War ihnen nicht zuzumuten Länger in der SBZ - sed-opfer

Fluchtwelle unter erschwerten
Bedingungen –
War ihnen nicht
zuzumuten Länger in der
SBZ –DDR zu bleiben -
Zitat „Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren sowohl die westlichen Besatzungszonen
als auch seit 1949 die junge Bundesrepublik von starken (Zwangs-) Wanderungsbewegungen
und Flüchtlingsströmen betroffen. Zunächst suchten Millionen Geflohene und Vertriebene
aus den vormaligen deutschen Ostgebieten hier Zuflucht, die versorgt und mit Wohnraum
und Arbeit versehen werden mussten; seit Ende der 1940er-Jahre verschärfte eine wachsende Zahl von Flüchtlingen und Übersiedlern aus der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ)
bzw. der DDR die Konkurrenz um die knappen Güter. Unter den Bedingungen der „Zusam menbruchsgesellschaft“ gewann daher aus Sicht der den Mangel verwaltenden Politiker
ebenso wie der einheimischen Bevölkerung eine Frage entscheidende Bedeutung: Wer sollte
als Flüchtling aufgenommen werden – das hieß: als „echter“, als legitimer Flüchtling. Dessen
Ansinnen menschlich, moralisch und politisch nicht abzuschlagen war ? Verbunden mit
dieser Kernfrage war die Problematik, welche Ansprüche auf Hilfe und materielle Unterstüt zung den Flüchtlingen und Zugewanderten zugestanden werden sollte.
Als Bundespräsident Theodor Heuss im April 1953 ein großes Aufnahmelager für Flüchtlinge
aus der DDR im Stadtteil Marienfelde einweihte, befand sich West-Berlin in einer schwierigen Lage: Angesichts immer neuer Maßnahmen durch die SED-Partei, die die Freiheiten ihrer
Bürger einschränkten, verließen im Vorfeld des Aufstandes vom 17.Juni 1953 Tausende von
Menschen aus der SBZ/DDR den ostdeutschen Teilstaat. Die meisten von ihnen wählt en
West-Berlin als Tor in die „freie Welt“, da nach der Abriegelung der innerdeutschen Grenze
ab Mai 1952 der Wechsel vom Ostsektor in die Westsektoren der geteilten Stadt den einzigen
einigermaßen ungefährlichen Fluchtweg darstellte.
Insgesamt durchliefen zwischen 1953 und dem Ende der DDR 1990 1,35 Millionen Menschen
das Notaufnahmelager Marienfelde. In dieser Zeit funktionierte es oftmals wie ein sensibler
politischer Seismograf: Wenn sich die Lage in der DDR zuspitzte oder sich Krisen zwischen
den großen politischen Blöcken abzeichneten, stieg die Zahl derer, die sich in Berlin Marienfelde meldeten. Dies war auch im Sommer 1961 der Fall, als die Abriegelung des
Ostsektors von Berlin durch die DDR-Führung bedrohlich im Raum stand. Mit dem Mauerbau
um Berlin herum am 13. August 1961 trat das befürchtete Szenario tatsächlich ein und
brachte eine Wende auch für das Notaufnahmelager Marienfelde: Der Flüchtlingsstrom brach
ab, und es wurde leer auf dem Gelände, sodass seit 1964 zusätzlich Aussiedler aufgenommen
werden konnten. Einen Ansturm von Tausenden von Menschen aus der DDR innerhalb
weniger Wochen erlebte das Aufnahmelager in Berlin Marienfelde erst wieder nach dem
Mauerfall vom 9. November 1989. Am 1. Juli 1990, dem Tag der deutsch-deutschen
Wirtschafts- und Währungsunion, wurde das Notaufnahmeverfahren für Flüchtlinge und
Übersiedler aus der DDR eingestellt.“ (Zitatende)
Quelle: Studie von Elke Kümmel / Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde 2009 –
ISBN 978-3-940938-36-7 Auszüge aus S. 9-13 -Die Auszüge dienen dem Zweck der politischen Unterrichtung
und Urteilsbildung zur Zeitgeschichte-
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Transit: Die Verbindungen von West-Berlin in die Bundesrepublik durch die DDR
„Nach dem Zweiten Weltkrieg teilten die vier Siegermächte- die USA, Großbritanien, Frankreich und die Sowjetunion – Deutschland in vier Besatzungszonen und Berlin in vier
Sektoren auf. Berlin, das in der sowjetisch besetzten Zone lag, konnte über Zugangswege zu
Lande, zu Wasser und in der Luft erreicht werden. Doch abgesehen von den drei Luftkorri doren waren die Vereinbarungen nicht genau definiert, so dass es auf den Verbindungswegen
jahrzehntelang immer wieder Konflikte gab. Als die Sowjets 1948 den Alliierten Kontrollrat
und auch die Alliierte Kommandantur von Berlin verließen, begannen sich West - und OstDeutschland mit ihren Gesellschaftssystemen auseinander zu entwickeln.
1949 wurde die DDR gegründet und Ost-Berlin zur Hauptstadt erklärt. Die Rolle West-Berlins
blieb ein ständiger Zankapfel. Die Sowjetunion forderte wiederholt den Abzug der West alliierten. Die Westmächte hingegen versicherten, die Freiheit West-Berlins zu verteidigen.
