 Eine einmalige oder fortdauernde Erfahrung, die zu einer psychischen Verletzung führt die für das Kind überwältigend und mit seinen physischen und psychischen Möglichkeiten nicht kontrollierbar ist die Todesangst und Angst vor Vernichtung des physischen oder psychischen Selbst auslöst und bei der das Kind in der Situation auf niemanden zurückgreifen kann, bei dem es Schutz oder Hilfe erfährt“ (Kinderspezif. Definition lt. Scheuerer-Englisch / 2002) Was geschieht physiologisch bei Gefahr? Ein kleiner Ausschnitt 15 ‚Stress - Hormon - System‘ wird aktiviert und schüttet eine Vielzahl an Stresshormonen wie eine Kaskade aus wie ein Wasserfall von oben nach unten: Eine Reaktion regt mit ihren Hormonen die nächste an In dieser Hoch-Stress-Situation… 16 wird das Bindungssystem aktiviert - ist bei Gefahr kein anderer Mensch in der Nähe bzw. bleiben die Hilferufe unbeantwortet… versuchen wir die Flucht zu ergreifen oder gegen die Bedrohung anzukämpfen = Fight or Flight Reaktion “Nichts-geht-mehr-Situation” (Krüger & Reddemann, 2007) 17 Wenn alle Flucht- oder Kampfreaktionen wirkungslos oder unmöglich sind - Folge = Erstarren (Freeze) Einfrieren als Lähmungsreaktion und damit einher gehendes inneres Wegtreten = Entfremdung vom Geschehen als Alarmzustand und Neutralisieren von Todesangst Fragmentieren (Fragment) - die Erfahrung wird zersplittert (Spiegel zerspringt whrd. des Stressgipfels) und wird weggedrückt ‚Traumatische Zange‘ (Huber 2005) 18 Die peri-traumatische Situation 19 Überwältigende Gefühle von extremer Hilflosigkeit, Ohnmacht, (Todes-)Angst, Kontrollverlust, Wut, Schmerz, Trauer, Ekel, Scham Mit einem (anderen) Wort = “Superstress” (Krüger) Reaktion des Gehirns 20 Chef-Etage: Großhirn(rinde) schaltet ab: eine bewusste Steuerung, eine mit Sprache versehene Speicherung des Geschehens oder eine vernunftgesteuerte Handlungsplanung ist in diesem Zustand nicht mehr möglich. 1.Stock: Limbisches System - Steuerzentrale der Gefühle‘ - Mandelkerne (Amygdala) ‚übernehmen die Steuerung (Feuerwehr im Gehirn) Erdgeschoss: Reptiliengehirn - steuert die Art- und Selbsterhaltung, Atmung, Blutdruck, Körperfunktionen und -reaktionen, seine Sprache sind die Empfindungen Eine kurze Umfrage… 21 Welche Formen traumatogener, belastender Erfahrungen haben Ihre Klienten erlebt? Welche treten besonders häufig auf ? (z.B. Gewalt…) 4 ½ Minuten Sammeln Ein Wort pro Karte notieren Einmal an die Pinnwand (falls eine da ist ) anbringen & kurz vorstellen Wodurch werden Kinder traumatisiert? 22 Emotionale Vernachlässigung selbst erfahrene Gewalt / sexuelle Gewalt Gewalt an einem Elternteil, an den Geschwistern Gewalt an Lieblingstieren Betreuung durch Bezugsperson, die durch eigene Traumafolgestörungen in Übererregung oder Dissoziation gerät (Brisch 2003, Korittko u. Pleyer 2010) Schwierig verlaufende Trennungserfahrungen / Fremdunterbringungen … Traumatisches Ereignis – Traumatische Reaktion - Traumafolgen 23 Der traumatische Prozess endet nicht, wenn „die eigentliche Bedrohung nicht mehr existiert. Wichtiger noch, erst in dieser Phase entwickelt sich die langfristige individuelle und soziale Pathologie. Diese Phase ist im psychologischen Sinne die komplexeste.“ (D. Becker, 2006) Notfallprogramm - ohne Worte 24 Alles Trauma? 