6 Research_Ausblick 2016 Deutsche Bank_r e s u l t s 10 Prognosen für das Jahr 2016 Politik – Sorgen um Europa, Ruhe in den USA Weltwirtschaftswachstum in % zum Vorjahr; e = Erwartung der Deutschen Bank QUELLE: IMF/PROGNOSEN DEUTSCHE BANK GLOBAL MARKETS, STAND: 23. 11. 2015 5,1 In Europa können 2016 viele politische Themen für Unruhe sorgen: die anhaltenden Probleme der Peripherieländer und der nach wie vor schwelende Ukrainekonflikt ebenso wie die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens. Ob darüber hinaus im späteren Jahresverlauf auch ein möglicher EU-Austritt Großbritanniens wieder auf den Tisch kommt, bleibt abzuwarten. Dagegen dürfte es in den USA – trotz der anstehenden Präsidentschaftswahlen im November und einzelner Diskussionen, etwa um das landesweite Krankenversicherungssystem („Obamacare“) – vergleichsweise ruhig bleiben. Auch wegen des jüngst erzielten fiskalischen Kompromisses zwischen Republikanern und Demokraten könnte die US-Wirtschaft im kommenden Jahr von innenpolitischen Risiken weniger stark betroffen sein als die Volkswirtschaften in Europa oder Asien. 5,4 5,5 5,4 4,8 4,1 3,8 2003 04 3,2 3,2 3,3 3,1 3,4 05 06 07 10 11 12 13 14 15e 2016e Wachstum – schwacher Trend, stabiler Zyklus Das weltweite Wachstum dürfte sich zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder leicht beschleunigen: von 3,1 Prozent 2015 auf fast 3,5 Prozent. Dabei lösen Binnenkonsum und Dienstleistungen die Industrieproduktion voraussichtlich als Wachstumstreiber ab. Für Deutschland rechnet Stephan mit 1,9 Prozent, für die USA mit 2,5 und für Japan immerhin noch mit 1,5 Prozent Wachstum. Geldpolitik – Notenbanker handeln auf unerforschtem Gebiet Die Geldpolitik wird ihren starken Einfluss auf die Entwicklung der globalen Kapitalmärkte behalten. Ob die Notenbanken die Märkte dabei eher stützen oder weiter verunsichern, wird davon abhängen, wie stringent und nachvollziehbar Fed, EZB & Co. ihre Politik gestalten. Vieles spricht für eine Leitzinsanhebung der Fed bereits in diesem Dezember, darüber hinaus erwartet Ulrich Stephan ein bis zwei weitere im kommenden Jahr. Die Europäische Zentralbank dagegen könnte neben der Senkung des Einlagezinssatzes bald auch eine Ausweitung ihres Anleiheankaufprogramms bis zum März 2017 beschließen. Das schwächt den Euro und sollte der nach wie vor kriselnden Eurozone wirtschaftlich weiter auf die Beine helfen. FOTO: IMAGINECHINA/CORBIS FOTO: MARIO ANDREYA Was bringt das Jahr für Anleger? In seinem Konjunkturausblick rechnet Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank, mit zyklischer Erholung in den Industrieländern und einer Stabilisierung in China Deutsche Bank_r e s u l t s Research_Ausblick 2016 7 Volle Schiffe statt Krisenstimmung am Hafen von Shenzhen: Die Deutsche Bank prognostiziert für China ein Wachstum von 6,5 Prozent. Die Stabilisierung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt könnte auch positive Auswirkungen auf die Kurschancen im DAX haben Währungen – Wechselkurse als Performance-Treiber Beim US-Dollar sieht Stephan klare Tendenzen: „Ich gehe davon aus, dass der ‚Greenback‘ im Vergleich zu allen bedeutenden Währungen weiter an Stärke gewinnen wird.