Der Ost-West-Konflikt entwickelte sich zum Kalten Krieg; Die Blockade West-Berlins (24.Juni
1948 bis 2.Mai 1949) war einer seiner Höhepunkte.
Die DDR trieb den Umbau in einem kommunistischen Staat voran. Doch die Kollektivierung
der Landwirtschaft, Verstaatlichung privater Betriebe, Mangelwirtschaft und politische
Repressionen gegen alle staatsfeindlichen Bürger und auch an Kirchenvertretern führten
dazu, dass Hunderttausende der DDR den Rücken kehrten. 1952 schloss die DDR die inner deutsche Grenze und baute sie zu einem gefährlichen, militärisch abgesicherten Wall aus. Um
West-Berlin wurden zunächst ähnliche Maßnahmen durchgeführt. Aus den Sperrgebieten
vertrieb man die Menschen. Nur die Grenze zwischen West und Ostberlin war noch bis 1961
offen. Am 13. August 1961 schob die DDR mit dem Mauerbau auch hier einen Riegel vor.
Der Transitverkehr durch die DDR blieb bestehen, aber die Übergangsstellen an der Grenze
wurden wie Festungen gesichert. Die westlichen Passagiere in Autos, Bussen und Eisen bahnen waren der Unberechenbarkeit der DDR-Grenzbehörden ausgesetzt. Erleichterungen
brachte erst das Transitabkommen vom Dezember 1971. Die Bundesrepublik zahlte für die
Visa und die Benutzung der Transitwege Jahrespauschalen. Auserdem gab sie bis 1989 rund
2,2 Milliarden D-Mark für die Instandsetzung und den Ausbau der Transitstrecken aus.
Das Transitabkommen enthielt Vorschriften, die genau eingehalten werden mussten. So war
es verboten, die Transitwege zu verlassen, Personen unterwegs aufzunehmen, etwas entge genzunehmen oder zu verteilen. Lastwagen mit Gütern wurden verplomt. Die Staatssicherheit überwachte die Rastsstätten, auch Intershops, Parkplätze, Tankstellen und Auto bahnabfahrten. Bei Verstoß wurden die Reisenden befragt, kontrolliert oder auch fest genommen. Die „Republikflucht“ von DDR-Bürgern sollte unter allen Umständen verhindert
werden.
Während sich für die Menschen aus dem Westen die Einreisebedingungen in die DDR nach
und nach besserten, gab es für die DDR-Bürger kaum Aussichten, ihr Land durch eine
genehmigte Ausreise zu verlassen. Viele entschlossen sich deshalb, aus der DDR zu flüchten.
Seit der Gründung der DDR im Oktober 1949 bis zum Fall der Mauer im November 1989
kehrten mindestens 3,5 Millionen Ost-Deutsche ihrer Heimat den Rücken. Darunter waren
etwa drei Millionen Flüchtlinge, eine halbe Million Menschen reisten legal aus.
In den ersten Jahren nach der Teilung Deutschlands 1949 konnte man die Besatzungszonen
und Sektorengrenzen noch ohne größere Probleme überqueren. Und auch wenn die DDR seit
1952 die Zonengrenze zum Westen zu einer zunehmend unüberwindbaren Festung ausbaute,
blieb noch jahrelang bis 1961 der Weg über West-Berlin erhalten. So wurden bis zum 13.
August 1961 insgesamt knapp 2,7 Millionen DDR-Flüchtlinge registriert – allein in jedem Jahr
entkamen mehr als 125 000 über die innerstädtische Demarkationslinie. Nach dem Bau der
Mauer schafften es noch rund 5000 Menschen, durch die Sperranlagen in den Westteil der
Stadt Berlin zu gelangen.
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Fluchtwege führten über offizielle Übergänge und durch Schwachstellen in den Grenzanlagen. Menschen liefen, fuhren, schwammen, flogen oder gruben sich in die Freiheit. Sie
besorgten sich falsche Pässe, versteckten sich in Transportgütern wie Kabelrollen, Holzkisten
und Ausstellungsobjekte oder krochen in Hohlräume oder in den Kofferräumen von Autos.
Grenzflüchtlinge, die es nicht schafften wurden an der Mauer oder an der innerdeutschen
Grenze erschossen bzw. an den Grenzanlagen inhaftiert. Auch abenteuerliche Unterfangen
waren Ballonfluchten und die Fluchten durch extra hergestellte unterirdische Tunnel. Auch
Ausflugdampfer und Flugzeuge wurden entführt. Dann gab es noch die Ausbürgerung von
Oppositionellen, meist ohne Haft und Botschaftsbesetzungen, die Menschen 1989 in den
sozialistischen Ländern die Gunst der Stunde nutzten.
Schließlich gab die DDR Führung am 9. November 1989 die Öffnung der Grenzen zur
Bundesrepublik und West-Berlin bekannt.“ Zitatende
Quelle: Mauerübergänge Berlin von Christiane Borgelt und Regina Jost ISBN 978 -3-86711-055-6
-Die Auszüge dienen dem Zweck der politischen Unterrichtung und Urteilsbildung zur Zeitgeschichte PDF aus Datenschutzgründen geschützt, nur für den privaten Gebrauch, Veröffentlichung auf andere
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