Die neue Registrierkassenpflicht und Belegerteilungspflicht im Rahmen der Steuerreform gültig ab 1.1.2016 Annemarie Mittermayr 15. Oktober 2015 Einführung Welche Pflichten kommen auf Unternehmer zu? ab • • • 1.1.2016: Änderung bei Einzelaufzeichnung Änderung bei Belegausstellung/Belegannahme Zwingende Verwendung einer Registrierkasse ab 1.7.2016: • Meldemöglichkeit über Finanz-Online • Registrierung der Registrierkasse im Finanz-Online bzw. Meldung bei Wegfall der Registrierkasse im Finanz-Online • Registrierkassensicherheitsverordnung (RKSV) ab • • • 1.1. 2017: Meldeverpflichtung über Finanz-Online Technische Sicherheitseinrichtung/Manipulationsschutz Registrierkassensicherheitsverordnung (RKSV) Einführung Was bisher geschah: 1999: Änderungen in der Bundesabgabenordnung (BAO) • Verpflichtung zum Datenexport ab 2001 (Übergangsfrist) • auch für Registrierkassen und Kassensysteme 2006/2007: Betrugsbekämpfungsgesetz und Barbewegungsverordnung • Einzelaufzeichnung von Geschäftsfällen • Weitere Anpassungen der BAO (elektronisch-technischer Bereich) • Sicherung der Vollständigkeit durch zB Protokollierung der Datenerfassung • Sicherheitseinrichtung zur Gewährleistung der Sicherheit und Vollständigkeit 2011/2012: Kassenrichtlinie 2012 • Präzisierung der Kriterien der technischen Ordnungsmäßigkeit von Registrierkassen und Kassensystemen (keine Anpassung, nur Auslegung) Realzustand technisch noch ganz anders -> zahlreiche Verschärfungen durch die Steuerreform Einzelaufzeichnungspflicht Belegerteilungspflicht Registrierkassenpflicht – Die häufigsten Fragen zum neuen Pflichtenheft • • • • • • • Wer ist einzelaufzeichnungspflichtig? Was bedeutet Belegerteilungspflicht Was versteht man unter Belegannahmepflicht? Wer muss eine Registrierkasse verwenden? Welche Ausnahmen gibt es? Welche Erleichterungen sind gesetzlich vorgesehen? Mit welchen Sanktionen/Konsequenzen muss bei Nichteinhaltung gerechnet werden? • • Gibt es Förderungen für die Anschaffung? Wie sieht die steuerliche Absetzbarkeit aus? • Gibt es wenigstens irgendwelche Vorteile??? Einzelaufzeichnungspflicht Gültig nur für Barumsätze Generelle Einzelaufzeichnungs- bzw. Einzelfesthaltungspflicht mit Ausnahmetatbeständen Gesetzliche Grundlage Bisher: BAO und Barbewegungsverodnung (gilt bis 31.12.2015) • für alle über einem Jahresumsatz von € 150.000,00 netto • für Umsätze darunter: Kassasturz, Standrechnung, Strichlisten, Rechenmaschine mit Streifen etc. Neu: BAO und Barumsatzverordnung (gilt ab 1.1.2016) Barumsätze sind Umsätze, • bei denen das Entgelt bar geleistet wird • aber auch Zahlungen mit • Bankomat oder Kreditkarte • andere elektronische Zahlungsformen zB mit Mobiltelefon, Pay Life Quick • Zahlung mit Gutscheinen, Bons, Geschenkmünzen Einzelaufzeichnungspflicht Keine Barumsätze sind: Zahlungen mit Erlagscheinen, Telebanking/E-Banking Gültig für alle Unternehmer ab dem ersten Euro Umsatz (keine Bagatellgrenzen oder Bagatellbeträge) Unabhängig vom tatsächlich erzielten Umsatz Somit für • Gewerbebetreibende • Selbständige/Freiberufler • Land- und Forstwirte aber auch: • Vermietung und Verpachtung • sonstige Einkünfte Keine Ausnahmen für Pauschalierungen! Einzelaufzeichnungspflicht Was muss aufgezeichnet werden? Einzelaufzeichnung bei