Warin : Absturz bei jungen Rotmilanen

http://www.svz.de/lokales/sternberg-bruel-warin/absturz-bei-jungen-rotmilanen-id10552831.html
Warin : Absturz bei jungen Rotmilanen
vom 26. August 2015
Aus der Redaktion des Anzeiger für Sternberg – Brüel – Warin
Ein Vortrag im Wariner Naturparkzentrum: 2015 flogen nur acht Jungvögel aus gegenüber
14 im vorigen Jahr.
Der Rotmilan hat eine Spannweite bis gut 1,70 Meter, ist allerdings nicht so ein eleganter
Gleiter wie der Schwarzmilan, unterscheidet Dr. Lothar Daubner.
3 von 3
Das erste Mal lässt sich vergleichen: Von diesem und vorigem Jahr liegen Daten über den
Bestand und das Brutverhalten des Rotmilans in der Region vor. 2014 wurden danach 14
Paare bzw. Reviere und acht begonnene Bruten erfasst, 2015 von beidem elf. Erfolgreich
gebrütet wurde in jeweils sieben Horsten, wobei sich die Anzahl der Jungvögel schon
unterscheidet (2014: 14, 2015: 10). So weit, so gut, prekär wird es bei dem folgenden
Vergleich: 2015 gab es zwei betrübliche Todfunde, 2014 keinen. Und flogen im Vorjahr
vermutlich 14 Jungvögel aus, so waren es diesmal nur acht, ein wahrer Absturz, wobei über
die Ursachen, was diesen Jahresvergleich betrifft, keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen.
Zehn Prozent aller Brutpaare leben in MV
Diese Fakten präsentierte Marika Schuchardt vom Landschaftspflegeverband Sternberger
Endmoränengebiet (LSE) mit Sitz in Kobrow II in einem Vortrag am Dienstagabend im
Naturparkzentrum Sternberger Seenland in Warin. Gemeinsam mit Geschäftsführer Hans
Diederichs untersucht sie auf einer Fläche von rund 300 Quadratkilometern zwischen Warin
und Below, das nahe dem Dobbertiner See liegt, den Bestand und das Verhalten sowie
Ursachen zur Gefährdung des Greifvogels. Der Bestand ging in den letzten zwei, drei
Jahrzehnten stark zurück und wird heute weltweit auf maximal 22 000 Brutpaare geschätzt,
davon über die Hälfte in Deutschland und allein zehn Prozent in MV. Deshalb hätten die
Region und die Untersuchungen hier solche Bedeutung, betont Schuchardt. Seit Herbst 2013
läuft das Artenschutzprojekt „Land zum Leben, das vom Bundesamt für Naturschutz
gefördert wird und bei dem das Sternberger Seenland eine von elf ausgewählten Regionen in
sieben Bundesländern ist.
Bei der Geländearbeit von November bis Februar/März stehe die Suche der Horste im
Vordergrund. Manche hätten eine Größe, dass gerade mal ein Fußball hineinpasse, in
anderen könnte durchaus ein Mensch sitzen. Die Standorte würden mit GPS eingemessen. Je
früher, desto besser, denn mit zunehmender Belaubung der Bäume werde es immer
schwieriger, die Nester hoch oben zu entdecken. Schuchardt zeigte ein Foto, auf dem ein
Horst so eben durch das Grün lugt. Zwei Wochen später sei der von unten gar nicht mehr zu
sehen gewesen.
Im zeitigen Frühjahr kehren die Rotmilane aus ihren wärmeren Winterquartieren, die stets in
Europa liegen, vor allem in Spanien und Frankreich, zurück und besetzen ihre Reviere. Teils
würden sie neue Horste bauen und „die Kartierer austricksen“, erzählt Schuchardt
schmunzelnd. Im Mai/Juni wachse Nachwuchs heran. In dieser Zeit von März bis Juli werden
das Brutgeschehen und die Aufzucht der Jungen erfasst und beobachtet. 2015 wurden acht
Jungtiere beringt und fünf erstmals in MV mit Flügelmarken individuell markiert.
Zu wenig Nahrung bei Aufzucht der Jungen
Gleichzeitig stehen die Projektbetreuer Land- und Forstwirten sowie Naturschützern als
Ansprechpartner zur Verfügung. Die Kombination in dem kleinen Team erweise sich als
vorteilhaft: Diederichs ist Landwirt, Schuchardt studierte Landschaftsarchitektin und
Umweltplanerin. Das führe in Agrar- wie Forstbetrieben zu spürbarer Akzeptanz.
Als Hauptursache für die Gefährdung des Greifvogels wird die mangelnde Verfügbarkeit von
Nahrung gesehen, obwohl er im Unterschied zum Mäusebussard, der auf sich bewegende
Mäuse angewiesen ist, beinahe alles frisst, was ihm vor den Schnabel kommt, wie
Kleinsäuger, Aas, Vögel – von Elster über Wachtel bis Ringeltaube –, junge Hasen, Fisch und
vermutlich selbst Amphibien, Reptilien oder Würmer. Doch an vieles komme der Rotmilan
gerade während der Aufzucht seiner Jungen kaum heran. Daher plädiert Schuchardt für eine
zeitige Mahd von Futterflächen, weil der Rotmilan dort sofort reichlich Nahrung finde, kennt
aber auch die Einwände von Tierschützern, die Gelege oder Rehkitze in Gefahr sehen. Hier
müsse ein Kompromiss gefunden werden. Der LSE berate in der Hinsicht Landwirte, auch
was den Anbau etwa von Kulturen betreffe. Wichtig sei nicht nur eine Vielfalt beim Anbau,
sondern ebenso „eine Kleinteiligkeit“, fügte der Groß Görnower Ornithologe Dr. Lothar
Daubner an. So wie er kamen die meisten von dem guten Dutzend an Zuhörern bei dem
Vortrag aus dem Metier und konnten in der Diskussion eigene Erfahrungen beisteuern. Das
Projekt läuft noch bis 2019, so Marika Schuchardt.
von Rüdiger Rump
erstellt am 26.Aug.2015 | 20:54 Uhr
Marika Schuchardt zeigt bei ihrem Vortrag zwei Federn zum Vergleich, links vom Seeadler,
rechts vom etwas kleineren Rotmilan.
Foto: Rüdiger Rump
Der Rotmilan hat eine Spannweite bis gut 1,70 Meter, ist allerdings nicht so ein eleganter Gleiter wie
der Schwarzmilan, unterscheidet Dr. Lothar Daubner.