25 Die psychische / physische Reaktion, das Erleben und die Vulnerabilität (Verletzlichkeit der Psyche) sind individuell völlig verschieden Die gleichen traumatogenen Ereignisse haben bei verschiedenen Menschen in unterschiedlichen Situationen völlig verschiedene Auswirkungen Bei Kindern bedeuten bspw. die verschiedenen Entwicklungsstadien völlig unterschiedliche Kompensationsmöglichkeiten Neulich bei der Psychiatrie-Hotline: Tuut-Tuut-Tuut ... Klick!: 26 "Willkommen bei der Psychiatrie-Hotline. Wenn Sie zwanghaft sind, wählen Sie immer wieder die 1. Wenn Sie Co-abhängig sind, fragen Sie bitte jemand, der die 2 für Sie wählt. Wenn Sie multiple Persönlichkeiten haben, wählen Sie 3, 4, 5 und 6. Wenn Sie unter paranoidem Wahn leiden, dann wissen wir, wer Sie sind und was Sie wollen. Bleiben Sie so lange in der Leitung, bis wir den Anruf zurückverfolgt haben. Wenn Sie schizophren sind, dann hören Sie genau hin. Leise Stimmen werden Ihnen sagen, welche Nummer Sie wählen müssen. Wenn Sie unter Vergesslichkeit leiden, wählen Sie die 8. Wenn Sie unter Vergesslichkeit leiden, wählen Sie die 8. Wenn Sie unter Vergesslichkeit leiden, wählen Sie die 8 ... Wenn Sie depressiv sind, wählen Sie doch, was Sie wollen. Niemand wird Ihnen zuhören." Pause? 27 Übersicht … 28 Superstress Notfallprogramm Folgeprogramm Trauma - Folgen 29 Traumafolgen - Kohärenzgefühl (Aaron Antonovsky) (Kohärenz – lat. zusammenhängen) 30 Die Überzeugung, dass ein Großteil der Erfahrungen und Ereignisse des Lebens verstehbar ist Die Erfahrung, dass das eigene Leben handhabbar und kontrollierbar ist Das Gefühl, dass das eigene Leben bedeutsam Ist = kippt in Trauma weg Symptome nach Traumata sind … 31 Normale Reaktionen auf nicht normale Ereignisse Versuche mit dem Trauma umzugehen Überlebensmuster • Und … kein Symptom kann EINER Ursache zugeordnet werden – immer multifaktoriell Wiederholung als Heilungsversuch 32 Durch Reinszenierung eigener Erfahrung machen sie sich selbst (Retraumatisierung) oder andere zum Opfer. Das Kind befindet sich in einer Wiederholung des Erlebens nicht zu bewältigender Gefühle. (v. d. Kolk 2000) Do-it-yourself Teil – Erklären Sie zu Zweit / Dritt … 33 (Karteikarten verdeckt mit Begriff ziehen… 10 Min …Vorstellen) 1. 2. 3. 4. 5. 6. Dissoziation Fragmentierung Intrusion Konstriktion Hyperarousal Flashbacks Dissoziation 34 Gegenteil von Assoziation = Abtrennen, Beiseite schieben von Erfahrungen, Gefühlen, Wahrnehmungen Alltags Dissoziation ‚Autobahnfahren‘ Dissoziation verhindert die Erkenntnis ‚Es geschieht jetzt das absolut Unaushaltbare und es geschieht mir‘ Dissoziative Amnesie - Ausblenden bedrohlicher Erinnerungen oder Gefühle die mit einem Trauma verbunden sind Unter extrem traumatisierenden Bedingungen z.B. lang anhaltender Mißbrauch werden Persönlichkeitsfragmente dissoziiert - Identitätsstörung in Form einer multiplen Persönlichkeit Fragmentierte Erinnerungen 35 Es werden nur noch fragmentierte Erinnerungen abgespeichert, z.B. ein Geräusch, ein Bild, ein Geruch, eine Emotion. Diese Erinnerungen werden so intensiv gespeichert, dass sie noch Jahre später dazu führen können, dass der Mensch dieselben körperlichen Reaktionen, Emotionen und Gedanken wahrnimmt, wenn er z.B. durch ein Trauma-Fragment als optischen, akustischen, oder taktilen Erinnerungsauslöser (genannt „Trigger“) mit seinem Trauma konfrontiert wird. Intrusion 36 Erinnerungen haben normalerweise Anfang und Ende, sind episodisch Bei der traumatischen Erinnerung wird nur der best. Moment fokussiert und wiedererlebt; man handelt, denkt und fühlt so, als würde das Ereignis sich wiederholen - zum Beispiel in Form von Panikattaken, Flash-Backs (s.u.), Alpträume, Reinszenierungen (s.u.), , Konstriktion 37 Vermeiden von Gedanken, Gefühlen und Aktivitäten, die Erinnerungen an das Trauma hervorrufen könnten Zum Beispiel in Form von emotionaler Taubheit, fragmentarische Erinnerungen, posttraumatische