Bilanzierern oder freiwilliger Buchführung • • • • Alle Bareingänge und Barausgänge in den Büchern oder in den Grundaufzeichnungen täglich einzeln festgehalten betrifft somit alle Einlagen und Entnahmen Einzelfesthaltung bei Einnahmen- und Ausgabenrechnung, Überschussrechnung und sonstigen Einkünften • alle Bargeschäfte sind festzuhalten nur erfolgswirksame Geschäftsvorfälle, Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, Werbungskosten Belegerteilungspflicht – Belegannahmepflicht für alle erhaltenen Barzahlungen ist ein Beleg auszustellen händischer Papierbon (Paragon) mit folgenden Mindestangaben: • eindeutige Bezeichnung des liefernden oder leistenden Unternehmers • fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihe, die zur Identifizierung des Geschäftsvorfalles einmalig vergeben wird • Tag der Belegausstellung • Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistungen (Vereinfachungen in Aussicht) • Betrag der Barzahlung oder ein Beleg aus der Registrierkasse (elektronischer Beleg): zusätzlich zu den obigen Merkmalen gilt bei Registrierkassenbelegen ab 1.1.2017: • Kassenidentifikationsnummer • Uhrzeit • Aufsplittung des Betrages nach Steuersätzen • Maschinenlesbarer Code: zB QR-Code oder sonstiger alphanumerischer Code Belegerteilungspflicht – Belegannahmepflicht Weiters: Anfertigung einer Durchschrift oder zeitgleich erstellte Zweitschrift Belegaufbewahrungsfrist 7 Jahre Leistungsempfänger hat den Beleg entgegenzunehmen und bis außerhalb der Geschäftsräumlichkeiten mitzunehmen -> die „Belegausstellungskultur“ soll gefördert werden -> aber keine sanktionierbare Finanzordnungswidrigkeit Registrierkassenpflicht Wer ist betroffen? Alle Betriebe (=Unternehmer mit betrieblichen Einkünften) • • • Gewerbebetriebe Selbständige/Freiberufler Land-und Forstwirte also somit nicht: Vermietung und Verpachtung Ab welchen Grenzen? • Nettoumsätze pro Jahr und Betrieb ab einem Jahresumsatz von € 15.000,00 und • sofern die darin enthaltenen Barumsätze € 7.500,00 überschreiten Registrierkassenpflicht Ab wann? Grundsätzlich • ab 1.1.2016 muss der betroffene Unternehmer eine Registrierkasse führen, die den Vorgaben der Kassenrichtlinie entspricht, seine Bareinnahmen damit erfassen und die Belege mittels der Kasse ausstellen • ab 1.1.2017 muss die Registrierkasse zusätzlich mit einer technischen Sicherheitseinrichtung gegen Manipulation aufgerüstet werden, die Unveränderbarkeit der Auszeichnungen ist durch kryptographische Signatur jedes Barumsatzes mittels einer dem Steuerpflichtigen Zugeordneten Signaturerstellungseinheit zu gewährleisten und es muss die Nachprüfbarkeit durch Erfassung der Signatur auf den einzelnen Belegen sichergestellt werden Registrierkassenpflicht Wie sieht der Übergang konkret aus? Ab dem erstmaligen Überschreiten der beiden oben genannten Grenzen mit Beginn des viertfolgenden Monats nach Ablauf des Voranmeldezeitraumes für die Umsatzsteuer Aufgrund der grundsätzlichen Gültigkeit ab 1.1.2016 werden die Umsätze des Jahres 2015 für die Bestimmung des Zeitpunktes für den Beginn der Kassenpflicht herangezogen Registrierkassenpflicht Wie sieht der Übergang konkret aus? Beispiele: Für alle, die bis September 2015 beide Grenzen überschritten haben -> Registrierkassenpflicht