“ Im Hinblick auf den Euro dürfte im Jahresverlauf 2016 zumindest die Parität erreicht werden. Für Schwellenländer wie China oder Indien sollten sich die negativen Auswirkungen einer sukzessiven Dollar-Aufwertung in Grenzen halten. Bei Ländern mit Defiziten in der Leistungsbilanz und dem Haushalt – sogenannten Doppeldefiziten – und stockenden Strukturreformen (etwa Brasilien oder die Türkei) müssten Anleger jedoch mit kurzfristigen, auch größeren Wechselkursschwankungen rechnen. Gute Trefferquote 2015 Wie steht es um die Prognosen 2015, die vor einem Jahr vorgestellt wurden? Von zehn Voraussagen haben sich neun bewahrheitet, über die Zinserhöhung der Fed * WIRD FÜR DEZEMBER 2015 ERWARTET war bei Redaktionsschluss noch nicht entschieden. 1. Wachstum in USA, China, Europa: mehr, weniger, überschaubar 2. Nullzinspolitik findet ein Ende: Fed macht den ersten Schritt 3. 2014 war nur der Anfang: US-Dollar wertet weiter auf 4. Steigende Zinsen bei Staatsanleihen: Höher ist noch lange nicht hoch genug 5. Chancen am Rentenmarkt – aber nicht vor der Haustür 6. Keine Lust auf Minizinsen – Immobilien als Alternative 7. Volatile Aktienmärkte in Europa und USA: zwischen Überraschung und Stabilität 8. Aktienmärkte honorieren Reformen: China, Indien & Co. im Aufwind 9. Risiken – alte und neue Bekannte 10. Niedrige Zinsen, schwankende Aktien – das Portfolio macht den Unterschied aus 8 Research_Ausblick 2016 Deutsche Bank_r e s u l t s Renten – viel Ärger für wenig Rendite Aktien – mit „Sicherheit“ dabei bleiben Aktien – hohe Bewertungen bleiben hoch Anleihen mit vergleichsweise geringem Risiko, zum Beispiel zehnjährige Bundesanleihen, dürften auch im kommenden Jahr kaum interessante Renditen bringen. „Potenzial sehe ich dagegen bei US-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade“, erklärt Ulrich Stephan. Hier könnten rund 3,5 Prozent Rendite möglich sein. Für eine noch höhere Rendite ist ein überproportional hohes Risiko einzugehen. So dürften im US-High-Yield-Bereich die Ausfallraten deutlich anziehen. Bei Schwellenländer-Anleihen wird nach Meinung von Ulrich Stephan viel von der Währungsentwicklung abhängen: Stabilisieren sich die Wechselkurse gegenüber Euro und US-Dollar, könnten wieder einträgliche Renditen möglich sein. Hinzu kommt der Einfluss Chinas: Kann die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt positiv überraschen, könnten Schwellenländer-Anleihen davon profitieren. Nach sieben Jahren Bullenmarkt könnten sich die Aktienkurse im kommenden Jahr verhaltener entwickeln. Unter anderem weil die Unternehmensgewinne nur einstellig zulegen dürften – mit positivem Überraschungspotenzial in der Eurozone. Für Anleger wird es darauf ankommen, in einem breit diversifizierten Portfolio die richtigen Akzente zu setzen: Auf regionaler Ebene erscheinen die entwickelten Märkte – etwa die Eurozone, Japan und die USA – insgesamt aussichtsreicher als die Schwellenländer. Bei den Branchen und Unternehmen gilt es diejenigen zu identifizieren, die ihre Umsätze und Margen gegen den allgemeinen Trend weiter steigern können. Aktien dürften 2016 ein gefragtes Investment bleiben. Hauptgrund dafür ist das erwartete einstellige Gewinnwachstum der Unternehmen. Bei stabilen bis leicht anziehenden Bewertungen, etwa in China und den USA, könnten die Aktienpreise im mittleren einstelligen Bereich zulegen – zuzüglich Dividendenzahlungen. Auf Sektorenebene dürften zunächst Zykliker – Finanzen, Technologie, Nichtbasiskonsum – und im weiteren Jahresverlauf defensivere Werte, etwa Gesundheit und Basiskonsum, im Anlagefokus stehen. Stützend auf die Aktiennachfrage sollte sich das niedrige Zinsumfeld auswirken: Aktienmärkte werden dadurch für Investoren auf der Suche nach rentierlichen Anlagen immer interessanter. Aktuelle Rendite ausgewählter Anleihesegmente, in % Konsensus-Gewinnschätzungen 2016, Steigerung in % zum Vorjahr QUELLE: IBES/DATASTREAM/ DEUTSCHE BANK GLOBAL MARKETS, STAND: 19. 