Amnesien, Starre – Empfindungen, Alkohol- und MedikamentenMißbrauch Trigger 38 Kinder sind innerlich im „Dort und Damals“ ihres Traumas und nicht mehr im „Hier und Jetzt“ Hyperarousal - Übererregung 39 zum Beispiel in Form von ständige Erwartung von Gefahr und Unruhe, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen, übertriebene Schreckreaktion (…) Gefühle werden leichter ausgelöst, fluten schneller an und werden rasch als aversive Anspannung erlebt. Alltägliche Stressoren führen zu einer Überreaktion, dauernder Angstzustand wird zu einer Persönlichkeitskomponente Flashbacks 40 Psychischer Zustand in dem Gedächtnisinhalte, Gefühle u.a. aus Traumata das aktuelle Erleben überfluten z.B. Bilder, Stimmen, Auslöser sind innere / reaktivierende Reize in der Gegenwart von denen aus Assoziationen zum Trauma bestehen Fühlt sich an wie ‚jetzt‘ Wahrnehmen von Grenzen Übungen aus Traumatherapie nach Peter Levine 41 Partnerübung mache dir deine Füße bewusst und den Kontakt deiner Füße zum Boden fühle dein Gewicht und wie die Unterlage dich trägt fühle in die Vorderfront deines Körpers hinein bitte deinen Partner etwa drei Meter entfernt von dir zu stehen und dann, wenn du ihm ein Zeichen dafür gibst näher zu kommen; fühle dabei in die Vorderfront deines Körpers hinein sobald du spürst, dass da eine Veränderung/Grenze ist, bringe die Hände nach vorne, so als wollten sie Stop sagen und drücke dein Stop mit den Händen und mit der Stimme aus markiere diese Grenze z. B. mit Stift oder Streifen auf dem Boden, dann wiederhole diese Übung - nimm wahr, wie die Grenzen sich verändern, bitte den Partner sein Tempo, seine Kraft und seine Aggressivität im Vorwärtsgehen zu variieren und beobachte, wie dies dich verändert finde einen Sinn für die Grenzen, die dadurch etabliert werden Variante - stelle dir dabei vor, der andere repräsentiert eine ganz bestimmte Person, Vater, Mutter, Partner, Klassenkamerad o. ä. Körperübung 42 Traumatogene Folgen sind umso wahrscheinlicher … 43 Je jünger Je immobiler Je hilfloser Je machtloser Je mehr Opiat-Aktivierung (Verletzungen, Schmerz, Folter) Je andauernder Je vertrauter die Person Beispiel - Folgen für die Bindung 44 Traumatisierte Kinder leben intensive, aber instabile Beziehungen als Ergebnis eines schwer erschütterten Vertrauens Sie haben ein starkes Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit einerseits und große Angst, erneut verlassen und/oder verletzt zu werden andererseits. = hoch ambivalent / Dilemma zwischen Nähe und Distanz Beispiel - Folgen in der Regulation von Gefühlen 45 Affektive Selbstregulation eingeschränkt unbeherrschbare Angst, Wut, Traurigkeit als Reaktionen auf oft unbedeutende Reize Einschränkungen im Selbstwertgefühl und hinsichtlich Selbstwirksamkeit Schuldgefühle – besser als Unklarheit auszuhalten, warum gerade ich (= Lösung für Dilemma) und aufgrund Loyalität zu Eltern Beispiel Indirekte Traumatisierung 46 http://www.youtube.com/watch?v=uqChRYmM t3A Traumapädagogik 47 „Man ist dort zu Hause, wo man verstanden wird.“ Indianisches Sprichwort Aus welchen Ecken kommt die Traumapädagogik? 48 Unter dem Begriff „Traumapädagogik“ wird grundsätzlich eine Sammlung pädagogischer Methoden verstanden, die sich an den Erkenntnissen der Psychotraumatologie und der Traumatherapie orientieren und diese in das pädagogische Feld transferieren (vgl. Gahleitner 2010, Kühn, 2008, Kühn/Vogt 2009). Traumapädagogik bedeutet … 49 = eine traumasensible Haltung und nicht unbedingt neue Techniken = Verstehen und richtiges Lesen der besonderen Verletzungen und der Symptomatik der Kinder = Verstehen und Berücksichtigen der Belastungsreaktionen der HelferInnen = die pädagogische Chance die Leiden der Kinder nicht vorschnell an die Therapie zu delegieren Was brauchen Kinder mit traumatogenen Erfahrungen? - Basics 50 1. Sicherheit - Ende der Gewalt oder 2. 