ab 1.1.2016 Für alle, die bis November 2015 beide Grenzen überschritten haben und einen monatlichen USt-Voranmeldungszeitraum haben: -> Registrierkassenpflicht ab 1.3.2016 Für alle, die bis November 2015 beide Grenzen überschritten haben und einen quartalsweisen USt-Voranmeldungszeitraum haben: -> Registrierkassenpflicht ab 1.4.2016 Registrierkassenpflicht Gibt es auch ein Ende der Registrierkassenpflicht? Wenn die Umsatzgrenzen in einem Jahr nicht überschritten werden und es absehbar ist, dass die Grenzen auch künftig nicht überschritten werden: -> Wegfall der Registrierkassenpflicht mit dem Beginn des nächsten Kalenderjahres Anwendungsfälle: • Umstellung des Betriebes auf Zielgeschäfte • Betriebsaufgabe Registrierkassenpflicht Abgabenrechtliche Überprüfungen durch folgende Maßnahmen • Erhebungen oft verdeckt, Mystery Shopping • Nachschauen durch die Finanzpolizei • Prüfungen Umsatzsteuersonderprüfung Betriebsprüfung Ausnahmen und Erleichterungen Ausnahmen und Sonderregelungen von der Einzelaufzeichnung, der Belegerteilung und der Verwendung einer Registrierkasse Barumsatzverordnung: Vereinfachte Losungsermittlung für „Kalte-Hände-Umsätze“ aber auch nur bis zu einem Jahresumsatz von € 30.000,00 pro Betrieb Voraussetzung: von Haus zu Haus, auf öffentlichen Straßen, Wegen, Plätzen, offene Verkaufswagen, Marktstände, nicht in oder in Verbindung mit fest umschlossenen Räumlichkeiten Onlineshops – keine Bargeldzahlung als Gegenleistung Ausnahmen und Erleichterungen Automaten (bestimmte Warenausgabe- und Dienstleistungsautomaten) Automat schon bis spätestens 31.12.2015 in Betrieb genommen: Sofern der Einzelumsatz unter € 20,00 beträgt, Sonderregelung bis 31.12.2026 Inkrafttreten erst ab 1.1.2027 Automat ab 1.1.2016 in Betrieb genommen: • Sofern der Einzelumsatz unter € 20,00 beträgt, reicht vereinfachte Losungsermittlung • Zumindest im Abstand von 6 Wochen regelmäßig erfolgende Ermittlung und Aufzeichnung der Anzahl der verkauften Waren anlässlich der Nachfüllung durch Bestandsverrechnung • manuelle oder elektronische Auslesung der Zählwerkstände • Kassenentleerung zumindest einmal im Monat Bei Übersteigen eines Einzelumsatzes von € 20,00: keine Ausnahme möglich Ausnahmen und Erleichterungen Umsätze entbehrlicher und unentbehrlicher Hilfsbetriebe abgabenrechtlich begünstigter Körperschaften • • • gesellige Veranstaltungen, die nicht länger als 48 Stunden im Jahr dauern Organisation und Verpflegung bei der Veranstaltung durch Mitglieder oder deren naher Angehöriger durchgeführt und bereitgestellt nicht mehr als € 1.000,00 pro Stunde für Musik und Künstler Anwendungsfälle : zB Feuerwehrfeste, Pfarrfeste Mobile Berufe • Unternehmer, die Lieferungen/Leistungen außerhalb ihrer Betriebsstätte erbringen • Es muss keine Registrierkasse mitgeführt werden, aber ein Beleg ausgestellt werden und eine Durchschrift aufbewahrt werden. Nach Rückkehr in die Betriebsstätte hat die Erfassung in der Registrierkasse ohne unnötigen Aufschub zu erfolgen. Ausnahmen und Erleichterungen Sonderregelung geschlossenes Gesamtsystem • Betrifft Unternehmer, die mehr als 30 Registrierkassen im Inland verwenden • Antrag beim Finanzamt • Beilegung eines Gutachtens eines gerichtlich beeideten Sachverständigen, welches die