PDF-Download - Obst - Wein

GARTENBAU
Cucurbitacin,
ein seltener
Inhaltsstoff
bei Kürbis
Ing. Helmut Pelzmann
D
er Kürbis bietet zwar bei
keinem Inhaltsstoff absolute Spitzenwerte, er besticht
vielmehr durch ausgewogene
wertgebende Mengen. Das
Fruchtfleisch wirkt eher trocken, besteht aber zu über
90% aus Wasser. Entsprechend
wenig Kalorien liefert es: nur
25 kcal in 100 g Fruchtfleisch.
Neben vielen Mineralstoffen
(v.a. Kalium) und den Vitaminen A, C und E ist auch die
Gruppe der B-Vitamine gut
vertreten. Die reichlichen Ballaststoffe fördern die Verdauung.
Bekannt ist auch, dass der
Kürbis, neben der Karotte, vollreifem Paprika und Wirsingkohl, ein ausgezeichnetes Karoten-Depot führt (durchschnittlich 4 mg Karoten/
100 g Fruchtfleisch). Karotene
sind rote, orange und gelbe
Pflanzenfarbstoffe, mit diesen
kann der Körper Vitamin A aufbauen. Karotene wirken wie Vitamin C und E als zellenschüt-
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zende Antioxidantien. Die bekanntesten Karotene sind Betakarotin (in der Karotte) und
das Lykopin (im Paradeiser).
Wirksam werden diese nur bei
gleichzeitiger Aufnahme von
Fett. Unser Kürbiskernöl auf
dem Paradeissalat hat schon
seinen Sinn. Soviel zum gesunden Kürbis.
Interessant ist, dass der Kürbis giftige Bitterstoffe (Cucurbitacine) bilden kann. Von
Natur aus hatten früher viele
Kürbisgewächse bittere Früchte. Die Züchtung hat es im
Laufe vieler Jahre verstanden,
diese Bitterstoffe zu minimieren, ja fast herausgezüchtet.
Cucurbitacin verursacht beim
Genuss Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit, Durchfall und Erbrechen. Bei hoher Dosierung
kommen sogar Todesfälle vor.
Bei Salat- und Einlegegurken
kam es früher immer wieder
vor, dass während einer Hitzeperiode die Früchte bitter
schmeckten. Beim Schälen galt
es immer, die Fruchtenden
wegzuschneiden. Es ist eine
natürliche Reaktion der Pflanze, sich bei langanhaltender
Hitze und Trockenheit (d.i.
Stress) durch Ausbildung von
Bitterstoffen vor dem Gefressen werden zu schützen und
die Nachkommenschaft zu sichern. Für Wildtiere, auch Krähen, sind Kürbis und Gurken
eine Wasserquelle, für den
Menschen eine Speisequelle.
Die Bitterstoffgenetik ist wieder aktiviert.
Beim Kürbis gibt es noch
eine zweite Möglichkeit, bittere Früchte zu bilden. Werden
den Früchten aus dem Garten
die Samen für den nächstjährigen Anbau entnommen, gilt es
aufzupassen, dass keine Zierkürbisse in der Nähe gleichzeitig blühten. Kürbis ist Fremdbefruchter (Bienen, Hummeln)
und hat auf einer Pflanze weibliche und männliche Blüten.
Vor allem bittere, kleinfrüchtige Zierkürbisse, speziell der
Cucurbita-pepo-Untergruppe
„mikrocarpina“, können in
Speisekürbis, wie Zucchini, Patisson, Eichelkürbis, Ölkürbis,
Halloween-Kürbis, SpaghettiKürbis u.a. einkreuzen. Im
nächsten Jahr das „bittere“ Ergebnis: z. B. bittere Zucchini.
OBST – WEIN – GARTEN · Ausgabe Nr. 12 / 2015
Darum der Rat, vor der Zubereitung in der Küche die rohe
Frucht kosten, wenn bittergleich ausspucken.
Nicht jeder Zierkürbis ist giftig. Wenn sie einen Samenkatalog aufschlagen, finden sie
unter Zierkürbis auch den Türkenbund (Turban), bunten
Patisson, Wendehals (Crookneck), Sweet Dumpling usw.,
alles gute Speisekürbisse. Warum diese Sorten in der Sparte
„Zierkürbis“ geführt werden,
hat zwei Gründe: Samen von
Zierkürbis lassen sich preislich
höher verkaufen oder die Sorte
scheint nicht im EU-Sortenkatalog auf, ist somit nicht handelsfähig, als Zierkürbis sehr
wohl. Dieser unterliegt keiner
Regelung.
Der Klimawandel zeigt, dass
die Sommer weiterhin heiß
bleiben werden, d.h. das Phänomen Cucurbitacin, bittere
Früchte, wird uns erhalten
bleiben.
Nichtsdestotrotz spricht viel
für eine vielseitige Verwendung des Kürbis in der Küche:
Er macht frisch, legt nicht zu,
ist wichtig für die Verdauung,
hält den Blutdruck in Ordnung,
bringt Aroma und Genuss, hat
eine antioxidative Wirkung
und ist zudem vitaminreich. ■