3. 4. 5. Vernachlässigung Möglichst viele gute Bindungen Erwachsene die sie bei ihrer Selbstbemächtigung unterstützen Stabilisierung und Lernen sich selbst zu beruhigen – Selbstregulation Prinzip - von der äußeren Sicherheit zur inneren Sicherheit Was heisst traumapädagogische Haltung? 51 Ich habe Respekt vor der Überlebensleistung der Kinder Ich verstehe, ohne dass ich einverstanden sein muss Ich verstehe die Verhaltensweisen als normale Reaktionen auf eine extreme Stressbelastung Ich sehe die Kinder als Spezialisten für schwierige Lebensbedingungen an und bin als ExpertIn auf sie angewiesen Ich bin mit meiner Sicherheit und Stabilität Teil des sicheren Ortes für die Kinder und Jugendlichen Grundsatz im Umgang mit traumatisierten Kindern 52 Stelle den größtmöglichen Kontrast zur traumatischen Situation her Was heißt das? Was brauchen Kinder mit traumtogenen Erfahrungen? 53 Austausch zu Zweit … 7 ½ Minuten 1 Eine / Einer stellt vor und die Anderen bilden ein kritisches und fachunkundiges Publikum Symbol auf einem Zettel … Was brauchen Kinder mit traumatogenen Erfahrungen? 54 Sehr klare Strukturen und Grenzen Zeit – Raum – Beziehung Kontrolle und Vorhersagbarkeit schaffen durch z.B. regelmäßiger Tages-/ Wochenablauf, Mitbestimmung, Erklärungen In der Beziehungsgestaltung – Zuverlässigkeit und Wahlmöglichkeit Trauma-bezogene Anamnese bzw. spezifische Diagnostik Was brauchen Kinder mit traumatogenen Erfahrungen? 55 Hilfen zum Umgang und zur Regulation von Gefühlen und von Stress Möglichkeit des sozial-emotionalen Lernens Positive Lernerfahrungen und Wertschätzung als Kontrast zur Entwertung Stabilisierung in Krisen also Notfall- oder Krisenpläne (Notfallkoffer) … und sie brauchen … Ein konkretes Beispiel einer traumapädagogischen Methode 56 Förderung der Selbstbemächtigung – Die Arbeit mit dem guten Grund 57 Jedes Verhalten macht aus dem Erleben des Einzelnen einen Sinn – ist plausibel Unberechenbare Verhaltensweisen sind oft Anpassungs- / Überlebensstrategien um Situationen zu durchstehen Der gute Grund ist notwendig um belastende Situationen zu bewältigen Als korrigierende Erfahrung zum erlebten NichtVerstehen - Können und dem Erleben, unnormal zu sein Es gibt einen guten Grund! 58 Oft kennen wir diesen Grund nicht oder erkennen ihn nicht sofort. Wichtig ist es dann, ihn zunächst einmal zu postulieren: „Es gibt einen guten Grund – ich kenne ihn nur noch nicht.“ Der gute Grund - praktisch 59 Eine kurzer Blick ‚nach innen‘ Denken Sie mal gerade an Ihre ‚verrückteste‘ Verhaltensweise, die sie immer mal wieder an den Tag legen (brauchen Sie nicht benennen) Fragen Sie sich mal in Gedanken … hartnäckig und wiederholend nach dem Guten Grund … Ich verhalte mich so weil … Ich denke so weil … ich fühle so weil …. Ich reagiere so weil … Traumatisierte Kinder / Jugendliche – was brauchen die PädagogInnen? 