Manipulationssicherheit bestätigt • Feststellungsbescheid des Finanzamts Änderungen der Verhältnisse sind dem Finanzamt innerhalb eines Monats zu melden Sanktionen – Konsequenzen Anpassungen im Finanzstrafgesetz Nichtverwendung einer Registrierkasse ab dem 1.1.2016 oder Betrieb einer Registrierkasse ohne Signaturerstellungseinheit ab dem 1.1.2017 -> Finanzordnungswidrigkeit: Strafrahmen bis zu € 5.000,00 -> Gefahr, dass materielle Richtigkeit des Rechnungswesens angezweifelt wird -> Gefahr einer Umsatzhinzuschätzung Feststellung einer programmgesteuerten Datenmanipulation ohne Abgabenverkürzung -> Finanzordnungswidrigkeit bis zu € 25.000,00 Entrichtung einer verkürzten Selbstbemessungsabgabe -> Abgabenhinterziehung Festsetzung einer verkürzten Abgabe auf Basis einer Datenmanipulation -> Abgabenbetrug Förderungen – steuerliche Absetzbarkeit Anschaffung im Zeitraum 1.3.2015 - 31.12.2016: Für die Anschaffung oder Umrüstung kann je Kassensystem eine Prämie von € 200,00 geltend gemacht werden Je Erfassungseinheit können € 30,00 geltend gemacht werden. -> Geltendmachung im Rahmen der Steuererklärung 2015 bzw. 2016 -> Formular 108 c Anschaffungs- und Umrüstungskosten sind im Jahr der Anschaffung in voller Höhe als Betriebsausgaben absetzbar Im Zuge der Veranlagung erfolgt eine Gutschrift auf dem Abgabenkonto. Vorteile – positive Aspekte? • erhöhte Rechtssicherheit • • • • • verbesserte Auswertungsmöglichkeiten: insbesondere Tages/Wochenauswertungen und Vorjahresvergleiche statistische Auswertungen elektronische Datenübernahme in die Buchhaltung Schnittstellung zu Lagerverwaltung, Bestellwesen, Kundendatenbank Kassenabschluss schneller als bisher fertig • Kassabuchführung effizienter erledigt • Rechnungserstellung auf Knopfdruck • Geld- und Warenkontrolle • Kassenstand Soll/Ist Vergleich Möglicher Fahrplan für die Umsetzung Unternehmer: sucht Kassenhändler auf, um eine Registrierkasse zu kaufen bzw. umzurüsten Er entscheidet sich für ein Kassenpaket (gesetzeskonforme Kasse mit Signaturerstellungseinheit ((=SEE)) beinhaltet Standard AES 2056, Datenerfassungsprotokoll, Drucker, Schnittstelle zu SEE) Kassenhändler: erfragt Objektidentifier(OID)-Daten für Zertifikat auf SEE (kann zB die Steuernummer sein) und nimmt als zugelassene Registrierungsstelle elektronisch Kontakt mit Zertifizierungsdienstanbieter (ZDA) auf Zertifizierungsdienstanbieter stellt Zertifikat mit Signaturschlüsseln und einer Seriennummer für die SEE zur Verfügung und meldet Zertifikatsausstellung an öffentliche Trust-List Kassenhändler lädt Zertifikat auf SEE und übergibt Kassenpaket Unternehmer meldet über FINON den Erwerb einer SEE und gibt Seriennummer des Zertifikates und Kassenidentifikationsnummer bekannt FINON überprüft mit Hilfe der Seriennummer des Zertifikates die Übereinstimmung der Zertifikatsdaten mit der Trust-List. Die gemeldeten Daten werden an die Registrierkassendatenbank weitergeleitet. Unternehmer nimmt die Registrierkasse durch Eingabe der Kassenidentifizierungsnummer (KID) als Startwert in Betrieb Registrierkassendatenbank nimmt Daten von FINON in Evidenz Danke für Ihre Aufmerksamkeit Mag. Annemarie Mittermayr Steuerberaterin Partnerin Tel: 01/811 75 – 22 E-Mail: [email protected]
© Copyright 2024 ExpyDoc