11. 2015 10,2 QUELLE: DEUTSCHE BANK, STAND: 13. 11. 2015 9,8 8,0 8,7 7,6 7,7 MSCI World S&P 500 8,4 7,4 4,5 3,6 1,7 1,7 USD EUR 1,2 EUR Staatsanleihe USD Investment-GradeUnternehmensanleihe EUR USD High-YieldUnternehmensanleihe Stoxx 600 Euro Stoxx Topix MSCI EM MSCI Asia ex Japan Research_Ausblick 2016 FOTO: MARIO ANDREYA Deutsche Bank_r e s u l t s Ulrich Stephan empfiehlt Mut zum Risiko: „Anleger, die ein Mindestmaß an Rendite anstreben, kommen um Aktien auch im Jahr 2016 nicht herum“ Rohstoffe – im Schatten von Dollar und Angebot Immobilien – Metropolen gehört die Zukunft Aufgrund der vielen Einflussfaktoren sind Prognosen zum Öl mit großen Unsicherheiten behaftet. „Ich gehe allerdings davon aus, dass beim Ölpreis zumindest bald die Tiefststände erreicht sein dürften“, meint Ulrich Stephan. Angebot und Nachfrage sollten sich jedoch erst gegen Ende des Jahres 2016 annähern und die Preise anziehen. Ebenso unsicher gestalten sich derzeit Prognosen zum Gold: Zwar könnten einige Notenbanken vor allem in den Schwellenländern ihre Bestände ausbauen, für Gegenwind dürften jedoch steigende Zinsen in den USA und ein erstarkender Dollar sorgen. Stephan sieht beim Gold deshalb seitwärts tendierende oder sogar eher fallende Preise. Der Trend der vergangenen Jahre wird sich 2016 voraussichtlich fortsetzen: Weltweit zieht es die Menschen in die Metropolregionen. Mit der damit verbundenen Nachfrage nach Immobilien dürfte das Angebotswachstum nicht Schritt halten – steigende Preise wären die Folge. In Europa erscheinen insbesondere deutsche Standorte interessant, da sie im Gegensatz zu bereits weit gelaufenen Märkten wie London nach wie vor fair bewertet scheinen – eine Blasenbildung ist am deutschen Immobilienmarkt derzeit nicht in Sicht. In den USA sieht die Deutsche Bank den intakten Arbeitsmarkt weiter als starken Treiber. Insgesamt rechnet Ulrich Stephan einem global breit gestreuten Immobilienportfolio die größten Renditechancen zu. 9 Risiken – fragen Sie den Notenbanker Ihres Vertrauens Neben geopolitischen Risiken dürfte die Geldpolitik der größte Unsicherheitsfaktor im Jahr 2016 sein. So könnte im Zuge der Leitzinserhöhungen der Fed der US-Dollar zu stark aufwerten und damit Rohstoffpreise sowie Schwellenländer-Währungen unter Druck setzen. Darüber hinaus dürften auch die Sorgen um das Wachstum Chinas noch nicht ausgestanden sein. Weiteres Risikopotenzial sieht Ulrich Stephan unter anderem in einem möglichen Ausufern der Abwertungstendenzen bedeutender Währungen („Währungskrieg“) sowie einem Einbruch der Unternehmensgewinne in den USA. Alles in allem ist durch die Vielzahl regionaler und globaler Unsicherheitsfaktoren im kommenden Jahr weiter mit vergleichsweise hohen Schwankungen an den internationalen Kapitalmärkten zu rechnen.
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