60 Psychische Traumatisierungen von KlientInnen wirken wie ein Kiesel der ins Wasser geworfen wird… Distanz – Nähe zum Thema Trauma Noch eine Einladung zum Ausprobieren 61 Wieviel Abstand ist mir im beruflichen Alltag zum Thema Trauma (und möglichen Traumafolgen wie leichte Verletzbarkeit, Hochstress, Druck, Aggressionen, Schuldgefühlen etc.) möglich Wieviel Abstand würde mir im beruflichen Alltag (immer mal) gut tun Was müsste ich tun oder lassen um diese Abstandsposition zu erreichen? Belastungsfaktoren für HelferInnen 62 Kinder bringen die ‚innere Kriegslandschaft‘ ihrer hoch konflikthaften Erfahrungen mit in die Beziehung Belastete Kinder müssen aus Überlebensstrategien heraus die angebotenen Bindungen oft langfristig und massiv in Frage stellen Arbeiten in Arbeitsumgebungen mit Verletzungsrisiko 63 Typisch wäre, wenn der Stresspegel auf relativ hohem Niveau oszilliert Anpassungsreaktionen langfristig zu Rückzug und Mitgefühlserschöpfung führen Typisch wäre auch, dass das Stress – Warnsystem relativ früh anspringt und dass ein Phänomen einer hohen, leichten Verletzbarkeit bei den HelferInnen auftritt Distanz – Nähe - Empathie 64 Empathie = wie ein Tropfen Öl auf Wasser „Ich kann zwischen dir & mir unterscheiden“ (L. Reddemann) Haltung - Empathie - Sympathie 65 Sympathie = wie Wasser und Milch Die Haltung überprüfen … 66 Die Lieblingsfrage ist oft – wer hat Schuld – anstatt zu fragen, wer braucht eigentlich was? ( Dadurch entsteht Schuld statt Beziehung … das heisst es wird nicht so genau hingeschaut…) Traumatisiertes Kind kann man auch als ‚krankes‘ im gewissen Sinne behindertes Kind sehen – als Gegenbild gegen die verharmlosende Ansicht, dass eine solche Belastung sich mit ausreichend Liebe schon mit der Zeit gibt - das wäre so, wie zu denken, dass jemand der ein Bein gebrochen hat (wo die Erkrankung also manifest sichtbar ist) normal laufen könne, wenn man es nur genügend lieben würde … Zuerst die HelferInnen … dann die Kinder 67 Das Wohlergehen der Kinder ist verbunden mit dem Wohlergehen der Bezugspersonen Die PädagogInnen sind Modell, deshalb müssen sie zuerst Verantwortung für sich übernehmen und ausreichend für sich sorgen Suchen Sie sich jemand mit einer ähnlichen Schuhgröße 68 3 Fragen … Wie geht es mir mit dem Thema? Was lasse ich hier? Was brauche ich noch? Zum Schluss noch was zu lesen.. 69 Bauer, J. Warum ich fühle, was du fühlst: Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneuronen – Heyne Verl. 2006 Brisch, K. H., Hellbrügge, T. (2003). Bindung und Trauma. Stuttgart: Klett-Cotta Hanswille R., A. Kissenbeck: Systemische Traumatherapie 2. Auflage 2010 Hantke, L. / H.J. Görges Handbuch Traumakompetenz Junferman Verl. 2012 Huber, M. (2005). Trauma und die Folgen Paderborn: Junfermann. Huber, M. (2009) Von der Qual genesen. Der Körper zwischen Dissoziation und Achtsamkeit. Hüther, G. (1997). Wie aus Stress Gefühle werden. Biologie der Angst. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht. Zum Schluss noch was zu lesen… 70 Hüther, G., Korittko, A., Wolfrum, G., Besser, L. (2010). Neurobiologische Grundlagen der Herausbildung Psychotrauma bedingter Symptomatiken. Trauma und Gewalt, Heft 1, S. 2 – 15 Krüger, A. Powerbook – Erste Hilfe für die Seele - 2011 Krüger, A. Erste Hilfe für traumatisierte Kinder 2012 Korittko, A., Pleyer, K. H. (2010) Traumatischer Stress in der Familie. Systemtherapeutische Lösungswege. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht. Levine P.A. Verwundete Kinderseelen heilen 2005 Schore, A. (2007) Affektregulation und die Reorganisation des Selbst. Stuttgart: Klett-Cotta Informationen im Internet 71 www.traumapädagogik.de www.moses-online.de www.psychotrauma-kinder.de www.psychotraumatologie.de www.khbrisch.de (K.H.Brisch / München / bes. Bindungsstörungen / Bindung) www.ankerland.org (A.Krüger / Hamburg) www.luise-reddemann.de Materialien 72 www.traumapaedagogik.de www.bag-traumapaedagogik.de www.kindertraumainstitut.de www.donnavita.de www.kikt.de www.mvsv.de Vielen Dank! 73
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